Auszug aus: Insurrektion im Distrikt Kassel im April 1809, Danksagung an den König für ihre Niederschlagung, Streit zwischen Bürgermeister und Richter zu Münden,Hessisches Staatsarchiv Marburg, Königreich Westphalen, 76a, 204
Vorbemerkungen
[Bearbeiten]Bei nachfolgenden Text handelt es sich um das Protokoll einer gerichtlichen Untersuchung bezüglich der Teilnahme der damaligen Gemeinden Grifte, Dissen und Obervorschütz am sogenannten Dörnberg-Aufstand im April 1809 (Seiten 1 - 5), unterzeichnet von L. Victor. Diesem ist ein Manifest, das zum Aufstand gegen die Obrigkeit des Königreichs Westphalen aufruft, beigegeben (Seiten 6 - 13). Das Manifest ist unterzeichnet von Siegmund Peter Martin, geschrieben jedoch von einer anderen Person.
Transkription
[Bearbeiten][1] Untersuchungs Protocoll
Die angebliche Theilnahme der
Gemeinden, Griffte[1], Düssen[2],
und Obervorschütz an dem in
der Nacht vom 22ten auf den
23ten April 1809 entstandenen
Aufruhr betreffend.
[2] Actum Gudensberg am 23ten April 1809.
Nachdem in der abgewichenen Nacht vom 22ten auf den 23ten dießes
in verschiedenen benachbarten Ortschaften ein Aufruhr entstanden
und die Gemeinde Grifte an solchen Theil genommen haben solle.
Als erschien auf Erfordern der dasige Maire Matthias Gerhold
und ließe auf nöthigen Vorhalt und ernstlich Ermahnung zur Wahrheit
Geständniß sich vernehmen wie folget: In der verflossenen
Nacht gegen 2 Uhr wären drey Bauern in sein des Comparenten
Hauß gekommen und hätten ihm gesagt: er solle sogleich Anstalt machen,
daß die Mannschaft von 17 bis 40 Jahren sogleich bewaffnet oder
mit Äxten, Mist und Heugabeln und dergleichen zusammenkommen,
um sogleich mit andren, die nachkommen würden, nach Cahsell[3] zu
marschieren. Von diesen drey Bauern habe er keinen gekannt.
Einer derselben, welchen er gefragt wo er her sey, habe geant-
wortet von Genßungen[4]. kurz darauf wären noch mehrere
Bauern und ein Cuirassier Reuter gekommen und hätten
von ihme verlangt, daß er sogleich die Glocke laeuten lassen
solle, dessen er Comparent sich jedoch geweigert habe. Nicht lange
hernach wäre eine große Menge von bewaffneten Leuten,
deren Anzahl nahe in 200 bestanden, nebst verschiedenen
Cuirassier Reuter und einigen Officieren in Grifte eingerückt
und habe ein Officier, welchen er nicht kenne, und Major
geheißen worden, daß er sogleich durch den Glockenschlag die
Gemeinde zusammen berufen solle, drohend verlangt,
welches er Comparent dann gezwungener weiße durch den
Dorfsknecht thun lassen müssen. Aus der Gemeinde Grifte
wären keine Einwohner mitgegangen, außer zwey mit
Gewalt mit sich genommene Knechte, deren Namen
er nicht wisse und wovon der eine bey dem Jacob Werner
und der andere bey Jacob Trost zu Grifte diene.
Als
[3] Als dieße Leute von Griffte abgegangen, hätten dieselben außer
den bereits schon gehabten 2 Laternen noch eine gefordert
und als solche nicht sogleich angeschafft werden könne, so habe ihn
ein Kerl mit einem Knüpfel einen Schlag auf die Schulter und
hernach noch einen auf den Arm gegeben, so daß er geglaubt,
sein Arm wäre entzwey. Er habe diesen Kerl nicht gekannt,
und wären ihm die übrigen Leute ebenfalls unbekannt. Dieselben
hätten gedrohet, wenn sie von Grifte nicht mitgingen, so wollten
sie alles Tod schlagen und das Dorf ansteken, hätten auch bey ihm
Comparenten saemmtliche und noch im Dorfe an verschiedenen
Orten die Fenster eingeschlagen. Er Comparent wisse zwar nicht
woher die Leute gewesen, indessen vermuthe er jedoch, daß
solche von Homberg, Felsberg, Gensungen und den dasigen
Cantons hergekomen wären. Die Gemeinde Griffte
habe an solchem Aufruhr gar kenen Antheil genommen
praelectione et ratihabitione praevie dimissus
Da auch die Gemeinde Düssen an dem in der verflossenen
Nacht vorgefallenem Aufruhr theil genommen haben solle,
so erschien auf Erfordern
der Maire Franz Schmincke daselbst und ließe
auf nöthigen Vorhalt und ernstliche Ermahnung zur Wahrheit
Bekenntniß sich vernehmen, wie folget: die Gemeinde
Düssen habe an dem in der abgewichenen Nacht vorgefallenen
Aufstand keinen Antheil genommen und wären die Insurgen
ten neben dem Dorfe auf der Landstraße nach Cahsell
vorbey marschiert. Heute Morgen gegen 6 Uhr wäre
ein Officier, in einer grünen Uniform welcher sich Dalwig genannt zu ihm Compa-
renten in seine Behaußung gekommen und habe ihm
ein Avertissement, welches er hierbey übergabete,[5]
zu gestellt, solches sogleich unter der Linde zu publicieren
und
[4] und herauf mit der Gemeinde sofort nach Cahsell nachzufolgen.
Er habe hierauf die Gemeinde durch den Glockenschlag zusammen
berufen müssen und habe in dessen Beiseyn einige Zeilen
von solchem Avertissement vorgeleßen, in dessen, da
der Officier inzwischen abgegangen gewesen und der Inhalt anstößig
damit nicht weiter fortgefahren, sondern solches Avertissement
bey Seite gelegt. Wie solcher Oficier sich von Düssen weider
wegbegeben habe derselbe ein Dienstpferd verlangt, welches
der Cyriacus Beede demselben geben müssen. Von der
Gemeinde Düssen habe sich kein Mann zu solchem Aufruhr
geberufen lassen und wäre Niemand in solcher Absicht nach
Cahsell marschiert. Die Gemeinde Halldorf, wovon er
Comparent ebenfalls Maire wäre, habe an dießem
Aufstand auch keinen Antheil genommen. praelecta
ratihabuit.
Weil auch weiter die Gemeinde Obervorschütz an
solchem Aufruhr Theil genommen haben solle,
so erschiene praevia votatione
der Maire Henirch Schaumlöffel, von da, und ließe
auf nöthigen Vorhalt und ernstliche Ermahnung zur
Wahrheit Beknntnis sich folgendergestalt vernehmen.
Gestern Nachmittag gegen 5 Uhr wäre in seiner Abwesenheit
ein Mädchen aus Niedervorschütz, welches seine Leute
nicht gekannt hätten, gekommen in seines Comparenten
Behaußung gekommen und habe ein Avertissement
gebracht, welches nach der von dem Mädchen geschehenen
Außage er Comparent sofort unter Glockenschlag
publizieren solle und alsdann weiter schicken solle.
Er habe indessen keines von beiden gethan.
und
[5] und solches Avertissement in die Ecke gewor-
fen, wo er es hernach nicht wieder vorfinden
können. Er habe sich herauf sofort anhiro zu dem
Cantons Maire begeben und die Sache gemeldet.
Als er Abends gegen 7 Uhr wieder nach Hauß gekommen,
so habe er auf seinem Hofe zwey Cuirassier Reuter
angetroffen. Diese hätten wider ihn gesprochen, was
das für eine schlechte Ordnung hier im Orte wäre,
daß solches Avertissement noch nicht publiciert worden
und nicht gestürmt wäre, da die übrigen Ortschaften
doch alle schon auf ihrem Marsch auf Felsberg, wo
der Sammelplatz wäre, begriffen seyen. Er habe
denselben hierauf geantwortet, er wolle sich der
Sache halber erst in Felsberg erkundigen und
wolle er mit ihnen dahin gehen. Die Reuter wären
hierauf voran geritten und wäre er Comparent
mit etwa 6 Mann denselben nachgefolgt. Wie er
vor Felsberg gekommen und solche Reuter bey
der eingetrethenen Nacht nicht weiter gesehen,
so wäre er, aber in die Nacht zu gehen, mit seinen
bey sich habenden Leuten wieder umgekehrt.
Soviel er Comparent wisse, wäre keiner von
Obervorschütz solchen Insurgenten bey getretten
und hätte niemand von da an solchem Aufruhr
Theil genommen. Er Comparent habe übrigens
durchaus nicht stürmen lassen. praelecta
ratihabuit
Actuarius L. Victor[6]
[6] Edle und unglückliche Teutsche![7]
Mit Sclavensinn und knechtischer Unterwerfung habt ihr bis
jetzt das schimpfliche Joch der Fremden getragen. Ihr hofftet durch
Ruhe und Nachgeben Euer Schiksahl erträglicher zu machen. Allein
vergebens! Ihr habt gesehen, daß Nachgibiegkeit und die aller
größte Geduld unsere Tyrannen nur tagtäglich zu neuen
Unterdrückungen und Beschimpfungen anspornen. Ihr seyd es
endlich mit Schreken gewahr worden, daß wenn wir fortfahren,
ihre Ketten zu tragen, uns und unseren Kindern auf viele Jahre
hindurch nichts übrig bleibt, als eine ganz vollendete Sclaverey
und die allergrausamste Behandlung. Ja alle Übel, alles
Unglück, das sich nur erdenken läßt, steht uns und unsern
Kindern ohne Rettung bevor, wenn das Regiment dieser
räuberischen Nation ferner dauert. Unsere Söhne und unsere Brüder
werden in fremde Weltgegenden geschleppt, um dort in
einem schimpflichen Kampf zu verbluten, oder verspottet
und verachtet von unseren übermüthigen Herrschern elend
umzukommen,- unsere Sitten und Gebräuche werden ver-
höhnt und uns entrissen;- durch unerschwingliche Abgaben
die wie Ihr wißt, von Tage zu Tage sich mehren,
niedergedrükt und ausgesogen werden wir bald in der
unerträglichsten Armuth schmachten während dem unsere
unmenschlichen Despoten das Mark unseres Landes, die
Früchte unserer Arbeit in unmäßigen Sauf und Huren-
gelagen verschwenden. Das eben ist ihr tief durdachter[sic],
ihr teuflischer Plan, sie wollen unsere Provinzen
[7] von aller streitbaren Mannschaft entblößen, sie wollen
uns so niedertreten und kraftlos machen, daß wir nie meh[r]
im Stande sind, ihnen den geringsten Wiederstand zu leysten
Allein, Teutsche, allein Hessen, tapferes und hochherziges
Volk! wie ware es möglich, daß Ihr so tief gesunken wärent,
es dahin kommen zu lasssen! Seyd Ihr nicht die streitbaren
und würdigen Nachkommen jener heldenmüthigen Männer, die seit
Jahrhunderten das Schreken ihrer Waffen in alle Theile der
Erde trugen.~- Nein Ihr kontet auf eine Zeitlang verwirt
und niedergeschlagen werden. Allein die Teutsche Kraft, der
Teutsche Muth erhebt sich bald und bey der ersten Gelegenheit
wieder, um die schändlichen Ketten abzuschütteln, die Treulosig-
keit und Meineid uns anlegten. Und diese Gelegenheit ist
gekommen, der Zeitpunkt ist da wo der fremden Herrschaft auf
ewig ein Ende gemacht werden muß. Seit Jahren arbeitet
eine Gesellschaft der edelsten und aufgeklartesten Männer
der Teutschen Nation, zerstreut in allen Provinzen, dem Rhein
der Donau, der Elbe, der Nord und Ostsee, daran die Ketten zu-
sprengen, die ein ungeheurer Übermuth uns aufdrang. Die
Mitglieder dieser Verbindung erforschten die Nation, und
fanden alle Völkerschaften bereit, die Waffen für dies gemein-
schaftliche Teutsche Vaterland zu ergreifen. Endlich ist der
heißersehnte Zeitpunkt erschienen. Alles ist entschlossen
und gehörig vorbereitet.
[8] In diesen Tagen schlägt die Flamme des Aufstandes von
einem Ende Teutschlands zu denn Alle, alle Völkerschaften
unserer großen Nation die Preußen, Sachsen Bayern, Würtem-
berger die Bewohner der Meingegenden erheben sich zur
Erkämpfung unserer Ehre und Freyheit. Ihr Hessen! werdet
nicht die letzten, nein Ihr werdet die ersten seyn. Erinnert
Euch an Eure Väter, die die zu allen Seiten für die ersten Krieger
von Europa gehalten wurden und bedenkt, daß es Eure heiligste
Pflicht ist, diesen Ruhm Euren Kindern zu hinterlassen._
Also auf zu den Waffen, ein jeder der sie zu führen im Stande ist
Ich, Kameraden und brave Hessische Männer! ich bin von der
ganzen Verbindung ernant, in diesen Gegenden den Befehl
zu führen, und alle Anordnungen zu treffen. Stolz darauf,
an der Spitze von Hessen zu fechten, lege ich Euch hiermit vor
Gott und den Augen der Mit und Nachwelt ab einen heiligen
Eid ab, ich werde alles thun, was in meinen Kräften steht
ich werde alles aufbiethen, was die heißeste Liebe zum
Vaterland, was der brenendste Haß gegen die Tiraney
vermag, ich werde mit Euch Leben und sterben._ Ich finde
für nöthig, folgende Verfügungen zu erlassen, und ich bin
überzeugt, daß Ihr mit Gut und Blut bereit seyn werdet,
mir in allem zu folgen, da alles nur zu Eurem Besten geschieht
Art 1. Alle Mannschaft von 17 bis 40 Jahren greift sofort und ohne
einen Augenblick Zeitverlust, zu den Waffen. Wer älter ist und
freywillig mitgehen will, dem steht dieses frey.
[9] Art:2 Jeder bewaffnet sich mit einer wohlgespitzten Heugabel
an einem starken 9 Fuß langen Stiel und mit einer Axt
oder Barte die nur so lang seyn darf, daß sie mit
einer Hand zu führen ist. Alle anderen Waffen sind gänz-
lich verbothen, außer denen Büchsenschützen wovon sogleich die Rede
seyn wird.
Art:3 Alle Büchsen, Gewehre, Pistolen, Säbel, u.s.w. die irgendwo
voräthig sind, werden sofort bey Strafe des Landesverraths
an die Gemeinds-Vorgesetzten abgeliefert.
Art:4 Die Büchsen und gute brauchbare Schießgewehre werden
als bald an die Personen in den Gemeinden ausgetheilt,
welche als gute Schützen bekannt sind, wenn sie nehmlich ver-
möge ihres Alters zum Landsturm gehören, diese Schützen
schließen sich an die Mannschaft ihrer Gemeinde an und
gehören zu derselben. Die übrig bleibenden Gewehre aller
Art werden an den nächsten commandierenden Officier
abgeliefert.
Art:5 Die Mannschaft einer jeden Gemeinde wählt aus ihrer
Mitte nach Mehrheit der Stimmen verständigen Mann , zu dem
sie Zutrauen hat, zu ihrem Anführer.
Art 6 Dieser erwählte Anführer muß mit dem größten Fleiß
dafür sehen, daß die Waffen in der besten Verfassung
sind, er bringt die ihm untergebene Mannschaft in die Größte
Ordnung, ist für alle Excesse derselben verantwortlich
und wartet die Befehle des nächsten commandierenden Officiers
ab
[10] Wo sie sich versammen sollen.
Art 7 Wer vermöge seines Alters zum ergreifen der Waffen
verbunden ist, den kann nichts in der Welt von dieser
heiligen Pflicht befreyen. Der vornehmste wie der Geringste,
der Reichste, wie der Armste, der Geistliche, wie der Weltliche
jeder ist verpflichtet, das Vaterland zu vertheidigen!
Wer sich etwa weigern sollte, wird in Ketten geschlagen und
zu den nächsten Befehlshaber geführt und erschossen.
Sollten sich aber ganze Gemeinden wiedersetzen, ein Fall,
der sich jedoch in Hessen gar nicht denken läßt, so werden
sie angestekt und nieder gebrannt, nach dem zu vor Vieh,
Früchte und alles Eigenthum der Einwohner confiscirt
worden ist, welches zum besten der Armen verwand wird.
Art 8 Alle Pferde welche nicht zum Ackerbau durchaus nothwen-
dig sind, sondern welche nur zum Vergnügen, oder die
von Beamten Predigern, Förstern und anderen Personen zu
ihren Dienstverrichtungen gehalten werden, werden sofort
durch die Mairen an den nächsten Befehlshaber abgeliefert
Aus ihnen wird als bald eine Cavallerie gebildet.
Art 9 Alle Einnehmer herrschaftlicher Gelder, so wie Alle
Vorsteher von Kirchenkasten und andre Offentliche Stiftungen
zahlen bey Lebensstrafe ohne ausdrücklichen schriftlichen
Befehl von mir nicht ein Heller aus.
Art 10 Für die Zukunft wird bey der Besetzung aller Würden
und Ehrenstellen auf nichts anders als Verdienst und
[11] Brauchbarkeit Rücksicht genommen. Geburt bisheriger
Rang und Verwandschaften helfen zu gar nichts. Der
gemeine Soldat, wenn er als besonders geschikt, thatig
und brave befunden wird, kann mit einem mahl Hauptman
werden. Vor allen andern aber werden mit Recht die vor-
gezogen, die sich gleich zu Anfang dieses Aufstandes als
besonders wirksam und brauchbar zeigen.
Art 11 Es ist bey der gegenwärtigen bessern Ordnung der
Dinge, welche wir einführen wolle, der Hauptsächliche
Plan, daß der geringe Mann, sowohl Bauer als
Bürger, so viel geschont werde, als nur immer möglich.
Dagegen ist es billig, daß der wohlhabende und Reiche
ein Theil seines Vermögens zum Besten des Vaterlandes
hergiebt, welches auch gewis jeder Redliche mit Vergnügen
thun wird. Wer daher selbst die Waffen trägt ist von
allen Abgaben, die auf seiner Person, oder auf seinen Gütern
haften, frey, in so fern diese nicht zwanzig Rthl[8] jährlich
übersteigen;__ wer einen Sohn bey der Armee hat wird von
einem drittel, wer zwey Söhne dabey hat, von zwey drittel
und wer drey und mehrere dabey hat, von allen Abgaben
befreyet. Diejenigen welche schwer verwundet werden,
sowie die Wittwen und Minderjährigen Kinder der Geblie-
benen, bleiben warend dem Lauf des Kriegs von allen
Abgaben befreyt, und haben auserdem noch eine vorzügliche
Versorgung des Stats zu erwarten.
[12] Art 12 Ein jeder der irgend ein hohen oder niedern, geistlichen oder
weltlichen Dienst [versieht], und nicht gleich jetzt von Anfang
und ohne sich einen Augenblik zu besinnen, für diese
Insurection mit würkt, wird als hochverräther angesehen,
und entweder mit Confiscation seines ganzen Vermögens
und Landesverweisung oder mit dem Todt bestraft.
Art 13 Jede Bedrückung unserer eigenen Landesleute und Mitbürger
wird mit dem Tode bestraft.
Art 14 Alle hohe und niedere Obrigkeiten und andre Angestell-
ten bleiben vorläufig, samtlich auf ihrem Posten, es wäre
denn daß sie noch unter vierzig Jahren, mithin zum
ergreifen der Waffen verpflichtet waren, in welchem Fall
ihre Stellen durch ihre Nachbaren oder Untergebene ver-
sehen werden.
Art 15 Diese Proclamation wird so fort öffentlich bekant
gemacht, mit allen Gloken fortdauernt Sturm geleu-
tet und noch behalthner Abschrift weiter gesand.
[13] Dieses Tapfere und edle Kameraden! sind die
Verfügungen welche ich Euch vorläufig ertheilen kann -
Haltet strenge auf ihre Erfüllung und vorzüglich seyd einig
unter Euch, wie es Landleuten und Brüdern ziemt._ Vergesst
alle kleinliche Zänkereyen und Streitigkeiten unter einan-
der! denkt daß wir alle zu einem Zwek handeln und
daß ohne Erreichung dieses Zwecks ewige Knechtschaft
und ein unabsehbares Elend unsrer und unser Kinder
theil ist. Seyd stark und Muthig;- gewiß wenn wir
Handeln, wie wir handeln müssen wie es Teutschen und
Hessen zukommt, dann werden wir unseregroße und heilige
Sache glücklich zu Ende führen.__ Schon stehn die Heerscharen
Osterreichs zahlreich und noch immer muthig den Franzosen
gegenüber, schon rükt Preißens Kriehgsmacht zu unserer
Unterstützung heran. Aber Kameraden! Unser haupt-
sächlichstes Vertrauen laßt uns auf den setzen, dessen allmächtige
Hand alles mit unendlicher Weisheit leitet, bedenkt die Sache
der Unschuld und Gerechtigkeit hat im Himmel einen starken und
ewigen Freund und Beschützer, denn die allwaltende Gottheit
läßt wohl eine Zeitlang den Gottlosen und unterdrüker freye
Hand, aber am Ende erlößt sie den Unschuldigen und Unter-
drükten, der auf sie vertraut und seine Sache muth und kraft-
voll mit ihr anfängt.
Auf denn zum kampf für Ehre,
Freyheit und Vaterland.
der commandierende Oberst
Martin.[9]
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Grifte
- ↑ Dissen
- ↑ Kassel
- ↑ Gensungen
- ↑ Hier findet sich im Orginal eine Randbemerkung als Verweis auf dieses Schriftstück, das der Akte beiliegt. Dasselbe Zeichen befindet sich auch auf der ersten Seite dieses "Avertissements"(S.6).
- ↑ Friedensrichter in Gudensberg, Nachweis: Hof- und Staats- Handbuch des Königreichs Westphalen, Hannover 1811, S. 216. MDZ München
- ↑ Im Orginal an dieser Stelle Randbemerkung, die das nachfolgende Schriftstück als Beilage der Akte ausweist. Vgl. auch S. 3
- ↑ Reichsthaler
- ↑ Siegmund Peter Martin, zu seiner Person: F. Martin: Zur Ehrenrettung Sigmund Peter Martins, in: Zeitschrift für Hessische Geschichte 28 (1893), S.455-517.