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ADB:Stenzel, Gustav Adolf Harald

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Artikel „Stenzel, Gustav Adolf Harald“ von Eduard Reimann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 53–57, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stenzel,_Gustav_Adolf_Harald&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 15:01 Uhr UTC)
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Stenzel: Gustav Adolf Harald St., Geschichtschreiber, ward am 21. März 1792 in Zerbst geboren und erhielt auf dem Gymnasium dieser Stadt, wo sein Vater Conrector war, seine erste Bildung. Daneben las der begabte, sehr lebhafte und wißbegierige Knabe viel, besonders Reisebeschreibungen und geschichtliche Werke. Auch Leibesübungen wurden eifrig angestellt. Zu Ostern 1810 ging St. nach Leipzig, um dort Theologie, wenigstens der Form nach, zu studiren, bald aber bestimmte Dippoldt ihn, sich der Geschichte zu widmen und daneben fleißig philologische Studien zu treiben. Was die letzteren betrifft, so hat er unausgesetzt und mit der wärmsten Theilnahme Gottfried Hermann gehört; aber diejenigen Historiker, welche zu dieser Zeit den größten Einfluß auf ihn ausübten, waren keine Mitglieder der Universität Leipzig. Johannes v. Müller begeisterte ihn, und zwar fast noch mehr durch die Briefe an Bonstetten als durch die Schweizergeschichte; außerdem zogen ihn an die Klarheit und einfache Darstellung Heeren’s, die gediegene Gelehrsamkeit Wenck’s, der Scharfsinn K. Fr. Eichhorn’s und vor allem, sagt er, die redliche, ungeschminkte Wahrheitsliebe Schlosser’s. Sie nennt er noch 1827 dankbar seine Vorbilder. (Gesch. d. fränkischen Kaiser, Widmung.) Aber so fleißig er war, so vergrub er sich doch nicht ganz in die Bücher, sondern er widmete seine Aufmerksamkeit auch den öffentlichen Zuständen, und er empfand bitter die Knechtschaft, in welcher das Vaterland schmachtete. In dieser Stimmung ergriff er den Gedanken, die Geschichte der Deutschen von Karl dem Großen bis auf Rudolf von Habsburg aus den Quellen kennen zu lernen und dann zu schreiben; er wollte dem unterjochten Volke sagen, wie tapfer und frei die Väter waren und wie sie ihre Unabhängigkeit behaupteten. Aber als ohne seine Mahnungen der Sturm des Freiheitskrieges losbrach, da verschob er es, den Doctorhut zu erlangen, trat am 20. April 1813 in das Bataillon seines Vaterlandes Anhalt und nahm an den Gefechten desselben in der Gegend von Hamburg theil, ja er führte am 10. December – denn seit einer Woche that er Officiersdiensie – seine Soldaten zum Sturm auf das von den Dänen vertheidigte Sehstädt bei Rendsburg. Hierbei traf ihn aber eine Kugel durch die unteren Rippen in den Leib, doch ward er so glücklich behandelt, daß er im März 1814 nach seiner Vaterstadt zurückkehren konnte. Vom Militär als Officier entlassen, ging er wieder nach Leipzig, erlangte dort 1815 die philosophische Doctorwürde und erwarb 1816 das Recht, akademische Vorlesungen zu halten. Er vertheidigte bei dieser Gelegenheit am 14. Februar die Abhandlung [54] De ducum post tempora Caroli Magni origine et progressu. St. hielt nun zuerst in Leipzig (1816/17), dann in Berlin als Privatdocent Vorlesungen und arbeitete daneben an zwei Werken, von denen das eine „Versuch einer Geschichte der Kriegsverfassung Deutschlands vorzüglich im Mittelalter“ 1819 erschien (mit der Jahreszahl 1820), das andere, ein „Handbuch der Anhaltischen Geschichte“, 1820 herauskam. Wahrscheinlich empfahl ihn jenes Buch der preußischen Unterrichtsverwaltung vortheilhaft; denn er ward im J. 1820 zum außerordentlichen Professor der Geschichte an der Universität Breslau ernannt und kam nun in die Stadt, wo er während der größeren Hälfte seines Lebens eine gesegnete akademische Wirksamkeit entfaltet hat. Neben seinen Vorlesungen setzte er seine Forschungen über das Mittelalter fort; als Mitglied der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde hat er die in Breslau befindlichen Handschriften deutscher Geschichtsquellen aufgesucht und beschrieben, er ist auch wieder auf die Frage von dem Ursprunge der Herzöge zurückgekommen in der Dissertation, die er 1824 zum Antritt seiner Professur verfaßte „De Marchiorum in Germania potissimum qui saeculo nono extitere origine et officio publico“. Hauptsächlich aber beschäftigte er sich mit der Ausführung des außerordentlich umfassenden Planes, welchen er bereits als Student gefaßt hatte, doch fing er nicht mit dem Anfang an, sondern in der Mitte, indem er sich zunächst vornahm, die Geschichte der fränkischen Kaiser zu schreiben. Das Werk erschien im J. 1827; es machte verdientes Aufsehen und nimmt in der Geschichte der deutschen Historiographie einen bedeutenden Rang ein. St. hatte fast acht Jahre daran gearbeitet und war sich bewußt, allen Fleiß und alle Sorgfalt angewendet zu haben, und so schrieb er denn in der Vorrede mit einem nicht unberechtigten Selbstgefühl: er dürfe dreist auffordern, ihm auch nur Eine Thatsache, ja nur Eine Bezeichnung nachzuweisen, die er nicht aus den besten Quellen belegen könnte. Wörtlich sind die stolzen Worte nicht zu nehmen; denken wir nur daran, wie das Ansehen, welches Lambert bei St. genießt, später doch etwas erschüttert worden ist. Aber es bleibt richtig, was Giesebrecht geurtheilt hat: „Niemand hat vor St. die Periode gründlicher untersucht, Niemand sie vor oder nach ihm vorurtheilsfreier dargestellt“. Im folgenden Jahre gab er noch einen zweiten schwächeren Band heraus, dazu bestimmt, in vielen Fällen seine Darstellung ausführlich zu begründen. Besonders wichtig ist die 112 Seiten lange Abhandlung: „Zur Kritik der Quellen der Geschichte Deutschlands unter den fränkischen Kaisern“. Sie betrifft aber nicht bloß die Zeit von 1024–1125, sondern sie hat eine weitergehende Bedeutung. St. sagt auf S. 1: „Jüngere Freunde der Wissenschaft werden zugleich daraus die Beschaffenheit der vorhandenen Nachrichten und die Art und Weise kennen lernen, wie diese mit Erfolg benutzt werden können“. Nachdem Niebuhr dargethan hatte, wie die römische Geschichte zu erforschen sei, und Ranke das Verfahren desselben auf die neueren Geschichtschreiber am Ausgange des Mittelalters angewendet, zeigte St., welche mühsamen und schwierigen Untersuchungen in Bezug auf die Chronisten des Mittelalters anzustellen sind, und Giesebrecht bemerkt ganz richtig, „das von diesem Werke der gründlichsten eindringendsten Forschung ein streng kritisches Studium unserer mittelalterlichen Geschichte eigentlich erst begonnen habe“. (Gesch. d. deutschen Kaiserzeit II, 571.) St. wußte, was er in dieser Beziehung geleistet, und so schrieb er denn in der Vorrede zum zweiten Bande mit dem beißenden Spott, über den er verfügte: „Vortheilhafter für ihn wäre es vielleicht gewesen, wenn er bei geringerer Anstrengung historische Träumereien mit philosophischen Brocken und glänzenden Redensarten aufgestutzt gegeben hätte, doch sieht er damit so Viele glücklich beschäftigt, daß er schon deshalb auf seinem Wege bleiben mußte.“

Im J. 1827 war St. zum ordentlichen Professor ernannt worden. Seine [55] Vorlesungen waren gut besucht. Diejenigen Studenten, welche sich vorzugsweise der Geschichte widmeten, versammelte er, wie das zu geschehen pflegt, wöchentlich einmal bei sich in einem Privatissimum. Im Winter kamen dieselben wol noch an einem Abend in der Woche zu ihm, tranken Thee, aßen Butterbrot mit kaltem Aufschnitt und rauchten aus Gipspfeifen, auf die sie mit Bleistift ihre Namen geschrieben hatten, wie im Tabakscollegium Friedrich Wilhelm’s I. Natürlich bildete die historische Forschung auch hier den Hauptgegenstand der Gespräche, welche der Professor leitete. Aus diesem Privatissimum erwuchs 1844 das noch bestehende historische Seminar; leider empfingen die Mitglieder desselben auf Stenzel’s Vorschlag keine Geldunterstützung, sondern Bücher.

In dem zweiten Bande des oben erwähnten Werkes (S. 5) hatte der Verfasser angekündigt, daß er noch auf dieselbe Weise die Geschichte Deutschlands unter den sächsischen Kaisern bearbeiten werde, da sich Pertz die Geschichte der Karolinger ausgewählt habe. Jedoch es kam anders. St. empfing die ehrenvolle Aufforderung, die Geschichte des preußischen Staates für die Sammlung von Heeren und Ukert zu schreiben, er ging freudig darauf ein und ließ den ersten Band schon 1830 erscheinen. Derselbe enthält die Vorgeschichte des preußischen Staates oder die Hauptzüge der Geschichte der Länder zwischen Elbe und Memel bis zum Auftreten des Großen Kurfürsten. Das Werk war nicht für die Gelehrten, sondern für die Gebildeten bestimmt und erhielt als Motto eine Stelle aus Segur’s Geschichte von Rußland, welche dahin lautete: zu lange habe man nur die Kälte für unparteiisch gehalten, aber die Geschichte der Menschen flöße auch Bewunderung ein, und diese müsse zu lebendigem Ausdrucke kommen.

Wenn St. in verhältnißmäßig kurzer Zeit mit dem Bande fertig geworden war, so geschah dies, weil er mit dem Stoff nicht unbekannt war. Er hatte bereits als Student, durch seinen Lehrer Beck aufgefordert, eine Preisaufgabe der Jablonowski’schen Gesellschaft: „Ueber den Einfluß der Deutschen auf die polnische Cultur von Einführung des Christenthums bis zum Tode des Wladislaus Jagello“ mit Erfolg bearbeitet und dazu alle Quellen der polnischen Geschichte bis zum 16. Jahrhundert studirt. Er hatte sich ferner in Breslau viel mit der schlesischen Geschichte beschäftigt; denn er war im Januar 1821 neben Büsching zum Archivar des schlesischen Provinzialarchivs ernannt worden, verwaltete letzteres seit 1825 allein und ordnete es ganz neu. In Anerkennung dieser verdienstvollen Thätigkeit erhielt er 1832 den Titel eines Geheimen Archivrathes und war, nebenbei bemerkt, von 1832 bis 1835 auch Director der wissenschaftlichen Prüfungscommission. Seine litterarischen Bestrebungen theilten sich nun zwischen Preußen und Schlesien und wurden gerade für letztere Provinz höchst bedeutend. Was für ein wichtiges Buch war die 1832 veröffentlichte „Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte und Einführung und Vorbereitung deutscher Kolonisten und Rechte in Schlesien und der Oberlausitz“, herausgegeben von dem Geh. Oberregierungsrath Tschoppe und von St.! Jener hatte nur seinen Einfluß um Ministerium dafür verwendet, daß die Geldmittel zur Drucklegung bewilligt wurden, und die wenigen Urkunden, die sich auf die Oberlausitz beziehen, beigesteuert, da er als geborener Görlitzer diesen Landestheil durchaus in dem Werke vertreten haben wollte. Die Sammlung enthält die lehrreichsten Urkunden über die Anlage der Dörfer, alle Urkunden über die Gründung der Städte nach deutschem Recht und die wichtigsten Urkunden der Bewidmung der Städte Schlesiens und der Oberlausitz mit Magdeburgischem Rechte. Die lange und außerordentlich lehrreiche Einleitung verbreitet sich nicht nur über die Ansiedlung der Deutschen in Städten und Dörfern, ihre [56] Rechte und Gerichtsverfassung und die inneren Verhältnisse der Städte, sondern sie behandelte auch die Beziehungen der Fürsten zur Geistlichkeit, zum Adel und zu den Bauern u. a. Nachdem St. den Schlesiern dieses große Geschenk gemacht hatte, suchte er ihre Theilnahme für die Herausgabe der schlesischen Chronisten zu gewinnen, und es gelang ihm wirklich, so viel Abonnenten zu gewinnen, daß er zwei Bände „Scriptores rerum Silesiacarum“ herausgeben konnte. Die Stücke waren größtentheils bekannt, aber es gab auch neue darunter, und alle wurden mit der Sorgfalt und dem Verständniß abgedruckt, welches die Monumenta Germaniae historica gelehrt hatten. Dann veröffentlichte St. wieder Urkunden. So erschien – denn er mußte sich immerfort einen Platz suchen – im Jahresberichte der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur vom Jahre 1842 das Landbuch des Fürstenthums Breslau mit einem außerordentlich reichen Commentar. Einen werthvollen Schatz hob er dann, als ihm das Domarchiv sich öffnete, andere Fundgruben wurden entdeckt, und so gab er 1845 „Urkunden zur Geschichte des Bisthums Breslau im M. A.“ heraus, denen ebenfalls eine den reichen Stoff verwerthende Einleitung vorausging. Inzwischen waren auch zwei Bände preußischer Geschichte in den Jahren 1837 und 1841 veröffentlicht worden; sie gingen bis 1688 und 1739.

St. hatte bisher Großes für die schlesische Geschichte geleistet, und noch mancherlei Pläne trug er für die Zukunft in sich. Weil es ihm aber schwer geworden war, die Geldmittel für seine Veröffentlichungen aufzubringen, kam er auf den fruchtbaren Gedanken, einen Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens zu gründen. Im October 1844 erschien in den Zeitungen eine Aufforderung dazu und wurde dann auch noch besonders versendet. Als Zweck des Vereins gab St. an: 1. die Herausgabe noch nicht gedruckter, hauptsächlich in deutscher Sprache geschriebener Quellen zur Landesgeschichte; 2. Herausgabe tüchtiger Aufsätze, welche, aus den Quellen erforscht, Licht über einzelne Theile der Landesgeschichte verbreiten; 3. schriftliche und mündliche Mittheilung geschichtlicher Nachrichten und Erörterung derselben. Die Aufforderung erwies sich erfolgreich; 1846 zahlten 386 Mitglieder ihren ersten Jahresbeitrag von zwei Thalern, und schon im nächsten Jahre erschien ein neuer Band der Scriptores. Er enthielt eine sehr lehrreiche Darstellung der inneren Verhältnisse der Stadt Breslau von 1458–1526, verfaßt von S. B. Klose, dem Freunde Lessing’s, als Fortsetzung seiner längst gedruckten Geschichte von Breslau. Eben damals war St. für ein neues großes Unternehmen gewonnen worden. Auf der Germanistenversammlung von 1846 hatte man auf den Vorschlag Ranke’s die Herausgabe der Reichstagsacten beschlossen und St. sich bereit erklärt, daran mitzuarbeiten. Aber ehe die Sache recht in Gang kam, traten die politischen Bewegungen des Jahres 1848 hindernd dazwischen. Wie aber St. 1813 die Bücher bei Seite gelegt und zu den Waffen gegriffen hatte, um dem bedrängten Vaterlande beizustehen, so ging er hoffnungsvoll im Mai 1848 nach Frankfurt a. M. und arbeitete mit an dem Verfassungswerke für Kleindeutschland. Er ward ein begeisterter Verehrer Heinrich’s v. Gagern und bedauerte schmerzlich die Erfolglosigkeit jener Verhandlungen. Die Vorträge, die er dann in der Universität über die Nationalversammlung vor einem zahlreichen Kreise von Gebildeten hielt, erfreuten sich mit Recht einer großen Anerkennung.

Zurückgekehrt aus Frankfurt, veröffentlichte St. in den Jahren 1850 und 1851 noch zwei Bände Scriptores. Daß ihm nun hierzu die Mittel zu Gebote standen, erkannte er dankbar an, dagegen ging er nicht darauf aus, eine eigentliche Vereinsthätigkeit zu erwecken und Mitarbeiter heranzuziehen. Deshalb hat er nicht, wie er angekündigt, eine Zeitschrift ins Leben gerufen, und in den achtzehn Versammlungen, die im Laufe von vier Jahren gehalten worden sind, [57] haben außer ihm nur noch zwei Mitglieder einmal vorgetragen. Zeitschrift und Regelmäßigkeit der Zusammenkünfte erhielt der Verein erst durch seinen zweiten Vorsitzenden, Röpell. Dagegen arbeitete St. selbst eifrig weiter. Er wollte nun eine Geschichte Schlesiens in drei Bänden schreiben und vollendete den ersten, der bis 1355 reicht, schon 1853. Nachdem er die äußere Geschichte bis dahin behandelt, ging er auf die innere sehr ausführlich über, und er bringt einen außerordentlich reichen Stoff in klarer und wohlgeordneter Weise zur Darstellung. Dann bereitete er das Gründungsbuch des Klosters Heinrichau für den Druck vor, indem er es zugleich nicht allein erläuterte, sondern auch ergänzte. Eine musterhafte Leistung und eine hochwichtige Gabe; „denn wir haben kein schlesisches Geschichtswerk“, heißt es am Schlusse der Vorrede, „das uns so völlig mitten in die Zeit versetzte, wo die Verfasser lebten, und die damalige Denk- und Handlungsweise der verschiedenen Classen der Bewohner und ihre Verhältnisse darlegte“. Die Vorrede ist vom 6. December 1853. St. arbeitete dann noch an dem Verzeichnisse, doch bevor es ganz fertig war, traf ihn nach einem ruhig und heiter im Familienkreise verlebten Abend am 2. Januar 1854 ein Schlaganfall, der seinem Dasein in wenigen Minuten leicht und schmerzlos ein Ende machte. So erschien das Gründungsbuch erst nach seinem Tode, und was die preußische Geschichte betrifft, so ward er mitten in der Arbeit abgerufen. Er hatte mit dem vierten Bande nicht eher hervortreten wollen, als bis Ranke’s Neun Bücher preußischer Geschichte veröffentlicht wären; denn hier waren manche neue Aufschlüsse zu erwarten, da dem Verfasser das Geheime Staatsarchiv geöffnet worden war, und St. hat davon auch oft Gebrauch gemacht. Der vierte Band erschien 1851; der fünfte sollte bis zum Tode Friedrich’s des Großen gehen, aber St. kam nur bis zum Ende des siebenjährigen Krieges ohne die Friedensunterhandlungen, aber was er fertig gebracht hatte, ward ebenfalls noch 1854 in die Welt geschickt. So blieben sowol die schlesische als die preußische Geschichte unvollendet, und ebenso wurden längst gefaßte wichtige Pläne nicht ausgeführt, wie die Urkundensammlung über schlesisches Staats- und Territorialrecht und die Regesten aller schlesischen Urkunden bis zum Jahre 1355. Aber was St. gethan, ist bedeutend und sichert ihm ein dauerndes Andenken. Besonders die Schlesier sind ihm verpflichtet und erkennen dies lebhaft an. Der von ihm gegründete Verein hat ihm auf dem Friedhofe, wo er ruht, 1854 einen Denkstein setzen lassen. In der Versammlung, die im März 1892 gehalten wurde, bildete seine Wirksamkeit den Gegenstand des Vortrags, und am 21. März 1892, dem hundertjährigen Geburtstage Stenzel’s, besuchte der Vorstand sein Grab und schmückte es mit einem Lorbeerkranze.

Nowack, Schlesisches Schriftsteller-Lexikon, Heft 1. – Markgraf, G. A. H. Stenzel’s Wirksamkeit u. Bedeutung für die schlesische Geschichtsschreibung in d. Zeitschrift f. Gesch. u. Alterthum Schlesiens XXVI, 395 ff. – Eigene Kenntniß.