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ADB:Winckelmann, Johannes

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Artikel „Winckelmann, Johannes“ von Julius Pistor in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 362–363, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Winckelmann,_Johannes&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 14:06 Uhr UTC)
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Winckelmann: Johannes W., hessischer Theologe. Er wurde im Jahre 1551 (oder 52) zu Homberg in Niederhessen geboren, besuchte (seit 1567) das Marburger Pädagogium, darauf die dortige Universität und wurde dann Leiter der Lateinschule in seiner Vaterstadt. Nachdem er diese Stelle einige Jahre bekleidet hatte, übernahm er 1576 das Majorat der Stipendiaten an der Marburger Hochschule und trat hier auch in nahe Beziehungen zu Aegidius Hunnius. Später setzte er auf Wunsch Wilhelm’s IV. hauptsächlich in Basel seine Studien fort und erwarb dort (1581) die theologische Doctorwürde. In die Heimath zurückgekehrt, ward er (1582) Hofprediger des genannten Landgrafen in Kassel, der ihn später (1592), nachdem Hunnius seine Professur infolge theologischer Zwistigkeiten hatte aufgeben müssen, zu dessen Nachfolger ernannte. In dieser Stellung wirkte W. erfolgreich bis zum J. 1605, wo der calvinistisch gesinnte Landgraf [363] Moritz die sog. Verbesserungspunkte in seinem Gebiete einführte. Da W. als strenger Lutheraner sich den Anordnungen des Landesfürsten widersetzte, mußte er mit drei andern angesehenen Theologen Marburg verlassen und stellte sich unter den Schutz des Landgrafen Ludwig V. von Darmstadt, dem er sodann bei der Gründung eines Pädagogiums und eines Gymnasiums in Gießen gute Dienste leistete. Als letzteres (1607) zur Universität erhoben wurde, übernahm W. eine theologische Professur und brachte, unterstützt von Balthasar Mentzer, der mit ihm von Marburg herübergekommen war, in kurzer Zeit die theologische Facultät zu großem Ansehen; daneben wirkte er in Gießen segensreich als Prediger und Superintendent. Als Ludwig, dem in dem Marburger Erbschaftsstreit durch Kaiser Ferdinand II. die Marburger Landschaft zugesprochen war, die Universität von Gießen nach Marburg verlegte (1625), erhielt W. die Erlaubniß, in Gießen seinem geistlichen Amte ferner vorstehen zu dürfen, er kam aber auch zuweilen nach Marburg, um seine akademische Lehrthätigkeit hier wieder aufzunehmen. Allein zunehmende Altersschwäche machte ihm letztere bald unmöglich. Er starb in Gießen am 13. August 1626. – Winckelmann’s Bedeutung liegt weniger in seiner rein wissenschaftlichen und litterarischen Wirksamkeit als in seiner praktischen Lehrthätigkeit und dem Antheil, den er an den Verfassungskämpfen der hessischen Kirche im Beginn des 17. Jahrhunderts genommen hat.

Fr. W. Strieder, Grundlage z. e. hess. Gel.- u. Schriftsteller-Gesch. XVII, 112 ff., wo auch neben der älteren Litteratur seine zahlreichen Schriften angeführt sind. – H. Heppe, Kirchengesch. beider Hessen I, 443 und II, 9 ff. Vgl. auch desselben Einführung d. Verbesserungspunkte in Hessen, S. 10 ff. – Vilmar, Gesch. d. Confessionsstandes d. evang. Kirche in Hessen, S. 169 ff.