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ADB:Gans, Eduard

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Artikel „Gans, Eduard“ von Emil Julius Hugo Steffenhagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 361–362, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gans,_Eduard&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 14:30 Uhr UTC)
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Gans: Eduard G., Rechtsgelehrter und Vertreter der Hegel’schen Philosophie auf dem Gebiete der Jurisprudenz, geb. am 22. März 1798 (nach Andern 23. März 1797) zu Berlin von jüdischen Eltern als Sohn eines angesehenen Geschäftsmannes, der das Vertrauen des Staatskanzlers Fürsten von Hardenberg genoß, gest. am 5. Mai 1839 daselbst. Auf dem Gymnasium zum grauen Kloster vorgebildet, bezog er Ostern 1816 die Universität seiner Vaterstadt, um die Rechte zu studieren, und trat bereits 1817 zweimal als Schriftsteller auf mit der anonymen Broschüre: „Urtheil eines Unparteiischen über das Benehmen der Juristenfacultät zu Berlin in der Habilitations-Angelegenheit des Dr. Karl Witte“ (Berlin 1817), sowie zur Ehrenrettung seines verstorbenen Vaters im Weimarischen „Oppositions-Blatt“. In demselben Jahre setzte er seine Studien in Göttingen fort, wo er durch eine ungedruckt gebliebene lateinische Abhandlung über die Insel Rhodus den akademischen Preis gewann. In Heidelberg, wohin er sich 1818 begab, schloß er sich an Thibaut und Hegel an, schrieb verschiedene juristische Aufsätze für Thibaut’s „Archiv“ und promovirte 6. März 1819 mit der Dissertation: „Jus poenitendi contractibus, quos vulgo dicunt innominatos, re vera non inesse“ (Heidelberg 1819), deren Gegenstand er in der Schrift: „Ueber Römisches Obligationenrecht, insbesondere über die Lehre von den Innominatcontracten und dem ius poenitendi“ (1819) weiter ausführte. [362] 1820 nach Berlin zurückgekehrt, begann er an der Universität mit steigendem Erfolg seine Lehrthätigkeit und ward, nachdem er 1825 zum Christenthum übergetreten, zum außerordentlichen, 1828 zum ordentlichen Professor der Rechte ernannt. Ein eifriger Anhänger der Hegel’schen Philosophie, deren starren Formalismus er geistig zu beleben verstand, war er in Wort und Schrift bemüht, ihre Resultate für die Jurisprudenz fruchtbar zu machen. Dabei gerieth er jedoch bald zu der herrschenden historischen Rechtsschule in schroffen Gegensatz, der zunächst in den „Scholien zum Gajus“ (1821) zum Ausdruck kam, dann noch bestimmter in seinem bedeutendsten Werke: „Das Erbrecht in weltgeschichtlicher Entwickelung“ (Bd. 1–2 1824–25; Bd. 3 bis 4 1829–35, theilweise ins Französische übersetzt von L. de Loménie, Paris 1845), worin er den Grund zu einer vergleichenden Rechtsgeschichte gelegt hat. Zu besonderer Schärfe gedieh der Conflict, als G. in der seinem „System des Römischen Civilrechts im Grundrisse“ (1827) beigegebenen Abhandlung Savigny’s Besitztheorie angriff, eine Frage, die ihn noch kurz vor seinem Tode zu einer Duplik „Ueber die Grundlage des Besitzes“ (1839) veranlaßte. Von Savigny’s Schülern mit Hohn zurückgewiesen, traf G. gleichwol den wunden Punkt, insofern er der historischen Schule das Verlieren in die Einzelheiten der geschichtlichen Forschung und Mangel an philosophischer Bildung und speculativer Begabung zum Vorwurf machte. Mag er von tendenziöser Uebertreibung nicht freizusprechen sein, mag persönliche Gereiztheit und verletzte Eitelkeit auf sein Vorgehen gegen Savigny nicht ohne Einfluß gewesen sein, so bleibt ihm doch das unbestreitbare Verdienst, die Vereinigung von Forschung und Speculation energisch angebahnt zu haben. Auch in den von ihm veröffentlichten „Beiträgen zur Revision der Preußischen Gesetzgebung“ (1830–32) vertrat er mit Entschiedenheit den Standpunkt, daß das „historische Moment“ nur zur Erläuterung zu dienen habe, und die rechtsphilosophische Beurtheilung der „Brauchbarkeit oder Unbrauchbarkeit“ der preußischen Gesetzgebung in den Vordergrund zu stellen sei. Durch Begründung der Berliner „Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik“ (1827), die vornehmlich sein Werk war, und deren Tendenz er in dem Aufsatze: „Die Stiftung der Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik“ (1836) näher erläuterte, schuf er der Hegel’schen Philosophie einen Sammelpunkt. Nicht minder ist ihm das Zustandekommen der Gesammtausgabe von Hegel’s „Werken“ zu danken, von der er selbst den 8. und 9. Band, 1833 und 1837, bearbeitete. Seine Reformbestrebungen für die Regeneration des Judenthums auf modern philosophischer Grundlage scheiterten an der Theilnahmlosigkeit der Mehrzahl seiner Glaubensgenossen und erreichten mit der Selbstauflösung des „Vereins für Cultur und Wissenschaft der Juden“, dessen Präsident er war, ihr Ende. Von seinen Schriften sind noch zwei Sammlungen kleinerer Abhandlungen zu nennen: „Vermischte Schriften juristischen, historischen, staatswissenschaftlichen und ästhetischen Inhalts“ (1834, 2 Bde.) und „Rückblicke auf Personen und Zustände“ (1836). Seine „Vorlesungen über die Geschichte der letzten fünfzig Jahre“, in Raumer’s Historischem Taschenbuch 1833–34 sind nur Fragment geblieben.

Encyklopädie von Ersch und Gruber, 1. Section 53, 368. Marheineke, Rede am Grabe des Prof. Gans, Berlin 1839. Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst, 1839. Nr. 132, 206, 207; 1840. Nr. 113. L. Philippson, Allg. Zeitung des Judenthums 1839. Nr. 73, 76. Saint-Marc-Girardin, Notice sur la vie et les ouvrages de Gans, vor der oben erwähnten Uebersetung de Loménie’s (cf. Magazin für die Lit. des Auslandes 1845. Nr. 105). R. Stintzing, Friedrich Carl von Savigny, Berlin 1862. S. 48, 50. A. Strodtmann, H. Heine’s Leben und Werke. 2. Aufl. (1873 bis 1874) 2, 444.