Zum Inhalt springen

ADB:Widenmann, Wilhelm von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wiedenmann, Wilhelm von“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 383–385, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Widenmann,_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 08:46 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 42 (1897), S. 383–385 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm von Widenmann in der Wikipedia
Wilhelm von Widenmann in Wikidata
GND-Nummer 100716784
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|383|385|Wiedenmann, Wilhelm von|Richard Heß|ADB:Widenmann, Wilhelm von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100716784}}    

Wiedenmann: Wilhelm v. W., Dr. oec. publ., Forstmann, geboren am 18. October 1798 in Calw (Württemberg), † am 14. Juli 1844 in Bebenhausen. Sein Vater, ein bürgerlicher Hauptmann a. D., kaufte sich bald nach der Geburt des Sohnes in dem nahe gelegenen Städtchen Liebenzell an, wo dieser den ersten Schulunterricht erhielt. Die Berufung seines Vaters als Hofökonomierath für die königlichen Privatdomänen nach Ludwigsburg und dessen spätere Versetzung auf das Hofcameralamt Liebenstein hatten wiederholten Wechsel der Unterrichtsanstalt zur Folge, und da überdies der durch Pfarrer und Schullehrer in Liebenstein ertheilte Unterricht nicht genügte, mußte der junge W., der sich im Einverständniß mit seinem Vater dem Forstwesen widmen wollte, vom elften Jahre ab in die Schule zu Kirchheim u. T. geschickt werden. Nach Vollendung des vierzehnten Jahres trat er als Hospes in die Klosterschule zu Schönthal ein, und im folgenden Jahr besuchte er noch die siebente Classe des Gymnasiums in Stuttgart, womit seine Schulbildung (1813) abschloß. Da die höhere Forstcarrière in Württemberg damals nur den Adeligen offen stand, mußte sich W. für eine Stelle in der Directionsbehörde, der Section der Kronforste vorbereiten. Hierzu gehörte aber, abgesehen von einer gewissen Geschäftsgewandtheit, hauptsächlich Kenntniß im Rechnungswesen. Zur Erlangung derselben trat er daher von 1814 ab auf zwei Jahre in die Lehre bei dem mit ihm verwandten Cameralverwalter Bilfinger in Cannstatt, der ihn so trefflich schulte, daß er nach seiner Zurückkunft ins Elternhaus dem inzwischen auf das Cameralamt Künzelsau versetzten Vater als Buchhalter erfolgreich zur Seite stehen konnte. Am 18. Juni 1818 wurde er in das Feldjägercorps, mit dem eine Forstlehranstalt verbunden werden sollte, aufgenommen. Zur Eröffnung derselben kam es aber, infolge geschäftlicher Weitläufigkeiten und Differenzen, erst im December obigen Jahres. Gleich von Anfang ab entfaltete hier W. einen solchen Eifer und Fleiß, daß er bereits im ersten Semester zum Primus aufrückte, welche Stelle er auch während seiner ganzen Studienzeit behauptete. Als die Anstalt Ostern 1820 von dem Feldjägercorps getrennt und mit dem landwirthschaftlichen Institut in Hohenheim vereinigt wurde, wendete sich W. auf die Universität Tübingen, wo er u. A. auch bei Hundeshagen hörte. Schon im Herbst desselben Jahres trat er als Praktikant bei dem Forstamte Bebenhausen ein. Nachdem Hundeshagen 1821 von Tübingen nach Fulda übergesiedelt war, wurde ihm durch den Kanzler v. Autenrieth nahe gelegt, die durch diesen Abgang erledigte Lehrstelle für Forstwissenschaft zunächst als Privatdocent zu übernehmen. Allein W. wies bescheiden darauf hin, daß er noch eine gar zu geringe praktische Erfahrung besitze und noch nicht einmal die forstliche Staatsprüfung bestanden habe. Nachdem er sich dieser Anfang 1822 mit bestem Erfolg unterzogen hatte, trat er, ungewiß darüber, ob ihm eine Berufung als Docent noch zu theil werden würde, die gerade erledigte Stelle als Forstassistent bei dem Forstamt Leonberg an, um die er sich beworben hatte. Allein das Schicksal hatte ihn nun einmal für den Lehrstuhl bestimmt, denn schon sechs Wochen später wurde er zum Privatdocenten der Forstwissenschaft an der Universität Tübingen ernannt und ihm zugleich die Erlaubniß zu einer halbjährigen Reise, unter Zuweisung einer entsprechenden Reiseunterstützung, ertheilt. Diese Reise, welche die Monate April bis September in Anspruch nahm, erstreckte sich über die interessantesten Waldgebiete Deutschlands und brachte ihn in persönliche Berührung mit vielen hervorragenden Forstmännern, insbesondere [384] mit den Docenten an den Forstlehranstalten zu Aschaffenburg, Dreißigacker und Tharandt. Schließlich hielt er sich noch einige Zeit bei seinem früheren Lehrer Hundeshagen in Fulda auf und kehrte dann nach Tübingen zurück, um sich auf seine Vorlesungen, die er im Wintersemester 1822/23 mit einer „Encyklopädie der Forstwissenschaft“ vor Studirenden des Forst- und Cameralfaches eröffnete, vorzubereiten. Von der Nothwendigkeit durchdrungen, gerade als Lehrer in steter Fühlung mit der Praxis zu bleiben, bewarb er sich 1823 um die Verwaltung des nahe gelegenen Reviers Bebenhausen, die ihm auch zu theil wurde. Um einen Anhaltspunkt und Rahmen für seine Vorlesungen zu beschaffen, veröffentlichte er 1824 die kleine Schrift „Das System der Forstwissenschaft als Grundriß zum Gebrauch akademischer Vorlesungen bearbeitet und mit Bemerkungen über die Methode des Studiums der Forstwissenschaft begleitet“. Dieses System ist einfach, logisch gegliedert und besonders geeignet, den innigen Zusammenhang nachzuweisen, in welchem die forstwissenschaftlichen Lehren mit der Mathematik, den Naturwissenschaften und der Nationalökonomie stehen. 1825 wurde er zum außerordentlichen Professor befördert. Um zum Ordinarius aufrücken zu können, mußte er zugleich das Lehrfach der Landbauwissenschaft mit übernehmen, wozu es noch weiterer Vorbereitung bedurfte. Um die hierzu nöthige Muße zu gewinnen, bat er um Wiederabnahme der Revierverwaltung, welcher Wunsch ihm im September 1827 erfüllt wurde. Weitere Arbeiten, die in diese Zeit fallen, sind: „Ueber den Zweck und Begriff der Forstwissenschaft; eine historisch-kritische Abhandlung“ (1826) und eine Uebersetzung der 1825 erschienenen, Epoche gemacht habenden Schrift von Moreau de Jonnès: „Untersuchungen über die Veränderungen, die durch die Ausrottung der Wälder in dem physischen Zustand der Länder entstehen“ (1828). Ferner erschien 1828 aus seiner Feder das erste Heft der Zeitschrift „Forstliche Blätter für Württemberg“, in welchem er (auf S. 86) bereits eine vollständig richtige Regel zur Berechnung des Bestands-Erwartungswerthes aufstellte. Im ganzen folgten noch sieben weitere Hefte dieser Zeitschrift; die zwei letzten enthalten eine Zusammenstellung der württembergischen Forstgesetzgebung von 1821–1833 (von L. Metzger) und von 1834–1841 (von F. A. Tscherning). Seit 1829 zum ordentlichen Professor der Land- und Forstwissenschaft ernannt, veröffentlichte er weiter einen Band „Litterarische Berichte für Forstmänner“ (5 Hefte) 1832, welche von seinem kritischen Talent Zeugniß ablegen. Eine ihm unter sehr vortheilhaften Bedingungen 1834 angetragene Lehrerstelle an einer neuzuerrichtenden Forstlehranstalt in Braunschweig lehnte er aus Liebe zu seinem Heimathlande und Rücksicht für die Seinigen ab; jedoch schied er, von dem Wunsche nach einer praktischen Thätigkeit erfüllt, 1836 freiwillig aus seiner Lehrthätigkeit aus, um (durch den Orden der württembergischen Krone ausgezeichnet, mit dem der persönliche Adel verbunden ist) das erledigte Forstamt Tübingen als „Kreisforstrath“ mit dem Wohnsitz in Bebenhausen zu übernehmen. Hier wirkte er mit unermüdlichem Eifer und ausgezeichnetem Erfolg bis zu seinem Tode. In diese Epoche fällt noch die Herausgabe seiner vortrefflichen Studie „Geschichtliche Einleitung in die Forstwissenschaft“ (1837), die von einer selbständigen Auffassung der historischen Entwicklung zeugt und namentlich den Unterschied zwischen Privat- und Staatsforstwissenschaft in klarer Weise zur Anschauung bringt. Im Revier Bebenhausen ist ihm am Rande des südlichen Abfalls des Schönbucher Forstes von seinen Freunden und Verehrern ein Denkstein errichtet worden, der am 7. November 1847 eingeweiht wurde.

W. war ein klarer, scharf blickender, logisch geschulter Kopf; mit gründlichen Kenntnissen verband er einen echt wissenschaftlichen Sinn und ein ernstes, reges Streben, Da ihm zugleich die Gabe der Rede zu Gebote stand, und er [385] bei seinen Vorträgen nicht nur die richtige Grenze zu ziehen, sondern diese auch dem Bedürfniß seiner Zuhörer anzupassen wußte, war er auch ein vorzüglicher Lehrer. In seinen Schriften offenbart sich scharfer Verstand, Gedankenreichthum, Klarheit der Darstellung und kritisches Talent. Auch seine leider nur kurze forstpraktische Wirksamkeit war, wie seine schriftstellerische, von richtigen Auffassungen geleitet und zielbewußt. Seinen Untergebenen war er ein liebevoller Berather und sicherer Führer. Auch im öffentlichen Leben entfaltete er als Mitglied der württembergischen Ständeversammlung (1833–1838) eine ersprießliche Thätigkeit, indem er einem gesunden Liberalismus huldigte.

G. W. v. Wedekind, Neue Jahrbücher der Forstkunde, 21. Heft, Anlage F zu S. 81. – Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 1844, S. 340 (Todesnachricht). – Gwinner, Forstliche Mittheilungen, III. Band, 12. Heft, 1847, S. 3. – Monatschrift für das württembergische Forstwesen, V, 1854, S. 124 (Nekrolog, von Forstrath Dr. Gwinner). – Pfeil, Kritische Blätter für Forst- und Jagdwissenschaft, XLV. Band, 2. Heft, 1863, S. 192 (v. Berg). – Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, S. 493. – Fr. v. Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, I, S. 9 u. 10, Nr. 51. – Ratzeburg, Forstwissenschaftliches Schriftsteller-Lexikon, S. 215, Anmerkung (die Angabe des 17. Juli als Todestag beruht auf Irrthum). – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc., III, S. 127, 334, 352, 381, Bemerkung 102, S. 393, 397 und 399. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner etc., 1885, S. 407. – Schwappach, Handbuch der Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands, II. Band, 1888, S. 774.