ADB:Wiesener, Christian Enoch

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wiesener, Christian Enoch“ von Adolf Häckermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 433–434, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wiesener,_Christian_Enoch&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 16:24 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Wieseler, Karl Georg
Band 42 (1897), S. 433–434 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christian Enoch Wiesener in der Wikipedia
Christian Enoch Wiesener in Wikidata
GND-Nummer 139105956
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|433|434|Wiesener, Christian Enoch|Adolf Häckermann|ADB:Wiesener, Christian Enoch}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=139105956}}    

Wiesener: Christian Enoch W., neben verdienstvoller Wirksamkeit im theologischen Beruf durch dichterische Begabung ausgezeichnet, ward am 27. October 1798 zu Barth, woselbst sein Vater die Stelle des Organisten bekleidete, als ältestes Kind einer zahlreichen Familie geboren und starb am 5. Juli 1861 als Superintendent zu Wolgast. Früh mochte der Gedanke, sich dem geistlichen Stande zu widmen, durch regelmäßigen Kirchenbesuch und des Vaters amtliche [434] Stellung geweckt sein; später ward das Vorbild des Rectors Masius, welcher die Stadtschule mit pädagogischem Geschick und Glück leitete, von nachhaltigem Einfluß auf die geistige Entwickelung und Selbstbestimmung des Schülers. In dankbarer Anerkennung des um ihn erworbenen Verdienstes hat der letztere das Andenken des Lehrers später in sinnvollen Versen durch eine „Immortelle“ gefeiert, welche er auf das Grab desselben niederlegte. Das vom Bischof Ritschl anerkannte musikalische Talent des Vaters schien in der dichterischen Anlage des Knaben und Jünglings fortzuleben und früh übersetzte derselbe antike Dichtungen in gebundener Rede. Trefflich vorgebildet bezog er die Universität Greifswald, um Theologie zu studiren, und ward am 4. Mai 1818 durch den Rector Tillberg immatriculirt. Seine akademischen Studien hatten einen ziemlich weiten Umkreis, wenn er sich auch mit der größten Entschiedenheit und aus innerstem Beruf der Gottesgelahrtheit zuwandte. Außer theologischen und philosophischen Vorlesungen bei Schubert, Parow, Ziemssen und Erichson hörte er Pindar, Horaz, Sophokles bei Ahlwardt, Universalgeschichte bei Kanngießer und reine Mathematik und Experimentalphysik bei Tillberg. Ein heiteres Studentenleben, in dessen Vergnügungen er das richtige Maß zu halten wußte, gab ihm den Stoff für die Entwickelung seines dichterischen Talents. Mit glänzenden Zeugnissen von der Universität entlassen, trat er am 2. April 1822 eine Hauslehrerstelle bei dem Hauptmann von Corswant auf Kuntzow an, unterrichtete dessen Kinder mit dem besten Erfolge und erwarb die Zuneigung seines Principals in dem Maße, daß er ihm später seine jüngste Tochter Emilie vermählte. Während seiner anderthalbjährigen pädagogischen Wirksamkeit absolvirte er seine beiden theologischen Examina, ward vom Herrn von Schlichtkrull auf Engelswacht als Patron für die erledigte Pfarrstelle in Reinkenhagen berufen und am 7. September daselbst instituirt. Hier fand er während einer 12jährigen Amtsthätigkeit in aufblühendem Familienglück, in der Zufriedenheit mit seinem Beruf bei ländlicher Stille und Abgeschiedenheit reichen Stoff zu lyrischen Dichtungen, welche durch ihre schlichte Auffassung und lebensfrohe Heiterkeit an Lappe erinnern; dieselben wurden zum größten Theil in der „Sundine“, einem von Friedrich von Suckow in Stralsund herausgegebenen Unterhaltungsblatt, veröffentlicht. Auch erwarb er sich durch seine amtliche Thätigkeit und seine unter dem Titel „Das Gotteshaus“ herausgegebenen Predigten den Beifall des Generalsuperintendenten Dr. Ritschl in dem Grade, daß ihm derselbe am 28. Juni 1836 die Superintendentur in Wolgast übertrug. In der neuen Amtsstellung und im weiteren Geschäftskreise hatte er nicht nur Gelegenheit, seine Begabung fürs geistliche Verwaltungsfach zu bethätigen, sondern fand auch in der historischen Vergangenheit der alten herzoglichen Residenz und ihrer anmuthigen Umgebung eine erhöhte Anregung für die Poesie; Zeugniß davon legt die ergreifende Novelle ab, welche die Beraubung der herzoglichen Gruft zum Gegenstande hat. Am 26. Juni 1861 feierte er das Jubiläum seiner 25jährigen Superintendentur und durfte sich der allgemeinsten Anerkennung sowol der Behörde als seitens der Synode und Stadtgemeinde erfreuen. Seine gesammelten, nur theilweise veröffentlichten Dichtungen bewahrt im Manuscript die Familie als ein geistiges Vermächtniß.

Biographie seines Sohnes im Manuscript. K. Lappe „Blüthen des Alters“. Stralsund 1841, S. 184.