Zum Inhalt springen

ADB:Stuve, Johann

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Stuve, Johann“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 82–83, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stuve,_Johann&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 10:01 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Stüve, Hermann
Band 37 (1894), S. 82–83 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Stuve in der Wikipedia
Johann Stuve in Wikidata
GND-Nummer 117365025
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|37|82|83|Stuve, Johann|Paul Zimmermann|ADB:Stuve, Johann}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117365025}}    

Stuve: Johann St., geboren im Anfang des August (getauft 10. Aug.) 1752 zu Lippstadt (nicht, wie gewöhnlich angegeben wird, 1751 in Hamm in Westfalen), war der einzige Sohn eines dortigen Predigers Joh. Heinr. St., der vorher Lehrer am Gymnasium zu Soest gewesen war und von 1743 bis zu seinem Tode († 1757) als Pfarrer an der Nicolaikirche in Lippstadt wirkte. Johann besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt und bezog dann die Universität Halle, wo er vornehmlich Theologie und Pädagogik studirte und mit Jos. Fr. Löffler, dem späteren Generalsuperintendenten in Gotha, und Phil. Jul. Lieberkühn eine innige Freundschaft schloß. Letzteren traf er dann in Neu-Ruppin wieder, wo er 1776 eine Hauslehrerstelle annahm, im folgenden Jahre aber durch Lieberkühn’s Vermittlung Lehrer der dortigen Schule wurde. Einen Ruf, als Rector nach Prenzlau zu kommen, schlug er aus; zum Entgelt dafür wurde ihm gemeinsam mit Lieberkühn das Directorat der Neu-Ruppiner Schule übertragen, die sie reorganisirten und in hohe Blüthe brachten. Als im Juli 1784 Lieberkühn nach Breslau gegangen war, ließ auch St. sich bewegen, Neu-Ruppin zu verlassen. Er war mit J. H. Campe bekannt und Mitarbeiter des von diesem herausgegebenen Werkes „Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens“ geworden; die freimüthige Kritik, die er an einem Aufsatze Campe’s übte, gewann ihm dessen Freundschaft in so hohem Grade, daß er seine Berufung als Professor, ordentlicher Beisitzer des Schuldirectoriums und Rector des Katharineums nach Braunschweig veranlaßte. Unterm 6. Juni 1786 wurde er in diesen Aemtern in Braunschweig angestellt. Da dann aber die geplante Errichtung des Schuldirectoriums, in dem man St. als praktischem Schulmanne die Bereisung des Landes und die Inspicirung der Schulen zugedacht hatte, an dem Widerspruche der Landstände scheiterte und auch die Uebertragung der Leitung des Katharineums auf St. sich zerschlug, so war er mehrere Jahre ohne eigentliche Beschäftigung, bis er unterm 30. Januar 1789 als ordentlicher Professor am Collegium Carolinum angestellt wurde. Er las hier Anthropologie, Geographie und Philosophie (Logik, Seelenlehre, Cicero’s philosophische Schriften etc.). Seine Gesundheit, die von Jugend auf eine sehr schwächliche war, machte ihm viel zu schaffen. Er soll nach Schlichtegroll die Tochter seines [83] Hauswirths aus Dankbarkeit für die treue Pflege geheirathet haben, die sie ihm in einer schweren Krankheit, in welche er nach Lieberkühn’s Tode gefallen sei, erwiesen habe. Das kann nur theilweise richtig sein. Denn St. vermählte sich lange vor Lieberkühn’s Tode († 1. April 1788) am 26. December 1787 mit Joh. Elise Henr. Spiegel, der Tochter des geh. Kanzlisten Sp. Mag die Frau auch an Bildung unter ihm gestanden haben, so ist doch das Verhältuiß Beider, nach seinem eigenen Zeugnisse, ein sehr gutes gewesen. Im Sommer 1791 zwang ihn seine Gesundheit Braunschweig zu verlassen, und ein Jahr in der Schweiz und Italien zu verleben. Als er nach längerer Seereise über Cadix, Malaga etc. Anfang Juni nach Braunschweig zurückkehrte, fand er seine Frau, ohne eine Ahnung davon zu haben, an der Schwindsucht schwer erkrankt. Am 25. Juni ist sie gestorben. Der Verlust traf ihn sehr schwer; sein eigenes Leiden, das in einer Verknorpelung der Lunge bestand, ging weiter und am 12. Juli 1793 ist er infolge eines Schlages, den er sich durch eine Erkältung im Bade zugezogen hatte, gestorben. Sein Freund Campe, der seine Tochter Minna an Kindesstatt annahm, ließ ihn neben dem Grabe Lessing’s auf dem Magni-Kirchhofe beisetzen. – Stuve’s Hauptbedeutung liegt in seiner Thätigkeit als pädagogischer Schriftsteller. Er huldigte den philanthropischen Grundsätzen der Zeit, aber er war kein voreiliger Neuerer, sondern er suchte vorsichtig das bewährte Alte zu erhalten und nur berechtigten Neuerungen Raum zu schaffen. Sein Hauptbestreben ging auf harmonische Ausbildung des ganzen Menschen, auf gleichmäßige Pflege der körperlichen, geistigen und sittlichen Eigenschaften. Auch zur Hebung des Mädchenschulwesens hat er 1786 durch seine Abhandlung „Ueber die Nothwendigkeit der Anlage öffentlicher Töchterschulen für alle Stände“ kräftige Anregung gegeben. Seine Aufsätze erschienen großentheils in dem „Braunschweigischen Journal philosophischen, philologischen und pädagogischen Inhalts“, das er mehrere Jahre mit seinen Freunden Campe und Trapp sowie mit Heusinger heraus gab. Eine Sammlung derselben gab nach seinem Tode als „Kleine Schriften gemeinnützigen Inhalts“ (Braunschweig 1794) J. H. Campe in zwei Theilen heraus, vor denen sich auch Stuve’s Bildniß befindet. Als Grundzüge seines Charakters, der allgemeine Anerkennung fand, nennt Campe die Geradheit, den Wahrheitssinn und den Gemeingeist.

Supplement-Band des Nekrologs f. d. J. 1790–93 von Fr. Schlichtegroll (Gotha 1798), S. 34–57. – Chr. G. Schütz, Halle 1835, 2. Bd., S. 489. – Schiller, Braunschweigs schöne Literatur, S. 152–160. – Koldewey, Braunschweigische Schulordnungen. – Herzogl. Landeshauptarchiv in Wolfenbüttel. – Kirchenbücher zu Braunschweig, Hamm und Lippstadt.