BLKÖ:Lodron, Paris Graf (X., auch XI.)

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 378. (Quelle)
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14. Paris Graf L., der X., nach Anderen der XI. dieses Namens (Fürst und Erzbischof von Salzburg, geb. zu Castellano in Tirol 28. November 1586, gest. zu Salzburg 15. December 1653). Als Fürst und Kirchenfürst so hervorragend, daß ein großer deutscher Historiker, Johannes von Müller, als sich König Ludwig von Bayern mit ihm berieth, welchem geistlichen Fürsten in der von ihm für Deutschlands verdiente Männer zu erbauenden Walhalla ein Standbild aufgestellt werden sollte, in einem Schreiben aus Cassel vom 9. August 1808 bemerkte: „Ich wollte auch nicht, daß man glauben könnte, in der tausendjährigen Folge unserer geistlichen Fürsten habe keiner einen Platz bei Weisen und Helden verdient. Wählen Eu. k. Hoheit. Hier ist Hanns von Dalberg, Bischof zu Worms, der Wiederhersteller deutscher Wissenschaft und Kunst. Dort ist Paris von Lodron, der salzburgische, welchen im dreißigjährigen Kriege kein Vorurtheil noch Interesse zu ungebührlichen Dingen vermocht, Vater seines Volkes“. Schwer ist es, das Bild eines solchen Kirchenfürsten in wenigen Zeilen erkennbar zu zeichnen. Paris ist ein Sohn des Grafen Nikolaus, von der von Petrus gestifteten Linie der Lodron, aus dessen Ehe mit Dorothea von Welsperg. Auf dem Lodron’schen Schlosse Castellan in Südtirol geboren, kam er nach Ingolstadt, um dort unter den Jesuiten seine Studien zu beenden. Im Jahre 1604 hielt er eine öffentliche Disputation, welche im nämlichen Jahre unter dem Titel: „Disputatio philosophica de varietate scientiarum et artium“ im Drucke erschien, wurde bald darauf Domherr und erhielt durch Vermittelung seines Verwandten Anton Grafen von Lodron, der Dompropst zu Salzburg war, dort auch in kurzer Zeit eine Dompfründe. Als Domprobst Anton beinahe 80jährig starb (8. December 1615), wurde Graf Paris auf ausdrückliches Verlangen des damaligen Erzbischofs Marcus Sitticus Grafen von Hohenembs zum Dompropsten und als vier Jahre später der Erzbischof selbst mit Tode abging, wenige Wochen darnach, am 13. November 1619, mit absoluter Stimmenmehrheit zum Erzbischof von Salzburg gewählt. Der damals achtzigjährige Vater Graf Nikolaus unternahm trotz seines hohen Alters in Winterszeit die beschwerliche Reise, von seiner Besitzung Villa unweit Roveredo, nach Salzburg, um seinen Sohn, den 33jährigen Erzbischof, zu beglückwünschen und ihm das letzte Lebewohl zu sagen. Schon ein Jahr vor seiner Wahl zum Erzbischof hatten die Unruhen begonnen und dann Deutschland sich in zwei Theile gespalten, die katholische Liga mit Kaiser Ferdinand II. und Churfürst Maximilian von Bayern an der Spitze, und die protestantische Union, zu der viele kleinere deutsche Fürsten standen. Der dreißigjährige Krieg verwüstete deutsches und angrenzendes Gebiet, vom Belt bis an die Adria. Es fehlte nicht an eindringlichen Bemühungen, den Fürsten Paris zu gewinnen. Aber der Erzbischof stellte das vorschriftmäßige Contingent an Truppen, leistete die Zahlungen, zu welchen ihn die Reichsmatrikel verpflichteten, nahm aber an dem unglückseligen Religionskriege als Landesfürst weiter keinen Antheil. Nur einmal, im Jahre 1621, hatte er auf Ansuchen [379] des Erzherzogs Leopold von Oesterreich drei Fahnen Fußvolk gegen die Graubündtner geschickt. Diese rückten in Verbindung mit den österreichischen Truppen in Engadein ein und schlugen in diesem Thale ihr Lager auf. Da wurden sie um Mitternacht von den Graubündtnern plötzlich überfallen und nach langer aber vergeblicher Gegenwehr und unter einem furchtbaren Blutbade über die Grenze zurückgeworfen. Mochte an dieser Lehre der Erzbischof genug haben und zum Entschlusse gebracht worden sein, seine Landeskinder nicht wieder für fremde Zwecke hinschlachten zu lassen, genug, er schickte keine Hilfstruppen mehr und enthielt sich selbst dann, als im angrenzenden Oberösterreich der Aufruhr ausbrach, aller Einmischung. Hingegen richtete er auf sein eigenes Land voll Sorgfalt die Blicke, um es vor den Wirren des Krieges zu bewahren und es mit allen Segnungen des Friedens auszustatten. Er ließ Salzburg neu befestigen, die Werke um die Neustadt aufführen, die Festung Hohensalzburg und den Kapuzinerberg auf gleiche Art versichern, an den Grenzen die Pässe Mandling, Lueg, Strub, Kniefus und Luftenstein bei Loser verschanzen; rief die sogenannte Landfahne (der zehnte Mann der Ansässigen) zum Baue und Wachtdienste ein und entschloß sich, als dieser Dienst für die Berufenen durch eine Reihe von Jahren zu ermüdend wurde, ein stehendes Heer durch Werbung zu errichten und bei den Bürgern einzuquartieren. Da bei dieser letzteren Anordnung die üblen Folgen auf sich nicht warten ließen, entschloß er sich, für sein Militär eine Caserne nebst Schanze zu erbauen, und genießt somit das Vorrecht, der Erbauer der ersten Caserne Deutschlands zu sein – denn eine ältere wie die Griescaserne in Salzburg soll es nach Hauptmann v. Schallhammer’s Ausspruch (Salzburger Zeitung 1863, Nr. 18 im Feuilleton) nicht geben. Die von dem Erzbischofe organisirte allgemeine Landesvertheidigung, welche 24.000 wohlgeübtc Schützen im ersten Aufgebot enthielt, imponirte dem Schwedenkönige Gustav Adolph, nachdem er bereits Bayern erobert hatte, so sehr, daß er das Salzburgische Gebiet, obgleich der Churfürst Maximilian und Tausende seiner Unterthanen ihre beste Habe nach Salzburg geflüchtet und so dem Feinde entzogen hatten, nicht zu überschreiten wagte. So erfreute sich der Fürst Paris, während die Länder rings umher[WS 1] unter der Geißel des Krieges bluteten und verarmten, in seinem Lande dauernden Friedens und konnte einerseits großartige, theils durch die Umstände gebotene, theils für alle Zeiten nützliche Bauten aufführen, theils ausgedehnte Stiftungen für Kirche, Land und seine Familie errichten. So erhob er das Gymnasium zu Salzburg zu einer Universität und erhielt vom Kaiser Ferdinand II. am 9. März 1620 die Urkunde, welcher zufolge die Salzburger Hochschule allen anderen Hochschulen Deutschlands gleichgestellt wurde (sie wurde am 11. December 1810 von Bayern aufgehoben). Zur Heranbildung von Professoren schlossen die Aebte der Benedictiner von Bayern und Schwaben ein Uebereinkommen und übernahmen die Besetzung der Lehrstühle der Philosophie, Theologie und eines Theiles der juridischen Fakultät. Paris stellte das Universitätsgebäude und die Kirche her, widmete gleich im Anbeginn ein Capital von 72.000 fl., kurz vor seinem Tode ein zweites von 40.000 fl. ausschließlich für die weltlichen Professoren um ein drittes von 4000 fl. namentlich für den Professor des Staatsrechtes. Das Priesterseminar wurde neu organisirt und in das ehemalige Kloster der Barmherzigen verlegt. Die Errichtung des Lodron’schen Fideicommisses, auch ein Werk des Erzbischofs Paris, hat nicht bloß ein Familieninteresse, sondern ist auch für Salzburg und Kärnthen von Wichtigkeit. Mit Stiftungsurkunde vom 8. April 1631 errichtete Paris die Primogenitur seiner Familie und übergab sie seinem Bruder Christoph mit dem Bedeuten, daß jederzeit der Erstgeborene nachfolgen solle, wofern er der katholischen Religion treu bliebe. Die ursprüngliche Dotation bestand aus dem von Paris selbst erbauten Lodron’schen Palaste jenseits der Brücke zu Salzburg, aus zwei Häusern in der Bergstraße, aus einem nahe bei der Stadt gelegenen Landgute, Lehen genannt, aus den von dem gewesenen Salzburger Erblandsmarschalle Johann Christoph von Nußdorf erkauften Gülten, Zehenten und Gütern, welche Paris sämmtlich mit dem Erbmarschallsamte (letzteres mit Urkunde vom 19. Februar 1633) seinem Bruder Christoph übergab. Da ihm dieser Gütercomplex noch ungenügend erschien, kaufte der Erzbischof noch am 12. September 1639 die Herrschaft und Stadt Gmünd sammt Dornbach und Kronegg, dann das Landgericht Rauchenkatsch von den Reitenau’schen Erben um 200.000 fl. und ließ [380] das Schloß von Gmünd von Grund aus neu erbauen. Am 15. Juni 1640 vergrößerte er diese Dotation noch durch den Ankauf der um Gmünd gelegenen Aschauischen Gülten und Güter, am 30. August 1650 durch jene der Güter der Gebrüder v. Türk zu Eisentratten. Nach des Erzbischofs Tode kaufte die Administration der Primogenitur unter der Gräfin-Witwe Katharina von Lodron von dem Grafen von Widmann die Herrschaft Someregg und die Kremser Bergwerke. Christoph’s, des ersten Fideicommiß-Besitzers, Sohn und Erbe Franz Niklas kaufte am 28. April 1678 von den Freiherr von Gschwind’schen Erben das Gut Leobenegg. Außerdem stiftete Erzbischof Paris auch eine Secundogenitur mit Urkunde vom 19. August 1653, welche ursprünglich aus den Edelsitzen Lampoding und Wolkenstorf nebst der Hofmarksgerechtigkeit bestand, und zu der im Jahre 1680 durch den Grafen Paris, einen Bruder des Grafen Franz Niklas, die Herrschaft Himmelberg und Biberstein, im Jahre 1753 die Rastelhof’schen, im Jahre 1780 die Nepelsberg’schen Gülten hinzukamen. Mit der Primo- und Secundogenitur in mittelbarer Verbindung stehen noch zwei Stiftungen des Erzbischofs Paris, nämlich das sogenannte Marianum und das Rupertinum. Das Marianum errichtete er mit Urkunde vom 11. September 1645 als Seminar für studirende Jünglinge, insbesondere zur Heranbildung getreuer und geschickter Beamten für die Grafen Lodron. Die Stiftung lautete auf acht Plätze, war mit einem Hause, Capitalien und verschiedenen angekauften Gülten dotirt, das Patronatsrecht darüber stand aber der Lodron’schen Primogenitur zu. Das Rupertinum für zwölf studirende Jünglinge stiftete er am 22. September 1653 und bestimmte, daß die eine Hälfte davon der Inhaber der gräflich Lodron’schen Secundogenitur, die andere der kleinere Ausschuß der Landschaft Salzburg zu ernennen habe. Zum Unterhalte der Zöglinge und ihres Präfecten widmete der Erzbischof ein Capital von 60.000 fl. und ein Haus in der Kirchgasse als Wohnung. An diesen Stiftungen hatte, wie ein Gewährsmann, der Historiker Herrmann, es ausspricht, eine große Zahl Studenten aus Kärnthen ihren Antheil, da ja sowohl die Primo- als Secundogenitur seit zwei Jahrhunderten in Kärnthen ihren Sitz hat. Neben diesen in nächster Beziehung auf das Land und die Familie errichteten Werken, Stiftungen und Einrichtungen vergaß aber Erzbischof Paris keineswegs die Kirche. Er erbaute und stattete prächtig, aus den herrlichen Salzburger Dom, der nach dem Muster des römischen Vaticans aufgeführt wurde. Am 25. September 1625 weihte ihn Paris in Person festlich ein. Für das Erzstift selbst kaufte er die von seinem Vorgänger Wolf Dietrich von Reitenau veräußerten steiermärkischen Herrschaften um 160.000 fl. zurück, errichtete zur besseren Besorgung der Consistorialgeschäfte das Collegiatcapitel der Kanoniker b. V. Mariae ad nives oder sogenannten Schneeherren mit einem Capitale von 150.000 fl., und erkaufte das Kupferbergwerk zu Brennthal im Pinzgau für die erzstiftliche Hofkammer. Noch sei schließlich eines von Paris ausgeführten und für die Sanitätsverhältnisse Salzburgs äußerst wichtigen Werkes gedacht. Er ließ nämlich das den Stadtwällen nahe gelegene Schall- und Iglinger Moos etwa zwei Stunden im Umkreise nivelliren, abgraben, die Canäle mit einer Menge von Brücken überbauen und 2700 Joch mit Erde und Mergel überführen. In zwölf Jahren war die Arbeit fertig. Daß Erzbischof Paris auch die Kirchenzucht aufrecht hielt durch weise Handhabung der Disciplinarvorschriften, durch Archidiaconal-Synoden, die jährlich abgehalten wurden, u. dgl. m., braucht nicht erst ausdrücklich bemerkt zu werden. Und trotz dieser großen Munificenz für Kirche, Land und Familie hatte er in einer Zeit, in welcher in den angrenzenden Ländern Verarmung und alle Folgen eines langen verderblichen Krieges in erschreckender Weise um sich griffen, einen vollen Schatz hinterlassen. Die Erinnerung an Erzbischof Paris von Lodron gehört auch zu den stolzesten des Salzburgers, und der Fremde, der diese malerisch gelegene Stadt besucht, wird bei Besichtigung der Merkwürdigkeiten überall und immer wieder an den mit Recht gepriesenen großen Kirchenfürsten und Wohlthäter Salzburgs erinnert. [Mezger (Josephus), Historia Salisburgensis (Salisburgi 1692, Fol.) Liber V, cap. 19 et s.Zauner (J. Th.), Chronik von Salzburg, fortges. von Corbinian Gärtner (Salzburg 1816 u. f.) Bd. VIII, S. 105–256 u. 303 bis 388.] –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: rings, umher.