BLKÖ:Bayer-Bürck, Marie

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Bayer, Joseph August
Band: 1 (1856), ab Seite: 195. (Quelle)
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Bayer-Bürck, Marie (dramat. Künstlerin, geb. zu Prag 1821). Sie ist die Tochter des geachteten Schauspielers an der Prager ständischen Bühne, Frz. Rud. Bayer (s. d.), und debutirte ebendas. im J. 1836 als Dorothea in „Herrman und Dorothea.“ Ihre erste künstlerische Anleitung erhielt sie von ihrem Vater. Von 1838 an war sie durch drei Jahre Mitglied des k. Theaters zu Hannover. Auf Tiecks Veranlassung gastirte sie 1839 u. 1840 in Dresden, und nachdem der berühmte Dramaturg auf ihr Engagement drang, betrat sie 1841 als engagirtes Mitglied die Dresdner Bühne. Die Triumphe, welche sie in Dresden feierte, waren nur der Anfang aller jener, welche sie während ihrer Gastspiele auf allen größeren Bühnen Deutschlands errang. Im J. 1849 vermälte sich die Künstlerin mit dem Schriftsteller Dr. August Bürck, den das traurige Geschick traf, von einer Geisteskrankheit befallen zu werden. In den JJ. 1851–56 gastirte sie auf dem Wiener Hoftheater und entzückte das Publicum durch die Anmuth und Classicität ihres Spieles, das sich in Grillparzers: „Des Meeres und der Liebe Wellen,“ in dem sie die Rolle der Hero spielt, bis zur höchsten Vollendung steigerte. Eine andere merkwürdige Doppelleistung der großen Künstlerin ist die Rolle der „Eboli“ und der „Königin Elisabeth“ in SchillersDon Carlos,“ in welchen beiden Rollen die Meisterschaft ihres Spieles immer die Theilnahme des Zusehers für jene Rolle weckt, welche sie eben spielt. Zu den Glanzpartien ihres Repertoirs zählen überdies die „Eleonore“ in Goethe’s: „Tasso;“ die „Iphigenie,“ im gleichnamigen Drama Goethe’s; die „Königin Christine“ und „Königin Mathilde“ in Laube’s „Monaldeschi“ und „Struensee;“ die „Kleopatra“ in „Antonius und Kleopatra;“ die „Imogena“ in „Cymbelin“ von Shakespeare; [196] die Titelrolle in Freitags „Valentine,“ die „Julie“ in Gutzkows „Werner“ und in Devrients „Fabrikant“ und die „Maria Stuart.“ Einfachheit, Wahrheit und Schönheit sind die Grundbedingungen ihres die Zuseher bewältigenden Spieles, und in diesen Worten conzentrirt sich auch die Anleitung, welche sie von ihrem Vater erhalten. Als sie in Dresden die „Antigone“ spielen sollte und von der Größe des griechischen Werkes im ersten Augenblicke niedergebeugt, Rath bei ihrem Vater suchte, erhielt sie von ihm auf ihre Anfrage, wie die Rolle zu spielen, die Antwort: „So einfach als möglich.“ Am nächsten der Künstlerin stehen die echt weiblichen Figuren Goethe’s, wie Leonore, Iphigenie, welche beide Rollen, vereint mit Grillparzers „Hero,“ das Dreiblatt dramatischer Darstellung in ihrer höchsten Vollendung bilden. Die hohe Begabung dieser Künstlerin kann nur in Deutschland ganz erfaßt werden, denn Frau Bayer-Bürck ist die Repräsentantin des eigentlichen deutschen Frauencharakters, dem zunächst sie die südländischen am wahrsten durchführt; hingegen minder glücklich ist sie in den französischen. Ihre Mimik verräth tiefes Studium und ihr stummes Spiel ist der lebendigste Ausdruck incarnirten Schönheitsinns. – Treffend bezeichnen aber die „Blätter für Musik, Theater und Kunst“ die krankhafte Bewegung der Gesichtsmuskeln und das allzuhäufige Augenspiel für „Sommerflecken“ an diesem sonst vollendeten Gebilde der Kunst. In Schlodtmanns „Album“ schrieb die Künstlerin den ihr Spiel charakterisirenden Spruch:

All unser redlichstes Bemüh’n
Glückt nur im unbewussten Momente;
Wie möchte die Blume blüh’n,
Wenn sie der Sonne Herrlichkeit erkennte.

Dresden, März 1852.

Ihre Schrift ist fest, jeder Zug – Haar- und Schattenstrich – athmet, im Gegensatz zu obiger Devise, Bewußtsein, Energie und Charakter.

Illustrirte Zeitung (Leipzig, Weber, Fol.) 1854, mit Holzschn. – Friedenszeitung 1850, Nr. 115: „Kritik der Kritik, Madame Bayer-Bürck und der Kunstmord“ von de Cusa. (Wird hier als kritisches Kuriosum angeführt) – Jahreszeiten (Hamburg, gr. 8°.) Jahrg. 1851: „Zwei deutsche Künstlerinnen.“ Aus d. Tagebuche eines Touristen. – Blätter für Musik, Theater u. Kunst. Herausg. von L. A. Zellner (Wien 1856, 4°.) II. Jhrg. Nr. 34: „Etuden für Schauspieler. Fr. Bayer-Bürck u. Hr. Levassor.“ – Porträte: C. Nauman del. A. H. Payne sct. (Leipzig, engl. Kunstanstalt). Unterschrift: Marie Bayern, kön. sächs. Hofschauspielerin. – Ein anderes: Unterschrift: Marie Bayer-Bürck (Facsimile) Kriehuber 1853. Gedruckt bei J. Rauh (Wien, Paterno, Fol.). – Ebenso: Unterschrift: Facsimile des Namens. Lithogr. und gedruckt bei Fr. Hanfstängl in Dresden. (Fol.)