Zum Inhalt springen

ADB:Suter, Kaspar

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Suter, Kaspar“ von Theodor von Liebenau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 200–201, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Suter,_Kaspar&oldid=- (Version vom 16. Dezember 2024, 05:31 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Suter, Joseph
Band 37 (1894), S. 200–201 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kaspar Suter in der Wikipedia
Kaspar Suter in Wikidata
GND-Nummer 119844214
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|37|200|201|Suter, Kaspar|Theodor von Liebenau|ADB:Suter, Kaspar}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119844214}}    

Suter: Kaspar S., von Horgen, geboren um 1520 als Sohn des in der Schlacht bei Cappel gefallenen Schmiedes Hans S., gehörte einer angesehenen Familie des Kantons Zürich an, die seit dem Streite um das Erbe des letzten Grafen von Toggenburg (1437) bis zum zweiten schweizerischen Religionskriege (1531) bei dreißig Gliedern auf dem Felde der Ehre verloren hatte. Ein Hans S. hatte nach dem blutigen Treffen auf dem Gubel (1531) die Friedensvermittelung zwischen Zürich und den katholischen Orten angebahnt. Da die Familie S. auch nachher immer noch mit den Urschweizern freundschaftliche Verbindungen unterhielt, war nach dem Wiedererstarken der streng evangelisch gesinnten Partei für S. im Heimathlande bald jede Wirksamkeit unmöglich. Kaspar, der wahrscheinlich in Deutschland seine Bildung als wandernder Student gewonnen, begab sich daher zu seinen Anverwandten nach Zug und gewann hier durch Protection der ihm befreundeten Familie Kollin als Lehrer und Schreiber sein Auskommen. Allein mehr als das stille Leben des Schreibers lockte ihn das edle Waffenhandwerk an. Schon im J. 1542 machte S. unter den in französischem Solde stehenden Schweizern den Feldzug über den Montcenis nach Piemont mit. Er wohnte der Eroberung von Coni, Pignerolo, Chierasco und Mondovi bei. Als im folgenden Jahre der talentvolle spanische General Marchese de Guasto die Schweizersöldner durch eine Kriegslist zur Räumung von Mondovi bewog und dann treulos überfallen ließ, befand sich S. unter den Getäuschten, die nach Rache schrieen. Am Ostermontag 1544 nahmen diese in französischem Solde stehenden Schweizer bei Cerisole und Carignono blutige Rache an den Spaniern und S. stimmte freudig „ein hüpsch nüw Lied von der Schlacht in Bemond“ – in der Weise des „Toller- oder Genower Liedes“ – an, das zwar keinen besondern poetischen, wol aber einen historischen Werth besitzt, da es ein anschauliches Bild der berühmten Doppelschlacht entwirft und durch die oft wörtliche Anlehnung an das alte Sempacherlied ein gewisses Interesse erweckt. Die religiös-vaterländische Gesinnung trug dazu bei, daß das Bemunderlied im 16. und 17. Jahrhundert oft nachgedruckt und als Trutzlied gesungen wurde.

Als S. 1544 nach der Abdankung der in Piemont stehenden Schweizertruppen nach Zug zurückkehrte, hoffte er, Gott werde die durch diesen Sieg wieder hochgepriesene Eidgenossenschaft in Ruhe und Frieden erhalten. Allein der religiöse Zwiespalt erweiterte sich bald wieder, namentlich durch die in streng reformatorischem Sinne geschriebene große Schweizer Chronik des Johannes Stumpf. S. betrachtete nicht nur diese tendenziöse Darstellung als einen Mißgriff, sondern verhehlte sich auch keineswegs, daß Stumpf allzu summarisch die Entstehungsgeschichte der Eidgenossenschaft behandle und zu rasch über die dunkeln, weniger ehrenvollen Zeiten hinwegeile. Er wollte deshalb eine umfassende, unparteiische, auch auf fremden Geschichtsquellen beruhende Geschichte der Schweiz zu Tage fördern, zu der er seit 4 Jahren das Material gesammelt hatte. Nicht weniger als 300 Kronen will S. für dieses 1100 Bogen umfassende Werk verwendet haben. Infolge einer Besprechung mit den 1549 in Baden versammelten Tagsatzungsgesandten von Zürich, Zug, Solothurn und Schaffhausen hatte S. seinem Werke auch eine Sammlung der eidgenössischen Bundesbriefe und Staatsverträge beigefügt. Allein Suter’s Chronik blieb ungedruckt. Nur einzelne Capitel derselben, wie die Beschreibung der Schlacht von Marignano sind uns durch Copien in andern Werken erhalten. S. bearbeitete zunächst einen Auszug [201] aus diesem großen Werke, in welchem neben Witterungsberichten namentlich die Capitel über Wilhelm Tell und die Vertreibung der österreichischen Vögte in der Zeit der Gegenkönige Ludwig von Baiern und Friedrich von Oesterreich von Interesse sind. S. benutzte bereits das Tellenspiel als Geschichtsquelle. Daneben schrieb S. eine neue Chronik über die Religionskriege von 1528–1531 und eine Chronik von Zug, die nach ihrem Fortsetzer gewöhnlich als Chronik Johannes Kollin’s von Zug citirt wird. Daneben beantwortete er noch in einem Liede das Spottgedicht des Nördlinger Liederdichters Lukas Lercher (1549). Als die Publication der Chronik auf Schwierigkeiten stieß, griff S. wieder zum Schwerte und machte 1552 und 1553 in französischem Dienste die Feldzüge nach Piemont mit, die er kurz in der bei Matthias Apiarius in Bern 1554 gedruckten „warhaften und grüntlichen Histori, was sich in zweyn Jaren im Piemondt zugetragen“ beschrieb. Nach der Eroberung von Camerano, am 4. Octbr. 1554, ging S. auf Beute aus, wurde von den Landleuten erschossen und vor dem Schlosse am Berge begraben, wie sein Waffengefährte Samuel Zehender von Bern in seinem Tagebuche bezeugt. S. war ohne Zweifel ein vielversuchter Soldat, dem aber eine poetische Ader wie kritischer Sinn und Darstellungsgabe fehlten, obwol ihm ein richtiger Blick nicht mangelte. In seinem Schreiben an die Tagsatzung gesteht S., daß eine zu große Offenheit und Mangel an unterthänigem Benehmen ihm eine passende Lebensstellung im Vaterland verschlossen und ihn auf die Bahn eines Reisläufers gewiesen habe.

Zuger Neujahrsblatt 1885, 3–9. – Geschichtsfreund, Einsiedeln 1891, XLVI, 305–310. – v. Liliencron, Histor. Volkslieder IV, 508, S. 247 bis 252. – Bächtold, Gesch. der deutschen Literatur in der Schweiz 402 (121). – Anzeiger f. schweizer. Geschichte, 1865, 22–25. – Rilliet, Ursprung der schweizer. Eidgenossenschaft, ins Deutsche übertragen v. C. Brunner, S. 256 ff. – Rochholz, Tell und Geßler, S. 420 ff. – W. Vischer, Die Sage von der Befreiung der Waldstädte, S. 105–110. – Tobler, Histor. Volkslieder, Frauenfeld 1884, II, 97 ff.