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BLKÖ:Pichler, Johann Peter

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 22 (1870), ab Seite: 237. (Quelle)
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Pichler, Johann Peter (Kupferstecher, geb. zu Botzen in Tirol im Jahre 1766, gest. zu Wien 18. März 1807). Erscheint öfter mit dem Namen Johann allein und wird hie und da als zur Familie der berühmten Edelsteinschneider Anton, Johann und Ludwig (Luigi) gehörig bezeichnet; jedoch ist nirgends eine nähere Angabe seines verwandtschaftlichen Verhältnisses zu derselben zu finden. Johann Peter verlor in jungen Jahren seinen Vater, und nun gab ihn sein Vormund zu einem Maler, Namens J. A. Cusset, in die Lehre, und als er 18 Jahre alt war, schickte er ihn nach Wien, um an der dortigen k. k. Akademie der Künste sich weiter auszubilden. In Wien malte P., der Talent zur Kunst besaß, anfänglich fleißig nach der Antike und dem Modelle, aber er gerieth in schlechte Gesellschaft, kam mit dem ihm von seinem Vormunde geschickten Gelde nie aus, so daß dieser, als auch sonst Proben seiner Verwendung und künstlerischen Fortschritte ausblieben, ihn von Wien nach Botzen zurückrief. Nach seiner Ankunft in Botzen ließ ihn der Vormund von einem dort ansässigen Maler, Namens Karl Henrici, prüfen. Nachdem P. ein kleines Stück gemalt, gab Henrici das Urtheil dahin ab, daß die Arbeit ohne Bedeutung sei und er als Maler stets mittelmäßig bleiben werde. Den Rath, sich auf die Kupferstechkunst zu verlegen, nahm er freudig auf, und nun kehrte er wieder nach Wien zurück und besuchte die Kupferstechschule an der Akademie, an welcher eben damals zwei tüchtige Meister, Schmutzer und Jacobé [Bd. X, S. 19] thätig waren. Pinsel und Palette ganz bei Seite lassend, arbeitete P. mit großem Eifer, und bald machte er solche Fortschritte, daß seine Blätter bei Kennern Beachtung fanden und der damalige Präsident der Akademie, Freiherr von Sperges ihm ein Stipendium verlieh. Bei der Vorliebe für geschabte Blätter, welche zu jener Zeit herrschte, wurden seine in dieser Manier ausgeführten Stücke, welche gerade in dieser Richtung sich durch Schönheit der Ausführung auszeichneten, sehr gesucht; dabei setzte P. seine Studien fleißig fort, verwendete ungeheuere Sorgfalt auf seine Arbeiten, so daß eine im Jahre 1780 erschienene Kritik seinen Blättern vor denen seines Meisters den Vorzug gab und nicht [238] Anstand nahm, dieselben den besten Arbeiten englischer Meister zur Seite zu stellen. Unter solchen Umständen mehrten sich die Bestellungen von allen Seiten. Zu Anfang der Neunziger-Jahre ertheilte ihm der Fürst von Anhalt-Dessau den Auftrag, für die zu Dessau neu errichtete chalkographische Anstalt mehrere Platten nach berühmten Gemälden der Gallerien zu Braunschweig, Dresden und Cassel zu verfertigen. In Ausführung dieses Auftrages lieferte nun auch P. eine Folge der trefflichsten Blätter, von denen hier nur der „Magdalena in der Wüste“, eines „Johannes des Täufers“, beide nach Battoni, dann einer „Venus“, nach Tizian, der „Flüchtenden Myrrha“, nach Poussin, der „Omphale“, nach Dominichini, gedacht sei. Später führte er auch mehrere Blätter für das Industrie-Comptoir aus; diese sind mit zwei Sternchen (**), jene für das chalkographische Institut mit einem (*) bezeichnet. Bald nach seiner Rückkehr nach Wien heirathete P. eine Tochter seines Meisters Jacobé und arbeitete mit anhaltendem Fleiße, denn in verhältnißmäßig kurzer Zeit – er war nur 41 Jahre alt geworden – hatte er eine stattliche Menge und meist große und sehr große Blätter vollendet. Nach Jacobé’s Tode versah er einige Zeit provisorisch sein Lehramt an der Kunstakademie, aber die definitive Ernennung zu erleben, war ihm nicht gegönnt. Seinen ungeordneten Lebenswandel hatte er nicht aufgegeben; obwohl er Pensionär des k. k. Hofes und des regierenden Fürsten von Liechtenstein war und sich durch Arbeiten viel verdiente, ließ er doch in Folge seines ungeregelten wüsten Lebens und eines unbezähmbaren Hanges zum Trunke seine Witwe und einen noch sehr jungen Sohn in den dürftigsten Umständen zurück. Dieser letztere mußte sich, als er älter geworden, kümmerlich als Notenstecher durchbringen. Groß ist die Zahl der von P. gestochenen Blätter, die bekannten Stücke in Fol. allein erreichen die Höhe von Hundert, und es sind darunter religiöse Darstellungen (Madonnen und biblische Blätter), mythologische, historische Bilder und eine große Menge von Bildnissen, mehr und minder denkwürdiger, ja berühmter Zeitgenossen. Besonders hervorzuheben sind die Madonnenbilder: „Madonna mit dem Kinde“, nach Correggio; – „Die h. Jungfrau mit dem Kinde“, nach Raphael; – „Maria mit dem Kinde“, nach Füger; – „Die h. Familie“ (le silence), nach Corregio, alle vier in Folio; – biblische und religiöse Blätter: „Die Anbetung der Hirten“, nach Guido Reni (Fol.); – „Die Taufe Christi“, nach Ebendemselben (gr. Fol.); – **„Die Grablegung Christi“, nach Caravaggio (Qu. Fol.); – *„Johannes der Täufer in der Wüste“, nach P. Battoni (gr. Qu. Fol.), es gibt davon auch Drucke vor der Schrift und colorirte Exemplare; – *„Magdalena in der Wüste“, nach Battoni (gr. Qu. Fol.), von dieser Platte, da sie bald aufgekratzt werden mußte, sind gute Abdrücke sehr selten; es gibt auch colorirte Exemplare; – „Johannes der Evangelist, lesend“, nach Guido Reni (gr. Qu. Fol.); – „Johannes der Täufer“, nach Ebendemselben (gr. Qu. Fol.), halbe Figur; – „Magdalena“, nach Ebendemselben (gr. Qu. Fol.), halbe Figur; – „Die Versuchung des h. Antonius“, nach Teniers (Qu. Fol.); – „Hagar in der Wüste“, nach Rembrandt (Fol.); – „St. Paul“, nach Palcko (Fol.); – „Der h. Petrus, mit der Linken ein Buch haltend“, nach Van Dyk (gr. Fol.); – mythologische [239] Bilder: „Die Geburt des Adonis“, nach Franceschini (gr. Fol.); – „Diana und Artäon“, nach Ebendemselben, Gegenstück zu dem Vorigen (gr. Fol.), auch farbige Abdrücke; – *„Die liegende Venus“, nach Titian (Qu. Fol.); – „Mars und Venus, von Vulkan überrascht“, nach L. Giordano (Fol.); – „Herkules und Omphale“, nach Dominichino (Qu. Fol.); – *„Der rasende Herkules“, nach Ebendemselben (Qu. Fol.), von diesem und dem vorigen auch farbige Abdrücke; – „Dido und Aeneas“, nach Grassi (gr. Qu. Fol.); – *„Die Flucht der Myrrha“, nach A. Poussin (gr. Qu. Fol.); – „Amor, auf dem Schoosse der Venus schlafend“, nach Correggio (Fol.); – **„Amor als Bogenschütze“, nach Ebendemselben (Fol.); – **„Jupiter, dem Phidias erscheinend“, nach Füger (gr. Fol.); – „Andromeda und Perseus“, nach J. d’Arpino (gr. Fol.), davon gibt es auch eine kleinere Nachbildung; – „Salmaris und Hermaphrodit“, nach Albani (Fol.); – **„Silen unter Kindern und Frauen“, nach C. Cignoni (gr. Fol.); – „Die Nymphe, auf dem Bocke reitend“ (Fol.); – „Die liegende Nymphe, welcher Satyr die Trauben reicht“ (gr. Fol.); – historische Blätter: **„Homer, in Begeisterung von seinen Zuhörern umgeben“, nach Füger (gr. Qu. Fol.); – „Semiramis am Putztische erhält die Nachricht von dem Abfalle einer Provinz“ (gr. Fol.); – **„Junius Brutus verurtheilt seine Söhne“, nach Füger (Qu. Fol.); – „Cariolan“, nach Ebendemselben (gr. Qu. Fol.); – „Der Tod der Virginia“, nach Ebendemselben (Qu. Fol.); – „Alexander und sein Arzt“, nach Ebendemselben, 1792 (gr. Qu. Fol.), davon auch farbige Drucke; – „Der Tod des Germanicus“, nach Füger (gr. Qu. Fol.), auch farbige Drucke; – „Lucretia und Tarquinius“, nach Pesarese (Fol.); – „Die Gefangennehmung des Julius Sabinus“, nach Gotsch (gr. Qu. Fol.); – „Eponina fleht vor Vespasian um Gnade für Julius Sabinus“, nach Ebendemselben (gr. Qu. Fol.); – Bildnisse: „Maria Theresia Charlotte de France Duchesse d’Angoulême“, nach eigener Zeichnung (Fol.); – „Alexander Leopold, Erzherzog von Oesterreich“, nach J. Hickel (Fol.); – „Victor Adam Prinz von Anhalt-Bernburg“, nach Tischbein (Fol.); – „Brockmann als Hamlet“, nach Hickel (Fol.); – „Brockmann als Montalban“, nach eigenem Gemälde (Fol.); – „Dr. Barth, Arzt“ (Fol.); – **„Melchior Birkenstock, Hofrath“, nach eigener Zeichnung; – „Graf Gregor Czernichow“, Kniestück nach Grassi (Fol.); – „Elisabeth Prinzessin von Württemberg“, nach Beyer (Fol.); – „Prinz Anton von Eszterházy“ (Fol.); – „Kaiser Franz II.“, nach Füger (Fol.)“ – derselbe nach Pichler’s eigener Zeichnung (Fol.); – „Ferdinand IV., König beider Sicilien“ (Fol.); – „Baron Geramb“, nach C. Hummel (gr. Fol.); – „Dr. Gall, der Phrenolog“ (Fol.); – „Kaiser Joseph II.“, nach H. Füger (Fol.); – „Erzherzog Karl“ (Fol.); – „Wenzel Fürst Kaunitz“, nach Lampi (gr. Fol.), Kniestück; – „Kaiser Leopold II.“, nach Lampi (gr. Fol.). Kniestück; – derselbe nach Zauner (Fol.); – „Ludwig XVI., König von Frankreich“, nach Calle (Fol.); – „Louise, Kaiserin von Oesterreich“ (Fol.); – „Johann Fürst Liechtenstein“, nach Pichler’s eigenem Gemälde (Fol.); – „Charles Prinz de Ligne“, nach J. Grassi (Fol.); – „Gedeon Ernest Loudon, Feldmarschall“, nach Füger, 1788 (Fol.); – „Derselbe als Eroberer von Belgrad“, nach Füger, 1789 (gr. Fol.); – „Lange als Wulfing von Stubenberg“, nach J. B. Anker [240] (Fol.); – „Maria Theresia, Erzherzogin von Oesterreich, Infantin beider Sicilien“, nach Pichler’s eigenem Gemälde (Fol.); – „Die Gräfin von Merveldt“ (Fol.); – **„Gräfin J. Mostowska“, nach Grassi (Fol.); – „Raphael Mengs“, nach Mengs (gr. Fol.); – „Joseph Prinz Poniatowski“, nach J. Grassi (Fol.); – „Philipp II. und seine Geliebte“, nach Titian (gr. Fol.); – „Rembrandt van Rhyn“, nach Rembrandt (Fol.); – **„Die Söhne des Rubens“, nach Van Dyck (gr. Fol.); – „Stanislaus August, König von Polen“, nach Lampi (Fol.); – „Prinz Karl von Schwarzenberg“, nach Oelenhainz (Fol.); – „Josias Prinz von Sachsen-Coburg“ nach Naumann (Fol.); – „Franz Graf Saurau“, nach H. Füger, Kniestück (gr. Fol.); – „Baron von Sperges“, nach J. B. Lampi (Fol.); – „Giuseppe de Viterbo, der Freund des Raph. Mengs“ (Fol.); – „Charles Whirwoth“ (Fol.); – **„Maler Wutky“, nach Tusch (Fol.); – *„J. von Weinbrenner“, nach J. B. Lampi (Fol.). Schließlich sind noch von anderen Blättern und Arbeiten P.’s anzuführen: *„Die sorgfältige Mutter“, nach Murillo (gr. Fol.); – *„Die Obsthändlerin“, nach Ebendemselben (gr. Fol.); – „Lydia. Eine nackte Schöne auf ihrem Bette, vom Schlafe erwacht“ (Fol.); – „Eine schlafende, von einem Negersclaven bewachte Schöne“, Gegenstück zu dem vorigen (Fol.), es gibt davon auch schwarze und braune Abdrücke; – „Das Mausoleum Kaiser Leopold’s II.“, nach F. Zauner (gr. Fol.); – „Zwei Ansichten einer Höhle“, nach C. du Bois (gr. Qu. Fol.); – *„Die Ansicht des Praters in Wien“, nach C. Duvivier (Qu. Fol.); – **„Zwei Blumenstücke“, nach J. van Huysum, eines der Fürstin von Czernin, das andere der Fürstin Liechtenstein gewidmet. Beide aus dem Jahre 1806 und zu den schönsten Blättern des Künstlers zählend (Qu. Fol.); das eine dieser Blätter ist das Gegenstück zu Earlom’s „Fruit and flower pieces“. Von den meisten der angeführten Blätter gibt es Abdrücke vor der Schrift, aber sie sind selten und stehen gut im Preise. Auch sonst kommen Pichler’s Blätter in guten Abdrücken nicht häufig vor.

Oesterreichische Annalen für Literatur u. s. w. (Wien, Doll, 8°.) 1810, Bd. IV, October, S. 150. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibl. Inst., gr. 8°.) Zweite Abtheilung. Bd. III, S. 1114, Nr. 4. – Tirolisches Künstler-Lexikon oder kurze Lebensbeschreibung jener Künstler, welche geborne Tiroler waren u. s. w. (Innsbruck 1830, Felician Rauch, 8°.) S. 184. – Staffler (Johann Jac.). Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, 8°.) Bd. II, S. 870.