ADB:Schmid, Konrad (Theologe)
Zwingli’s bei der Reformation der Schweiz, wurde 1476 zu Küßnach als der Sohn eines, wie es scheint, wohlhabenden Bauern geboren, studirte in Basel, ward Magister der Philosophie und Baccalaureus der Theologie, 1517 Leutpriester in Sengen und am 10. März 1519 zum Comthur des Ordenshauses der Johanniter zu Küßnacht erwählt. Durch Mittheilung lutherischer Schriften von Zwingli für die neue Lehre gewonnen, wirkte er zum ersten Male öffentlich für dieselbe durch eine deutsche Predigt, welche er bei Gelegenheit einer Procession 1522 zu Luzern hielt. Er ward dadurch in einen Schriftenstreit mit dem dortigen Stadtpfarrer Johannes Bodler verwickelt, in welchem er schon in sehr bestimmter Weise die Grundsätze der Reformation bekennt; vgl. Antwort Bruder Conradt Schmids – uff etlich wyderred dero so die predig durch jn gethon in der loblichen statt Lucern geschmächt und ketzerisch gescholten habend, antreffend, dz Christus ein einig, ewig houpt siner kilchen, gewalthaber vnnd fürbitter syge. Mathei XVII. capi: diser ist mein allerliebster sun, in dem ich ein wolgefallen hab, den sölt jr hören! – Bald darauf sehen wir ihn „den gelerten mann mit einer großen stimm“ an der Seite Zwingli’s in dem Kampfe des Reformators gegen die Lesemeister oder Prediger der Klöster in Zürich, die sich über jenen beim Rathe beklagt hatten (Juli 1522), und ebenso mit ihm und Leo Judae gemeinschaftlich als Prediger auf der Engelweihe in Einsiedeln (Septbr.). – Am nachhaltigsten aber wirkte sein Auftreten auf der zweiten Disputation zu Zürich (October 1523), wo er schon am ersten Tage – am 26. October – in der Verhandlung über die Bilder und die Messe durch sein besonnenes und maßvolles Urtheil den Ausschlag und der evangelischen Lehre den Sieg gab. – „Man lasse“, so sprach er, „den Schwachen noch die auswendigen Bilder stehen, woran sie sich halten und berichte sie zuvor, es sei kein Leben, keine Heiligkeit und keine Gnade drin, und sie seien, um uns zu helfen, schwächer als ein Rohr; dagegen richte man einen starken Stab auf, Christum Jesum, den einigen Tröster und Helfer aller Betrübten. So werden sie finden, daß sie der Bilder und auch der Heiligen nicht bedürfen, sie gutwillig fahren lassen und Christum fröhlich ergreifen“. Aehnlich lehrte er in Bezug auf die Messe und ermahnte, vor allem dem Volke einen schriftmäßigen Unterricht zu gewähren; thäten nicht die Bischöfe und die Geistlichen dazu, so müsse die weltliche Obrigkeit der Sache sich annehmen. Man habe manchem weltlichen Fürsten um des Geldes willen zur Herrschaft verholfen, nun solle man auch Christum wieder in sein Reich einsetzen. „Nehmet die Sache tapfer und christlich an die Hand. – Ließe man Christum allein Herr und Meister sein, so hätten wir unter einander brüderliche Ruhe, christlichen Frieden, göttliche Huld und Gnade hier in der Zeit und darnach das ewige Leben.“ – S. hatte mit seiner Rede eine wunderbare Wirkung hervorgebracht. Nicht nur der Vorsitzende Dr. Sebastian Hofmeister und der größte Theil der Anwesenden stimmten ihm freudig zu, der Rath von Zürich gab im Anschluß daran Zwingli den Auftrag, für die gegnerischen Pfarrer „eine kurze christliche Anleitung, Christum zu predigen“, abzufassen und ernannte Zwingli, Joner und S. zu Kirchenvisitatoren, um in Predigten das Volk über die neue Lehre aufzuklären und die Geistlichen durch ihre Predigten zu ähnlichen anzuleiten. – Am 13. Januar 1524 fand eine zweite Disputation statt. Der Chorherr Hofmann hatte noch einmal eine Verhandlung über die katholische Lehre begehrt. Unter den vom Züricher Rath dazu abgeordneten Geistlichen befand sich neben dem Abt von Kappel und den Pröpsten von Zürich und Embrach auch S. Infolge ihres Berichtes wurde Hofmann’s Widerspruch gegen die neue Lehre, als in der Schrift unbegründet zurückgewiesen. – Gegenüber Zwingli erschien S. stets als [685] der mildere; die heftigeren und rücksichtsloseren Vorkämpfer des Evangeliums, wie Butzer u. a. waren geneigt, ihm dies zum Vorwurfe zu machen. Dennoch waren sie im Unrecht, wenn sie behaupteten, daß ihm Thatkraft fehle. Als die Wiedertäufer in der Züricher Gegend sich bemerklich machten, war er einer der ersten Theologen, welcher diesen gewaltthätigen und empörungssüchtigen Neuerern mit allem Nachdruck entgegentrat. Er war einer der vier Präsidenten, welche dem im November 1525 anfänglich im Rathhause, dann im Großmünster zu Zürich abgehaltenen Religionsgespräche mit ihnen vorstand, infolge dessen wahrscheinlich ihre gerichtliche Verfolgung und Bestrafung eintrat. Als diese nicht genügend wirkte, verfaßte er die 1527 erschienene Schrift: „Eine christliche Ermahnung zu wahrer Hoffnung in Gott, und Warnung vor der abtrünnigen Wiedertäuferei, die da abweiset von Gott, an die christlichen Amtleute zu Grüningen.“ Es war sein Bezirk, für den er schrieb; und er that es mit dem ganzen Nachdruck seiner volksmäßigen und herzgewinnenden Sprache. Indem er von dem rechten, biblischen Glauben ausgeht, kommt er auf alle die Irrthümer, die in der jüngsten Zeit die Menschen von demselben entfernt gehalten hätten: die Kutten, Beicht- und Ablaßbriefe, Asche, Palmen, Salz, Weihwasser, Kerzen, Bilder und goldene Tafeln. Nachdem diese alle beseitigt worden, habe Gott in der Wiedertaufe einen neuen Irrthum zugelassen. Der sei vom Satan und streite wider den Geist Christi, den heiligen Geist. Darum kämpften auch die Wiedertäufer gegen alle bestehende Ordnung, gegen die Prediger und die Obrigkeit, gegen das Gesetz und den Staat. Darum fordert er auf, sie zu bekämpfen und ihre heimlichen Versammlungen in Wäldern und Höhlen aufzuheben. – 1528 verfaßte er eine zweite Schrift gegen sie: „Verwerfen der Artikel und Stücke, so die Wiedertäufer auf dem Gespräch zu Bern vor ehrsamem, großem Rath fürgewendt haben.“ Sie erschien als Beigabe zu den Predigten, welche während der Dissputation zu Bern zwischen dem 7. und 26. Januar 1528 zu Bern von verschiedenen Predigern gehalten worden waren, bei Froschauer. Eine derselben (die siebente) ist über Luc. 10, 8–16. Er war einer der Präsidenten der Disputation und besonders eifrig in der Bekämpfung der Wiedertäufer, die trotz ihrer früheren Mißerfolge dreist und in größerer Menge in Bern erschienen waren. – Seine, wie es scheint, letzte Schrift erschien im J. 1530: „Ein christlicher Bericht des Herrn Nachtmahls mit hellem Verstand seiner Worte darin gebraucht, damit abgelehnt eine unwahr heftige Rede, ihm zugelegt, der Danksagung halben, nicht von den Mindesten in der Stadt Zug.“ Sie ist den Bürgern von Zug gewidmet, weil er von einem derselben, dem Ammann Toß von Zug, öffentlich beschuldigt worden war, er habe letzte Ostern das Abendmahl in einer der römischen ähnlichen Weise gefeiert und erklärt. Die Antwort auf die Vertheidigung des Ammanns Toß, in welcher dieser nochmals behauptete, S. „solle seinen Unterthanen das Sacrament zu genießen gegeben haben in kleinen Hostien“, war die Veranlassung zu jener Schrift, in welcher er die Lehre vom Sacrament schlicht und einfach gemäß der h. Schrift darstellt. – 1529 war S. mit Zwingli bei dem Gespräche zu Marburg gegenwärtig, nach Bullinger’s Urtheil „ein gar geschickter tapferer und gelehrter Mann“, wie er auch im April desselben Jahres das Banner der Stadt Zürich in’s Feld begleitete. Aus einem Schreiben, welches er vor seinem Ausmarsch an den Rath von Zürich richtete, ersehen wir, daß er verheirathet war und Kinder besaß. – Auch in den ersten Kappler Krieg begleitete er den Züricher Auszug. Am 9. Juni 1529 zog er mit demselben neben Zwingli, „beide aufgerufen und hiezu von der Obrigkeit geordnet“. Und nach zwei Jahren zog er zum dritten Male in’s Feld; im zweiten Kappler Kriege am 11. October 1531 traf ihn der Tod auf demselben Raume, auf welchem Zwingli sein Ende fand. Um ihn lagen 35 Mannen seiner [686] Gemeinde. Bullinger sagt über sein Ende: „Diser ist ein frommer gelerter man xin; hatt vil zuo der Reformation geholffen, wie man in allen Actis sehen mag. Er huob selbs an sin huß vnd kylch zu Kyßnach zu reformiren, was selbs da pfarrer vnd ein iferiger dapferer verrümpter predicant. – Wenig tagen vor der schlacht schreyb er Heinrychen Bullingern predicanten zu Bremgarten: die sach sähe inn allerdingen dermaaßen an, daß er übel besorgte, es wäre große vntrüw im spil vnd wurdint die gläubigen vnd die es gut müntind übel liden. Denen ouch von Gott kein vnbill beschehen wurde, diewil vns nüt dann crütz vom herrn verheißen, wir vns ouch schlechtlich am evangelium hieltend. Vf der walstatt ward er funden vnder vnd bi sinen Küßnachern. Aber H. Oßwald Sägisser, einer sines convents vnd der ouch das göttlich wordt verkundt, ein erlicher vnd frommer mann, ließ den herren comtür ab der walstatt füren gen Küßnach, da er in dem Beinhus begraben ligt.“
Schmid: Konrad S., Comthur des Ordenshauses der Johanniter zu Küßnach am Züricher See, Freund und Gehülfe- Vgl. Sal. Vögelin, Konrad Schmid, Comtur zu Küßnach, im Zürcher Taschenbuch, 1862. – Bernh. Riggenbach in d. Real-Encyclopädie für prot. Theol. u. Kirche, 2. Aufl., XIII, 598 ff. – Bullinger’s Reformationsgtschichte III, 147 ff.