ADB:Wattenwyl, Friedrich von (Herrnhuter)

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Artikel „Wattenwyl, Friedrich von“ von Emil Blösch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 248–249, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wattenwyl,_Friedrich_von_(Herrnhuter)&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 07:43 Uhr UTC)
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Wattenwyl: Friedrich v. W. (1700–1777) wurde am 16. Februar 1700 in Bern getauft. Sein gleichnamiger Vater gehörte zu den Leuten, welche eben damals von der neuen religiösen Bewegung ergriffen worden waren; „er ergab sich“, wie ein Zeitgenosse sagt, „sehr dem Pietismus“. Er weigerte sich den von der Regierung geforderten, gegen alle kirchlichen Neuerungen gerichteten sogenannten Associations-Eid zu leisten und verzichtete deßhalb, obwohl vermöge seiner Abstammung zu den höchsten Ehrenämtern der Republik bestimmt, auf eine Wahl in den Großen Rath, in die Reihe der Regierenden. Dadurch vom politischen Leben überhaupt ausgeschlossen, zog er nach dem Kanton Neuenburg, kaufte die Besitzung Montmirail am Ufer des Sees und baute das später berühmt gewordene Schloß. Seinen Sohn Friedrich sandte er, dieser Gesinnung entsprechend, 1715 zur Erziehung in das Paedagogium in Halle. Hier trat nun der Jüngling in ein schwärmerisch enges Freundschaftsverhältniß zu dem gleichaltrigen Grafen Ludwig v. Zinzendorf. Von diesem äußerst lebhaften Geiste angezogen und beherrscht, schloß er mit ihm „einen speciellen Bund“ zur Bekehrung der Heiden. Diese Freundschaft entschied über sein Leben. Von einer größeren Reise mit seinem älteren Bruder Nikolaus v. W. von Paris heimkehrend, hatte er 1720 wieder eine Zusammenkunft mit dem Grafen, und dieser, der ihn in einem Empfehlungsbriefe als „einen Theil seines Herzens und seiner Hoffnung in der Welt“ bezeichnete, hätte ihn schon jetzt gern mit sich nach Deutschland genommen als Mitarbeiter bei seinen großartigen religiösen Plänen, und 1722 verließ v. W. wirklich seine Heimath „abgestoßen durch die Philosophie und die Verführung der Welt“. Es ging nach Berthelsdorf zu dem Grafen und erneuerte mit ihm seinen Herzensbund, mit dem Versprechen, „gemeinsam die Mauern Zions zu bauen“. Im März 1723 hatte er das sonderbare Mißgeschick wegen eines übel ausgelegten Trostbriefes an einen Angeklagten selbst verdächtig, durch ein Commando reitender Trabanten verhaftet, nach Dresden geführt und ins Gefängniß gesetzt zu werden. Sodann begleitete er seinen Freund auf seinen Reisen nach Schlesien und nach Prag, wo er der Krönung Kaiser Karl’s VI. beizuwohnen Gelegenheit hatte, während Zinzendorf selbst vom Monarchen zu einer bedeutungsvollen Privataudienz empfangen wurde. v. W. war es nun, der sich 1724 der aus ihren Wohnsitzen vertriebenen Mährischen Brüder annahm und deren Ansiedelung in Herrnhut betrieb; er wußte Zinzendof für seinen Gedanken zu gewinnen und hat dann auch beim Bau des ersten Versammlungshauses den Grundstein eingeweiht mit einem Gebete, von welchem Zinzendorf gesagt haben soll, daß er nie etwas so Ergreifendes gehört habe. Im September des folgenden Jahres reiste er nach Paris, um dem durch seine religiöse Weitherzigkeit bekannten Cardinal v. Noailles eine von Zinzendorf veranlaßte französische [249] Uebersetzung von „Arndts Wahrem Christenthum“ im Namen des Grafen persönlich zu überreichen. Er fand einen äußerst freundlichen Empfang, der große Hoffnungen erwecken konnte, aber freilich ohne Wirkung blieb. Während der Verbannung Zinzendorf’s aus Sachsen, 1737–47, überließ dieser seinem Vertrauten zum größten Theile die Verwaltung seiner Güter und die Leitung von Herrnhut. Eine gemeinsame Reise führte die beiden Freunde im December 1739 in die Schweiz, nach Basel und Bern, nach Montmirail zum Vater v. Wattenwyl’s und nach dem Dorfe Dießbach bei Thun, zu dem durch seine Frömmigkeit berühmten Pfarrer Samuel Lucius (s. A. D. B. XIX,[WS 1] 715). v. W. war seit 1723 mit einem Fräulein v. Zetzschwitz verheirathet, aber kinderlos geblieben, jetzt adoptirte er 1744 den Candidaten Michael Langguth, der nun den Namen „Johannes v. Wattenwyl“ annahm, und, auf diese Weise ebenbürtig geworden, sich mit einer Tochter Zinzendorf’s, der Gräfin Benigna, verehelichte (s. Watteville, u. S. 255). Derselbe ging, 1747 zum Bischof geweiht, bald darauf nach Amerika und nach Grönland und galt als der eigentliche Fortsetzer von Zinzendorf’s Werken, namentlich in Hinsicht auf die Mission unter den Heiden. Fr. v. W. blieb bis zum letzten Athemzuge im innigsten Umgang mit dem Stifter von Herrnhut und saß im Mai 1760 an dessen Sterbebette. Er selbst starb erst im April 1777. Der Biograph Zinzendorf’s charakterisirt v. W. mit den Worten: „Er hatte lieb und wurde geliebt“. Die väterliche Besitzung Montmirail wurde von einem Herrnhuter aus St. Gallen erworben und ist eine der bedeutendsten Erziehungsanstalten dieser religiösen Gesellschaft geworden.

Spangenberg, Leben des Herrn Nikolaus Ludwig Grafen v. Zinzendorf, 1772, 6 Bde. – J. R. Gruner, Genealogie der Bernischen Geschlechter, Handschrift der Berner Stadtbibliothek. – J. F. W. Ritter, Leben des Frhrn. Johs. v. Watteville. Alt. 1800.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: XIII