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ADB:Schmidt-Weißenfels, Eduard

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Artikel „Schmidt-Weißenfels, Eduard“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 112–113, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmidt-Wei%C3%9Fenfels,_Eduard&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 18:12 Uhr UTC)
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Schmidt-Weißenfels: Eduard Sch., der später nach einem Familienbesitz seiner Frau den Namen Weißenfels dem seinigen hinzufügte, wurde am 1. September 1833 in Berlin als der Sohn eines Buchhändlers geboren. Er besuchte die königliche Realschule und das Friedrich Wilhelmsgymnasium, und schon während dieser Zeit trat bei ihm die bestimmteste Neigung zur Schriftstellerei hervor, die durch Begegnungen mit Dichtern und Publicisten im Elternhause und in gesellschaftlichen Kreisen noch genährt wurde. In den Revolutionsstürmen des Jahres 1848, die ihn gewaltig erregten und fast ganz von den Studien abzogen, machte Sch. in Zeitungen seine ersten publicistischen Versuche. Noch in demselben Jahre wurde er Secretär der preußischen Nationalversammlung und wirkte als solcher in den beiden folgenden Jahren in der ersten Kammer. Ueber die Jahre unverhältnißmäßig körperlich und geistig entwickelt, folgte er 1850 dem Aufruf der schleswig-holsteinischen Regierung und trat als Freiwilliger in deren Armee ein, in welcher er die Schlacht bei Idstedt und den Sturm auf Friedrichsstadt mitmachte. Zum Officieraspiranten befördert, kehrte er nach Beendigung des Krieges im Januar 1851 nach Berlin zurück, um gleich darauf nach Paris zu gehen. Verehrung für die französische Litteratur ließ ihn dort ernstliche Studien machen, die Vorlesungen berühmter Professoren besuchen und den Umgang mit Männern von litterarischer Bedeutung finden. Bald versuchte er sich in französischer Journalistik, ging als Berichterstatter für das Pariser Journal „La République“ zur ersten Weltausstellung nach London und sammelte Material zu seinen späteren Schriften „Paris in Skizzen aus dem Volksleben“ (1854), „Frankreichs moderne Litteratur seit der Restauration“ (II, 1856), „Geschichte der französischen Revolutionslitteratur“ (1859) und „Frankreich und die Franzosen“ (II, 1869). Nach dem Staatsstreich Napoleon’s III. wurde er in der Nacht zum 4. December 1852 in seiner Wohnung verhaftet und Monate lang in den Kasematten von Bicêtre gefangen gehalten, worauf er des Landes verwiesen ward. Nach ruhelosen Fahrten kam [113] er im März 1852 nach London, wurde hier Mitglied der französischen Emigration und kehrte, nachdem er kurze Zeit eine Hauslehrerstelle in Warwick gehabt, im November 1852 nach Deutschland zurück. Hier begann er seine journalistische Thätigkeit mit Berichten über Frankreich und England und suchte sich durch den Umgang mit litterarischen und politischen Persönlichkeiten weiter zu bilden. Zwanzig Jahre alt, verheirathete sich Sch., doch wurde die Ehe schon nach einem Jahre durch den Tod seiner Gattin gelöst. Nun nahm er seine Studien in Heidelberg wieder auf, erwarb sich in Rostock die Würde eines Dr. phil., weilte 1855 im Hause Varnhagen’s von Ense, war dann in Leipzig schriftstellerisch thätig und folgte 1857 einem Rufe des Buchhändlers Kober in Prag, um die Redaction der „Kritischen Blätter für Litteratur und Kunst“ zu übernehmen. Als letztere halb wieder eingingen, siedelte Sch. nach Gotha über, wo er in persönliche Beziehungen zu dem Herzoge Ernst trat, führte 1859–61 abermals in Prag die Leitung der belletristischen Zeitschrift „Von Haus zu Haus“ und nahm dann für elf Jahre seinen Wohnsitz in Berlin, wo die Conflictszeit ihm zunächst reiche Gelegenheit und Stoff zu publicistischer Thätigkeit lieferte und besonders seine Zeichnung parlamentarischer Charaktere in „Preußische Landtagsmänner“ (1862) einiges Aufsehen erregte. Im J. 1872 siedelte Sch. nach Cannstatt und später nach Stuttgart über, wo er nach vorübergehender redactioneller Thätigkeit (er leitete 1873 das „Stuttgarter Museum“ und 1875–76 die „Illustrirte Volkszeitung“) als freier Schriftsteller seinen Wohnsitz beibehielt.

Sch. war eine regsame Kraft; die kritische Ader strömte bei ihm voller als die eigentlich poetische, und er ist daher als Historiker und Biograph bedeutender denn als Belletrist. In erstgenannter Eigenschaft schrieb er „Rahel und ihre Zeit“ (1857), „Ueber Heinrich Heine“ (1857), „Charaktere der deutschen Litteratur“ (II, 1859), „Scharnhorst“ (1859), wohl die beste seiner Biographien, „Fürst Metternich. Geschichte seines Lebens und seiner Zeit“ (II, 1862), „Friedrich Gentz“ (1860), „Biographische Skizzen und Charakternovellen“ (II, 1862), „Fichte und das deutsche Volk“ (1862), „Ferdinand Freiligrath“ (1876) und „Zeitgenossen“ (1877). Dann gab er seine unter dem Titel „Deutsche Handwerkerbibliothek“ (V, 1877–83) gesammelten historisch-novellistischen Bilder der bemerkenswerthesten Zunftgenossen heraus, in denen er über je zwölf hervorragende Männer in zwanzig verschiedenen Handwerken berichtet. Seine Romane und Novellen (sie sind in meinem Lexikon der deutschen Dichter etc. verzeichnet) haben nur vorübergehend Beachtung gefunden und sind heute längst vergessen. In den letzten Jahren seines Lebens kränkelte Sch. häufig. Um Linderung seines Leidens zu erlangen, ging er nach Bozen in Tirol, und hier ist er am 24. April 1893 infolge eines Blutsturzes gestorben.

Persönliche Mittheilungen. – Adolf Hinrichsen, Das litterarische Deutschland, 1891, S. 1175.