BLKÖ:Leydolt, Franz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 54. (Quelle)
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Leydolt, Franz (Naturforscher, geb. zu Wien 15. Juli 1810, gest. zu Neu-Waldegg bei Wien 10. Juni 1859). Der Sohn eines Seidenzeugfabricanten, der anfänglich dem Geschäfte seines Vaters sich widmete und von 1817 bis 1824 die Sammt-, Seide- und Dünntuchfabrication erlernt hatte. Nun aber seinem inneren Drange folgend, begann er seine wissenschaftliche Ausbildung, vollendete in Wien die philosophischen, dann die medicinischen Studien und erlangte 1837 die medicinische Doctorwürde. In der Zwischenzeit, im J. 1834, bereiste L. mit dem berühmten Mineralogen Mohs die Aerarial-Metall- und Salinenwerke des Kaiserstaates. Am 2. April 1838 wurde er unter Prof. Freiherrn von Jacquin [Bd. X, S. 23] Assistent der Lehrkanzel der Botanik an der Wiener Hochschule, erhielt am 13. October 1843 die provisorische Lehrkanzel der allgemeinen Geographie und der Naturkunde an der Realschule des Wiener polytechnischen Institutes und am 23. April 1845 die Supplirung des Lehramtes der allgemeinen Naturgeschichte an der Wiener Hochschule. Am 16. August 1847 wurde L. zum ordentlichen Professor der Mineralogie und Geognosie am k. k. polytechnischen Institute, der Naturgeschichte und Geographie an der Realschule [55] ernannt. In der Zeit von 1838 bis 1847 fungirte L. überdieß auch als Secretär der k. k. Gartenbau-Gesellschaft und trug den Officieren der kais. türkischen Garde Naturgeschichte vor. Die Professur am k. k. Polytechnicum bekleidete L. bis zu seinem Tode. Am 2. Juli 1853 erfolgte seine Ernennung zum correspondirenden, am 29. October 1855 zum wirklichen Mitgliede der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Noch ist zu bemerken, daß auf ihn die Wahl fiel, dem damaligen kaiserlichen Prinzen Erzherzog Franz Joseph, den Herren Erzherzogen Ferdinand Max und Karl Ludwig und der kais. Prinzessin Elisabeth, jetzigen Herzogin von Brabant, Unterricht in der Naturgeschichte zu ertheilen. In seinem Fache auch schriftstellerisch thätig, hat L. folgende Werke veröffentlicht: „Die Plantagineen in Bezug auf die naturhistorische Species“ (Wien 1837, mit i Tafel, gr. 8°.), erschien zuerst als Inaugural-Dissertation und später bei J. B. Wallishausser als separate Abhandlung; – „Anfangsgründe der Zoologie“ (Wien 1850; 2. Aufl. 1852; 3. Aufl. 1858, Gerold, 8°.); – in Gemeinschaft mit A. Machatschek: „Anfangsgründe der Mineralogie“ (Wien 1853, 2. Aufl. 1859, Gerold, 8°.); – in den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, mathemat.-naturwissensch. Classe: „Beiträge zur Kenntniß der Krystallform und Bildungsart des Eises“ (Bd. VII, S. 477) [nicht, wie es in der „Feierlichen Sitzung 1860“ durch einen störenden Druckfehler (S. 161) steht: des Eisens]; L. gibt darin wichtige Aufklärungen über die Eisbildung, zeigt, daß jede Eisdecke als homogenes Ganzes betrachtet werden muß, das aus einer Vereinigung von Prismen besteht, die sich sämmtlich in paralleler Stellung befinden, daß ferner bei allen im Eise wie in allen krystallisirten Körpern befindlichen Höhlungen die gleichnamigen Flächen einander parallel sind; die dieser Abhandlung beigefügten Versuche über Kugelbildungen hat L. leider nicht fortgesetzt; – „Ueber Krystallbildung im gewöhnlichen Glase und in den verschiedenen Glasflüssen“ [Bd. VIII, S. 261), darin berichtigt L. mehrere bisherige Vorstellungen über die Natur des Glases in den wesentlichsten Puncten. Während man sich nämlich bis dahin das Glas als einen vollkommen amorphen, wenn auch zuweilen nicht in allen Puncten homogenen Körper vorstellte und dasselbe sogar stets als Typus für diese Art der Anordnung der Materie aufgestellt wurde, zeigte L., daß vielleicht jedes Glas aus einer amorphen Masse besteht, in der durchsichtige und ebenfalls farblose, daher nicht unmittelbar wahrnehmbare Krystalle eingelagert sind, die er durch Aetzen sichtbar machte. In manchem glasartigen Körper sind diese Krystalle sichtbar, weil sie anders gefärbt als die Hauptmasse und undurchsichtig sind. Auch diese wichtigen Arbeiten hat L. nicht zu Ende geführt und die von ihm am Schlusse der Abhandlung gestellten Fragen harren ihrer Beantwortung; – „Ueber eine neue Methode, die Structur und Zusammensetzung der Krystalle zu untersuchen, mit besonderer Berücksichtigung der Varietäten des rhomboëdrischen Quarzes“ (Bd. XV, S. 58 u. 81, mit 5 Taf.); – „Ueber die Structur und Zusammensetzung der Krystalle des prismatischen Kalkhaloids, nebst einem Anhange über die Structur der kalkigen Theile einiger wirbelloser Thiere“ (Bd. XIX, S. 10, mit 9 Taf.), diese und die vorgenannte Abhandlung sind Fortsetzungen seiner Beobachtungen über [56] die Krystallbildung im gewöhnlichen Glase und liefern Nachweise, wie durch das Aetzen der Flächen unsere Kenntniß über die Anordnung der Materie in den Krystallen wesentlich erweitert werde; – „Ueber den Meteorstein von Borkut“ (Bd. XX, S. 398); – in den Berichten über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien: „Vortrag über die merkwürdige zwillingsartige Zusammensetzung des Ankerits“ (Bd. l [1846], S. 115); – „Ueber die merkwürdige Bildung des Schriftgranits“ (ebd. S. 55); – „Ueber ein neues Vorkommen des Olivenits“ (Bd. IV [1848], S. 251); – in dem Jahrbuche der k. k. geologischen Reichsanstalt: „Eine neue Methode, die Achate und andere quarzähnliche Mineralien naturgetreu darzustellen“ (Bd. II [1851], S. 124, mit 6 Tafeln), L. zeigte in derselben, daß die Achate aus heterogenen Schichten bestehen, die von verdünnter Flußsäure ungleich stark angegriffen werden, indem die schwer auflösbaren aus krystallisirter, die viel leichter löslichen aus amorpher Kieselsäure bestehen, und daß so die Structur dieser Bildungen nicht nur ermittelt, sondern auch ein Bild derselben durch den unmittelbaren Abdruck solcher geätzter Platten erhalten werden kann. Von solchen geätzten Platten wurden in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei auf galvanoplastischem Wege sehr gelungene Abdrücke in Kupfer ausgeführt, die dann zur weiteren Vervielfältigung dienten; – „Neue Methode, die Structur und Zusammensetzung der Krystalle und organischen Naturproducte überhaupt zu untersuchen“ (Bd. V [1854]); – „Untersuchungen über den Glimmer“ (Bd. VI). Auch gab Leydolt auf seines Lehrers Mohs Wunsch nach dessen Tode das Werk desselben heraus: „Die ersten Begriffe der Mineralogie und Geognosie, für junge praktische Bergleute der k. k. österreichischen Staaten“, 2 Theile (Wien 1842, Gerold, 8°., mit 34 Tafeln), und hatte mit Wilhelm Fuchs, Georg Haltmayer und Gustav Rösler Antheil an dem zur Enthüllungsfeier des Mohs zu Ehren im Joanneumsgarten zu Gratz aufgestellten Monumentes veröffentlichten biographischen Versuche: „Fr. Mohs und sein Wirken in wissenschaftlicher Hinsicht“ (Wien 1843, gr. 8°.). Ein nicht geringes Verdienst erwarb sich endlich L. als Lehrer um die an den Anstalten seines Lehramtes befindlichen wissenschaftlichen Sammlungen; so nahm er 1845 bis 1847 eine neue Aufstellung und Revision der im k. k. Stadtconvicte befindlichen Mineralien-Sammlung vor, und seit er am Polytechnicum lehrte, arbeitete er unausgesetzt an der Herbeischaffung des Materials für die an diesem Institute befindliche Sammlung. Dieses sein Bemühen, die Lehrmittelsammlung am Institute dem gegenwärtigen Zustande der Wissenschaft entsprechend einzurichten, gelang ihm, wie es in der in der kais. Akademie vorgetragenen Gedächtnißrede auf ihn heißt: „in einer alle Erwartungen übertreffenden Weise, so daß man. ohne einen Widerspruch befürchten zu müssen, sagen kann, daß die Mineraliensammlung des Wiener Polytechnicums mit den dazu gehörigen Aufstellungen zur Erläuterung der Terminologie wohl durch keine andere zum Unterricht bestimmte Sammlung übertroffen wird“. Leydolt’s Wirken auf wissenschaftlichem Gebiete ist zwar kein großartiges, aber, wie sein Nekrologist bemerkt, tragen seine Arbeiten sämmtlich das Gepräge einer originellen Auffassung des Gegenstandes an sich. Nicht getrieben [57] von jener krankhaften Sucht, rasch zu publiciren, die jetzt so manches Talent zeitlich untergräbt, strebte er vielmehr, zu einem wohlbegründeten abgerundeten Resultate zu gelangen und suchte die gestellte Frage, so weit die Mittel der Forschung dieß eben gestatteten, zu einem Abschlusse zu bringen. Als Lehrer war seine Wirksamkeit eine im hohen Maße anregende. Grailich, Hannimann, Machatschek waren seine Schüler. In der Vollkraft seines Lebens, im Alter von 49 Jahren, wurde er dem Lehramte und der Wissenschaft entrissen.

Beer (J. G.), Worte der Wahrheit und der Trauer an Professor Dr. Leydolt (Wien 1859, Ueberreiter, gr. 8°.). – Die feierliche Sitzung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften am 30. Mai 1860 (Wien, Staatsdruckerei, 8°.) S. 143 [im Berichte des General-Secretärs der mathem. naturwiss. Classe Dr. Ant. Schrötter] – Oestereichische botanische Zeitschrift (Wien, 8°.) 1859, Nr. 8. – Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt (Wien, 4°.) X. Jahrg., Verhandlungen S. 83. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, J. Ambr. Barth, gr. 8°.) Sp. 1446 [der Umschlag der dritten Lieferung, der zu Nachträgen und Berichtigungen benützt wird, gibt den 11. Juni 1859 als L.’s Todestag an]. – Ostdeutsche Post vom 14. Juni 1859. – Exner (Wilhelm Franz), Das k. k. polytechische Institut in Wien, seine Gründung, seine Entwickelung und sein jetziger Zustand (Wien 1861, 8°.) S. 51, 53, 62, 69. – Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges „Franz Leydolt“, dann folgt mit Cursivlatein: Doctor der Medicin, k. k. Professor der Mineralogie am polytechnischen Institute und suppl. Professor der Naturgeschichte an der k. k. Universität zu Wien. Dem hochverehrten Lehrer die dankbaren Zuhörer des Jahrganges 1845/6, Gabriel Decker (lith.) 1846, gedruckt bei Rauh (Wien, kl. Fol.).