BLKÖ:Kurrer, Wilhelm Heinrich Jacob von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 13 (1865), ab Seite: 419. (Quelle)
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Kurrer, Wilhelm Heinrich Jacob von (Chemiker und Industrieller, [420] geb. zu Langenbrand im Schwarzwalde 8. Juni 1782, gest. 28. December 1862). Sein Vater Philipp Heinrich von K. (gest. 1827) war Decan zu Reutlingen und durch seine lateinischen Poesien in gelehrten Kreisen ehrenvoll bekannt. Da die Mittel des Vaters nicht langten, den Sohn die gelehrte Laufbahn betreten zu lassen, kam dieser, 16 Jahre alt, in das Comptoir der Bodmer’schen Kattunfabrik zu Großenhain in Sachsen. Dort aber betrieb er, während seine praktische Ausbildung im Mercantilgeschäfte fortschritt, mit großem Eifer chemische Studien im nächsten Hinblick auf sein Geschäft, und erwarb sich durch rastloses Studium solche Kenntnisse, daß er, obgleich erst 20 Jahre alt, bereits zu den tüchtigsten und fleißigsten Mitarbeitern der von Hermbstädt zu jener Zeit herausgegebenen verschiedenen chemisch-technologischen und industriellen Journale und Magazine zählte. Vornehmlich war es das bis dahin ziemlich brachgebliebene Feld der Druck- und Färbekunst, welches K. mit Erfolg pflegte. So arbeitete K. viele Jahre für die besseren deutschen technischen Journale im Fache des Bleichwesens, der Druck- und Färberei; hatte, als er später zur Leitung der damaligen größten deutschen Kattunfabrik von Schöppler und Hartmann in Augsburg dahin übersiedelte, wesentlichen Antheil an der Begründung des von Dingler herausgegebenen polytechnischen Journals; gab mit diesem zugleich und mit K. W. Juch das „Journal für Druck-, Farbe- und Bleichkunst“ heraus, welches vom 3. Bande an den Titel: „Neues Journal für die Indiennen- und Baumwollendruckerei, der Leinen-, Seiden- und Wollenzeugdruckerei“ u. s. w. führte, wovon (1815 bis 1822) 4 Bände erschienen sind; besorgte, und zwar auch mit Dingler 1818 eine Uebersetzung des berühmten Bonkraft’schen englischen Färbebuches in 2 Theilen, es mit schätzenswerthen, für den Fachmann wichtigen Anmerkungen begleitend; und ließ diesem Werke 1824 eine gleichfalls mit Dingler ausgeführte Bearbeitung von Vitalis’ „Grundriß der Färbekunst“ folgen. Für die zu jener Zeit in’s Leben gerufene Ersch und Gruber’sche „Encyklopädie der Wissenschaften und Künste“ lieferte er auch mehrere Artikel aus den genannten Fächern, in welchen er sich als ebenso tüchtiger Theoretiker wie Praktiker seines Faches bewährte. Allein aber veröffentlichte er noch während seines Aufenthaltes in Deutschland die Schrift: „Die Kunst, vegetabilisch-animalische und rein animalische Stoffe zu bleichen“ (Nürnberg 1831, gr. 8°., mit Taf.). Im Jahre 1832 übersiedelte K. nach Oesterreich, und zwar folgte er dem Rufe der Gebrüder Porges in Prag, welche ihm die Leitung ihrer großartigen Kattunfabrik, von welcher wichtige Impulse für diesen Zweig der Prager Industrie ausgingen, übertrugen. An zwölf Jahre war K. auf diesem Posten thätig; im J. 1844 zog er sich von der Fabrication zurück, um sich fortan einem technisch-chemischen Institute, dessen Gründung K. beabsichtigte, zu widmen, und so lebte er bloß wissenschaftlichen Beschäftigungen. Außer den bereits angeführten, Schriften sind noch von K. erschienen: „Geschichte der Zeugdruckerei, der dazugehörigen Maschinen und Hilfswerkzeuge und der Erfindungen im Gebiete des Kolorits für Baumwollen-, Leinen-, Seiden- und Schafwollendruck“ u. s. w. (Nürnberg 1840, gr. 8°.), eine Arbeit, in welcher ihn auch sein Schwiegersohn Karl Jos. Kreutzberg [s. d. S. 204 d. Bds.] unterstützte; – „Das Bleichen der Leinwand und der leinenen Stoffe in den europäischen Ländern, [421] von dem Standpuncte der Wissenschaft und der praktischen Erfahrungen beleuchtet“ (Braunschweig 1850, Vieweg und Sohn, gr. 8°., mit Abbildungen, 2. durch einen Nachtrag vermehrte Aufl. ebd. 1854); – „Die Druck- und Färbekunst in ihrem ganzen Umfange“ u. s. w., 3 Bde. (Wien 1848–1850, Gerold, gr. 8°.); – „Das neue Verfahren, Leinwand und leinene Stoffe zu bleichen, wie es zu Blaubeuern im Königreiche Württemberg eingeführt ist“ (Braunschweig 1854, gr. 8°.); – „Das Neueste oder die neuesten Entdeckungen und Erfindungen in dem Gebiete der Druck- und Färbekunst“ (Berlin 1858, Gruber, gr. 8°.); – „Ueber kieselsaure Verbindungen (Wasserglas) und deren vortheilhafte Verwendung in der Druck- und Färbekunst, sowie zum Schwermachen, Verdichten, Appretiren u. s. w. verschiedener Webestoffe“ (Zwickau 1857, gr. 8°.). K., auf seinem Gebiete eine Specialität, war von mehreren Industrie-Vereinen zum Ehrenmitgliede erwählt, und bereits im Jahre 1823 von der staatswissenschaftlichen Facultät der Universität Landshut zum Doctor graduirt worden. Er starb im hohen Greisenalter von 82 Jahren.

Wiener Zeitung 1862, Nr. 299, S. 722 [nach dieser Mittheilung ist er zu Chemnitz in Sachsen gestorben]; – dieselbe 1863, Nr. 6, S. 58 [nach dieser Notiz ist er zu Zwickau gestorben]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. VI, Suppl, S. 528. – Wigand’s Conversations-Lexikon (Leipzig, Otto Wigand, gr. 8°.) Bd. VII, S. 774. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIV, 1. Abtheilg, S. 640.