ADB:Sloman, Robert Miles

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Artikel „Sloman, Robert Miles“ von Nicht angegeben in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 466–467, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sloman,_Robert_Miles&oldid=- (Version vom 20. April 2024, 01:46 Uhr UTC)
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Sloman: Robert Miles (spr. Meils) S., Hamburger Schiffsrheder, geboren in Yarmouth, Norfolkshire (England) am 23. October 1783, † in Hamburg am 2. Januar 1867. Sein Vater William S. († am 16. November 1800 in Hamburg), aus Wales stammend, war englischer Schiffscapitän, wurde 1791 Hamburger Bürger und siedelte 1793 mit Frau und sieben Kindern nach Hamburg über, wo er mit dem durch Seefahrt erworbenen Vermögen ein mit Rhederei und Schifffahrt verbundenes Geschäft gründete. Die Mutter, eine geborene Miles, war die Tochter eines Landwirthes aus Norfolkshire, welche 79jährig in Hamburg 1828 gestorben ist. Der Seedienst scheint in der Familie beliebt gewesen zu sein: ein dritter Sohn dieser Ehe, John Miles S., war 1806 Seecadett auf dem l’Aimable, einem den Franzosen abgenommenen und der britischen Kriegsmarine einverleibten Schiffe, das damals die Elbe blockirte (Mittheilungen des Vereins f. Hamburg. Geschichte. Jahrg. 10, 123). In Robert Miles S. trat die Eigenthümlichkeit, welche den Engländern des Nordostens, besonders den Yorkshireleuten nachgerühmt wird, ruhige Ueberlegung, feste Entschlossenheit und umsichtige Thätigkeit schon in jüngeren Jahren hervor. Nach nur dreijährigem Besuch einer Bürgerschule in Hamburg trat er, mit dreizehn Jahren confirmirt, in das väterliche Geschäft, und als der Vater schon 1800 starb, mit seinem älteren Bruder an die Spitze desselben. Achtzehn Jahre alt, leitete er das gleich nach dem Frieden von Amiens in Antwerpen gegründete Filialgeschäft mit gutem Erfolge und fand noch Zeit, die Lücken seiner Bildung auszufüllen durch Studium der Schriftsteller des Jahrhunderts der Aufklärung, Rousseau machte tiefen Eindruck auf ihn, und noch in höherem Alter citirte er gern Addison. Mozart und Haydn blieben seine Lieblinge in der Musik. Der Wiederausbruch des Krieges und die Blockade der Schelde nöthigten ihn, sein Geschäft nach dem kleinen Seehafen Tönning in Schleswig-Holstein zu verlegen. Das dortige Leben, die Gründung einer Familie durch die Heirath mit Gundalene Brarens, der Tochter eines friesischen Grönlandfahrers und dann Lootsencommandeurs in Tönning, hat seine Tochter Eliza Wille in ihrem „Stillleben in bewegter Zeit“ so geschildert, daß ein Mann wie Friedrich Kreyssig in der Deutschen Rundschau 1878, dasselbe besprechend, ausruft: „Wollte Gott, wir hätten viele solcher Frauen!" u. s. w. Als er 1814 nach Herstellung des Friedens wieder nach Hamburg kam, war er infolge der Continentalblockade und der französischen Gewaltmaßregeln ein mittelloser Mann, allein sie hatten sein Vermögen, nicht seine Thatkraft aufgerieben. Als ihm jetzt wegen seiner als unabhängiger Viceconsul in Tönning und Cuxhaven geleisteten Verdienste Castlereagh das Consulat in Hamburg anbot, lehnte er wiederholt ab, da er durch Geschäftsthätigkeit meinte eher die Mittel als Stütze seiner und der hinterlassenen väterlichen großen Familie zu erwerben. Auch in der Geschäftswelt unterscheidet man Männer, die auch in ihren Privatgeschäften immer eine Richtung nach dem Gemeinwohl offenbaren und es ist nicht Zufall, daß seine mit seltener Umsicht und außerordentlicher Arbeitskraft durchgeführten Geschäftsunternehmungen direct zur Handelsgröße der alten Hansestadt, deren Bürger er geworden, beitrugen, obwohl ihn die Republik, da er keiner heimischen Familie angehörte und als Schiffsmakler kein öffentliches Amt bekleiden durfte, zu keiner Würde berief, und er erst im Alter, nachdem er den Maklerstock seinem Sohne übergeben, zum Handelsrichter ernannt wurde. Englische Schiffe hatten lange allein die Güterausfuhr nach England im Besitze. S. knüpfte Verbindungen mit dem Inlande, mit Leipzig und der Rheinisch-westfälischen Compagnie an, in den vierziger Jahren wagte er die Concurrenz mit der die Dampfschiffverbindung von Hamburg mit London allein besitzenden, mächtigen „General Steam Navigation Company“ durch die kleinen Dampfer Elbe und Thames und gründete die Dampfschifflinie [467] zwischen Hull und Hamburg. Bremen war bisher der einzige deutsche Hafen für die Auswanderung nach Amerika. S. ließ sich nicht durch die ihm widerstrebenden Vorurtheile (Seelenverkauf u. dergl.) abschrecken, einen Theil derselben nach Hamburg zu lenken. Aus kleinen Anfängen arbeitete er sich empor, bis seine großen Seeschiffe die regelmäßige Post- und Packetverbindung und eine mit Bremen rivalisirende Auswandererbeförderung herstellten. Unweit Hamburg erlaubte eine Sandbank den größeren Schiffen nur mit der Fluth in den Hafen zu gelangen. Als seine Vorschläge, dieselbe mit einer in der Mersey bewährten Kratzmaschine zu beseitigen, abgelehnt wurden, erbot er sich, auf seine Gefahr und Kosten den Versuch zu machen, leider vergebens. Hamburg besaß kein Trockendock. S. erbaute es mit Beistand des Bremers Wencke. Er hat zuerst eine Gesellschaftsreise zur Weltumsegelung ins Werk setzen wollen, die trotz der großen Wohlfeilheit und musterhaften Einrichtung nur aus Mangel an Theilnehmern unterblieb, als die dänische Regierung, da viele Beamte und Officiere dazu Urlaub erbaten, selbst eines ihrer müssig im Hafen faulenden Kriegsschiffe dazu ausrüsten ließ. Er setzte auch das erste deutsche Dampfschiff zwischen Deutschland und Amerika in Fahrt. Und als die große Erhebung von 1848 in Deutschland und Italien, vor der Pariser Februarrevolution begann, deren Fortgang wesentlich zu jenen verhängnißvollen Ueberstürzungen führte, die bis zum Jahre 1871 die Wiederherstellung des Deutschen Reiches hinhielten, als Schleswig-Holstein aufstand, bewährte S. sich als deutscher Patriot. Mit einem namhaften Beitrag hatte er Wille’s bald durch den Einmarsch deutscher Truppen in Schleswig-Holstein hinfällig gewordenen Aufruf zur Ausrüstung von Freiwilligen unterstützt und war dann thätigstes und leitendes Mitglied des Comités, das die erste deutsche Flotte in Hamburg herstellte, 600 000 Mk. wurden in Hamburg zusammengebracht, Cesar Godeffroy & Co. gaben eines ihrer größten Segelschiffe, S. seinen Franklin zur kostenfreien Verfügung her und war unermüdlich für ihre Bemannung und Stellung in Kriegsbereitschaft. Als Nordamerika die Fregatte Potomak unter Commodore Paulett an die Wesermündung zur Begrüßung Deutschlands sandte, kam ihr ein Schiff der deutschen Flotte entgegen mit den Mitgliedern des deutschen Parlaments, dem österreichischen Oberst Moering (s. A. D. B. XXII, 260–263), dem preußischen Major Teichert und Cesar Godeffroy und S. (der, durch Erkrankung abgehalten, sich durch einen der Redactoren der Börsenhalle, seinen Schwiegersohn Dr. François Wille, vertreten ließ) vom Hamburger Comité. Es ward ein Protokoll über diese Begrüßung von beiden Seiten an Bord des Potomak unterzeichnet. Feierlich übernahm Erzherzog Johann als Reichsverweser diese erste deutsche Flotte, die nur durch, sich auf Friedensunterhandlungen berufende Gegenbefehle abgehalten wurde, die dänischen Blockadeschiffe an der Elbemündung anzugreifen. Der Verkauf dieser Schiffe bezeichnet die nun folgende traurige Zwischenzeit. S. eröffnete noch als Alterspräsident die erste Hamburger neue Bürgerschaft und feierte seine goldene Hochzeit durch ein den Inwohnern des durch ihn beschenkten Schifferarmenhauses gegebenes Festmahl. Seine letzte Handlung wenige Tage vor seinem Tode war die Verbrennung aller Schuldverschreibungen der von ihm Unterstützten. –

Sein gleichnamiger Sohn war 1867 Abgeordneter Hamburgs für das Norddeutsche Parlament. Durch die Ausdehnung der väterlichen Rhederei, namentlich auch nach Australien, sowie durch eine Pflegstätte für arme und schwächliche Kinder, die er auf seinem Gute Lammershagen am Selenter See in Holstein errichtet hat, ist derselbe neuerdings rühmlichst genannt worden.

Eliza Wille geb. Sloman, Stillleben in bewegter Zeit. Leipzig 1878. 3 Th. – Hamburger Schriftsteller-Lexikon VII, 211–213.