BLKÖ:Grassi, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Grassi, Anton
Band: 5 (1859), ab Seite: 314. (Quelle)
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Grassi, Joseph (Maler, geb. zu Udine in Friaul 1756, gest. in Dresden 7. Jän. 1838). Grassi selbst gab Wien als seinen Geburtsort und das J. 1768 als sein Geburtsjahr an. In Wien hatte er sich an der Akademie der bildenden Künste ausgebildet und bald wetteiferten seine Arbeiten mit jenen von Füger (s. d. V. Bd. S. 1) und Lampi. Aber der Umstand, daß ihm ohne genügenden Grund bei der Verleihung eines Reisestipendiums der nachmalige Director der Akademie, Füger, vorgezogen wurde, bewog ihn, Wien zu verlassen und nach Warschau zu gehen, wo er bald vollauf zu thun hatte. Als Warschau im Jahre 1794 von den Preußen belagert wurde, entging G. kaum einer großen Gefahr. Er machte Dienste als Unterofficier und eines Tages gerieth er mit seiner Mannschaft mitten in’s Schlachtgewühl und wurde verwundet. In diesem Zustande traf ihn Kosciuszko, der den Künstler kannte und liebte. Er ließ ihn sogleich in die Stadt bringen und sorgte für seine Pflege. Dies ist die Gefahr, von der Naglers Lexikon Erwähnung macht. Andere Mittheilungen, welche wahrscheinlicher lauten, berichten, daß er der Wuth des Pöbels verfallen war, als dieser in Erfahrung gebracht, daß er russ. Generale porträtirt habe. Ein Bildniß Kosciuszko’s, der ihm neue Pässe nach Wien verschaffte, rettete ihn vor weiteren Gefahren. Uebrigens hatte G. in den Wirren jener Tage noch weitere Verluste zu beklagen, er kam um seine ganze Baarschaft, welche nicht weniger als 5000 Stück Dukaten betrug; denn er hatte in Warschau und namentlich in Kiew zahlreiche Arbeiten ausgeführt, die ihm glänzend honorirt wurden [siehe weiter unten seine Arbeiten]. Schon im J. 1800 folgte er einem Rufe als Professor an die Kunstakademie zu Dresden. Um diese Zeit eben stand G.’s Künstlerruf in höchster Blüte und seine Arbeiten waren sehr gesucht und wurden mit hohen Preisen bezahlt. Bis 1816 wirkte er auf dem genannten Posten; im letztgenannten Jahre trat er aus der Reihe der Dresdner akadem. Professoren und übernahm 1817 das Directorat der königl.-sächsischen Pensionäre in Rom. Bis 1821 leitete er dasselbe. Dort malte er im Auftrage des Herzogs von Gotha das Bild: „Apostel Petrus übergibt [315] Pius VII. bei dessen Rückkehr nach Rom die Schlüssel der Kirche“. Als dieses Bild beim römischen Clerus, welcher darin einen Widerspruch mit den kirchlichen Dogmen zu erblicken glaubte, einen üblen Eindruck hervorgebracht, fühlte sich G. selbst unbehaglich in Rom und bewahrte bei seiner Rückkehr nach Dresden eine bleibende Abneigung gegen diese Stadt. Zurückgezogen von der Welt, verlebte er die letzten Jahre freudlos, von Hypochondrie geplagt, in Dresden, wo er im hohen Alter, nach Einigen 82, nach Andern 70 Jahre alt, unvermält starb. Die reizend gelegene Villa im plauen’schen Grunde bei Dresden, welche G. erbaut hatte und welche lange Gegenstand der Bewunderung war, hatte er schon bei seinem Weggange nach Rom verkauft, später wurde sie in einen öffentlichen Belustigungsort umgewandelt. Die Zahl der Arbeiten G.’s ist sehr groß, vorzugsweise malte er Bildnisse, die sich größtentheils im Privatbesitze befinden. Die Dresdner Gallerie besitzt einen „Heil. Johannes den Täufer“ und „Heil. Apostel Petrus“. Am sorgfältigsten verzeichnet Rastawiecki seine in Polen zerstreuten Bildnisse: „Fürst Joseph Poniatowski“ (Oval, H. 23″, Br. 181/2, 25 Duk.): – „Gräfin Manuzzi“ (H. 37″, Br. 28″, 50 Duk.); – „Ein Mann in holländischer Tracht“ (H. 51″, Br. 38″, 80 Duk.); – „Die Fürstin Jablonowska“ (H. 36″, Br. 24″), die letzten drei in der Gallerie des Grafen Mniszech; – „Vier verschiedene Porträte Kosziusko’s“ (zwei davon nachgest. von Friedr. John; eines nach der Zeichnung von G. Taubert, gest. von Fiesinger; und das vierte gest. in Warschau von Kapeller); – „Joseph Fürst Poniatowski“, in österr. Uhlanen-Uniform (H. 281/2″, Br. 23″), im Besitze des Grafen Rastawiecki; – „Josepha Gräfin Mostowska“ [nachgest. von Pichler in Wen 1790); – „Adam Fürst Czartoryski“ (gestochen in Aquatinta von Kapeller, Warschau 1792); – „Sophie Fürstin Czartoryska“, Tochter des Obigen (gest. von C. Pfeiffer 1789); ein anderes Porträt derselben (gest. von Pichler); – „Sophie Zamoyska“ (in natürl. Größe, ganze Figur); – „Prinz de Ligne“; – „Helene Fürstin Radziwill“ (Oval, nachgestochen von Karl Gröll in London); – „Thekla Fürstin Jablonowska“, von Czaplice [nachgest. von Karl Hermann Pfeiffer); – „Marschall Friedr. Joseph Graf Moszyński“ (gest. von Pfeiffer); – „Stanislaus Kostka Potocki“, General der Artillerie (auf dem Warschauer Rathhaus); – „Christine Fürstin Radziwill“; – „Fürst Oginski“; – „Fürstin Ogińska“; – „Johann Nepomuk Graf Malachowski“, Präsident des Tribunals der Republik; – „Stanislaus Malachowski“, Landtagsmarschall (ganze Figur, Lebensgröße); – „Heinrich Graf Zabiełła“; – „Thaddäus Graf Matuszewic“, Finanzminister; – „Johann Chreptowicz“, Kanzler von Lithauen; – „Siewers“, russ. Gesandter in Polen; – „Tałuzin“, russ. General; – „Michael Graf Wielhorski“, General, diese drei in der Bilder-Sammlung des Baron Kosiński; – „Potocki“, im Hintergrunde die See und ein Kauffahrteischiff[WS 1]; – „Sybilla“, im Besitz des Grafen Stanislaus Łubieński. Auf allen den angeführten Bildern ist er einfach Grassi, nur auf dem Bilde: „Sybilla“ J. Grassi unterzeichnet. In früherer Zeit, namentlich während seines Aufenthaltes in Wien, wurden seine Arbeiten für Taschenbücher sehr gesucht und gut gezahlt. Ramberg, Chodowiecki und Grassi bildeten damals das Triumvirat in den Almanachen. Auch hat G. zu den Nachdrucken der deutschen Classiker, welche Schrämbl mit großer Pracht veranstaltete, die Zeichnungen geliefert. Auch an Ehren hat es G. bei Lebzeiten nicht gefehlt; der König von Sachsen zeichnete ihn mit seinem Civilverdienstorden aus, der Herzog von [316] Gotha verlieh ihm den Titel eines geh. Legationsrathes, mehrere Akademien u. a. auch die Akademie von St. Luca in Rom ernannten ihn zu ihrem Mitgliede. Da er viele Jahre abgeschieden von aller Welt gelebt, so erfolgte der Tod des einst gefeierten und vielgenannten Künstlers ganz geräuschlos, so daß einer seiner Biographen bemerkt: „Mit G. war es ungefähr gegangen, wie mit dem Abbe Sieyès. Als dieser mächtig wirkende Revolutions-Theoretiker 1856 in Paris feierlich begraben wurde, hatte das Publicum schon vergessen, daß er jemals am Leben gewesen.“ Von Schülern, welche G. gebildet, sind vor Allen zwei zu nennen, der vor ihm verstorbene Prof. Heinrich Näke und der berühmte Moriz Retzsch, welche beide, wenn sie sich auch später von der Methode des Meisters lossagten, doch in ihren Werken durch den Farbenton und jene Eleganz, die in G.’s Arbeiten ein charakteristisches Merkmal bildet, an den Meister erinnern. Die strenge Kritik vermißt in G.’s Bildern einen Mangel an Ernst und Gründlichkeit, die zuletzt nur durch Studium classischer Vorbilder erreicht zu werden pflegen, aber Eleganz und Grazie, ja ein höchst einnehmender Farbenzauber war ihnen eigen. In seinen Porträten gibt sich eine besonders glückliche Benützung von Licht und Schatten und die Geschicklichkeit kund, die vortheilhafteste Position der zu porträtirenden Person aufzufinden. Das Blendende seines gemalten Fleisches und der reiche frische Farbenschmuck seiner Bilder ließ in Ausstellungen oft tüchtigere Arbeiten anderer Künstler, die neben den Seinigen aufgestellt waren, übersehen. Der Mangel an Correctheit der Zeichnung, den Kenner in seinen Bildern leicht entdecken, ist durch sorgfältig gewählte Stellungen und lebensfrische Farbe paralysirt. Da ihm vor Allem Frauenbildnisse sehr gut gelangen, stand er in besonderer Gunst bei dem schönen Geschlecht, das vor Allem von ihm gemalt sein wollte.

(Stuttgarter) Morgenblatt 1838, S. 235 u. 239. Correspondenz aus Dresden im Februar [nach diesem gest. 7. Jänner 1838]. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgem. Künstler-Lexikon (München 1837 u. f., gr. 8°.) V. Bd. S. 339 [nach diesem geb. um 1768, nach dem österr. Geschichts- und Erinnerungs-Kalender geb im J. 1756]. – Ciampi (Sebast.), Notizie S. 90 [nach diesem wäre G. in Turin geb.]. – Rastawiecki (Edw.), Słownik malarzów polskich tudzież obcych w Polsce osiadłych, d. i. Lexikon der polnischen Maler und auch der fremden, die sich in Polen niedergelassen (Warschau 1850, Orgelbrand, gr. 8°.) I. Bd. S. 183. – III. Bd. S. 217. – Dziennik krajowy warszawski, d. i. Warschauer Tagesblatt 1843, Nr. 125 [Artikel von M. Sobieszczański, der G. in Kiew sterben läßt]. – Müller (Fr. Prof.), Die Künstler aller Zeiten u. Völker (Stuttgart 1857, Ebner und Seubert, Lex. 8°.) II. Bd. S. 288 [nach diesem gest. in Rom]. – Wigands Conversations-Lexikon (Leipzig 1847, Lex. 8°.) V. Bd. S. 921. – Der Freimüthige (Berliner Journal, 4°.) 1804, S. 231: „Correspondenz aus Dresden 10. Sept. 1804“ [über das von Grassi in Lebensgröße gemalte Bildniß des Herzogs August von Sachsen-Gotha]. – Porträte. 1) Niedermann p. Gottschick sc. 8°. – 2) Se ipsum del. C. Pfeiffer sc. Halbfigur kl. Fol. [von diesem Blatte bestehen auch Abdrücke vor der Schrift]. – 3) Se ipsum p. Gottschick sc. 4°. Mit der Brille in der Hand. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Kauffartheischiff.