BLKÖ:Holzbauer, Ignaz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Holzapfel, Theodor
Band: 9 (1863), ab Seite: 245. (Quelle)
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Holzbauer, Ignaz (Tonsetzer, geb. zu Wien 1711, gest. zu Mannheim 7. April 1783). Eines Lederhändlers Sohn, der sich nach des Vaters Wunsch zum Rechtsgelehrten heranbilden sollte; aber früh erwachte seine Neigung zur Musik, die er nur auf Umwegen ausbilden konnte. So z. B. schrieb er für die [246] Sängerknaben bei St. Stephan kleine Comödien, diese wieder unterrichteten ihn, der eine im Clavierspiel, der andere in der Violine u. s. w. Zugleich studirte er heimlich den Gradus ad Parnassum, von J. J. Fux [Bd. V, S. 41] und auf diese Art mit dem Theoretischen der Tonkunst bekannt geworden, begann er zu componiren. Als er seine Arbeiten Fux zeigte, rieth ihm dieser nach Italien zu gehen. Da fügte es sich, daß Graf Thurn Gefallen an seinem Gesange fand und ihn zu seinem Secretär, doch nur dem Namen nach, und eigentlich zu seinem Musikus ernannte. Als Graf Thurn nach Laibach reiste, folgte ihm H. dahin, blieb aber nicht lange beim Grafen, sondern reiste mit einem jungen Arzte nach Venedig, wo er aber erkrankte und leidend nach Wien zurückkehrte. Indessen war es dem Sohne gelungen, den Vater umzustimmen, und H. konnte sofort sich der Musik ausschließlich zuwenden. Nun ging er als Capellmeister des Grafen Rottal nach Mähren, wo er dessen italienische Oper dirigirte, dort aber auch seine künftige Lebensgefährtin fand, die eine gute Sängerin war. Im Jahre 1745 wurde H. als Capellmeister und seine Frau als Sängerin am Hoftheater in Wien angestellt. 1747 unternahm er mit seiner Frau eine Kunstreise nach Italien, wo sie sich drei Jahre aufhielten und in den bedeutenderen Städten auftraten. 1750 folgte er einem Rufe nach Stuttgart, wo er fleißig componirte. Eine im Jahre 1753 auf dem Hoftheater zu Schwetzingen zur Aufführung gebrachte Oper von ihm fand solchen Beifall, daß er als Capellmeister nach Mannheim berufen wurde. Auf einer neuerdings 1756 unternommenen Reise nach Italien besuchte er Rom, um die päpstliche Capelle kennen zu lernen, folgte 1757 einer von Turin an ihn ergangenen Einladung dahin, um die für die königliche Bühne componirte Oper „Nitetti“ zur Aufführung zu bringen. Die Rückreise nach Mannheim legte er über Paris zurück. 1759 begab er sich aus ähnlichem Anlasse nach Mailand. Spätere Anträge italienischer Bühnen schlug er altershalber aus und blieb nunmehr beständig in Mannheim, wo im hohen Alter sein Gehör so geschwächt wurde, daß er die tiefen und starken Töne nicht wohl zu ertragen im Stande war. Uebrigens blieb er bis an seinen im 72. Jahre erfolgten Tod regen Geistes und begann kurz vorher sein Requiem zu componiren, ohne jedoch es vollendet zu haben. H. war ein sehr fleißiger Compositeur und soll mehr als 300 Werke, darunter allein 205 Symphonien und Concerte, geschrieben haben. Seine in früherer Zeit während seines Aufenthaltes in Wien componirten Opern, Operetten und Ballete schätzte er selbst als unreife Jugendarbeiten und brachte sie nie zur Aufführung. Aber von der Zeit seines Aufenthaltes in Stuttgart entwickelte er anhaltenden Fleiß und schrieb für die Kirche wie für die Kammer. Von seinen größeren Arbeiten sind zu nennen, die Opern: „Il figlio delle selve“, in Schwetzingen 1753 dargestellt; – „Issipile“, mit welcher Oper er seine Capellmeisterstelle in Mannheim im nämlichen Jahre antrat; – „L’isola disabitata“ und „Don Chisciotto“; – „Nitetti“, zu Turin für die königliche Bühne geschrieben und unter seiner Leitung 1757 aufgeführt; – „Alessandro nelle Indie“, 1758 für Mailand geschrieben, wo sie dreißig Mal hintereinander mit großem Beifalle gegeben wurde; – „Ippolito e Arricia“, 1768, – „Adriano in Siria“, 1772; – „Günther von Schwarzburg“, 1776, die einzige deutsche Oper, [247] welche H. geschrieben; – „La morte di Dido“, Melodram, 1779; – „La clemenza di Tito“, „Le nozze di Arianna e di Baco“ und „Tancredi“, 1782; – die Oratorien: „Isacco“und „La Betulia liberata“, beide zur Zeit seines Aufenthaltes in Stuttgart 1750–1753 geschrieben; – „La morte di Gesu“, „La Giudita“, „Il giudizio di Salmone“, 1776. Außerdem viele Messen, Motetten, Misereres u. dgl. m. Seine letzte Arbeit war eine Messe nach dem Texte des Hofkammerrathes von Kohlenbrenner. Von seinen Symphonien sind 21 in 4 Abtheilungen 1770 zu Paris im Stiche erschienen. H. zählt zu der kleinen Anzahl der gelehrten und sehr unterrichteten Musiker. Den Horaz wußte er auswendig. Er las die lateinischen, deutschen und italienischen Dichter, und Stellen, die ihm entweder zu Herzen gingen oder Trost boten, zeichnete er aus und man fand in seinem Nachlasse eine Blumenlese solcher Aussprüche verschiedener Schriftsteller unter dem Titel: „So denkt der Mensch und Christ“; außerdem verschiedene Entwürfe zu Musikinstituten, wie er denn überhaupt viel mit dem Unterrichte der Jugend und der Bildung junger Künstler in der Musik sich beschäftigte. Was seine Compositionen betrifft, so besteht nach dem Ausspruche von Kennern der Hauptvorzug derselben in der innigen Verschmelzung einer ausdrucksvollen und fließenden Melodie mit der strengsten harmonischen Reinheit des Satzes, oder wie einer seiner Biographen treffend bemerkt: „in der mit welscher Anmuth colorirten Deutschheit“. Ueberdieß ist er im dramatischen Style glücklicher als im kirchlichen.

Musikalische Correspondenz. October 1790, S. 107 u. 132. – Leipziger musikalische Zeitung 1804, S. 273. – Gerber (Ernst Ludwig), Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1790. J. G. J. Breitkopf, Bd. I, Sp. 661 [nach diesem geb. 1718]; – Derselbe, Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1812, Kühnel, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 716. – Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Eduard Bernsdorf (Dresden, Schäfer, gr. 8°.) Bd. II, S. 438. – Ersch und Gruber, Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, II. Sect, 10. Thl. S. 130. – Nouvelle Biographie générale … publiée par Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris, 8°.) Tome XXV, p. 13.Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex. 8°.) S. 440.[BN 1]

Berichtigungen und Nachträge

  1. * Holzbauer, Ignaz [Bd. IX, S. 245].
    Handschr. biogr. Notizen und Verzeichniß seiner Compositionen im Archiv u. s. w., wie bei Haas. [Band 26, S. 394]