ADB:Zedner, Josef
Eduard und Salomon Munk, Michael Sachs u. A. hervorgegangen sind, war bereits am Anfang dieses Jahrhunderts ein bildungsfreundlicher Geist eingekehrt, der auch in dem Knaben Z. den Durst nach profanem Wissen erweckte, das er hinter dem Rücken seines frommen, nur die Pflege der rabbinischen Gelehrsamkeit erstrebenden und fördernden Vaters Jonathan sich anzueignen gezwungen war. Auf der Talmudschule zu Posen, zu den Füßen des ebenso milden als tiefdringenden R. Akiba Eger, der gleichsam die Abendröthe des verlöschenden classischen Talmudstudiums für Deutschland darstellt, fand er bald Gelegenheit, eine sichere und dauerkräftige Grundlage jüdischen Wissens fürs Leben zu erwerben. Von hier nahm er aber auch, durch das voranleuchtende Beispiel seines Meisters in seinen edlen Anlagen noch befestigt, demüthige Bescheidenheit und selbstlose, nur der Sache gewidmete Hingebung als feste, unverlierbare Eigenschaften für seine Laufbahn mit. Eine harmonische, friedsame Natur, ohne Spaltung im Herzen gleichmäßig am Ausbau seiner jüdischen wie seiner allgemeinen Kenntnisse arbeitend, hatte er im Alter von 20 Jahren bereits ebenso reiche als tiefe Kunde alter und neuerer Sprachen sich angeeignet. So sehen wir ihn denn am 1. November 1824 seinem Vater unter dem Namen der sechs Vorhänge (Exod. 36, 16) sechs Gedichte zum Geburtstage darbringen, die in hebräischer, aramäischer, syrischer, arabischer, französischer und deutscher Sprache die Gefühle für den trefflichen Vater verdolmetschen, dessen Namen Jonathan sich als Akrostichon durch alle schlingt. Von der Zartheit der Empfindung, die darin zum Ausdruck kommt, soll wenigstens das letzte hier Zeugniß geben:
Zedner: Joseph Z., der ausgezeichnete Pfleger und Bearbeiter der jüdischen Bücherkunde, wurde am 10. Februar 1804 zu Groß-Glogau geboren. In die Judengasse dieser oberschlesischen Gemeinde, aus der Männer wie H. Arnheim, David Cassel, Joseph Lehmann,In des Jahres Kreis bot manche Sonne
Oft mir sanfte Heiterkeit;
Niemals doch so ungetrübte Wonne,
Als die heutige sie beut.
Tausend frohe Lieder möcht’ ich sammeln
Heut’ zum würz’gen Blumenstrauß –
Aber sieh! Die matten Lippen stammeln
Nur den Vaternamen aus.
[750] Stets nur das Eine Ziel des Wissens als Selbstzweck im Auge haltend, von Ehrgeiz und Erwerbssucht frei, beschied er sich gern, den Ruf als Lehrer an die 1827 gegründete jüdische Gemeindeschule von Strelitz in Mecklenburg anzunehmen. Ein Schulprogramm vom Jahre 1829 „über den Wortton in der hebräischen Sprache“ führte seinen Namen in die Wissenschaft ein, der er längst der treueste und hingebendste Pfleger war. Dem Lehren mit Begeisterung und innerem Bedürfniß hingegeben, streute er Anregungen aus, die reichen Segen brachten. Daniel Sanders, der damals sein Schüler war, hat mit freudigem Stolze allezeit bekannt, wie viel er dem trefflichen Lehrer, dem „Meister des deutschen Stils“ verdanke. Hoher Unabhängigkeitssinn und unstillbarer Wissensdurst drängten ihn jedoch, nachdem 1832 der Oberlehrer Lehfeldt nach Berlin gezogen war, um mit Dr. M. Veit als Buchhändler sich zu associiren, dessen Beispiele zu folgen und dem Landsmanne gleich es mit der Selbständigkeit zu versuchen. Allein die Ausrichtung einer Bibliothèque etrangère in Berlin, in der Werke französischer, englischer und italienischer Litteratur aufgestellt waren, vermehrte nur seine Gelehrsamkeit, ohne ihm Brot zu geben. Auch der Versuch der Gründung eines eigenen Hausstandes scheiterte, noch bevor es zur Eheschließung kam. So entschloß er sich denn, in das Haus des kenntnißreichen und für die jüdische Litteratur begeisterten Buchhändlers A. Asher als Lehrer und Correspondent einzutreten. Von der ausgebreiteten und gediegenen Gelehrsamkeit, die der anspruchslose Mann in lautloser Emsigkeit aufgespeichert hatte, sollte bald eine Arbeit Kenntniß geben, zu der ihn mehr der Drang nach Bekanntmachung des über Alles von ihm geliebten Schriftthums als das Verlangen nach Ruhm Jahre hindurch im Stillen getrieben hatte. 1840 erschien bei Veit & Comp. in Berlin, ohne seinen Namen natürlich, das noch heute nicht veraltete Buch: „Auswahl historischer Stücke aus hebräischen Schriftstellern vom zweiten Jahrhundert bis auf die Gegenwart“. Das war mehr als eine Chrestomathie hebräischer Prosa. Allerorten wiesen die Anmerkungen durch Selbständigkeit der Beobachtung und kritische Schulung auf ein reiches, weit über den Rahmen des engeren Gebietes hinaus sich ausbreitendes Wissen, auf eine aus dem Vollen schöpfende Gelehrsamkeit. Die Wahl und Herstellung der hebräischen Texte zeugte von Sachkenntniß und eigenem Forschen, die Uebersetzung von Sprachgewandtheit und Geschmack, die Erklärung von Belesenheit und Schulung. Der hier namenlos auftrat, war aber ebenso wie auf dem Gebiete der geschichtlichen Prosa auch auf dem der Poesie und Philosophie zu Hause und jeden Augenblick bereit, wie das Vorwort verrieth, auch diese Gebiete durch eine ähnliche Auswahl aufzuschließen und zu beleuchten. Fünf Jahre, bevor Leopold Zunz mit: Zur Geschichte und Literatur auftrat, war hier der Beweis erbracht, „daß die hebräische Litteratur fast immer mit den Fortschritten des öffentlichen Lebens und der Wissenschaft gleichen Schritt gehalten, ja daß ihr keine bestimmte Richtung irgend einer Zeit ganz fremd geblieben, ohne daß darum ihre eigene, stetige Bewahrung der Nationalität und des Gesetzes aufgegeben und sie zu einem wesenlosen Reflex herabgesetzt worden wäre“. In einem kleinen auserlesenen Kreise kannte und schätzte man den Verfasser um so höher, je mehr er selber beflissen war, sich vor der Oeffentlichkeit zu verbergen. Es war ein offenes Geheimniß und bald auch durch den Dank des Herausgebers bestätigt, daß Z. mit die Seele der von Asher und einer Anzahl der hervorragendsten Gelehrten mit ebensoviel Liberalität als Sachkunde ans Licht geförderten Ausgabe der Reisen des Benjamin v. Tudela (Berlin 1840–41) gewesen war. Es war seine Lust und innerste Beglückung, ein mittelalterliches jüdisches Buch unter der Aegide Alexander v. Humboldt’s, dem es gewidmet war, durch die Trefflichkeit der Bearbeitung zugleich ein Ruhmestitel der neueren jüdischen Wissenschaft, in die [751] allgemeine Litteratur einmünden und aufgenommen werden zu sehen. Er hatte nicht nur die hebräische Correspondenz des Handlungshauses bei diesem Unternehmen geführt, sondern auch an der englischen Uebersetzung der Beiträge und an der wissenschaftlichen Gediegenheit und Vervollkommnung der Ausgabe seinen Theil. Kein Wunder, daß allen Freunden und Kennern des seltenen Mannes der Wunsch sich aufdrängte, so großes Können und so edle Selbstverläugnung an der richtigen Stelle verwerthet zu sehn. So schrieb Varnhagen v. Ense, der ihm liebevoll zugethan war, am 16. October 1844 in seine Tagebücher (I, 385; Mittheilung von Dr. G. Karpeles): „Aeußerst angenehm ist mir der Besuch des Dr. Sachs, der nun aus Prag hierher übersiedelt ist. Der Mann macht mir Freude. Ein richtiger Beruf, ein vollständiges Gedeihen, ein reines Verdienst und ein reines Gelingen. Er wird aber auch litterarisch thätig sein können. Möchte es dem guten Zedner nun ebenfalls endlich glücken!“ Es währte nicht lange, und der Wunsch ging in Erfüllung. Durch Asher’s Verbindungen gelang es, den Chef des Britischen Museums in London, Panizzi, zur Berufung Zedner’s an die Abtheilung der Drucke in dieser Büchermetropole der Welt zu bestimmen. Mitte 1846 trat er, zunächst mit sechs Arbeitsstunden täglich, sein Amt an. Treu, wie er war, auch den Satzungen seiner Religion gegenüber, hatte er die Bedingung gestellt, Sonnabend und an Festtagen keinen Dienst zu verrichten, ein Ausfall an Arbeitsleistung, den er durch Mehrstunden an den Wochentagen reich hereinbrachte. Von Anfang an war sein Augenmerk darauf gerichtet, das Institut auch in Hinsicht auf seine Bestände an jüdischer Litteratur auf diejenige Höhe zu erheben, die es sonst bereits auf allen Gebieten einnahm. Mit seinem Herzen an Deutschland hängend, begrüßte er es daher nur mit gemischten Gefühlen, als 1848 bereits die Druckwerke der kostbaren Sammlung des am 10. Juni 1846 in Hamburg verstorbenen Heimann Joseph Michael für das Museum angekauft wurden und deren Handschriften nach Oxford gelangten, wohin Deutschland auch die Bibliothek David Oppenheimer’s hatte wegführen lassen. „Wie beschämend“, schrieb Z. am 26. Juli 1847 an Zunz, „daß nach einem eclatanten, man weiß nicht ob mehr dummen oder schlechten Streich, vielfach bejammert und bereut, nun doch derselbe zum zweiten Male begangen wird! Mein Wunsch ist so vollkommen uneigennützig, daß ich die Bibliothek lieber Deutschland erhalten als hierher gesandt wissen möchte, ganz abgesehen davon, daß ich selber noch dort wurzle.“ Mit stolz gehobener Brust folgte er den Verhandlungen des ersten vereinigten Landtags, ein messianisches Klingen schien ihm von Deutschland herüberzutönen. „Von Preußen aber muß das Licht kommen!“ schreibt er weiter an Zunz. „Lassen Sie nur immer die ohnmächtigen Gespenster – auch in der Gestalt eines ‚Entwurfes‘ – spuken, die Verhandlungen der Reichsstände dürfen den Glauben befestigen, daß die wahre Emancipation der Juden sich bei uns manifestiren wird, hervorgerufen durch die Wissenschaft, und ich sehe den Tag im Geiste, wo ein Anschlag in der Universität Ihre erste Vorlesung im Auditorium Nr. 4 ankündigt und die Muse der jüdischen Geschichte abermals ein neues Blatt mit den Worten einweiht: Heute habe ich abgewälzt die Schande Egyptens (Josua 5, 9).“ Der Ankauf der unschätzbaren Sammlung Michael versah ihn auf lange Jahre hinaus mit Arbeit und wissenschaftlichen Aufgaben. Bald sieben Stunden täglich im Amte beschäftigt, nahm er die ihn innerlich beschäftigenden Agenden auch in seine Muße hinüber. Denn er war ein Bücherfreund auch in dem Sinne, daß die Aufklärung über Autorschaft, Entstehungszeit, Druckort für ihn eine Herzensangelegenheit bildete. Von den Drucken über Gebühr in Athem gehalten, empfand er es schmerzlich, nicht auch den Handschriftenbeständen in der Nachbarschaft und in Oxford die gleiche Hingebung bethätigen zu können. Ganz [752] verzichtete er jedoch auch auf deren Ausbeutung nicht, wie seine unausgesetzten Mittheilungen an gelehrte Freunde, Allen voran Moritz Steinschneider und Leopold Zunz, und seine sorgfältigen Eintragungen in die eigenen Waben seiner Notizbücher beweisen. Daneben entfaltete er, seiner unaufhaltsamen Mittheilsamkeit zu genügen, auch eine stille Lehrthätigkeit, wie er mit Hermann Adler, dem jetzigen Chief Rabbi von England, den Führer Maimuni’s las und ihm und A. L. Green die Begeisterung für die jüdische Litteratur und deren Sammellust einflößte. Still und zurückgezogen, war er doch schon durch seine Stellung am Museum der litterarische Beirath, das vielbefragte Orakel aller in Fragen des jüdischen Schriftthums Hülfesuchenden. An ihn wandte sich, wie der Brief an Zunz vom 6. April 1848 beweist, Lord Dudley Stuart, der bekannte Polenfreund, als er bei der Debatte über die Judenbill im Parlamente die Lüge von dem angeblichen Christenhasse im Judenthume zu zertrümmern sich vorbereitete. Er war auch nachmals der Berather H. Adler’s und Barnett Abraham’s in ihrer Replik gegen den Bischof Colenso. Dem Jews College gehörte er als Rathsmitglied und häufig auch als Examinator im Hebräischen an. Von Anfang an ein verehrter und treuer Gast im Hause des Chief Rabbi, Dr. Nathan Adler, genoß er bei aller Weltflucht und der geradezu ängstlichen Scheu vor allem Glänzen und Scheinen doch allgemach die Schätzung und Verehrung auch weiterer Kreise. Mit seinen Berliner Freunden in steter Fühlung, widmete er 1850 A. Asher zur silbernen Hochzeit die Ausgabe der zweiten Recension des Commentars Abraham Ibn Esra’s zu Esther, die er einer Handschrift des Britischen Museums entnahm, in der Vorrede zugleich eine Probe von der Reinheit des Stiles, mit der er die hebräische Sprache meisterte (A. Aben Ezra’s Commentary on the book of Esther, London, d. Nutt). Als nach dem Tode Asher’s dessen Witwe nach London übersiedelte, fand Z. in ihrem Hause ein Asyl, das ihn die Fremde vergessen ließ. Von 10 Bedford Street Strand übersiedelte er jetzt nach 33 Montague Place, Russell Square, wo er bis zu dem Ende 1866 erfolgten Tode seiner edlen ihn mütterlich betreuenden Freundin verblieb. Seine Stellung im Museum befestigte und hob sich von Tag zu Tage. Er ward bald auch mit der Durchsicht und Prüfung der Arbeiten Anderer betraut und in allen Fragen der Erwerbung neuer Schätze zu Rathe gezogen. So ward nicht nur die Katalogisirung, sondern auch der Ausbau und die Erweiterung dieser Abtheilung des Britischen Museums sein Werk. Mit Befriedigung konnte er darauf hinblicken, wie die Sammlung von Jahr zu Jahr immer mehr dem Ideale sich annäherte, das ihm bei ihrer Uebernahme vorgeschwebt hatte. Ein halbes Menschenalter hindurch hatte er mit rastlosem Bienenfleiß und peinlicher, keiner Schwierigkeit ausweichender Sorgfalt seine Bücherschätze durchforscht und beschrieben, bevor er daran ging, in einem Katalog sie bekannt zu machen. Tausend kleine und größere Probleme geschichtlicher, geographischer, kritischer Natur waren zu lösen, Zweifel ohne Zahl hinwegzuräumen, allgemein verbreitete Irrthümer zu beseitigen gewesen, ehe der Bau schlank und leicht sich erheben konnte, dem selbst der Kenner nicht die Mühe und Entsagung ansieht, die seine Aufrichtung gekostet hat. Zu Zunzens 70. Geburtstage konnte er am 4. August 1864 die Botschaft bringen, daß „endlich die Erlaubniß zum Drucke des hebräischen Katalogs errungen“ und der erste Halbbogen bereits gedruckt war. „Von Körperleiden vielfach gestört“, hatte er die Arbeit, ein Muster wissenschaftlicher Knappheit und Präcision, in der Handschrift zu Ende geführt, deren Druck bis Anfangs 1867 sich hinzog, weil mittlerweile eine neue Erwerbung, die Handschriften und seltensten Druckwerke aus der Sammlung des am 7. März 1860 zu Triest verstorbenen Joseph Almanzi, die Arbeit Zedner’s in Anspruch nahm. In den Addenda S. 793–817 konnten die neu hinzugekommenen Beschreibungen noch [753] Aufnahme finden. Am 11. Februar 1867 ging das fertige Werk, Catalogue of the Hebrew Books in the Library of the British Museum (VIII u. 891 S. Großoctav), an Zunz ab. Eine Correcturensendung, wie Z. sie gewünscht hatte, mußte nach dem „peinlichen Hausrecht“ ebenso wie die Beigabe fortlaufender Nummern und eines Druckfehlerverzeichnisses unterbleiben. Das „System“ verbot aber auch die Nennung des Autornamens, dem nur in der Vorrede nicht allein für die Vorbereitung des Werkes, sondern auch für die bei Erwerbung der Bücher geleisteten Dienste die gebührende Anerkennung gezollt wird. Die Beschreibung der mehr als 10 000 Bände enthaltenden Sammlung zeigt von Anfang bis zu Ende dieselbe gleichmäßige Hingebung, der nichts zu klein und keine Mühe zu groß erschien, um ein Werk ausgeglichener Sorgfalt und peinlichster Genauigkeit zu Stande zu bringen, das seither neben den Arbeiten Moritz Steinschneider’s das Grundbuch der jüdischen Bibliographie geworden ist und das Lob des Meisters geerntet hat, daß „Genauigkeit und Zuverlässigkeit, die den Autor charakterisiren, das Werk zu dem besten Führer auf seinem Gebiete machen.“ 22 Jahre hatte er in Ehren und mit Anspannung aller Kräfte seinem Amte vorgestanden, als er durch den Tod seiner edlen Freundin Asher „doppelt vereinsamt“, von seinen körperlichen Leiden vor der Zeit gebrochen, von dem allezeit in ihm regen Heimweh getrieben, sich bestimmt fühlte, seine Zelte in London abzubrechen und in Berlin sich niederzulassen. Aber es sollte kein ruhiger Lebensabend, sondern eine Zeit schmerzlicher Prüfungen durch unablässiges Kränkeln und Dulden werden, was hier seiner harrte. Am 10. October 1871 hatte er im jüdischen Krankenhause der Berliner Gemeinde ausgerungen, die ihm auf ihrem Gottesacker in der vordersten Reihe ein Ehrengrab einräumte. Unendlich reicher als seine Leistungen, mit seinem Lieben und Wissen Gebiete umspannend, die fern von seinem Arbeitsfelde lagen, ein Pfleger und Kenner der neueren Litteraturen wie des Schriftthums der alten Völker, mit Wärme des Herzens und Helle des Geistes ausgestattet, aufnahmsfähig wie schöpferisch, erscheint Z. als ein besonders sympathisches und denkwürdiges Mitglied jener Reihe von Vorkämpfern und Begründern der neueren jüdischen Wissenschaft, die um L. Zunz sich geschart und an seinem Lichte sich entzündet haben. Schüchternheit und Zaghaftigkeit in Verbindung mit den Schicksalen seiner Jugend haben den zu großen Dingen berufenen Mann zurückgehalten und wie ein Mehlthau sich auf seine Entfaltung gelegt. Noch zeugt neben manchen poetischen Versuchen eine in seinem Nachlasse befindliche „Ferienreise nach Edinburg, gemacht im Sommer 1854, beschrieben in Winterabenden 1855–57“ von der Vielseitigkeit und Sprachkraft des gemüthstiefen Gelehrten, dessen edle und schöne Menschlichkeit Alle rühmen, die der Blüthen seiner Geselligkeit jemals ansichtig geworden sind. Der Verehrung, die sein lauterer Charakter verdiente, hat Leopold Zunz in den denkmalartigen Worten Ausdruck gegeben, die er in den „Monatstagen“ seinem Andenken widmet: „In Berlin ist den 10. October 1871 Joseph Zedner gestorben, der 22 Jahre Custos beim britischen Museum gewesen, dessen Katalog der dortigen hebräischen Büchersammlung ein Muster von Genauigkeit und Kürze ist, gleichwie sein Gemüth eines war von Sanftmuth und Menschenliebe.“
- Moritz Steinschneider’s Artikel in Nr. 44 des „Magazin für die Litteratur des Auslandes“. – Der Nachlaß Zedner’s im Besitze seiner Angehörigen in Posen. – 27 Briefe an Zunz aus dem Archiv der Zunzstiftung in Berlin. – Mittheilungen Elkan N. Adler’s in London.