BLKÖ:Littrow, Heinrich Edler von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 284. (Quelle)
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Littrow, Heinrich Edler von (Seemann und Schriftsteller, geb. zu Wien 26. Jänner 1820). Zweiter Sohn des berühmten Astronomen und Directors der Wiener Sternwarte J. J. von Littrow [s. d. S. 286]; erhielt seine erste Erziehung im väterlichen Hause, beendete das Gymnasium in Wien und trat dann in die Marine-Akademie zu Venedig, um sich dem Seedienste zu widmen. Als einer der besten Zöglinge jener Anstalt, wurde er (1840) für das Studium der höheren Astronomie an die Sternwarte in Wien bestimmt, war dort durch einige Monate der Schüler seines Vaters und als dieser 1841 starb, beendete er seine Studien unter dem Nachfolger seines Vaters, dem ältesten Bruder Karl von Littrow [S. 293]. Nun begann er als Seecadet den effectiven Flottendienst auf Kriegsschiffen im adriatischen, mittelländischen Meere, in Syrien, Marocco, Frankreich, Spanien und England. Aus dieser Zeit datiren seine ersten veröffentlichten literarischen Arbeiten, theils Prosa, theils Poesie, Beschreibungen der interessantesten Gegenden, die er auf seinen Reisen besuchte, wie Balbeck (Heliopolis), Jerusalem, theils Novellen aus dem Seeleben, theils lyrische Gedichte, die damals in Glaser’s Zeitschrift „Ost und West“ erschienen. 1845 wurde er zum Professor der deutschen Stylistik und zum Supplenten für Mathematik und Nautik an der Marine-Akademie zu Venedig ernannt, machte dort die Bekanntschaft des deutschen Dichters Heinrich Stieglitz, mit dem ihn bald innige Freundschaft verband. Die Revolution Venedigs im Jahre 1848 führte L. nach Triest, wo er bei der nun eingetretenen Reorganisation der österreichischen Kriegsmarine eine vielfache Verwendung fand. Als Commandant eines Schiffes bei der Blokade-Escadre von Venedig betheiligt, wurde, er nach dem Falle Venedigs mit dem Militär-Verdienstkreuze decorirt. Stieglitz war in Venedig zurückgeblieben und Littrow, der einer der ersten in Venedig nach der Blokade einzog, erkundigte sich nach dem armen Geisteskranken, dieser war aber wenige Tage vor dem Falle der Lagunenstadt gestorben. Obwohl sich L. im Besitze eines Testamentes befand, das ihm den literarischen Nachlaß des Entschlafenen zusicherte, war Alles abhanden gekommen und zerstreut. Manches, aber eben nichts Bedeutendes, wurde in der Folge aus Stieglitz’s Nachlasse veröffentlicht, das Beste ist bisher ungedruckt. Die österreichische Marine war durch die Katastrophe 1848, wie durch einen elektrischen Schlag erschüttert, eine deutsche geworden. L. betheiligte sich am thätigsten, im Vereine mit dem jetzigen Handelsminister Contre-Admiral Baron Wüllerstorf, an der Hebung des neuen Elementes; ein „Deutsches Marine-Wörterbuch“, – „Deutsche tactische und telegraphische Signale“, – ein Werk über „Schiffs-Manoeuvre“ und zahlreiche technische [285] und wissenschaftliche Aufsätze, die theils im „Freihafen“, theils in der „Oesterreichischen constitutionellen Zeitung“ erschienen sind, flossen zu jener Zeit aus seiner Feder. Als Commandant mehrerer Kriegsschiffe bereiste L. bis zum J. 1857 verschiedene Meere, lieferte in dieser Zeit den Entwurf zu einem „Marine-Reglement“, verfaßte das „Handbuch der Seemannschaft“ (Wien 1859, Gerold); – die „Seemännischen Gespräche, italienisch, französisch, englisch und deutsch“ (Wien 1861, Gerold), regulirte den durch eine Ueberschwemmung zerstörten Hafen von Pesaro, wofür man ihn zum Patrizier jener Stadt und zum Commandeur des päpstlichen St. Sylvester-Ordens ernannte; beschäftigte sich mit der Aufnahme des adriatischen Meeres, bei welcher Gelegenheit er im Vereine mit dem k. k. Obersten des Geniewesens Stelczik die ersten, bisher nicht gekannten „colorirten Schichtenkarten“ des Meeresgrundes und dessen „plastische Darstellungen“ lieferte, welche von Kennern verdiente Würdigung fanden. Neben diesen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten vernachlässigte L. keineswegs die Pflege der Poesie und so erschien im Jahre 1857 die zweite Auflage der zuerst im Jahre 1850 veröffentlichten Gedichte „Seemöven“ in einem starken Bande unter dem Titel „Aus der See“. An der Weltumseglung der „Novara“ betheiligte sich L. nur insoferne, als er die beiden Schiffe „Fregatte Novara“ und die Corvette „Karoline“ mittelst des Kriegsdampfers „St. Lucia“, den er commandirte, durch das adriatische Meer, den Pharus von Messina bis auf die Höhe von Palermo schleppte, um so deren Ausfahrt in den Ocean zu beschleunigen. Im Jahre 1857 zum Fregatten-Capitän befördert, übernahm L. die Direction der Handels- und nautischen Akademie in Triest und wirkte dort bis zum Jahre 1863. In dieser Zeit führte er die für Triest noch neuen populär-wissenschaftlichen Abendvorlesungen ein und war einer der thätigsten Gründer des „Schillervereins“ in Triest, eines Institutes, das sich später des mächtigsten Aufschwunges erfreute und jetzt noch tonangebend und glänzend besteht. In diese Periode fällt auch L.’s anonym herausgegebene poetische Schrift: „Von Wien nach Triest. Eisenbahnlectüre in gemüthlichen Reimen“ (Wien 1863), das die Südbahn von Station zu Station in dichterischem Gewande beschreibt. Auch als dramatischer Schriftsteller hat sich L. versucht. Seine Lustspiele „Der Kuss“, – „Eine gute Lehre“ und „Xantippe“ wurden aus vielen Bühnen Deutschlands mit Beifall gegeben, und alle in das Italienische übersetzt, „Xantippe“ sogar in das Englische und Russische. Im Jahre 1859 wurde L. in das Hauptquartier der operirenden Armee in Italien berufen, wo er als Chef des Correspondenz-Bureaus während des ganzen Feldzuges verblieb und seine außerordentliche Mission durch Verleihung des österreichischen Ordens der eisernen Krone belohnt wurde. Im Jahre 1864 wurde L. als Central-Hafencapitän nach Ragusa und später nach Zengg bestimmt und hier vollendete er das in letzterer Zeit erschienene Werk: „Bromy, Die Marine. Unter Berücksichtigung der Fortschritte der Gegenwart und unter Hinzufügung der in Oesterreich gebräuchlichen Terminologie“, eine Umarbeitung des vor Jahren veröffentlichten Werkes des Commodore Bromy[WS 1]. Ressel’s Anrecht auf die Erfindung der Anwendung der Schraube bei Seeschiffen, um welches er und seine Familie von den Engländern und Franzosen auf eine nichtswürdige Weise geprellt wurden, hat L. in dem [286] Schriftchen: „Gutachten über die Priorität J. Ressel’s in der Anwendung des Schraubenpropellers auf die Dampfschifffahrt“ (1862) in Schutz genommen und dargethan.

Presse (Wiener polit. Blatt) 1861, Nr. 61. – Brockhaus’ Conversations-Lexikon, 10. Auflage, Bd. IX, S. 640.

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