ADB:Witowec, Hans von
Cilli mit den innerösterreichischen Habsburgern, „in Söldnerweise mit drei Pferden“ bei dem Altgrafen Friedrich II. und dessen Sohne Ulrich II. von Cilli seine Bedienstung fand. Es bleibt dahingestellt, ob der Junggraf Ulrich II., 1438 Statthalter K. Albrechts in Böhmen, diese Bestallung einfädelte. Da jene Fehde, durch die kaiserliche Erhebung der Cillier in den Reichsfürstenstand (November 1437) hervorgerufen, mit dem Jahre 1438 anhub, so läßt sich beiläufig an diesen Zeitpunkt das Eintreten des W. in die Geschichte knüpfen, und daß er es alsbald zur Bestallung als „Feldhauptmann“ der Grafen von Cilli gebracht haben müsse, geht aus den Thatsachen des Jahres 1441 hervor. Im damaligen Thronkriege Ungarns zwischen Habsburg und dem Polenkönige Wladislaw, der auch das Cillier Grafenhaus als mächtige Verwandte und Parteigänger Ladislaus’ Posthumus im Vordergrunde zeigt, zog W. mit seinen Reisigen über die Mur nach Ungarn, gegen Stuhlweißenburg, dann in die Szalader Gespanschaft, eroberte hier einige feste Plätze, wandte sich dann nach Kroatien und schlug 1. März bei Samabor Stefan Bánffy, den Anführer der ihm entgegenrückenden Feinde so gründlich, daß ihr Haupttheil und der Befehlshaber seine Kriegsgefangenen wurden. Als sich dann die Cillier mit K. Wladislaw verglichen und ihre Muhme Elisabeth, die Regentinmutter Ladislaus des Nachgeborenen, nicht weiter unterstützten, um in ihrer Fehde mit den Habsburgern die Hände frei zu haben, spielt in diesen Kämpfen W. als ihr Feldhauptmann die erste Rolle, zunächst im Steierlande selbst. Er brach das Schloß des Gurker Bischofs Johann (Scholdermann), Anderburg bei Cilli, und eroberte Plankenstein bei Studenitz, Erkenstein bei Ratschach, den Thurm zu Weitenstein und Pöltschach und den bei Neuburg im krainischen Kankerthale. So [565] entbrannte der Krieg auch im Lande Krain, und bei Nessenfuß brachte W. der Mannschaft der Habsburger und ihres Verbündeten, des Gurker Bischofs, eine entscheidende Schlappe bei. Ebenso kam es in Kärnten zur Fehde mit den Kaiserlichen, wo jedoch der Herr v. Kreig den v. St. Veit abziehenden W. geschlagen haben soll. Als sich (1443, Mai) der Bruder König Friedrich III. von Habsburg, des Herrschers von Innerösterreichs, Albrecht VI., mit den Cilliern gegen den Landesfürsten verband, spielte sich die verwüstende Fehde besonders in Krain ab und führte im August d. J. zu einem Ausgleiche der Cillier mit König Friedrich. Zu den bedeutendsten Leistungen neben jenem früheren Siege von Samabor, zählt der Waffengang des Feldhauptmanns W., als 1446 die Ungarn unter Führung des Gubernators Hunyadi in die Steiermark und vor Allem in die Grafschaft Cilli einbrachen, nachdem sie die Herrschaften der Cillier in Kroatien und die Stadt Werasdin, damals im Besitze der Cillier, niedergebrannt hatten, ohne die Burg daselbst bezwingen zu können. Ueber Ankenstein zogen sie gegen W. Feistritz, während ihnen von Warasdin her W. behutsam mit geringer Mannschaft folgte, und ihnen zuvorkommend sich noch zu rechter Zeit in das feste W. Feistritz warf. Die Ungarn mußten nach zwei vergeblichen Stürmen abziehen. Hunyadi schickte nun seinen Schwestersohn Szekely gegen Cilli voraus, der sich bald jedoch auf das Hauptheer zurückzog. Der ungarische Reichsverweser schloß einen kurzen Waffenstillstand mit W. und wandte sich zur Drau, gegen Pettau. Doch auch diesmal kam ihm W. zuvor, und die Ungarn wandten sich nun gegen das den Cilliern pfandmäßig gehörende Tschakathurn, brannten es nieder und besetzten das benachbarte Legrad und Kopreinitz. W. eilte nun herbei und nöthigte den Feind zum Abzuge. Dann aber rüsteten die Grafen von Cilli zu einem Rachezuge, den Junggraf Ulrich II. und W. befehligten. Der Banus Matko von Talowec wurde in dem Haupttreffen von Pokertz (Pokroc, Pangracz) geschlagen und erschossen, in welchem Scharmützel W. ein Auge durch einen Schuß einbüßte. Seither festigte sich wieder die Machtstellung der Cillier in den „windischen Landen“, wie man das damalige Slavonien, bezw. Kroatien, deutscherseits nannte. Von da ab hören wir, abgesehen von einer urkundlichen Notiz über Dienste, welche W. dem Erzbischof Friedrich von Salzburg geleistet (18. Oct. 1450), geraume Zeit nichts von den Kriegsthaten des Cillier Feldhauptmanns, abgesehen von seinem Kriegszuge nach Kroatien (1452). – Seine Herren ließen es an Lohn für seine wichtigen Dienste nicht fehlen. Sie hatten ihm das Schloß Greben in den windischen Landen, das er erobert, zugewendet, woher die Benennung W. von Greben stammt, sie schenkten ihm die Burgherrschaft Sternberg in Kärnten, und es scheint, als habe das auch von Warasdin zu gelten. Sicher ist es, daß W. bei der starken Stellung der Cillier in Slavonien-Kroatien von ihnen die Verwesung der „Banschaft“, d. i. das Amt eines Vice- oder Unter-Banus in den windischen Landen übertragen erhielt, und später in Warasdin sein Aufenthalt belegt erscheint. Als der letzte Graf von Cilli, Ulrich II., dem politischen Morde in Belgrad (9. Novbr. 1456) zum Opfer fiel und eine kinderlos gewordene Wittwe, die serbische Prinzessin, Katharina Brankowich, hinterließ, spielte W. als ihr Vertrauensmann und Beschützer die leitende Rolle. Bald gelang es jedoch dem Habsburger König Friedrich III. als Lehensherrn und Erbansprecher die Räthe der Wittwe und vorab den maßgebendsten unter ihnen, W., seinen Absichten durch Versprechungen und Geschenke gefügig zu machen. So fand den 10. Februar 1457 eine Verhandlung am Grazer Kaiserhofe statt, woselbst sich auch W. eingefunden hatte. Die Wittwe behielt vorläufig die Saneck-Cillier Erbgüter, alles übrige auf „deutschem Boden“ fiel an den Kaiser. Als nun aber die Mähre von der Ofener Hinrichtung Ladislaus Hunyadi’s, von der Gefangennahme seines Bruders und einzelner Parteigänger [566] (16. März 1457) dem W. und dessen Genossen zu Ohren kam, so besorgten sie, daß König Ladislaus nicht bloß seinen Ohm, den letzten Cillier Grafen rächen, sondern auch sein eigenes Erbrecht auf die Cillier Erbschaft geltend machen wolle, wie dies vorher schon seine schriftliche Weisung an sie besagte. Sie fürchteten die Folgen dieser Wendung der Dinge, und vor Allen war W. um seine Besitzungen und seine Banschaft auf ungarischem Reichsboden in Sorge. Er fiel daher von König Friedrich III. ab und versuchte sogar, sich durch einen Handstreich dieses Habsburgers zu bemächtigen. Friedrich war noch rechtzeitig den 29. April 1457 von der Stadt Cilli auf die Burg Ober-Cilli eingezogen, denn schon den 30. d. M. überfiel W. die genannte Stadt, nahm das zurückgebliebene Gefolge des Kaisers gefangen und erbeutete auch das kleine Siegel des Regenten. Der Habsburger bot nun die Landschaften Steier, Kärnten, Krain gegen W. auf, der nach acht Tagen mit seiner Beute von Cilli bei starkem Nebel unversehens aufbrach. Der Kaiser zog dann nach Krain, um Radmannsdorf der Gräfin-Wittwe zu entreißen, und dann nach Kärnten, wo er das Schloß Sternberg, das Friedrich III. vorher dem W. selbst als Besitz mit dem Freiherrntitel zugesichert hatte, brechen ließ. W. wollte inzwischen den Kaiser in Krain befehden, überrumpelte die Freisinger Hauptbesitzung Bischofslack und suchte den Kaiserlichen Radmannsdorf wieder zu entreißen. Als aber das landschaftliche Aufgebot heranzog, wandte sich W. ab und eilte zum Trojana-Passe, wo ihn aber die Bauern sehr schlecht empfingen und in die äußerste Gefahr brachten. Aber einer seiner Kriegsleute war der Bergsteige kundig, und da gelang es schließlich, die streitbare Bauernschaft zu „überhöhen“ und Viele von ihr zu erschlagen und zu verstümmeln. So entkam W. der Gefahr. An das unverhoffte Ableben K. Ladislaus des Nachgeborenen (November 1457) knüpfte sich alsbald eine neue und günstige Wendung der Dinge für W. Denn nun näherte sich dieser wieder dem Kaiser, und die Grafenwittwe Katharina sah sich genöthigt, mit dem Habsburger zu taidingen. So kam es denn auch bereits den 15. December 1457 zur Grazer Taidung zwischen den Vertretern der Grafenwittwe, Fürstin Katharina und den kaiserlichen Bevollmächtigten, Andreas Baumkircher und Friedrich Lamberger. Ihr zufolge sollten die von W. gefangen gehaltenen Kaiserlichen gelöst und die Schlösser Saneck und Montpreis dem Kaiser ausgeliefert werden. Den 28. Februar 1458 besagt eine Urkunde K. Friedrichs III., daß er „wider Witowec und dessen Anhänger keinen Unwillen gefaßt habe“, und wir begreifen, daß W., auf diesem Wege eines vortheilhaften Ausgleiches mit dem Habsburger fortschreitend, sich gleich dem Baumkircher im Februar 1459 an der Versammlung der anticorvinischen Partei Ungarns betheiligte, welche die Gegenwahl K. Friedrich’s zum Könige Ungarns vollzog. Sehr charakteristisch erzählt das Weitere die Cillier Chronik als zeitgenössische Hauptquelle, indem sie betont, daß es dem W. vorzugsweise um den Fortbestand seiner wichtigsten und einträglichsten Berufsstellung, der Banschaft in den windischen Landen, zu thun war. W. sei nun zu K. Friedrich geritten und habe ihm erklärt, als Banus bei ihm treu ausharren und allezeit hilfbereit sich benehmen zu wollen, möge der Kaiser als König von Ungarn sich behaupten oder nicht. Ueberdies habe er ihm seinen Dienst mit 400 Reitern angeboten. Den endgültigen Ausgleich zwischen Beiden besiegelte die Grazer Urkunde K. Friedrich’s III. vom 10. November 1459. Ihr zufolge erhält W. als „Rath“ des Kaisers und Banus der windischen Lande für seine Verdienste um die Sache Friedrichs III. die volle Gewalt über die Cillier Herrschaft Kreppin (Krapina), das Vorrecht, mit rothem Wachse zu siegeln und sich ausschließlich vor dem Kaiser und Könige von Ungarn in Rechtssachen zu verantworten. Weitere vier Urkunden von gleichem Datum verleihen ihm die Führung des Wappens der erloschenen Grafen von Sternberg, [567] die Vollmacht, alle Schlösser und Herrschaften der Cillier Grafenwittwe auf ungarischem Boden – gegebenen Falles – für sich zu erobern, aller Gerechtsamen des Kaisers in Ungarn sich zu unterwinden und schließlich das Recht, Münzen zu prägen. Ausdrücklich besagt überdies eine ziemlich gleichzeitige Urkunde, daß der Kaiser seine Ansprüche auf die baretische Schloßherrschaft Medwed auf W. übertragen habe. – Der Kaiser wollte sich somit um jeden Preis der willkommenen Waffenhülfe des bedeutenden Kriegsmannes versichern. Denn alsbald brach die Fehde zwischen dem Kaiser und dem Görzer Grafen Hanns als Erbanwärter des Cillier Nachlasses aus, und W. zog als „oberster Feldhauptmann“ Friedrich’s wider den unbequemen Friedensstörer, im Vereine mit dem Ungarn (s. A. D. B. „Cillier“) Weißpriacher und dem ungarischen Magnaten Sigmund, Grafen von Pösing, Friedrich’s Parteigänger. Bald sah sich der Görzer von der gegnerischen Uebermacht zu einem demüthigenden Frieden mit dem Kaiser gezwungen. W. war seines Lohnes sicher. Die kaiserliche Urkunde vom 15. December 1459, am Vorabende der Görzer Fehde, erklärte, W. habe alle seine Hülfe zugesagt, der Kaiser ihm 5000 Pfd. Pf. angewiesen, damit er Lienz und das benachbarte Schloß Bruck dem Görzer entreiße. In einer besonderen Weisung an den Schwager Witowec’s, Herrn von Weißpriach, wird die taidungsmäßige Ueberantwortung der Stadt Lienz und des genannten Schlosses an W. ausgesprochen (20. März 1460), und andererseits erklärt, den 2. Juni 1460 von Warasdin aus, W. als „Banus“ der windischen Lande und „Graf“ im „Seger“ (Zagorien), welchen Titel vormals die Cillier führten, daß die Bürgen des Kaisers für die Summe von 4000 ungar. Gulden und 1200 Pfd. Pf. ihrer Bürgschaft ledig seien, W. mithin sich hinsichtlich seiner geleisteten Kriegsdienste für befriedigt halte.
Witowec: Hans von W., Feldhauptmann der Cillier, nachmals Freiherr von Krepping (Krapina), Graf von Sternberg und im Seger (Zagorien), Banus in den „windischen Landen“ (1438–1462). Wir kennen nicht das Vorleben dieses Mannes, der zu jenen stahlharten, kriegstüchtigen Zöglingen der Hussitenzeit eingereiht werden muß, die als Söldnerführer im Auslande willkommen, es hier zu einer hervorragenden Berufsstellung brachten. Die maßgebenden Quellen bezeichnen ihn als einen böhmischen Adeligen „aus armem ritterlichen Geschlecht“, der „zur Zeit der Kriege“ des GrafenhausesAußerdem liegt die Weisung des Kaisers an W. vom 13. October 1460 vor, derzufolge er sich die bisher görzische Stadtburg Lienz vom Hochstifte Salzburg als Lehen auftragen lassen sollte. – Den Grafen von Görz war nun, abgesehen von diesen empfindlichen Verlusten die Nachbarschaft der Kaiserlichen und insbesondere W. sehr unbequem, sie schlugen sich auch bald auf Seite Erzherzogs Albrecht VI. in dessen Fehde mit dem kaiserlichen Bruder, und W. war daher genöthigt, auf der Hut zu sein. Der Kaiser konnte ihn daher auch nicht nach Oesterreich gegen Albrecht VI. heranziehen. In der Laxenburger Friedensurkunde vom 6. September 1461, worin es (im 5. Punkte) heißt, den Görzer Grafen sei das im Verlaufe des Krieges Entrissene wieder zurückzustellen, fand sich denn auch eine besondere Verschreibung, die dem Grafen H. v. W. das Recht wahrte, binnen vier Wochen, „sei es als Diener des Kaisers, sei es des Ungarnkönigs“, dem Frieden beizutreten. Noch einmal im J. der großen Krise, 1462, als der Kaiser von den Wienern in seiner Hofburg belagert wurde, und sein Bruder als ihr Verbündeter heranzog, finden wir unter den zum Entsatze aufgebotenen auch W. angeführt. Von da ab zieht er sich immer mehr vom Boden Habsburg-Oesterreichs und seinen Verpflichtungen gegen den Kaiser auf seine Banschaft in den windischen Landen und seine dortigen Besitzungen zurück. Denn der Kaiser hatte die bewaffnete Werbung um den Thron Ungarns längst aufgeben müssen, Mathias Corvinus herrschte dort unbestritten, und so wird W. immer ausschließlicher Magnat der ungarischen Krone, eine Schwenkung, die wir auch bei seinem Zeit- und Berufsgenossen, Andreas Baumkircher, zu erkennen Gelegenheit finden. „Pan Jan“ (Herr o. Ban Johannes), wie er dort gemeinhin bezeichnet wird, griff gern zu. So heißt es z. B. in einer Urkunde von 1462, daß er auch die einstige Templerpropstei Glogoncza für sich herausschlug, von einem Castellan verwalten ließ, aber nach seinem Ermessen verwaltete und ihre Einkünfte bezog. Lienz und Bruck verkaufte er seinem Schwager, Herrn Andreas Weißpriacher. Seit 1463 [568] tritt er aus dem Bereiche der Geschichte, ein typischer Zeuge, wie weit es damals ein waffentüchtiger Mann bringen konnte. Seine Stellung als Banus der windischen Lande mochte er wol bis an sein – des Näheren unbekanntes – Lebensende bekleidet haben. Sein Sohn Jörg tritt 1477, als Graf vom Seger (Zagrien) im Bunde mit dem unruhigen Ulrich Peßnitzer, damals Grundherrn von St. Gotthard a. d. Raab und Rechnitz in Ungarn, als ein verheerender Feind des steierischen Grenzgebietes auf, was am besten für die Magyarisirung des Hauses W. in politischem Sinne spricht.
- Die Cillier Grafenchronik her. v. F. v. Krones in d. Werke: Die Freien von Saneck und ihre Chronik als Grafen von Cilli (Graz 1883), bezw. die älteren Abdrücke von Hahn und Cäsar (Ann. duc. St. III.), und Unrest’s Chronik (her. v. Hahn, Coll. monum. I, vgl. Krones, Abh. im Arch. f. ö. Gesch. 1870). – J. Thuróczy, Chron. Hung. h. v. Schwandtner. – Chmel’s Materialien, Regesten, Gesch. K. Friedrich’s IV. u. Max. I., II. Bd. – Lichnowski-Birk, Gesch. d. H. Habsburg V., VI. u. VII. Bd. – Birk, Reg. im X. Bd. des Arch. f. K. ä. G.-Qu. – Muchar, Gesch. d. Hzth. Steiermark, VII. u. VIII. Bd. – Palacky, Gesch. Böhmens IV. Bd. 1. Abth. – Feßler-Klein, Gesch. Ung. III. Bd. – Krones in den Beitr., her. v. histor. Ver. d. St. II., VII. u. VIII. Jahrg. – Bachmann, D. R.-G. im Zeitalter Friedr. III. und Maxim. I., I. u. 2. Bd. – Fraknói, Matýás kir. lev. I. (S. 28).