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ADB:Tzschoppe, Gustav Adolph von

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Artikel „Tzschoppe, Gustav Adolf (v.)“ von Hermann von Petersdorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 66–68, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tzschoppe,_Gustav_Adolph_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 07:11 Uhr UTC)
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Tzschoppe: Gustav Adolf (v.) T., preußischer Bureaukrat, geboren am 22. August 1794 in dem damals kursächsischen Görlitz, † am 16. September 1842, war der Sohn des Subrectors am Görlitzer Gymnasium, J. M. T. († 1808), besuchte die Schule seines Vaters, kam Ostern 1812 auf die Universität Leipzig, um Rechtswissenschaften zu studiren und kehrte während des Krieges in seine Vaterstadt zurück. Spuren seiner Antheilname an der nationalen Erhebung finden sich nicht, obwol gerade die Leipziger Studenten stark daran betheiligt waren. In der Kriegszeit suchte er Beschäftigung im subalternen Dienst, nahm indeß 1815 seine Studien wieder auf und zwar in Breslau. Im Mai 1816 bestand er sein Auscultatorexamen und war dann neun Monate am Berliner Stadtgericht beschäftigt. Hier erwachte in ihm die Lust zur Regierung überzugehen. Der Oberpräsident v. Heydebreck [WS 1] und der Kriegsrath [67] v. Cölln vermittelten es, daß er Ende 1817, zu welcher Zeit er zugleich seiner Dienstpflicht bei den Gardeschützen genügte, von Rother als Hülfsexpedient in das Bureau des Staatskanzlers übernommen wurde. Rother sprach sich über ihn am 30. Juni 1818 aus: „Sein Fleiß etc. lassen erwarten, daß man ihn dereinst zu den ausgezeichneten Dienern des Staats zählen werde.“ Am 24. April 1819 bestand er das Examen zum Regierungsrath. In seinen Prüfungsarbeiten „Die Schicksale des achäischen Bundes von seiner Entstehung an bis zur Zerstörung von Korinth“ und über eine agraische Frage verrieth er tüchtige classische Bildung und historische Kenntnisse, wie er denn die Alten und die Geschichte stets besonders verehrt hat. Die Examinatoren rühmten seine natürlichen Anlagen und sein gesundes Urtheil sowie seine gute Gesinnung. Er trat bald in nähere Beziehungen zu Hardenberg, der besonderes Vertrauen zu ihm faßte und ihn mit sich auf die Congresse zu Aachen, Troppau, Laibach und Verona nahm. T. entpuppte sich allmählich als einen vollendeten Streber. Im December 1820 unternahm er eine Reise nach Rom und Neapel. März 1821 begann er sich mit der Einrichtung der Archive zu beschäftigen. In der Demagogenverfolgung erwies er sich als eins der diensteifrigsten Werkzeuge, ja er hat mit einer besonderen Vorliebe die Regierung in diesem unseligen Verfahren noch aufgehetzt und bestärkt. „Wenn meine aus schwachen Einsichten, aber aus treuer Ergebung an Eure Durchlaucht hervorgegangenen Bitten etwas vermögen könnten, so würde ich mir bei dieser Veranlassung (Insultirung des Berliner Universitätsrichters durch einen livländischen Studenten) die unterthänigste Bitte erlauben, daß Eure Durchlaucht gegen jene geschlossene und täglich anwachsende Partei durchgreifende Maßregeln zu nehmen geruhen möchten“ schrieb er am 26. Februar 1822 an Hardenberg. Da schon viele Burschenschafter im Staatsdienst beschäftigt und sogar bevorzugt würden, so würde, falls man nicht andere Maßnahmen ergriffe, „dem König nichts anderes übrig bleiben als sich an die Spitze der Demagogen zu stellen und die Rolle des ersten Jakobiners in Deutschland zu spielen“. Auf dieser Demagogenverfolgung beruht der ungeheure Haß, den sich T. zuzog. Keiner fand Gnade vor diesem fanatischen Bureaukraten. Selbst die jahrelangen Verwendungen seines Freundes, des Baiern Hormayr, für Heinrich Laube blieben unberücksichtigt. Als die Studenten dem Professor Gans in seinem Hause in der Charlottenstraße eine beifällige Kundgebung wegen seines Eintretens für die Göttinger Sieben darbrachten, erscholl zugleich ein Pereat auf den im 2. Stock wohnenden gefürchteten T. Seine amtliche Thätigkeit als Demagogenverfolger begann seit dem August 1822 zuerst als Vertreter des ebenso gefürchteten Kamptz in der Commission gegen demagogische Umtriebe und endete erst mit seiner unheilbaren Erkrankung, indem er nach dem Frankfurter Wachensturm (1830) auch Referent in der Ministerialcommission wurde. Nach Hardenberg’s Tod stand er dem Fürsten zu Wittgenstein als ein unübertreffliches Werkzeug zur Verfügung. Doch war er auch anderweitig amtlich sehr beschäftigt. Seit dem April 1822 als vortragender Rath in der Archivverwaltung thätig, in welcher er 1823 den Charakter als Geheimer Regierungsrath erhielt, wurde er, nachdem er bereits 1832 zum Geheimen Oberregierungsrath ernannt war, auf Antrag Ancillon’s an Stelle Raumer’s 1833 Director des geheimen Staats- und Cabinetsarchivs und der gesammten Archivverwaltung, vermuthlich als Auszeichnung für die mit Stenzel zusammen veranstaltete verdienstliche Herausgabe der „Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte und der Einführung und Verbreitung deutscher Kolonisten und Rechte in Schlesien und der Oberlausitz“ (Hamburg 1832). Seine historischen Arbeiten sind sonst von geringer Bedeutung und spärlich. Schon Hardenberg hatte seinem „lieben Tzschoppe“ die Censur über [68] die Staatszeitung zugedacht, doch kam der Tod des Staatskanzlers dazwischen. 1830 wurde T. jedoch auch Mitglied des Obercensurcollegiums. Am 14. Febr. 1836 erfolgte auf Wittgenstein’s warme Befürwortung seine Erhebung in den Adelstand, 1837 wurde er Wirkl. Geh. Oberregierungsrath und Director der 1. Abtheilung des Ministeriums des königlichen Hauses. Alexander v. Humboldt scherzte damals wegen der vielen Auszeichnungen, die T. widerfuhren, er sei der thätigste Mann, er mache täglich etwas Neues, klüglicherweise an sich selber, indem er sich hinaufschöbe. Auch an der Theaterverwaltung hat T. großen Antheil gehabt und dem Intendanten, dem feinfühligen und kunstsinnigen Grafen Brühl manche schwere Stunde mit seiner bureaukratischen Art bereitet, wenngleich das Verhältnis zwischen ihm und jenem trefflichen Manne stehts ein leidliches geblieben ist. In der kirchenpolitischen Frage erwies er sich, gemäß seinem Naturell, als ein eifriger Bekämpfer der ultramontanen Umtriebe. Nach dem Tode des Königs Friedrich Wilhelm III., bei dem er noch das Protokoll über die Versiegelung der Papiere aufsetzte, verfiel er in eine Gemüthskrankheit. Fast scheint es so, als wenn der Verfolgungswahn, der über ihn hereinbrach, im Zusammenhang mit seiner Demagogenverfolgung steht. Er soll nach Varnhagen’s Erzählung bald nach dem Gnadenerlaß phantasiert haben, daß ihm die Begnadigten einen Fackelzug brächten u. s. w. Zu Zeiten war er wieder ganz bei Besinnung. Auf einer Reise nach Ungarn im J. 1841 hatte er in Wien ein längeres politisches Gespräch mit Metternich. Schließlich wurde sein Geist aber gänzlich umnachtet und in diesem Zustand ist er, erst 48 Jahre alt, gestorben.

Acten des Geheimen Staatsarchiv zu Berlin R. 92, 100 und 125. – Neuer Nekrolog der Deutschen, 20. Jahrgang 1842. II, S. 656–657. – Tagebücher Varnhagen’s von Ense etc.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Georg Christian von Heydebreck, (1765–1828); preußischer Verwaltungsjurist, Oberpräsident der Provinz Brandenburg