BLKÖ:Höfken, Gustav
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 9 (1863), ab Seite: 99. (Quelle) | |||
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Höfken, Gustav (national-ökonomischer Schriftsteller, geb. zu Hattingen [100] in der Grafschaft Mark 14. Juli 1811). Seinen ersten Unterricht erhielt er in der Volksschule seines Geburtsortes, dann auf der Bürger- und Gewerbeschule zu Hagen. Im Alter von 17 Jahren trat er in das preußische Pionnier- und Ingenieurcorps ein und bildete sich für dasselbe in der vereinigten Ingenieur- und Artillerieschule in Berlin aus. In seinem Berufe öfter die Garnison wechselnd, lebte er zu Köln, Berlin, Luxemburg, Coblenz, begann aber, von der Leerheit des militärischen Treibens wenig erbaut, national-ökonomische Studien, welche, jemehr er sich in dieselben vertiefte, wenig dazu angethan waren, seine Neigung für den Stand, in dem er diente, zu verstärken und ihn in den politischen Verhältnissen seines Vaterlandes ein Heil für dasselbe entdecken zu lassen. Sein Unmuth machte sich Luft in einer zu Sayn öffentlich gehaltenen Rede, welcher rasch auf dem Fuße Untersuchung und Verurtheilung folgten. Während der Zeit seiner Haft auf dem Ehrenbreitstein betrieb er eifrigst das Studium der spanischen Sprache. Freigeworden ging H. nach Spanien, um in den Reihen der Christino’s zu kämpfen, diente etwas über ein halbes Jahr als Freiwilliger im Generalstabe in Navarra und den baskischen Provinzen, ging dann nach Madrid, welches er nach mehrmonatlichem Aufenthalte verließ, und über Andalusien, Portugal, Holland in sein deutsches Vaterland zurück. Nun wirkte er als Publizist und seine in deutschen Zeitungen erschienenen Artikel brachten ihn wieder in Conflict mit der preußischen Regierung, welche ihn, als er im Frühlinge 1838 nach Berlin sich begab, um dort die akademische Laufbahn zu betreten, verhaften ließ und eine langwierige Untersuchung gegen ihn einleitete. Die Muße seiner unfreiwilligen Haft benützte er zur Herausgabe seiner „Tiracinaden“. Wieder freigeworden begab er sich vorerst nach Erlangen, später nach München, und eben im Begriffe in Augsburg sich an der „Allgemeinen Zeitung“ zu betheiligen, erhielt er, Anfang 1841, den Antrag, die Redaction der „Rheinischen Zeitung“ zu übernehmen, welchen er annahm, aber schon nach wenigen Monaten die Redaction niederlegte. Nun unternahm er eine längere Reise durch das westliche Europa, trat darauf bei der Redaction der „Allgemeinen Zeitung“ in Augsburg ein, welche Stelle aber er auch schon nach wenigen Monaten aufgab. Nun war er mehrere Jahre schriftstellerisch thätig (H.’s im Drucke erschienenen Werke folgen unten), bis er im J. 1847 an der Redaction der „Deutschen Zeitung“, aber auch nur für ein halbes Jahr, theilnahm. Anfangs 1848 habilitirte er sich zu Heidelberg und begann social-ökonomische Vorlesungen zu halten, als die Märzereignisse hereinbrachen und auch H. auf ein anderes Gebiet riefen; er wurde von dem Kreise Hagen in die deutsche Nationalversammlung gewählt. In der Paulskirche im Centrum sitzend, suchte er auf wirthschafts-politischem Felde vermittelnd zu wirken, war auch im völkerrechtlichen Ausschuß für die Integrität der Reichsgrenzen thätig. In Frankfurt hatte Bruck den tüchtigen Publizisten kennen gelernt und in ihm den Mann erkannt, der in Neuösterreich weiten Spielraum für eine zweckentsprechende Thätigkeit finden konnte. Bruck berief H. nach Auflösung der Nationalversammlung nach Wien, verlieh ihm die Stelle eines Ministerialsecretärs im Handelsministerium (October 1849), worauf er 1850 zum Sectionsrathe befördert wurde, in welcher Eigenschaft er auch nach Auflösung des Handelsministeriums zu jenem der Finanzen [101] in Verwendung kam. Unter Bruck war H. unablässig für die handelspolitische Einigung Mitteleuropa’s thätig. Schon sein erster Artikel über die österreichisch-deutsche Zoll- und Handelseinigung vom 26. October 1849 in der „Wiener Zeitung“ erregte allgemeines Aufsehen, und den „Denkschriften“ des Handelsministers von Bruck vom 30. December 1849 und 30. Mai 1850 folgten zahlreiche Artikel aus H.’s Feder in der damals von ihm redigirten Zeitschrift „Austria“, in der „Allgemeinen Zeitung“, in der Cotta’schen „Deutschen Vierteljahrsschrift“ u. dgl. m. Seit Bruck’s geheimnißvollem, ebenso im Hinblicke auf die deutsche Frage wie auf die Neugestaltung des Kaiserstaates unersetzlichen Hingange scheint Höfken’s ungewöhnlich schöpferische Kraft und seltene geistige Begabung weniger gewürdigt zu werden, was, da der Vorrath an Männern dieser Art nicht zu groß, sehr zu beklagen ist. Höfken’s Schriften, soweit sie dem Herausgeber bekannt geworden – denn mehrere seiner amtlichen Arbeiten sind ohne seinen Namen im Drucke erschienen – sind: „Tirocinium eines deutschen Offiziers in Spanien“. 4 Bde. (Stuttgart 1841/1842, Cotta, 8°.); – „Der deutsche Zollverein in seiner Fortbildung“ (ebd. 1842, gr. 8°.); – „Erweiterung des deutschen Handels und Einflusses durch Gesellschaften, Verträge und Ansiedelung. Mit besonderer Beziehung auf die Errichtung einer süddeutschen Handels- und Colonisationsgesellschaft“ (ebd. 1842, gr. 8°.), Separatabdruck aus der „Deutschen Vierteljahrsschrift“; – „Belgien in seinem Verhältniss zu Frankreich und Deutschland mit Bezug auf die Frage der Unterscheidungszölle für den Zollverein“ (ebd. 1845, gr. 8°.); – „Englands Zustände, Politik und Machtentwickelung. Mit Beziehung auf Deutschland“. 2 Theile (Leipzig 1846, G. Mayer, gr. 8°.); – „Vlaemisch-Belgien“. 2 Bände (Bremen 1847, Schlodtmann, gr. 8°.); – „Deutsche Auswanderung und Kolonisation mit Hinblick auf Ungarn“ (Wien 1850, Gerold, gr. 8°., mit 1 Plan in 4°.), welche Schrift H. als Mitglied der Ministerialcommission für die Colonisation Ungarns ausarbeitete; – „Ueber das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften mit Bezug auf die Neugestaltung des höheren Unterrichtes und die Staatsprüfung in Oesterreich“ (Wien 1851, Jasper, gr. 8°.). In neuester Zeit erschien, nur unter Angabe der Anfangsbuchstaben seines Namens, die Schrift: „Die österreichischen Finanzprobleme bezüglich Bank, Valuta und Deficit“ (Leipzig 1862, F. A. Brockhaus), deren Zweck es ist, darzuthun, daß erst nach Herstellung der Valuta der Staatshaushalt geordnet werden könne, und worin H. die neuesten ministeriellen Finanzvorlagen einer eingehenden Würdigung unterzieht. Höfken, unbedingt einer der bedeutendften Publizisten unserer Zeit, ein energischer, sicherer und zuverlässiger Charakter, ist eine zum Organisiren, Aufbauen und Beherrschen und zum Zusammenhalten geborene Natur. Seine Leistungen im Handelsfache sind von der wissenschaftlichen Kritik als werthvolle Ergebnisse gründlicher, vielseitiger Studien, tiefen Einblicks in die Verhältnisse verschiedener Länder bezeichnet worden. H. ist Vertheidiger der Schutzzölle und Anhänger Friedrich List’s. H. ist auch Mitglied der theoretischen Staatsprüfungscommission, ferner des Verwaltungsrathes der österreichischen Creditanstalt für Handel und Gewerbe und der galizischen Karl Ludwigs-Bahn. In jüngster Zeit wurde in den Blättern gemeldet, daß H. aus dem österreichischen Staatsdienste ausgeschieden sei.
- Brockhaus, Conversations-Lexikon (10. Aufl.) Bd. VIII, S. 1. – Ergänzungen zu [102] sämmtlichen Auflagen von Pierer’s[WS 1] Universal-Lexikon … (Altenburg 1855, H. A. Pierer,[WS 2] gr. 8°.) Bd. I, S. 447. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, bibliographisches Institut, gr. 8°.) III. Supplementband, S. 1471. – Nouvelle Biographie générale … publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850, 8°.) Tom. XXIV, Sp. 854. [Daselbst wird er irrig Hoelfken genannt.] – Parlaments-Album. Autographirte Denkblätter der Mitglieder des ersten deutschen Reichstages (Frankfurt a. M. 1849. S. Schreiber, kl. 8°.) Bl. 31. – Die Jahreszeiten (Hamburger Unterhaltungsblatt, schm. 4°.) Jahrg. 1851: „Menschen und Gegenden. Reise-Erinnerungen von C. A. Schloenbach. I. Aus Holland und vom Rhein. – Porträt. Vor dem ersten Bande seines Werkes: „Vlaemisch-Belgien“ befindet sich Höfken’s lithogr. Porträt.