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ADB:Weißmann, Christian Eberhard

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Artikel „Weißmann, Christian Eberhard“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 613–615, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wei%C3%9Fmann,_Christian_Eberhard&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 23:12 Uhr UTC)
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Weißmann: Christian Eberhard W., evangelischer Theologe, † 1747. Zu den Theologen, welche der orthodoxen lutherischen Kirchenlehre anhingen, sie aber unter dem Einfluß des Pietismus erweichten und sich am liebsten auf die Bibel zurückzogen, gehört der Tübinger Theologe W. Er wurde in dem Kloster Hirschau in Württemberg am 2. September 1677 geboren, wo sein Vater, gleichfalls Theologe, damals Klosterpräceptor war. Schon nach zurückgelegtem zwölften Lebensjahre war er soweit vorgebildet, daß er 1689 die Universität Tübingen beziehen konnte. 1693 wurde er daselbst Magister, 1699 Repetent, 1701 Diakonus zu Calw, 1705 Hofcaplan in Stuttgart, 1707 Professor der Kirchenhistorie und Philosophie bei dem Gymnasium und Mittwochs-Prediger bei der Stiftskirche daselbst. Das Jahr 1721 führte ihn in das akademische Lehramt, indem er außerordentlicher Professor bei der theologischen Facultät und zugleich auch Stadtpfarrer in Tübingen wurde. 1722 erwarb er sich die Würde eines Doctors der Theologie, 1726 trat er als ordentlicher Professor in die Facultät ein und blieb in dieser Stellung bis an seinen Tod, 22. Mai 1747, neben Pfaff und Bilfinger wol die anziehendste Persönlichkeit dieser gelehrten Körperschaft. Seine Grundrichtung war eine biblisch-supranaturalistische; von da aus hat er zum Pietismus eine nicht unfreundliche Stellung eingenommen, dagegen der damals in Aufschwung gekommenen Leibniz-Wolffschen Philosophie, welche seit 1730 sein College Bilfinger vertrat, keine Sympathie entgegengebracht. Seine hervorragendsten Leistungen liegen auf dem Gebiete der Kirchengeschichte.

[614] Schriften: sein Hauptwerk ist die „Introductio in Memorabilia ecclesiastica historiae sacrae Novi Testamenti, maxime vero saeculorum primorum et novissimorum“ (I. Theil Stuttg. 1718, II. Theil ebd. 1719), ein sachliches und doch zugleich erbauliches Handbuch der Kirchengeschichte, das zwischen Compendium und ausführlicher Darstellung die rechte Mitte halten sollte und 1745 in zweiter Auflage erschien. Dieses Werk ist durch Gottfried Arnold’s Kirchen- und Ketzergeschichte beeinflußt, aber doch freier als dieses einseitig pietistische Werk. Es ist so bedeutend, daß es nicht bloß zeitlich, sondern auch inhaltlich zwischen Arnold’s und Mosheim’s Arbeiten zu stehen kommt. W. erstrebte im Unterschiede von den Centuriatoren und Pietisten eine objectiv geschichtliche Auffassung der Geschichte des apostolischen Christenthums, des Papstthums, des Kaiserthums, der Reformation und der Folgezeit und bildet so eine Vorstufe zu der ersten modernen Kirchengeschichtsschreibung, die von Mosheim geleistet worden ist. Eine ausführliche Würdigung der Verdienste Weißmann’s auf diesem Gebiete hat F. Chr. Baur [s. unten] geliefert; „Dissertatio pro loco“ (Tüb. 1721); „Dissertatio pro gradu“ (Tüb. 1722); „Aphorismi de causis errorum circa doctrinam de ecclesia etc.“ (Tüb. 1722); „Exercitatio academica de erroribus quibusdam et abusibus, vero theologiae naturalis pretio usuique legitimo contrariis“ (Tüb. 1725); „Schediasmata academica sive dissertationes varii argumenti, nostrorum maxime temporum controversiis absque studio partium expendendis accommodatae“ (Tüb. 1725); „Dissertatio, quaestionem arduam, an et quibus conditionibus cuique liceat vel non liceat de rebus religionis iudicare? ex Act. XVII, 11, 12 evolvens“ (Tüb. 1726); „Paraenesis, de studio sapientiae quod non est secundum Christum, sollicite fugiendo“ (Tüb. 1727); „Dissertatio de veritatibus spiritus, problematibus scholae et mendaciis carnis etc.“ (Tüb. 1728); „Exercitatio academica de fide et officiis Christianorum, ex epistola ad Romanos“ (Tüb. 1728); „Die ersten Grundlehren von der nöthigen Tüchtigkeit eines evangelischen Christen zu Verantwortung seiner Religion und seines Gottesdienstes, auch heilsamer Verwahrung gegen dem Papstthum als Papstthum“ (ebd. 1728 u. 1729, 2. Aufl. 1737); „Leich-Predigt auf Prof. Gottfried Hoffmann“ (Tüb. 1729); „Orationes academicae“ (Tüb. 1729); „Quaestiones nonnullae … de miraculis“ (ebd. 1729); „Diss. de obligatione reproborum credendi in Christum“ (ebd. 1730); „Fontes solutionum adversus sex impedimenta saluti Protestantium aeternae objecta a Scheffmachero aperti“ (ebd. 1730); „Diss. de distinctione apostolica in hominem animalem et spiritualem“ (ebd. 1731); „Rabulismi exegetici Partis Socinianae … specimina“ (ebd. 1731); „Vorrede von der bei Lesung der Lebensbeschreibungen der für wiedergeboren gehaltenen Personen zu beobachten nöthigen Klugheit“ (Stuttg. 1731, 1732); „Apocalypseos excellens doctrina fidei et morum“ (1732); „Methodus Brilliana conciliandi religionis controversias“ (Tüb. 1732); „Doctrina apostolorum de nemine, ne Christo quidem, amplius secundum carnem cognoscendo“ (ebd. 1732); „Clementis Romani de iustificatione … sententia“ (ebd. 1732); „Compromissa Christianorum“ (ebd. 1732); „Electa male selecta Caroli Piettre de S. Benedicto“ (ebd. 1732); „Historia V. Strigelii (ebd. 1732); „Responsiones speciales ad G. Bulli objectiones“ (ebd. 1733); „Quaestiones quaedam selectiores“ und „Qu. VIII selectiores“ (beide 1734); „Fontes genuini iudicii solidi et prudentis de doctrina abnegationis“ (ebd. 1734). – Dazu eine Reihe anderer Dissertationen aus den Jahren 1735 bis 1738, deren Titel bei Zedler (s. unten). – „Institutio theologiae exegetico-dogmaticae“ (Tüb. 1739). – Weitere Dissertationen aus den Jahren 1739 bis 1744, deren Titel gleichfalls bei Zedler (s. unten). – „Sensus verus et falsus consilii de ecclesiolis in ecclesiis erigendis“ (Tüb. 1744, durch den Pietismus veranlaßt). – Dazu noch mehrere [615] Dissertationen aus den folgenden Jahren 1745 bis 1746, deren Titel wieder bei Zedler (s. unten) stehen.

Vgl. (Zedler,) Universallexikon, 54. Bd. (1747), Sp. 1440 ff. – F. Chr. Baur, Die Epochen der kirchlichen Geschichtschreibung. Tüb. 1852, S. 108–118. – Carl v. Weizsäcker, Lehrer und Unterricht an der evangelisch-theologischen Facultät der Universität Tübingen von der Reformation bis zur Gegenwart. Tüb. 1877, S. 100–106. – Württembergische Kirchengeschichte. Calw u. Stuttgart 1893, S. 485–513 an verschiedenen Stellen.