Zum Inhalt springen

ADB:Zeppelin, Ferdinand Graf von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Zeppelin, Ferdinand Graf von“ von Eberhard Graf von Zeppelin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 79–83, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zeppelin,_Ferdinand_Graf_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 22:09 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 45 (1900), S. 79–83 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ferdinand Ludwig von Zeppelin in der Wikipedia
Ferdinand Ludwig von Zeppelin in Wikidata
GND-Nummer 117596337
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|45|79|83|Zeppelin, Ferdinand Graf von|Eberhard Graf von Zeppelin|ADB:Zeppelin, Ferdinand Graf von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117596337}}    

Zeppelin: Ferdinand Ludwig Graf von Z., Bruder des Vorigen, geboren zu Güstrow am 28. November 1772. Die große Zahl von Kindern, womit seine Eltern gesegnet waren, ließ es wünschenswerth erscheinen, daß die Söhne so früh wie möglich in selbständige Stellungen kamen. Ebenso wie daher sein Bruder Karl in württembergische Dienste getreten war und andere Brüder in preußische und dänische Dienste traten, um es später da auch zu höchsten militärischen Stellen zu bringen, so ergriff Z. schon in seinem sechszehnten Lebensjahr die ihm durch den ersteren vermittelte Gelegenheit, in das österreichische Dragonerregiment, dessen Oberst-Inhaber der damalige regierende Herzog Karl Eugen von Württemberg war, als Fähnrich einzutreten. Während zwölf Jahren theilte er die wechselnden Schicksale dieses Regiments, in welchem er gleich hoch geschätzt wegen seiner militärischen Tüchtigkeit als wegen seiner persönlichen Liebenswürdigkeit nach und nach bis zum Rittmeister avancirte und u. a. den Türkenkrieg von 1788–91 mitmachte. Schon in diesem und sodann in der Schlacht bei Marengo am 14. Juni 1800 besonders schwer verwundet und zeitlebens an den Folgen davon mehr oder weniger leidend, entschloß sich der in seinem Regiment allgemein höchst beliebte Rittmeister v. Z. doch nur äußerst schwer, das auch ihm theuer gewordene Regiment und den österreichischen Dienst zu verlassen, als Herzog Friedrich von Württemberg ihm wiederholt und persönlich den Antrag machte, als Ersatz für seinen gerade ein Jahr nach dem Tage von Marengo verstorbenen Bruder, den Reichsgrafen Karl v. Z., in württembergische Dienste überzutreten, und einen besonders ehrenvollen Abschied für ihn von Kaiser Franz I. ausgewirkt hatte. Unterm 16. August 1801 wurde Z. zum herzoglich württembergischen Kammerherrn, Major und Flügeladjutanten von der Cavallerie ernannt und zwar mit Anciennetät vom 14. Juni, dem Todestage seines Bruders, 1803 zum Oberstlieutenant und 1804 zum Oberst und Commandeur der Gardes du Corps. 1802 vermählte sich Z. mit Pauline Freiin v. Maucler, einer Frau gleich ausgezeichnet durch Gaben des Geistes wie des Herzens, die später als eine der ersten Schönheiten am napoleonischen Kaiserhofe in Paris gefeiert mit einer Reihe bedeutender Persönlichkeiten ihrer Zeit in Verkehr und Correspondenz trat und theilweise (z. B. mit Varnhagen von Ense) bis in ihr hohes Alter blieb. Trotz der liebenden Pflege dieser ausgezeichneten Frau begannen die Folgen seiner Verwundung bei Z. sich so ungünstig fühlbar zu machen, daß er sich schon im April 1805 genöthigt sah, um seine Entlassung aus dem (nunmehr kurfürstlichen) Militärdienst zu bitten. Der Kurfürst entsprach zwar dieser Bitte; da er aber Z. nicht ganz verlieren wollte, ernannte er ihn gleichzeitig unter Belassung in seinem bisherigen Range zum Reisemarschall. Auch in diesem Civildienste wußte sich Z. die Zufriedenheit [80] seines Fürsten in solchem Maaße zu bewahren, daß dieser ihn anläßlich der Annahme der Königswürde am 1. Januar 1806 in den erblichen Grafenstand des Königreichs Württemberg erhob.

Im Laufe des Jahres 1807 hatten zwischen der Krone Württemberg und dem päpstlichen Stuhl Unterhandlungen wegen Abschlusses eines Concordats zur Regelung der kirchenpolitischen Verhältnisse der neuerworbenen, vorzugsweise katholischen, württembergischen Landestheile stattgefunden und waren dieselben im Herbst so weit gediehen, daß der Tag zur feierlichen Unterzeichnung des Vertrages bereits festgesetzt war. Als aber der päpstliche Unterhändler Cardinal della Genga, der nachmalige Papst Leo XII., zu diesem Acte mit dem größten Ceremoniell aus seiner Wohnung in Stuttgart abgeholt werden sollte, war er unmittelbar zuvor heimlich abgereist und verschwunden. Der König, mit Recht erbittert über ein solch beispiellos rücksichtsloses Verfahren und dasselbe mit nicht minderem Recht auf den unmittelbaren Einfluß Napoleon’s zurückführend, war nicht gemeint, selbst vom allmächtigen Protector des Rheinbundes einen derartigen Eingriff in seine jungen Souveränetätsrechte zu dulden, und sah sich deshalb vor allem bewogen, seinen bisherigen diplomatischen Vertreter in Paris, der die von dort drohende Gefahr nicht erkannt, geschweige denn zu bannen verstanden hatte, sofort abzurufen und durch einen anderen zu ersetzen. Wenn unter solchen Umständen die Wahl des Königs auf den Grafen v. Z. fiel, der bis dahin im diplomatischen Dienste noch gar nicht thätig gewesen war, so ist dies wol der beste Beweis dafür, welch hohes Vertrauen der scharfsichtige Fürst in dessen Fähigkeit und Charakterfestigkeit setzte. So wurde denn Z. im December 1807 zum außerordentlichen bevollmächtigten Gesandten am kaiserlich französischen Hoflager ernannt und ihm gleichzeitig die Würde eines Wirklichen adeligen Geheimenraths und das Großkreuz des königlichen Civilverdienstordens verliehen. Auch in Paris verstand Z. unter den oft ungemein schwierigen Verhältnissen seiner Stellung sich ebenso sehr das volle Vertrauen seines königlichen Herrn zu erhalten, als die Achtung Napoleon’s, des Hofes und des ganzen diplomatischen Corps zu erwerben.

Im Juli 1810 wurde Z. von Paris ab- und in der Eigenschaft eines königlichen „Landvogts an der Donau“ nach Ulm berufen, woselbst er die Ausfühung des von ihm im Mai desselben Jahres in Paris abgeschlossenen württembergisch-bairischen Grenzregulirungsvertrags leitete. Am 2. Juni 1811 erfolgte seine Ernennung zum „Landvogt am Rothenberg“, am 6. November desselben Jahres zum Staatsrath und am 12. Februar 1812 zum Staats- und Cabinetsminister und Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Die Jahre, während deren Graf Z. erstmals an der Spitze dieses wichtigen Departements stand, gehören zu den schwierigsten, die Württemberg in seinen auswärtigen Beziehungen durchzumachen hatte. Erst in neuerer Zeit hat eine vorurtheilsfreie Geschichtsschreibung begonnen, vor allem den König Friedrich gegen die schweren Anklagen in Schutz zu nehmen, welche frühere Historiker, wie Häusser u. A., gemeinhin gegen seine damalige Politik erhoben haben. Die Veröffentlichung zahlreicher aus Zeppelin’s Nachlaß stammender und anderer im königlichen Haus- und Staatsarchiv in Stuttgart beruhender, bis jetzt noch nicht allgemein bekannter Actenstücke wird dies in noch umfassenderer Weise und mit durchschlagendem Erfolg bewirken. Dabei soll und wird keineswegs in Abrede zu ziehen sein, daß Friedrich nur mit innerem Widerstreben seine Verbindung mit Napoleon gelöst hat; es sollte ihm aber auch nicht vergessen sein, wie energisch gerade er früher seinen Pflichten gegen das Deutsche Reich nachgekommen war (vgl. den Art. Reichsgraf Johann Karl v. Z., oben) und daß er sich später nicht minder kräftig bemüht hat, durch den Beitritt sämmtlicher Reichsstände, [81] insbesondere Preußens, zur dritten Coalition den Feldzug von 1805 zu einem erneuten Reichskriege zu gestalten. Erst als seine Bemühungen gescheitert und damit seine bisherigen Anschauungen über die fernere Lebensfähigkeit des römisch-deutschen Kaiserreichs widerlegt waren, erst nachdem Baiern und Baden sich mit Frankreich bereits verbündet hatten und Napoleon an der Spitze seines Heeres vor Ludwigsburg erschienen war, fügte auch Friedrich sich der zwingenden Nothwendigkeit und schloß sich an den französischen Kaiser an. Ist es da Friedrich so sehr zu verdenken, wenn er nach den Erfahrungen, die er mit dem deutschen Reiche gemacht, nunmehr auch an Napoleon, zu dem ihn eine gewisse Geistesverwandtschaft hinzog und dem er die seinem persönlichen Ehrgeiz so ungemein schmeichelnde Souveränetät, die Königskrone und namhaften Machtzuwachs zu verdanken hatte, unter vollster Wahrung seiner, selbst dem stolzen Corsen oft genug imponirenden, persönlichen Selbständigkeit mit der ganzen ihm eigenen Treue so lange als möglich festhielt? Dies über Friedrich’s persönliche Gesinnungen vorausgeschickt erweist sich auch abgesehen davon die von Z. als Minister des Aeußeren vertretene Politik Württembergs, welches insbesondere in dem kritischen Jahre 1813 zwischen der argwöhnischen Empfindlichkeit Napoleon’s und dem schlechtverhehlten Groll des von Friedrich persönlich verletzten Fürsten Metternich wie zwischen zwei Mühlsteinen sich befand, als eine durchaus „correcte“, d. h. durch die Rücksichten der Selbsterhaltung und die Interessen des Landes bestimmt und klar vorgezeichnete. Hiefür nur folgende sprechende Belege: Am 15. Februar 1813 erklärte der über die von Württemberg unter allen Rheinbundstaaten allein und zuerst gewagte Veröffentlichung der Verlustlisten aus dem russischen Feldzug und andere Aeußerungen der Selbständigkeit aufs höchste ergrimmte Napoleon dem im Hinblick auf die persönliche Hochachtung und Zuneigung, welche dieser dem charaktervollen Manne vielfach bewiesen hatte, zum Zweck der Besänftigung des erzürnten Kaisers in außerordentlicher Mission nach Paris entsandten Grafen Z.: „Personne n’a rien à craindre de moi dans le bonheur, mais je suis très-susceptible dans le malheur“, und am 14. Mai desselben Jahres war Graf Z. dem österreichischen Gesandten in Stuttgart auf die Frage nach der Stellung Württembergs für den Fall einer österreichischen Kriegserklärung an Frankreich zu eröffnen in der Lage: „… que Sa Majesté (der König von Württemberg) ne voit rien de changé dans Sa position ni Ses relations avec la cour de Vienne, … mais l’on connait les liens de la confédération (des Rheinbundes) et la nécessité de s’y soumettre aussi longtemps que le Protecteur a la force en main et personne qui puisse s’y opposer efficacement …“ Trotz dieser Schwierigkeit, ja Gefahr der Verhältnisse den Beitritt Württembergs zur heiligen Allianz so früh als nur irgend möglich herbeigeführt zu haben, ist wesentlich Zeppelin’s Verdienst. Es geschah durch den zwischen ihm und dem Fürsten Metternich am 2. November 1813 zu Fulda abgeschlossenen Vertrag, wobei die Anerkennung seiner Thätigkeit für das Zustandekommen des Vertrags in der Verleihung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler, des St. Stephans- und des St. Alexander-Newskyordens an Z. durch die Monarchen von Preußen, Oesterreich und Rußland in der unzweideutigsten Weise zum Ausdruck gelangte. Die höchste württembergische Auszeichnung, den „großen Orden vom goldenen Adler“, hatte Z. schon im Jahre 1812 erhalten.

Am 14. Juli 1814 wurde Z. unter Enthebung von der Führung des Departements der auswärtigen Angelegenheiten an der Stelle des erkrankten Grafen v. Taube zum Staats und Conferenzminister ernannt und ihm die von jenem bis dahin verwalteten Departements der königlichen Haus- und Familienangelegenheiten, [82] des Großkanzlers der königlichen Orden und der Polizei (besonders in den beiden Residenzen) übertragen, womit noch das Departement der Standeserhöhungen verbunden wurde. Allein schon am 27. Juli erfolgte – jedoch unter Beibehaltung der Stelle als Staats- und Conferenzminister – Zeppelin’s abermalige Ernennung zum außerordentlichen bevollmächtigten Gesandten in Paris, diesmal bei dem Könige Ludwig XVIII. Schon im März 1815 mußte aber Z., wie das ganze übrige diplomatische Corps, Paris wegen der Rückkehr Napoleon’s von Elba eiligst wieder verlassen und übernahm, in die Heimath zurückgekehrt, wieder die persönliche Leitung seines Ministeriums, welches er ein Jahr später mit dem erledigten Ministerium der geistlichen Angelegenheiten vertauschte.

Am 30. October 1816 starb König Friedrich, aber auch sein Nachfolger, König Wilhelm I., wollte den treubewährten Diener seines Vaters nicht missen. Schon am 2. November beauftragte er Z., unter Enthebung vom Cultusministerium zunächst provisorisch mit der Führung der früher schon von ihm innegehabten Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten, des königlichen Hauses und der Polizei der Residenzen. Am 9. November erfolgte die definitive Uebertragung dieser Ministerien und bei der Besetzung des neuconstituirten Geheimenrathes zugleich Zeppelin’s Ernennung zum „Staatsminister und Geheimenrath“. Am 16. November schloß sich hieran „als weiterer Beweis des königlichen Zutrauens und Wohlwollens seine Ernennung zum Oberst-Kammerherrn und Mitgliede des Oberhofrathes an. Unterm 26. November 1817 wurde Z. „einzig aus dem Grunde, um ihm eine Erleichterung zu geben“ von den Functionen des Polizeiministers der Residenzen entbunden und am 23. September 1818 nach Vereinigung der Orden des Goldenen Adlers und des Civilverdienstes zum Orden der württembergischen Krone ihm das Ehrenkreuz dieses Ordens „als Beweis königlicher Zufriedenheit“ verliehen. Aber auch der rechtschaffenste uneigennützigste Charakter, wie es Z. allgemein anerkannter Maaßen war, hat seine Feinde und diesen gelang es, ihm das Vertrauen des Königs zu rauben. „Aus Gesundheitsrücksichten“ nahm und erhielt Z. am 17. Mai 1819 seine Entlassung aus dem Staatsdienste. Ihm mochte wol, wie damals ein hoher Beamter schrieb, „das gute, durch das öffentliche und allgemeine Zeugniß unterstützte Bewußtsein ein großer Beruhigungsgrund sein und ihn für alles erstandene Ungemach aufs Reichlichste entschädigen“. Die ihm nach so vielen Jahren aufreibender dienstlicher Thätigkeit nun gewordene Ruhezeit brachte Z. auf seinem Gute Münster bei Cannstatt im Kreise der geliebten Seinigen zu, bis ihn seine am 19. November 1820 „als Beweis des königlichen Vertrauens in seine an dem Wohl des Staats theilnehmenden Gesinnungen“ erfolgte Ernennung zum lebenslänglichen Mitgliede der ersten Kammer der Stände wiederholt nach Stuttgart zurückrief.

Im J. 1826 wurde Z. zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am Kaiserhof in Wien ernannt. Auf der Reise dorthin überbrachte er dem König Ludwig I. von Baiern jenes denkwürdige Schreiben des Königs Wilhelm I. von Württemberg wegen Abschlusses der Zolleinigung zwischen beiden Königreichen, aus welcher später das große nationale Werk des deutschen Zollvereins hervorgehen sollte. In Wien wurde Z. mit der größten Zuvorkommenheit aufgenommen und hatte sich während seines ganzen dortigen Aufenthalts und ganz besonders noch während seiner letzten Krankheit der unzweideutigsten Beweise von Wohlwollen seitens des gesammten Kaiserhauses, vornehmlich des ihm noch von seiner im österreichischen Heer verbrachten Dienstzeit her aufrichtig wohlgewogenen Kaisers Franz I. selbst, und der allgemeinen Hochachtung und Zuneigung aller derer zu erfreuen, mit denen er zu verkehren [83] hatte. Am 21. Januar 1829 machte eine schmerzhafte Magenkrankheit seinem vielbewegten Leben im Alter von erst 57 Jahren ein Ende, einem edeln Leben, das aufgegangen war im hingebungsvollsten Dienste seiner Fürsten, in treuer und für das Wohl des Staates ersprießlicher Ausfüllung der ihm anvertraut gewesenen verantwortungsvollen Aemter.

Vgl. Geschichte der Familie von Zepelin, unter Mitwirkung von Mitgliedern der Familie verfaßt von L. Fromm. Schwerin 1876. § 33.