Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section/H05
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In dem schönsten Theile des herrlichen Pleissengrundes, eine halbe Stunde südlich von Crimmitzschau, liegt Carthause, bestehend aus fünfzehn Häusern, worunter eine Schmiede und ein Schenkhaus, das zugleich Chausseehaus ist, sowie einem ansehnlichen Rittergute mit dazu gehöriger Mahlmühle, Ziegelscheune und einem Kalkofen. Die Einwohnerschaft besteht aus etwa hundertdreissig Personen.
Das Rittergut Carthause war einst ein Kloster Canonicorum Regularium S. Augustini, später ein Kloster der Carthäusermönche; daher der Name des Dorfes und Gutes. Schon im zwölften Jahrhundert befand sich hier ein Kirchlein, dem heiligen Martin gewidmet, welches jedoch um das Jahr 1220 in Verfall gerathen war. Das Pleissnerland stand damals unter der Aufsicht kaiserlicher Statthalter, welche Judices provinciales oder auch Capitanei terrae Plisniensis hiessen, in dem anvertrauten Bezirke über die öffentliche Sicherheit zu wachen und den Landfrieden zu erhalten hatten, Schutzvoigte der Kirchen waren und mit Schultheiss und Schöppen offenes Gericht hielten. Einer dieser kaiserlichen Statthalter des Pleissnerlandes, Heinrich von Crimmitzschau, hatte das fromme Gelübde gethan nach Rom zu wallfahrten, um in der dortigen Peterskirche seine Andacht zu verrichten, und da Kaiser Friedrich sich eben zur Krönung nach der heiligen Stadt begeben wollte, beschloss Heinrich von Crimmitzschau seinen kaiserlichen Herrn dahin zu begleiten. Der Bischof Engelhard von Naumburg, zu dessen Sprengel damals das Pleissnerland gehörte, sowie verschiedene angesehene Edelleute hielten es indessen für nicht rathsam, dass bei der Abwesenheit des Kaisers auch dessen gewaltiger Statthalter aus dem Lande ging, somit baten sie ihn seinen frommen Entschluss aufzugeben und das ausgesprochene Gelübde durch eine andere Handlung zu sühnen, nämlich ein Kloster zu stiften. Heinrich fügte sich bald den dringenden Vorstellungen seiner Freunde und erbaute auf Anrathen seines Gevatters, des Bischofs Engelhard auf der Stätte wo das verfallene Martinskirchlein stand, eine neue Kirche mit einem Kloster für regulirte Chorherren, welche man auch Regularherren zu nennen pflegte. Dabei empfahl der Bischof zum Propste des neuen Klosters einen frommen, trefflichen Mönch aus dem Kloster Unserer Lieben Frau auf dem Berge vor Altenburg, Dietrich genannt, und gab ihm die Macht so viele Klosterbrüder aufzunehmen als ihm beliebte, doch sollte der Probst dem Archidiakonus oder Abte zu Zeitz zu Gehorsam verpflichtet sein. Das neue Kloster, worin sich anfänglich ausser dem Probste sechs Chorherren befanden, wurde zugleich mit dem Gottesdienste in der Laurentiuskirche zu Crimmitzschau, der ebenerbauten Martinskirche und deren beiden Filialen, der Capelle des Schlosses Schweinsburg und der Kirche in Kleinbernsdorf betraut. Die Confirmation geschah im Jahre 1222, im dritten Regierungsjahre Kaiser Friedrichs II. und im sechszehnten des Bischofs Engelhard; als Zeugen aber nennt die Urkunde: Gerlacus Praeposilus, Hugo Decanus, Ludovicus Custos, Fredericus Scholasticus, Hugo de Warta, Thimo de Chorun, Volcmarus, Albertus, Gumpertus, Magister Lutherus, Canonici Numburgenses, Waltherus Decanus, Ulricus Custos, Gerhardus Canonici Cycenses: Insuper Albertus Praefectus de Altenburg, Henricus de Vlugelsberg, Gerhardus de Lapide, Henricus de Wildenvels, Henricus de Milik, Romarus, Hugo de Crivvcz, Cunradus de Circhove, Johannes de Lom et alii quam plures. – Die Stiftung wurde 1272 von Günther von Crimmitschau, Heinrichs drittem Sohne als er in den Orden der Deutschherren trat, neuerdings bestätigt, auch geschieht derselben in einer Bulle Pabst Gregors IX. Erwähnung unter dem Namen: Ecclesia Conventualis Canonicorum Regularium in Crimschowe.
Ursprünglich besass das Kloster blos die Einkünfte, welche ihm von den beiden Kirchen zuflossen, bald aber beschenkte es die Frömmigkeit jener Zeit mit einigen Dörfern, Grundstücken, Zinsen und Capitalien. Heinrich der Voigt zu Weida übergab dem Kloster 1270 die Pfarre zu Langenhessen und Königswalde, und 1282 schenkte er ihm das Dorf Rudelswalde. Friedrich, Herr zu Ponitz überliess 1274 dem Kloster die jetzige Angermühle zu Neukirchen mit allen Zubehörungen an Zinsen und Gerichten, und Hermann, Friedrich und Dietrich von Schönburg, Herren auf Crimmitzschau, übergaben 1291 demselben ein Gehölz bei Culten. Friedrich von Schönburg, Herr zu Crimmitzschau eignete dem Kloster vier Schillinge jährlicher Einkünfte, welche Conrad Trützschler auf dem Gute Harth geeignet hatte. Hans von Greutzschen verkaufte 1343 dem Kloster eine Mark jährlichen Zinses im Dorfe Wahlen und 1345 schenkte ihm Nikolaus von Burnis, Propst des Klosters Frankenhausen und Conventuale des Klosters Crimmitzchau, ebenfalls einige Einkünfte. Hermann von Schönburg bestätigte 1349 dem Kloster allerlei Zinsen, welche es hier und da gehabt und genossen hatte und die Altarleute zu Crimmitzschau verpflichteten sich 1390 zu einer jährlichen Zahlung von zwei neuen Schocken für einige Messen in der Kreuzkirche und zu St. Catharinen. Der Rath zu Crimmitzschau verschrieb 1420 dem Kloster jährlich eine Mark guten Geldes oder ein neues Schock, wofür die Chorherren zu gewissen geistlichen Verrichtungen in den Kirchen zu Crimmitzschau verpflichtet waren. 1473 belehnte das Kloster die von Meckau mit etlichen Grundstücken und gab ihnen Erlaubniss eine Mahlmühle mit einem Walz- und Schmelzwerke darauf zu erbauen und den Bach durch das Areal des Klosters bis in den Mühlteich und von da nach der Mühle und dem Hammer zu leiten, wofür sie dem Kloster dreissig Groschen zinsen mussten. Dieses Gut steht in der Kniegasse und heisst auch jetzt das Hammergut, auch sind die Spuren [34] eines daneben befindlich gewesenen Teiches noch sichtbar, der Hammer aber ist schon im siebzehnten Jahrhundert eingegangen.
Besondere Verhältnisse liessen indessen das Martinskloster weder zu Ansehen noch zu Wohlstand gelangen, und namentlich die Kriege des funfzehnten Jahrhunderts brachten ihm ungemeinen Schaden, so dass die Gebäude verfielen und die Auflösung des Klosters nahe war. Zu dieser Zeit beschloss die Wittwe des verstorbenen Churfürsten von Sachsen, Friedrichs des Sanftmüthigen, ein Kloster zu stiften und selbiges den Carthäusern zu übergeben, und da auch Hans Federangel, ein reicher Zwickauer Bürger und Pfandinhaber des Schlosses Schweinsburg, eine gleiche fromme Absicht hegte, so wurde der Propst des Martinsklosters, Otto Gries, aufgefordert, ihnen dieses zu überlassen, um an seiner Stelle das neue Carthäuserkloster zu erbauen. Propst und Convent, welche den baldigen Untergang ihres Klosters voraussahen, nahmen den Vorschlag gern und willig an, resignirten das Kloster mit allen Zubehörungen sowohl gegen den Bischof Heinrich von Naumburg wie auch gegen den Pabst und forderten für ihre Abtretung nur lebenslänglichen Unterhalt aus dem neuen Carthäuserkloster und die geistlichen Verrichtungen in den beiden Pfarrkirchen zu Crimmitzschau und Langenhessen, auch musste sich Hans Federangel verpflichten, einen der alten Regularherren als Kaplan auf dem Schlosse Schweinsburg anzustellen. Montags am 6. Mai 1478 wurde die Abtretungsurkunde im Martinskloster ausgefertigt, noch in demselben Jahre traf die Erlaubniss Pabst Sixtus IV. zur Aufhebung des alten und Stiftung des neuen Klosters ein und 1480 gaben auch die beiden fürstlichen Brüder Ernst und Albrecht ihre Einwilligung dazu; 1481 aber waren die Klostergebäude wieder so weit hergestellt, dass sie von Mönchen bezogen werden konnten. Das Kloster wurde mit Ordensleuten aus dem Carthäuserkloster zu Erfurt besetzt, denn im Capitel zu Crimmitzschau erschienen der Prior Jodocus und ein Laienbruder des Klosters St. Salvator von Erfurt, sowie Ewald von Kempten, Domherr zu U. L. Frauen daselbst, welche von der Churfürstin Margarethe und Hans Federangeln auf Schweinsburg wegen der Regelung dieser Sache hierhergeschickt worden waren. Das neue Kloster bekam den Namen: „Das Haus der Verklärung Jesu Christi des Thales St. Martins an der Pleisse“ und wurde 1513 vom Churfürsten Friedrich dem Weisen in seinen Freiheiten und Privilegien von Neuem bestätigt.
Zu den Mitteln, welche das neue Kloster durch die Churfürstin empfangen hatte, fügte Hans Federangel die Interessen einiger Capitalien hinzu, welche nach der Säkularisirung des Klosters an das Amt Zwickau fielen und noch 1566 dahin gezahlt wurden. So erhielt das Kloster von einem Capital zu 2000 Gulden, welches sich in den Händen des Raths zu Erfurt befand, 80 Gulden Zinsen. Der Rath zu Rochlitz zahlte von 2000 Gulden Capital 100 Gulden Interessen und der von Grossenhain von 1000 Gulden 50 Gulden. Auch von einigen Weinbergen und Gütern in Thüringen, der Badstube in Crimmitzschau und dem Gute Lauterbach genoss das Kloster nicht unbeträchtliche Zinsen. Heinrich, Herr zu Gera und Schleiz, gab dem Kloster einen Brief über 50 Gulden widerkäuflichen Zins auf die Stadt Schleiz für 1000 Gulden Darlehn. Ausser einer beträchtlichen Oekonomie besassen die Carthäuser ein Stück Wald im Sahn, Erbzinsen und Lehnseinnahmen auf vielen Crimmitzschauer Feldern, das jetzige Ziegelgut in Crimmitzschau, dessen Erbzinsen sie zur Crimmitzschauer Pfarre schlugen und das Feld zum Pfarrgute hergaben, Holz und Wiesen im Sahn und mehrere andere Grundstücken. Die Carthäuser waren keine Predigermönche und verrichteten demnach den Kirchendienst in Crimmitzschau, Langenhessen und Neukirchen nicht selbst vom Kloster aus, sie übten aber trotzdem noch eine geraume Zeit die Patronatsrechte über Crimmitzschau und Langenhessen, während die Lehn über Neukirchen sehr bald an den Landesherrn kam. Später gaben die Carthäuser dem Capitel zu Freiburg die Lehn über die Pfarre zu Crimmitzschau und als darüber Streitigkeiten entstanden, dem Rathe zu Crimmitzschau; über Langenhessen aber traten sie die Lehn einem Herrn auf Penig zu Altenburg ab. Rudelswalde und ein Gut in Harthau waren schon Eigenthum des Augustinerklosters gewesen, deshalb hatte das Carthäuserkloster Herrenrechte an alle diejenigen, welche später unter dem Rudelswaldaer Dingstuhle standen, nämlich sechs Mann in Neukirchen, ein Pferdnergut und neun Hintersassen in Naundorf, ein Pferdnergut und sechs Hintersassen in Wahlen, vier Hintersassen in Waldsachsen, zwei Hintersassen in Gablenz, sechszehn Pferdner und Hintersassen in Rudelswalde, ein Mann in Harthau und der Besitzer einer Wiese in Gosel, welche zusammen jährlich 87 Gulden, wobei 26 Füllhühner befindlich, als Zinsen zahlen mussten und Carthäuserleute genannt wurden. 1499 hatte das Kloster auf der Angermühle in Neukirchen vier Gulden und zehn Hühner Jahreszins.
So befand sich das Carthäuserkloster in ziemlich guten Verhältnissen, als die Reformation dessen Auflösung herbeiführte. Die Mönche hatten bis zum Jahre 1526 bis auf einen, Eoban Gunzel‚ sämmtlich das Kloster verlassen und auch dieser nahm endlich den protestantischen Glauben an, bekam nach einer noch vorhandenen Quittung 35 Gulden als Abfindungssumme und heirathete. Wohl keinem Kloster konnte die Reformation erwünschter kommen als der traurigen Carthause, dem einzigen Kloster dieses Ordens in Sachsen, wahrscheinlich weil nur wenige Mönche sich den schweren Gelübden unterwerfen wollten, denn die Carthäuser mussten sehr oft bei Wasser und Brod fasten, durften nie Fleisch essen, wenig unter sich und mit fremden Personen fast gar nicht sprechen, mussten an bestimmten Tagen zur Ader lassen, auf Strohsäcken schlafen und überhaupt allen Genüssen des Lebens entsagen. In den Jahren 1523 und 1525 bestand der Convent aus dem Prior Tilemann Creuz von Westerwerk, dem Procurator oder Laieninspector Andreas Seiz, dem Vicarius Christophorus, dem Custos Johannes und fünf Mönchen. Die Klostergüter kamen nach der Säkularisation an den Landesherrn, welcher dieselben durch Heinrich von Ende verwalten liess, der 1530 Christoph von Wölnitz die dem Klostergute angehörige Römerwiese bei der Kuhkrippe gegen etliche Acker am Tennersberge vertauschte. Im Jahre 1533 wurde auf Befehl des Churfürsten Johann Friedrich Nikolaus Kitzscher zum Verwalter der Klostergüter Carthause und Frankenhausen verordnet, und 1542 versah dieses Amt Alexander von Eichicht. Der letzte Churfürstliche Verwalter der Güter war Hans Gruner zu Nissmann, auch Hans von der Gruhe genannt, zu dessen Zeit der Churfürst die Carthause mit Zubehör, zum Theil aus Gnade, gegen die geringe Summe von 1300 Gulden an Dr. Martin Luthers Schwager, Hannsen von Bora, und zwar auf Luthers Fürbitte, abtrat, jedoch mit Ausnahme dessen was zum Rudelswalder Dingestuhle gehörte, denn dieses ward zum Amte Zwickau geschlagen. In dem zu Torgau, Freitags nach Himmelfahrt 1545 ausgestellten Lehnsbriefe wird Hannsen von Bora als Mannlehn vorgeschrieben: das Vorwerk mit seinen Gebäuden, ein Gulden, ein Groschen Frohngeld, sechsunddreissig Füllhühner, anderthalb Pfund Wachs, [35] 140 Scheffel Ackerland mit dem zugehörigen Wiesenwachs, Baum- und andern Gärten, die Mühle mit drei Mahlgängen und ihrem Umkreis, vier Teichlein, das Gehölz, der Culpener genannt, und allen Gerechtigkeiten, ausgenommen alle Fürstlichen Regalien, Türken- und sonstige Steuern, hohe und niedere Jagd. Ober- und Untergerichte, ingleichen der zehnte Pfennig vom Getränk. Am 8. Juli 1548 empfing Hans von Bora die Lehen vom Churfürsten Moritz und am 7. Juli 1550 von dessen Bruder August, in welchem letzteren Briefe gesagt wird: „solche Lehn sie mit einem Heerwagen mit den beiden Dörfern Lauterbach und Culten zu verdienen und so oft die zu stellen rechte Folge zu thun und sich sonst darvon zu halten als Mannlehn guter Recht und Gewohnheit ist.“
Hans von Bora konnte das Gut Carthause nur bis zum Jahre 1560 erhalten, wo er es an Hans von Weissbach auf Schiedel verkaufte, der es indessen sehr bald nebst Schiedel Schuldenhalber an Ernst von Bewest oder Beust, Hauptmann zu Freiberg, abtrat. Im Jahre 1576 kaufte Carthause um 4100 Gulden Carl von Schönitz der in der Kaufverschreibung auch die mittlere und niedere Jagd zugesprochen erhielt. Ihm folgte Albrecht von Schönitz am 7. Juli 1602, welcher Carthause 1615 Johann Georg von Meusinger für 8950 Gulden überliess, nachdem er 1610 Langenhessen gepachtet und nach Loth von Weissbachs Concurs 1613 erkauft hatte. Albrecht von Schönitz verkaufte auch Langenhessen (Bosenhof) an Meusinger und starb mit Hinterlassung eines einzigen Sohnes. Da nun Meusinger nicht im Stande war Schönitz die schuldige Kaufsumme zu bezahlen, überhaupt keines von den Rittergütern zu behaupten vermochte, so musste er Langenhessen 1617, Carthause aber 1620 verlassen, und Schönitz wurde angewiesen sich im Amte Zwickau zu neuer Lehnsreichung einzufinden. Albrecht von Schönitz wohnte nunmehr zwei Jahre zu Carthause, womit Meusinger indessen nicht zufrieden war, so dass ein langer Prozess entstand in dessen Folge Meusinger wieder in das Gut eingelassen werden und selbiges verkaufen, alsdann Schönitz befriedigen, den Ueberschuss der Kaufsumme aber für sich behalten sollte. Der neue Käufer war Hieronymus Ernst von Weissbach zu Oberalbersdorf der mit der von Schönitz darauf haftenden Schuldsumme von 7000 Gulden 11000 Gulden für das Gut bezahlte, oder vielmehr nicht bezahlte, denn schon 1626 musste Carthause versteigert werden. Da nun Albrecht von Schönitz das höchste Gebot, 8950 Gulden, that, wurde ihm das Gut zugeschlagen und nach langwierigen Zwistigkeiten empfing er endlich 1628 die Lehn. Nach seinem Tode, der um 1652 erfolgte, erhielt Carthause Albrechts von Schönitz Schwiegersohn, der Schwedische Rittmeister Girg von der Hayde, welcher die Lehn darüber am 29. April 1654 empfing. Als er 1687 starb erbte Carthause sein Sohn, Carl von der Hayde, welcher es freiwillig versteigern liess. Tobias Leube, Oberflosscommissar in den Altenburgischen Landen und Herr auf Untzschen, wurde der neue Besitzer und am 30. Mai 1703 mit dem Gute belehnt, kam aber bald in Concurs und Carthause gelangte, abermals durch Versteigerung, an Georg Ernst von Zehmen auf Ponitz und Frankenhausen, der ohne männliche Nachkommen starb, wodurch Carthause als erledigtes Lehn an den Landesherrn zurückfiel.
Im Jahre 1725 eignete Friedrich August der Starke das Gut Carthause seinem wirklichen Geheimrathe Heinrich von Bünau zu, von dem es an Carl August Edlen von der Planitz auf Ponitz und Frankenhausen gelangte. Dieser verkaufte es den Gebrüdern Johann Sigismund und Johann Wilhelm Gerlach von denen letzterer es seinem Schwiegersohne Carl Christian Hüblern überliess, welcher 1759 bei der Regierung darum ansuchte, dass es künftig als wahres Allodial- und Erbgut besessen werden möchte, was ihm auch mit Vorbehaltung der Lehnsempfängniss auf jede Veränderung bewilligt ward. Hübler starb 1787 und Carthause blieb Eigenthum seiner Wittwe die 1790 mit Tode abging. Im neunzehnten Jahrhundert besassen das Gut noch deren Nachkommen, gegenwärtiger Besitzer von Carthause ist Herr Johann David Falk.
Carthause ist mit Naundorf, Schiedel, Schweinsburg, Culten, Kleinhessen und Bosenhof in die Kirche zu Neukirchen eingepfarrt, welcher Ort seinen Namen von der 1488 gestifteten und 1495 eingeweihten neuen Martinskirche empfing, während, wie bereits bemerkt, die alte Martinskirche schon 1222 da stand, wo später das Kloster Carthause erbaut wurde. Als die Churfürstin Margarethe und Hans Federangel den Augustinerchorherren das verfallende Kloster abgekauft und an dessen Stelle ein Carthäuserkloster gestiftet hatten war es nöthig auch eine neue Pfarrkirche zu gründen, da die Carthäusermönche nach den strengen Regeln ihres Ordens in ihren Versammlungen keine Frauen duldeten und überhaupt nicht predigen durften. Federangel verpflichtete sich eine Kirche auf seine Kosten zu erbauen und Kaiser Friedrich III. bestätigte deren Fundation; da aber der fromme Stifter bald darauf starb verordnete eine Testamentsbestimmung des Verstorbenen, dass dessen Schwager, Kilian Schicker, die Erfüllung des Gelübdes ausführen sollte. Dieser liess sich jedoch ziemlich säumig finden, so dass der Churfürst selbst ihn an seine Pflicht erinnern musste. Schicker sollte dem Kloster für die an Federangel und seinen Bruder zu machenden Ansprüche 1000 Rheinische Gulden oder die jährlichen Zinsen dieses Capitals verschrieben, die neue Pfarrkirche ausbauen, eine Pfarrwohnung herstellen und den Pfarrer dotiren; die Carthäuser mussten sich verpflichten, dem neuen Pfarrer drei Scheffel Feld am Tennersberge und eine Wiese zu überlassen. Die Mönche liessen sich bereit finden das Verlangte zu bewilligen, Schicker aber zögerte immer noch mit der Fortsetzung des Baues, so dass abermals eine Beschwerde des Convent, der Altarleute und des Pfarrers bei dem Churfürsten stattfand, worauf durch Vermittelung bischöflich Naumburgischer und churfürstlicher Commissare ein Vergleich zu Stande kam, worin Kilian Schicker sich erbot die Kirche täfeln zu lassen, eine Glocke anzuschaffen, Thurm und Sacristei auszubauen, den Kirchhof zu ummauern und die Wohnung des Pfarrers mit einem Keller und den nöthigen Stallgebäuden zu versehen. Zur Erhaltung des Pfarrers und seines Caplans musste Schicker ein noch jetzt auf dem Schlosse Schweinsburg haftendes Capital von 1000 Gulden auszahlen, dessen Zinsen bis in die neueste Zeit unter dem Namen „Schlosszinsen“ dem Pfarrer und Schullehrer zu Neukirchen zustehen.
Anfänglich besass die neue Kirche nur einen Geistlichen der zugleich Caplan des Schlosses Schweinsburg war, als aber wegen des ziemlich entfernten Filials Kleinbernsdorf der Pfarrer dem schwierigen Kirchendienste nicht regelmässig vorzustehen vermochte, wurde noch ein Diakonus angestellt dem man das Einkommen des Kirchners überwiess, wofür er aber auch dessen Dienst mit zu versehen hatte. Erst im Jahre 1582 stellte man wiederum einen Kirchner oder Schulmeister an, und verbesserte die Einkünfte des Diakonats. Dazu gehörten damals zwei Gärten, Feld und Wiesewachs, als aber 1838 auf Ministerialverordnung das Diakonat eingezogen und das Filial Kleinberndorf mit [36] Oberalbertsdorf vereinigt wurde, verkaufte man die Diakonatswohnung sammt einem Garten, und überliess den andern Garten dem Pfarrer. Das Patronatsrecht über Pfarre, Capellanei und Schule übte bis zum Jahre 1645 der Landesherr, worauf es dem Obersten Carl von Bose auf Schweinsburg statt der Collatur über Lauenhain und Gablenz zufiel, und auch seit jener Zeit den Besitzern Schweinsburgs verblieb.
Das Gotteshaus zu Neukirchen hat seit seiner Erbauung mancherlei Veränderungen erfahren. Es gehört zu den mittelmässigen Kirchen und bedarf noch jetzt sehr häufiger Reparaturen. In der Kirche befinden sich Capellen der Rittergüter Schweinsburg, Schiedel, Bosenhof und Carthause nebst einigen nicht bemerkenswerthen Denkmälern. Die Pfarrwohnung brannte am 26. Mai 1724 nebst den Wirthschaftsgebäuden bis auf den Grund ab und zwar durch die Bosheit der Pfarrmagd, welche dem Verlangen nicht widerstehen konnte eine Feuersbrunst zu sehen. Sie wurde in Crimmtzschau enthauptet und verbrannt. Die Schulwohnung ist 1804 neu erbaut worden.
Gablenz liegt, kaum eine halbe Stunde von Crimmitzschau und drei Stunden von Zwickau entfernt, an der Crimmitzschau-Glauchaer Strasse in ziemlich fruchtbarer hügelreicher Gegend. Das Dorf, dessen Fluren mit Leitelshain, Crimmitzschau, Waldsachsen, Denheritz, Lauenhain und Ungewiss rainen, zieht sich an einem kaum merklichen Bächlein in westlicher Richtung über tausend Schritte nach dem freundlichen Thale der Gablenz herunter, die in Harthau aus zwei in einanderfliessenden Bächen entstehend Lauenhain durchrinnt und bei Ungewiss eine nordwestliche Richtung einschlagend in der Nähe von Leitelshain in die Pleisse fällt. Gablenz ist nach einem im Jahre 1821 stattgefundenen starken Brande neu und hübsch aufgebaut worden und besteht aus einem bedeutenden Rittergute mit trefflichen Gebäuden, schönem Garten, starker Schäferei, Brennerei und Ziegelei, sowie zwanzig Bauergütern, zwölf Gartennahrungen und dreissig Häusern. Nach der neusten Zählung bewohnen Gablenz vierhundert und achtzehn Personen. Das eine der beiden Thäler, in welchem der Ort sich hinstreckt mündet in ein anderes, welches von Süden nach Norden läuft und das Paradies genannt wird. Bei Frankenhausen verbindet sich das Paradies mit dem Pleissenthale.
Das schöne grosse Rittergut Gablenz, welches ausser der Hälfte von Gablenz das ganze Dorf Ungewiss und Antheile von Seiffertitz, Denheritz, Harthau, Leitelshain, Frankenhausen, Waldsachsen und Thonhausen besitzt, ist der Stammsitz des alten ritterlichen Geschlechts der Herren von der Gablenz, welches bereits schon im zwölften Jahrhundert auf dem hiesigen Schlosse hauste. Ein altes im Crimmitzschauer Rathsarchive befindliches Familienbuch erzählt dass schon 930 ein Junker des Geschlechts „von der Gabel“ mit Schild und Helm begraben worden sei, worauf Herr Magwitz von Schönburg auf Crimmitzschau dessen Güter, mit Erlaubniss des Papstes und Kaisers, zu einem geistlichen Lehn gemacht, solches St. Georgs Capelle genannt und einem Priester verliehen habe, der darin wöchentlich zwei Messen zu lesen verpflichtet war. Gottschalk von Gablenz wird 1117 erwähnt und 1254 Herrmann von Gabelenz. Erich von Gabelenz, Heinrich von Cowitz und Hermann von Oelsen waren 1305 Burgmänner auf dem Schlosse Schweinsburg, deren Güter ihnen Herrmann von Schönburg unter der Bedingung in Lehn gegeben hatte, dass sie auf sein Verlangen die Schweinsburg besetzen und vertheidigen halfen. Genannter Erich von Gabelenz unterzeichnete in demselben Jahre eine Urkunde, worin Friedrich von Schönburg dem Kloster Frankenhausen sein Patronatsrecht über die Pfarre zu Zschernitzsch abtritt. Henze von Gabelenz‚ Voigt auf dem Schlosse Schweinsburg war 1360 Zeuge bei einer Verhandlung zwischen Hermann von Schönburg und demselben Kloster, und Heinrich von Gabelenz nebst seiner Hausfrau Anna verkauften vier Viertel Lehn Feld und einen Garten am Rudelswaldaer Wege, davon man jährlich ein Schock guter neuer Creuziger Groschen Freiberger Münze zinsete zu einer ewigen Messe im heiligen Kreuz zu Crimmitzschau den Altarleuten Friedrich Scheidebach und Nickel Hertel für elf Schock neuer Creuziger Groschen Freiberger Münze. Hans von Gabelenz wird 1436 genannt und Heinrich von Gabelenz 1465, dessen Söhne Hans und Georg von Gabelenz 1486 auch Wendischleube besassen. Da die Herren von Gablenz auf Gablenz und Ungewiss abwechselnd mit den Herren von Stange das Vikariat des Altenburger Burggrafenthums versahen so erhielt 1529 Georg von Gablenz deshalb einen Schadenersatz. Bei der Befreiung Markgraf Friedrichs mit der gebissenen Wange aus der Gefangenschaft befand sich unter seinen Rettern auch ein Georg von der Gabelenz auf Ungewiss und Gabelenz, dessen Sohn, Albrecht, Abt zu Altenburg das Kloster Pforte reichlich dotirte, später aber aus dem geistlichen Stande schied und sich verheirathete. Dasselbe thaten seine Söhne, Christoph von Gabelenz Domherr zu Mainz und Hans von Gabelenz Ritter des deutschen Ordens. Des Letzteren Sohn war Schlosshauptmann zu Altenburg, dessen Sohn Dietrich von Gablenz 1397 als Dekan des Pleissnerlandes genannt wird. Um diese Zeit war das Gut Gablenz an einen Ritter von Grunenberg verpfändet.
Im Jahre 1533 kam Gablenz von Georg von Gabelenz an Heinrich von [37] Schönburg[VL 1] auf Ruppersgrün. Damals wurde das Rittergut bisweilen Ungewiss bisweilen Gablenz genannt, weil es zwischen beiden Dörfern gelegen ist. Bereits 1570 gehörte das Gut Abraham von Thumshirn auf Frankenhausen, der 1583 mit Tode abging. Sein Sohn, Wilhelm Abraham von Thumshirn auf Frankenhausen, Gablenz, Kaufungen und Breunsdorf, war ein sehr gelehrter Mann und grosser Priesterfreund; er starb 1666 ohne männliche Nachkommen und so kam das Gut an seinen Neffen Conrad. Als 1674 die Thumshirns das Geleit zu Crimmitzschau in Lehn und ihren Geleitseinnehmer daselbst hatten, sollten sie das Pflaster bessern lassen und vereinigten sich mit dem Rathe dahin, dass während der Dauer ihres Geleitsbesitzes sie jährlich acht Gülden zur Erhaltung des Pflasters an die Stadt zahlen wollten, auch befreieten sie die Bewohner der Dörfer Frankenhausen, Lauenhain, Gablenz, Waldsachsen, Leitelshain, Wahlen, Naundorf, Denkritz, Lauterbach, Schiedel, Bosenhof, Kleinhessen, Culten, Langenreinsdorf, Thonhausen, Mannichswalde, Rudelswalde, Josa, Heyersdorf und Grünberg, sobald sie Feldprodukte nach der Stadt führten, von jedem Geleite.
Im siebzehnten Jahrhundert besassen Gablenz Volmar Dietrich von Zehmen, und nach ihm Georg Ernst von Zehmen, welcher Letztere 1724 ohne Erben starb. Das Gut kam nunmehr an die Herren von Planitz und um das Jahr 1764 an einen Herrn von Schmertzing, der 1781 ein Legat gründete nach dessen Bestimmung der Gerichtshalter und Pfarrer die Zinsen eines ansehnlichen Capitals an verschämte Arme zu verabreichen haben. Später besass Gablenz der Amtspächter Müller in Callenberg von dem es 1820 der Kaufmann Kirsch zu Glauchau erkaufte. Nach ihm gehörte das Gut dem Amtsrath Leukard; der jetzige Besitzer ist Herr K. R. A. Hager.
Die Dörfer Mosel, Gablenz, Lauterbach, Schiedel, Niederhessen und das späterhin sogenannte Kitschergut kommen in einer Urkunde von 1474, worin Hans Federangel, einem reichen Zwickauer Bürger, das Schloss Schweinsburg mit Zubehör als Pfand für eine geliehne Summe Geldes verschrieben wird, das letzte Mal als Burglehn von Schweinsburg vor, indem Federangel die Güter dergestalt mit überkam, dass, wenn eines dieser Lehne sich erledigte, der Pfandinhaber dasselbe bis zum Wiederkauf an sich behalten und nutzen solle. Die Besitzer dieser Lehen hiessen Burgmänner und hatten auf Verlangen des Schlossherrn auf Schweinsburg eine Anzahl Männer, Schlosserer genannt, zur Vertheidigung der Schweinsburg zu stellen, die dafür das Jus praesidii und einige Freiheiten genossen.
Die hiesige Kirche – wohin ausser Gablenz das Dorf Ungewiss, ein Gasthof und eine Mühle eingepfarrt sind – sowie die Pfarre, Schule und zwei Güter gehören unter das Amt in Zwickau, welches mit dem Superintendenten zu Werdau die Kirchen- und Schulinspection bildet, darum in Gablenz sich auch ein besonderer Collaturrichter befindet. Die übrigen Feuerstätten, ausser einem Gute, welches zu Schweinsburg gehört, stehen unter dem Rittergute Gablenz. Im Jahre 1687 wurde in hiesiger Kirche eine vom Pastor Dinter bekehrte Türkin unter vielen Feierlichkeiten getauft. Filial von Gablenz ist das eine halbe Stunde entfernte Waldsachsen, wo bis zur Reformation eine kleine Capelle stand. Die Einwohner von Waldsachsen tragen fast durchgängig die Tracht der Altenburger Bauern.
Glauchau, in Urkunden Glaucha, Gluckow, Cluchowe genannt, ist eine Stadt des Erzgebirgischen Kreises und Hauptort der Schönburgischen Herrschaft Glauchau. Der Name Glauchau soll von dem slavischen Worte Hlucho, „taub, leer“ herkommen und die Sage fügt hinzu, die Sorben hätten auf dem Berge, welcher jetzt Glauchau trägt, nach Erz gesucht und weil sie keins gefunden ihn Hlucho genannt. Die innere Stadt war in alten Zeiten ziemlich fest und hatte drei mit Thürmen versehene Thore. Jetzt zählt man in ihr fast achthundert Bürgerhäuser und zweiundvierzig herrschaftliche, geistliche und Commungebäude, sowie ein aus zwei Abtheilungen bestehendes Schloss, die Residenz der beiden gräflich Schönburgischen Linien Vorder- und Hinterglauchau.
Wann das gewaltige Doppelschloss erbaut wurde ist nicht zu ermitteln. Der älteste bekannte Herr von Schönburg soll zur Zeit Carls des Grossen auf dem Rheinschlosse Schonenburg gehaust und einer seiner Nachkommen, Magwitz von Schönburg im Jahre 920 Crimmitzschau zur Stadt gemacht haben. Alban von Schönburg war 936 kaiserlicher Oberrichter zu Zwickau und Florian von Schönburg befand sich unter dem Kreuzheer, welches Gottfried von Bouillon nach Palästina führte. 1119 wird Glauchau das erste Mal urkundlich erwähnt, es gehörte damals Ernst von Schönburg. Zuverlässig wird indessen die Stammfolge der Schönburge erst mit Hermann dem Aelteren, der 1182 das Kloster Geringswalde stiftete und auch daselbst seine Ruhestätte fand. Dessen Enkel, Hermann von Schönburg, hatte zwei Söhne, von denen Heinrich Crimmitzschau besass und 1317 Kanzler des Königs von Böhmen war, Friedrich I. aber auf Glauchau und Geringswalde residirte. Einer von Friedrichs fünf Söhnen, Friedrich von Schönburg auf Glauchau und Waldenburg stiftete die Glauchauer [38] Linie, welche indessen bereits 1328 schon wieder mit dessen Sohne Friedrich, Statthalter von Böhmen, erlosch, während ein anderer Sohn Friedrichs I., Friedrich der Jüngere, Gründer der Crimmitzschauer, seit 1328 Glauchauer genannten, noch jetzt blühenden Linie des Schönburgischen Hauses wurde. Er ist der Stammvater aller noch jetzt lebenden Fürsten und Grafen von Schönburg. Sein Tod erfolgte 1338.
Ein Sohn Friedrichs des Jüngeren, Friedrich III., war Herr auf Lichtenstein und empfing 1355 die Lehnsbestätigung über Glauchau und Waldenburg, die über Crimmitzschau war ihm schon 1347 zu Theil geworden. Dem Kaiser Karl IV. folgte er 1374 nach Hamburg, obgleich er eigentlich markgräflicher Geheimrath war, kaufte von seinen Vettern Lichtenstein und Thurm, überliess seiner Gemahlin Ziegelheim als Leibgedinge und starb 1383. Zwei seiner Söhne starben ohne Nachkommen, der dritte aber, Veit von Schönburg, unterstützte den Abt zu Chemnitz in einer Fehde gegen Burggraf Albrecht von Leissnig, nahm diesem die Herrschaft Rabenstein und empfing dafür vom Kloster das halbe Dorf Kändler. Veit von Schönburg nannte sich zuerst einen Herrn von Waldenburg, kaufte 1406 die Grafschaft Hartenstein vom Burggrafen Heinrich von Meissen, erwarb 1418 die Herrschaft Meerane und starb 1422 zu Hartenstein. Sein Sohn Friedrich IV. residirte auf dem Glauchauer Schlosse und fiel 1426 in der Hussitenschlacht bei Aussig. Ansprüche des Burggrafen Heinrich II. von Reuss auf die Grafschaft Hartenstein schlichtete eine Vermählung zwischen Friedrichs Sohne Veit II. und Heinrichs Tochter. Veit war ein tüchtiger Kriegsmann, wallfahrtete auch nach Jerusalem und starb 1473. Von seinen Geschwistern überlebte ihn nur ein Bruder, Friedrich V., jetzt alleiniger Besitzer der Schönburg-Glauchauer Lande, nach dessen 1479 erfolgtem Tode sein Sohn Ernst der ältere die Regierung antrat. Er liess die erste Schönburgische Genealogie abfassen, erwarb die Herrschaft Graupen bei Teplitz und wurde 1488 als kaiserlicher Offizier bei der Belagerung Grunfelds (Grimbergs bei Brüssel) erschossen. Die Vormundschaft seiner unmündigen Söhne Wolf und Ernst führte deren Mutter Anna, geborene Gräfin Rieneck. Wolf bewog seine Schwäger, die Grafen Schlick in Passau, zur Anlage der Stadt Joachimsthal, während er nebst seinem Bruder die Städte Scheibenberg und Oberwiesenthal gründete. Er war ein strenger Herr, der in unaufhörlichen Streitigkeiten mit Zwickau lebte, das Flössrecht auf der Mulde ertrotzte, mit seinem Bruder gemeinschaftlich Lohmen, Wehlen und Hohnstein kaufte und die Herrschaft an der Elbe sehr verbesserte. Er starb 1529 kinderlos und die Schönburgischen Lande kamen an Ernst, der stets auf dem Schlosse Glauchau wohnte, solches 1527 zum Theil neu aufbaute und 1533 mit dem vorderen Schlosse vermehrte, auch die grosse Glauchauische Mühle anlegte und die aus Zwickau verjagten Barfüssermönche in Glauchau aufnahm. Er wohnte der Bauernschlacht bei Frankenhausen bei, fing den Rebellen Thomas Münzer und zeichnete sich durch seine Grausamkeit gegen die gefangenen Bauern aus, begnadigte aber die ruhig gebliebenen Orte Lichtenstein und Meerane mit einer Herabsetzung des Lehngeldes. Er starb 1534 und seine Wittwe, der letzte Sprössling aus dem Geschlechte der Burggrafen von Leissnig, erbte Penig mit Zinneberg. Die hinterlassenen vier Söhne Ernsts erhielten Vormünder, die durch den bekannten Tauschvertrag von 1543 nicht eben für das Wohl ihrer Mündel sorgten. Der älteste Bruder Hans Ernst starb 1545 und 1548 erkauften die Vormünder die Herrschaft Rochsburg. Die Brüder Georg, Hugo und Wolf regierten bis 1536 gemeinschaftlich, später theilten sie, so dass Georg Glauchau und Remse, Hugo Waldenburg und Lichtenstein, Wolf Penig mit Wechselburg und Rochsburg empfing. Durch seine Tochter Margarethe ist Georg ein Ahnherr der Preussischen Königsfamilie. Er hinterliess nur einen Sohn, August, der von 1601 bis 1610 regierte und kinderlos starb, worauf die beiden Linien sich in das Erbe dergestalt theilten, dass die niedere Linie (Wolfs Nachkommenschaft) Glauchau und Remse, die obere (von Hugo stammende) Greslas und eine Geldsumme empfing. Wolf und Hugo sind die Stammväter der beiden noch blühenden fürstlich und gräflich Schönburgischen Hauptlinien.
Der Stifter der niederen, jetzt gräflichen Hauptlinie, die auch die Glauchauische Linie heisst, empfing 1556 zu seinem Antheile die Herrschaften Rochsburg, Penig und Wechselburg nebst einem (1559 wieder verkauften) Drittel von Hartenstein. Das Gut Zinneberg vereinigte er mit Penig, bestätigte den Namen Wechselburg, übernahm als Unterpfand von den Grafen Schlick zu Passau die Grenzherrschaft Schlackenwerth mit Hauenstein und starb 1581 auf dem Schosse Rochsburg. Von seinen nachgelassenen Söhnen, die gemeinschaftlich regierten, starb der jüngere, Johann Ernst, schon 1586 unverheirathet, Wolf II. aber hinterliess bei seinem 1612 erfolgten Tode acht Söhne, von denen die meisten Appanagen empfingen. Der zweite Sohn, Hans Georg, starb 1634, der dritte, Otto Wilhelm, der seinen Antheil an Glauchau an den Fürsten Radzivil verkaufen wollte und sein Bruder Hugo Heinrich gingen 1651 mit Tode ab und August Siegfried 1639. Alle diese Herren starben kinderlos. Der fünfte Sohn Wolfs II., Hans Caspar († 1644) hinterliess einen Sohn, Wolf Friedrich, der 1656 ohne Erben starb, und da von den noch übrigen Söhnen Wolfs II. Christian († 1664) viele Töchter aber keinen Sohn hatte, so setzte blos der älteste, Wolf Ernst, und der jüngste, Wolf Heinrich, das Geschlecht in den Linien Remse und Wechselburg fort. Wolf Ernst empfing die Herrschaften Rochsburg und Remse und die westliche Hälfte von Glauchau, Hinterglauchau genannt, weil dazu das hintere oder alte Schloss zu Glauchau gehörte. Er starb 1625 und sein einziger Sohn Gottfried Ernst, 1679. Von dessen zwei Söhnen besass der jüngere, August Ernst, Hinterglauchau mit seinem Bruder gemeinschaftlich und starb 1729 ohne Erben, der andere, Christian Ernst, regierte bis 1718 und hinterliess vier Söhne, von denen die drei jüngeren unvermählt starben, der älteste aber, Otto Ernst, bei seinem 1746 erfolgten Tode drei Söhne hinterliess, wodurch drei neue Linien entstanden. Die eine derselben, die Remser oder Lokmer Linie, erlosch bereits mit ihrem Stifter Johann Ernst, welcher Antheil an der Verwaltung von Glauchau und am Besitz von Remse hatte und das Gut Lohma im Herzogthum Altenburg kaufte. Sein ältester Bruder stiftete die Rochsburger Linie, indem er die Herrschaft Rochsburg mit dem Rittergute Schlaisdorf u. s. w. erbte. Seine drei Söhne Ludwig Ernst, Heinrich Wilhelm Ernst und Heinrich Ernst regierten gemeinschaftlich, die ersten beiden aber starben unvermählt, und Heinrich Ernst kaufte zu Rochsburg noch eine Anzahl Güter.
Die Hinterglauchauer Linie stiftete Graf Albert Christian Ernst, Hauptbesitzer der Herrschaften Hinterglauchau und Remse. Er hielt in Glauchau eine Garnison von siebzig Mann und stand am kaiserlichen Hofe in hoher Gunst. Von seinen drei Söhnen, Gottlob, Albert und Ludwig führte der älteste eine Zeitlang die Regierung allein, übergab sie jedoch später dem Grafen Ludwig. [39] Dieser verwaltete zugleich als Vormund des Grafen Alban die Herrschaft Vorderglauchau, Penig und Wechselburg und regierte auf dem Schlosse Hinterglauchau. Einer seiner Söhne, Otto Ernst, vermählte sich mit der Prinzessin Marie Clementine von Schönburg-Waldenburg. Die übrigen Söhne sind die Grafen Hermann, Ernst und Ferdinand.
Den letzten Zweig der niederen Linie stiftete Wolfs II. achter Sohn, Wolf Heinrich, im Jahre 1626, wo er zur Mündigkeit gelangte. Seine Söhne Samuel Heinrich und Wolf Heinrich erhielten (1657) jener Wechselburg, dieser Penig ungetheilt, jeder aber noch eine Hälfte von Vorderglauchau, weshalb man in Glauchau eine Zeit lang drei Schlösser und drei Aemter unterschied. Wolf Heinrich († 1706) hinterliess zwar drei Söhne, da diese aber erbenlos starben, so fiel deren Gebiet 1746 an die Wechselburger oder ältere Linie. Von Samuel Heinrichs († 1706) zwei Söhnen starb Carl Heinrich 1708 und die Regierung kam an Franz Heinrich, welcher 1746 verschied und zwei Söhne hinterliess, von denen der jüngere, Albert Heinrich, noch unmündig starb. Demnach vereinigte Carl Heinrich I. alle Herrschaften seines Urgrossvaters in seinem Besitze und erwarb auch Remse. Sein zweiter Sohn, Wilhelm Albrecht Heinrich, erhielt eine Appanage und so erbte sämmtliche Güter Graf Carl Heinrich II., der abwechselnd in Wechselburg und Vorderglauchau residirte, jedoch auch viel in Dresden sich aufhielt und Remse an einen Baron von Gregory verkaufte. Die Herrschaften übernahm später sein Bruder, Graf Wilhelm Albrecht Heinrich, starb jedoch schon nach wenigen Jahren und hinterliess als einzigen Sohn und Erben den noch jetzt residirenden Grafen, Sr. Erlaucht Carl Heinrich Alban.
Die beiden Schlösser zu Glauchau liegen etwas tiefer als der höhere Theil der Stadt, dennoch aber so erhaben, dass man von ihnen ein herrliches Panorama, namentlich des Muldenthales, überschaut. Das hintere Schloss ist das ältere und mag wohl schon ein Jahrtausend alt sein, doch hat es im Laufe der Zeit mannigfache Veränderungen erlitten und neue Flügelanbaue erhalten. Es ist die alte Veste Cluchowe, der man in späterer Zeit das vordere Schloss hinzufügte. Im Hinterschlosse war es, wo 1617 Wolf Ernst von Schönburg seinen Bruder Otto Wilhelm im Jähzorn niederstach, weil er sich in einen Streit mengte, welchen Ernst mit einem Herrn von Geilsdorf führte. Zwei Ritterbilder im hinteren Schlosse sollen an jene unglückliche Begebenheit erinnern, doch ist das offenbar nur Volksglaube, indem die Tracht der Rittergestalten auf ein weit höheres Alter derselben hindeutet. Wolf von Schönburg floh, aber im Jahre 1618 wurde im Schlosshofe zu Zwickau über ihn hochnothpeinliches Halsgericht gehalten, welche Thatsache als Beweis der höchsten Gerichtsbarkeit des Hauses Sachsen über die Grafen von Schönburg angesehen wurde. – Das vordere Schloss, bei dem zunächst der Stadt ein schönes Vorwerk steht, ist durch eine Brücke und lange Terrasse mit der Stadt verbunden und umschliesst mit seinen zwei Etagen hohen mit Ziergiebeln geschmückten Gebäuden zur Hälfte einen grossen Hof, dessen dritte Seite an den Wallgraben stösst, welcher das Vorderschloss von dem Hinterschlosse trennt. Das Hinterschloss zerfällt in den älteren und neueren Theil und ist drei, zum Theil auch vier Etagen hoch. Der ältere Theil bildet gegen den anderen Schlosshof ein Corps de Logis mit zwei kurzen Flügeln, die nebst dem erwähnten Graben ein Gärtchen begrenzen, worin sich die Schlosskapelle und das hintere Amt befinden. Die Hinterseite des Schlosses umschliesst nebst einigen alten Thürmen, einer hohen Mauer und beiden neueren Flügeln den eigentlichen Schlosshof.
Steinpleiss ist ein schönes, gewerbfleissiges volkreiches Dorf, zwischen Zwickau und Werdau, am Anfange des fruchtbaren und anmuthigen Pleissengrundes gelegen. Der Ort zieht sich in der Länge einer starken halben Stunde ziemlich geradlinig von Südost nach Norden, grenzt mit den Fluren von Werdau, Marienthal, Königswalde, Gospersgrün, Lichtentanne, Tannhof und Ruppertsgrün, und wird von dem sogenannten Stenner Bache, der sich am Ende des Dorfes mit der von Schönfels und Neumark herkommenden Pleisse vereinigt, in seiner ganzen Länge durchflossen, woher wahrscheinlich auch der Name „Steinpleiss“ kommen mag, denn das Dorf Stenn hiess einstmals Stein und der von dort kommende Bach das Steiner Wasser.
Zu welcher Zeit der Ort entstand, darüber ruht ein undurchdringlicher Schleier. Dass er einst zu der grossen Herrschaft Rabenstein gehört und im Jahre 1386 in einer Fehde mit dem Burggrafen von Leissnig an Veit von Schönburg gekommen sei, ist völlig unbegründet und beruht ohne Zweifel auf einer Verwechselung des Dorfes Steinpleiss mit Pleisse bei Chemnitz. Urkundlich wird der Ort in einem Briefe von 1421 genannt, worin Markgraf Wilhelm von Meissen [40] ihn wegen des Bierbedarfs an die Stadt Zwickau verweist. – Steinpleiss zerfällt nach den verschiedenen hier befindlichen Rittergütern in mehrere Theile, namentlich Obersteinpleiss mit Weissenbrunn, Niedersteinpleiss und Untersteinpleiss. Diese Theile zusammen genommen enthalten 172 Häuser und mehr als 1000 Einwohner, von denen einige Hunderte sich mit Leinweberei beschäftigen.
Weissenbrunn gehörte einstmals den Familien von Römer, von Weissenbach und Romanus; seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts aber sammt dem Rittergute Obersteinpleiss dem Rathe der Stadt Zwickau, welcher beide Güter 1774 an Johann Gottfried Peltz in Stangengrün verkaufte. Nach dessen Tode erbte die Güter sein Sohn Johann Traugott Peltz, welcher Weissenbrunn wiederum an seinen Sohn Julius Traugott Peltz, der beide Güter bewirthschaftete, abtrat. Vor dem Rathe zu Zwickau besassen Obersteinpleiss die Familien von Wolfersdorf und von der Mosel. Niedersteinpleiss ist ein Freigut, auf dessen Grund und Boden nach und nach ein Dörfchen erbaut wurde, das eigene Gerichtsbarkeit erhielt und jetzt der Familie Oehler gehört. In Niedersteinpleiss befindet sich eine sehr bedeutende Tuchmanufactur, welche an der Stelle einer alten wohlrenomirten Papierfabrik von einem Herrn Rühling erbaut wurde, und vielen fleissigen Arbeitern eine lohnende Erwerbsquelle bietet.
Untersteinpleiss ist an Flächenraum und Rechten das stärkste Steinpleisser Rittergut. Es gehörte im vierzehnten und zum Theil funfzehnten Jahrhundert den Rittern von Rewdenicz oder Reudnitz. Conrad von Reudnitz besass das Gut von 1438 bis 1448. Er bürgte 1444 nebst Reinoldt von Schönfels auf Ruppersgrün und Michael von Jauer[VL 2] auf Lichtentanne für Jahn von Dölen in Jessnitz, der dem Kloster Frankenhausen 1 Schock Groschen zum Trost der Seele Nickel Haufmanns und anderthalb Gulden zum Anniversario Nikol Voigts, und einen Gulden für Bücher um 10 Schock 15 Goldgulden und zehn Gulden Silber verkaufte.
Nach den Reudnitzen kam Untersteinpleiss an einen Herrn von Carlowitz und von dessen Familie 1470 an den Ahnherrn des von Römer’schen Geschlechts, den Amtshauptmann Martin von Römer, welcher durch den Schneeberger Bergbau zu einem ungeheuren Reichthum gelangt war, aber von seinen Schätzen den edelsten und auf Jahrhunderte hinaus segensreichsten Gebrauch gemacht hat. Er starb 1483 und ist in der Marienkirche zu Zwickau begraben. Bei der von Römerschen Familie hat sich das Schloss Untersteinpleiss erhalten bis auf den heutigen Tag, wo dasselbe Herr Franz Otto von Römer besitzt. – Vom Jahre 1600 bis 1631 war Obersteinpleiss nur ein zum Rittergute Untersteinpleiss gehöriges Vorwerk, das vom Rittergute Ruppersgrün losgetrennt wurde.
Im Jahre 1644 entstand in Steinpleiss eine Feuersbrunst, bei der auch die alte Kirche in Flammen aufging. Das aus der Asche wiedererstandene Gotteshaus liegt auf einer den ganzen Ort beherrschenden Anhöhe, und von dem Thurme geniesst man eine weite und schöne Aussicht. In der Kirche befinden sich für die Besitzer der Rittergüter drei Capellen, in welchen eine Anzahl Gedenktafeln längst Verstorbener aufbewahrt sind, und unter der Capelle des Gutes Obersteinpleiss hat Herr Peltz ein Erbbegräbniss für seine Angehörigen erbauen lassen, das schon einigen derselben als letztes Ruhekämmerlein dient. Der schöne marmorne Taufstein ist ein Geschenk der Frau Eleonore Franziska von Römer, Mutter des jetzigen Besitzers von Untersteinpleiss. – Die Kirche zu Steinpleiss war bis zum Jahre 1529 Filial von Werdau und wurde von einem daselbst wohnenden Capellan versorgt; auch war das Dorf Leubnitz, welches jetzt zur Kirche in Werdau gehört, hier eingepfarrt, weshalb eine Anzahl Leubnitzer Bauergüter an den Pfarrer zu Steinpleiss bis zur neuesten Zeit Decemgetreide liefern mussten. Die Veranlassung der Trennung des Parochialverbandes dieser beiden Gemeinden ist unbekannt, da eine im vorigen Jahrhundert zu Werdau ausgebrochene Feuersbrunst beinahe alle städtischen und kirchlichen Urkunden vernichtet hat; doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Reformation sie herbeiführte, weil Leubnitz zu den religiösen Ansichten der Werdauer sich hinneigte. – Zu den Gerechtsamen der Kirche gehörte bis zum Jahre 1839 die Einnahme eines Wegegeldes von allem Fuhrwerk, welches die von Steinpleiss nach Schönfels und Reichenbach führende sehr befahrene Strasse passirte. Diesen Zoll löste in genanntem Jahre die Regierung ab. – Die Schule zu Steinpleiss, ein erst im Jahre 1819 neu aufgeführtes Gebäude, wird von etwa 240 Kindern besucht.
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