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ADB:Weidmann, Franz Karl

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Artikel „Weidmann, Franz Karl“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 455–456, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weidmann,_Franz_Karl&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 08:01 Uhr UTC)
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Weidmann *): Franz Karl W., Schriftsteller, wurde in Wien wol am (11. oder) 14. Februar 1787 (1788) oder vielleicht einige Jahre früher geboren, als Sohn des Schauspielers Joseph W. (s. u.), also Neffe des Dramatikers Paul W. (s. u. S. 458). Infolge dieser Familientradition betrat er, gewiß auch durch des Vaters glänzende Erfolge veranlaßt, die Bretter, ohne dafür irgendwie befähigt zu sein. Des Vaters Ansehen brachte ihn trotzdem jung ans kaiserl. Hoftheater. Aber in der ihn jederzeit auszeichnenden Selbsterkenntniß gab er diesen Posten auf und trat mit einer dauernden Pension ins Privatleben, welche den Abend seines Daseins angesichts einer erschwerten Existenz in der bis dahin betriebenen freien Schriftstellerei vor Drangsal schützen mochte. Als Litterat hat er nämlich ungeachtet großer Fruchtbarkeit, unermüdlichen Eifers und anerkannter litterarischer Stellung keine goldenen Aehren gepflückt, weshalb er wenige Wochen vor dem Tode unter schwindenden Kräften eine hochgestellte Person anging, für Bestattungskosten und ein eigenes Grab zu sorgen; diese Garantie beruhigte seine letzten Tage. Er starb in seiner Geburtsstadt, wo er sich ständig aufgehalten hatte, am 28. Januar 1867.

Die Feder ergriff er zuerst wol in dem Feststück der Befreiungskriege „Sieg, Freiheit und Friede. Eine allegorische Scene“ (1815). Darauf hat er sich längere Zeit eifrigst als Dramatiker bethätigt, und zwar wurden „Clementine von Aubigny“, 1817 als „dramatisches Gedicht“ gedruckt, danach das Schauspiel „Die Scharfeneck[gg?]er“, 1821 als „Der Verbannte“ in den „Sämmtlichen Werken“ gedruckt und October 1823 am Münchner Isarthor-Theater gespielt, am bekanntesten und am liebsten gesehen. Sie hielten sich nicht länger als Stücke wie „Die Geächteten“ (1826 gedruckt), 1823 durch des Verfassers Verbindungen unverdienterweise auf den Musterboden des Burgtheaters gelangt und 1824 in Prag aufgeführt, das Drama „Das Pilgerhaus auf dem Bernhardsberge“, 1826 im Theater an der Wien, „Das Dauernde im Wechsel“, 1823 auf dem Wiener Josephstädter, das Zauberspiel mit Gesang und Tanz „Der Ring des Glückes, 1833 ebenda über die Bretter gegangen. Dazu kommt noch „Till Eulenspiegel“, Lustspiel in 5 Auszügen nach K. Lebrun (A. D. B. XVIII, 101), von W. mit Aenderungen neu eingerichtet, 1837 auffälligerweise in Mainz – alle anderen Schriften Weidmann’s in Wien! – erschienen (von F. K. W.?), sowie die vier Geschichtsdramen, welche noch den 1. Band seiner „Sämmtlichen Werke“ (1821–22) füllen. Diese frühe Sammlung enthält im 2. Bande seine unbedeutende, ganz dem Zeitgeschmack gemäße Lyrik, die schon 1815 und zweibändig [456] 1816/17 hervorgetreten, im 3. die originelleren „Memorabilien aus meiner Reisetasche“. Mit letzteren lenkte W. in eine Bahn ein, die er fürder oftmals gegangen, nämlich die Schilderung Wiens, seiner Umgebungen und der österreichischen Alpenlandschaften mit halb topographischen, halb freibelletristischen Allüren. Wahrheit und Dichtung reichen sich in mehreren dieser zahlreichen Veröffentlichungen die Hand, und der Fremdenführer wandert da einträchtig neben dem touristischen Erfinder. Ja, sein älterer Bekanntenkreis, besonders der witzige Bäuerle, erklärte ihn über die österreichischen Erblande nie hinausgekommen, daher alle seine weitergreifenden Berichte als zwar nicht böswillig, immerhin phantasievoll selbsterdacht, namentlich Dalmatiens und Montenegros Besuch und gar den geplanten Aegyptens und Syriens, wovon November 1844 das Frankfurter Conversationsblatt schrieb, gefabelt. Trotzdem bleibt diesen Panoramen, Albums, Handbüchern u. s. w. das Verdienst, den Sinn für Kenntniß der herrlichen Gegenden des österreichischen Kaiserstaates geweckt und rege gehalten zu haben; mancher neuere Schilderer steht uneingestanden oder unbewußt auf Weidmann’s Schultern. Außer vielen Kleinigkeiten, meist journalistischen Geprägs und längst verweht, lieferte er: „Max. Korn. Sein Leben und künstlerisches Wirken“ (1857), „Moriz Graf Dietrichstein. Sein Leben und Wirken aus seinen hinterlassenen Papieren dargestellt“ (1867), sein Schwanengesang nach rastloser litterarischer Geschäftigkeit. „Selbst der sanftmüthige, timide W.“, schreibt Fr. Schlögl (Vom Wiener Volkstheater, S. 62) 1883.

Ebensowenig wie als Schauspieler hat W. als Dramatiker nennenswerthe Erfolge errungen; Goedeke meint: seine Stücke sind gedehnt und ruhen mehr auf dem, was erzählt, als auf dem was gethan wird. Uebrigens ist er, wie sonst, auch als Schauspieldichter von seinem Vater Joseph und dessen Bruder Paul (s. d.) genau zu unterscheiden: welchen Weidmann z. B. A. Hauffen unter den Nachäffern des Ritterstückdichters J. A. v. Törring A. D. B. XXXVIII, 461 meint, geht nur aus der daselbst notirten Litteratur (Brahm übergeht ihn) hervor. Schon infolge unaufdringlichen persönlichen Wesens hat er von seinen poetischen Gebilden später nicht viel Aufhebens gemacht, dafür aber als Jahrzehnte wirkender Wiener Chronist, Berichterstatter, Nekrologist, Recensent, Kritiker über Theater, Bühne, Kunst, industrielle Unternehmen u. s. w. dortselbst eine Bedeutung, die der mehrfach gebrauchte Ausdruck journalistisches „Mädchen für Alles“ nicht erschöpft, er war also der berufenste Herausgeber des „Oesterreichischen Zuschauers“ 1854 nach O. F. (Ebers)berg’s Tode, wenn auch nur für kurz. Er rechnete um Goethe’s Tod, zu dessen Wiener Trauerfeier 24. Mai er gleichsam officiell erscheint, unter die Großwürdenträger der Kritik daselbst und verfaßte für die „Theaterzeitung“ rasch ein Carmen auf den Altmeister, wie viele danach nach des Kanzlers v. Müller Stanzen. Er gehörte zur dortigen berühmten Künstlergesellschaft „Die Ritter von der grünen Insel“ (siehe A. D. B. XLII, 282).

In den folgenden Citaten sind die darin gebotenen Geburtsdaten in Klammern dahintergesetzt: (Eman. Straube im) Allg. Theater-Lex. VII, 196 [1787]; Kehrein, Biogr.-litt. Lex. d. kathol. Dichter u. s. w. II, 241 [11/2 1788]; Goedeke, Grdr. z. Gesch. d. dtsch. Dchtg.1 III, 816 f. [11/2 178?]; Brümmer, Lex. d. dtsch. Dcht. u. Pros. b. z. E. d. 18. Jh., S. 573 b [11/2 1788]; Wurzbach, Biogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterr. 53, S. 262–267 [11/2 1787 gegen Hoffinger’s Angabe 11/2 1788]: da das meiste Material, auch weiteres, reiche Nachweise und Bibliographie; Fach-Katalog f. dtschs. Drama u. Theater d. Internat. Ausstllg. f. Musik u. Theater. Wien 1892, S. 192 Nr. 451 [11/2 1788]: Porträt a. d. Hist. Museum der Stadt Wien; R. F. Arnold im Goethe-Jahrbuch XVIII, 261 u. 264.[1]

[455] *) Zu Bd. XLI, S. 458.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 456. Z. 1 v. u.: bezüglich der journalistischen Schriftstellerei Franz (Carl) Weidmann’s vergleiche man jetzt seine wiederholt vermerkte Betheiligung an den österreichischen, meist zu Wien erscheinenden Zeitschriften in den Journalabschnitten von Aug. Sauer’s eingehender Revision des der deutsch-österreichischen Litteratur nach 1800 gewidmetem Paragraphen in K. Goedeke’s Grdr. z. G. d. d. D., 2. Aufl., Bd. VI (1898). E. V. Zenker, Gesch. d. Wiener Journalistik bis 1848 (1892), S. 118, bemerkt, um den Niedergang der Theaterkritik von der josephinischen Aera bis zum „Vormärz“ zu charakterisiren: „jetzt recensirt Bäuerle, weil er beliebter Theaterdichter ist, Saphir, weil er über eine gehörige Menge Witz verfügt und ihm niemand zu widersprechen wagt, Weidmann, weil er Schauspieler war, u. s. w.“. [Bd. 44, S. 577]