BLKÖ:Michaeler, Karl Joseph
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 18 (1868), ab Seite: 208. (Quelle) | |||
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Maria Magdalena, einer Tochter des Kaisers Ferdinand I., im Jahre 1568 gegründeten und im Jahre 1783 von Kaiser Joseph II. aufgehobenen königl. Damenstiftes. An dem Jesuiten-Gymnasium in Hall begann M. seine Studien, und nachdem er die sechs Classen zurückgelegt, trat er selbst in den Orden. Dieser schickte ihn nun nach Neuburg an der Donau, wo er die Humanitätsclassen, dann nach Ingolstadt, wo er die drei philosophischen Jahrgänge besuchte. Darauf wurde er im Lehramte verwendet, und zwar in Mindelheim, im Jahre 1751 am Gymnasium zu Dillingen. In der Folge studirte er zu Ingolstadt die Theologie und erlangte im Jahre 1765 die Priesterweihe. Nachdem er das dritte Probejahr seines Ordens vollendet hatte, kehrte er in sein Vaterland zurück, wurde Lehrer am Gymnasium zu Hall, später zu Innsbruck, welch letzteres auch unter Leitung der Jesuiten stand. Nach der Auflösung seines Ordens, im Jahre 1773, wurde er von der Regierung im Lehramte bestätiget. Die Beantwortung der von der Jablonowskischen Gesellschaft in Leipzig gestellten Preisfrage: „Welches sind die Grenzen des alten Skandinaviens“ trug ihm den Preis ein, der in einer goldenen Medaille im Werthe von 30 Ducaten bestand. Am 12. Jänner 1777 erlangte er an der Innsbrucker Universität die philosophische Doktorwürde und dann das Lehramt der allgemeinen Weltgeschichte an derselben. Da er sich bald als tüchtiger Lehrer im Fache der Geschichte bewährte, erhielt er gegen das Ende des Jahres 1779 den amtlichen Auftrag, Schlötzer’s[WS 1] Weltgeschichte in lateinischer Sprache als Schulbuch für die österreichischen Universitäten zu bearbeiten. M. unterzog sich diesem Geschäfte, und nun berichtet die „Oesterreichische Biedermanns- Chronik“ darüber folgendermaßen: „Der mit der Censur des Buches beauftragte Censor, Piaristen-Pater Adauct Voigt, dem es nicht gleichgiltig sein konnte, daß ein Lehrer eben desselben Faches in der Provinz ein Vorlesebuch zusammensetze, machte sogleich allenthalben großen Lärm, als wenn die größten Ketzereien darin [209] beibehalten worden, da doch Alles, was für katholische Länder anstößig erschien, besonders was das Papstthum betraf, bescheiden gemildert war. Voigt’s Scheingründe bewirkten demnach, daß dieses Buch, obgleich mit Belobung beehrt, für akademische Vorlesungen unangemessen erklärt wurde, eben als er von einer anderen Seite gedrungen (sic) ward, es zu Innsbruck, lateinisch übersetzt, für seine Vorlesungen auf eigene Kosten auflegen zu lassen, was er auch that.“ [Die Titel von Michaeler’s Werken folgen weiter unten.] Im August 1782 wurde Michaeler Rector magnificus zu Innsbruck, welche Würde er aber bald einem Anderen überließ, da die Universität aufgehoben und an deren Stelle in Innsbruck ein Lyceum errichtet wurde. Von dieser Veränderung erhielt M. auf einer Reise nach Wien Kenntniß, wo er nunmehr das Weitere abzuwarten beschloß. Als um diese Zeit durch den Tod des Professors der allgemeinen Geschichte an der Universität zu Prag diese Stelle erledigt ward, eröffnete sich ihm eine Aussicht für diesen Posten, und eben im Begriffe, zur Uebernahme desselben dahin abzureisen, zog er es aber vor, die viel bescheidenere, eben damals ledig gewordene Stelle eines Custos, und nicht, wie es hie und da heißt, Scriptors, an der Wiener Universitäts-Bibliothek zu übernehmen, weil er an derselben die wissenschaftlichen Hilfsmittel, deren er zu seinen literarischen Arbeiten bedurfte, in reichhaltigerer Weise zu finden hoffte. Er bekleidete diese Stelle bis an sein Lebensende, welches im Jahre 1804, und nicht, wie es in der österreichischen National-Encyklopädie heißt, bereits 1803 erfolgte. M. war auch Freimaurer, u. z. Mitglied der Loge zu den drei Bergen in Innsbruck, ein Umstand, um dessentwillen er viel und heftig angefochten wurde. Die Angriffe gingen meist von seinen Standescollegen aus [Näheres darüber weiter unten in dem Verzeichnisse der Schriften Michaeler’s], und arteten nicht selten bei beiden Theilen – denn Michaeler blieb seinen Angreifern nichts schuldig – in arge Persönlichkeiten aus. Im Uebrigen wird M. von der „Oesterreichischen Biedermanns-Chronik“ als ein freimüthiger, rechtschaffendenkender Mann und ein warmer Menschenfreund geschildert, der im Stillen das Seinige zur Aufklärung beitrug und von mehreren gelehrten Gesellschaften aus eigenem Antriebe zum Mitgliede aufgenommen worden. Vermöge seines friedliebenden Charakters hat er niemals jene Männer, die anders dachten und seine Grundsätze oder Schriften bestritten, als Feinde angesehen. Als Schriftsteller hat M. eine große Fruchtbarkeit entwickelt und in chronologischer Folge nachstehende Werke veröffentlicht: „Zamagnae, Cunichii et Maxiolani Romanorum elegia, praefixa est Dissertatio de stylo Catulliano; accedunt selecta Graecorum idyllia latino versa“ (Aug. Vindel. 1776, 8°.); – „Tabellae parallelae antiquissimorum Teutonicae linguae dialectorum ex priscis monimentis collectae et per octo sermonis partes ordine grammatico commode dispositae“ (Oeniponti 1776, 8°.); – „De studii historici in patria necessitate. Oratio“ (ibid. 1777, 8°.); – „Breviarium historiae universalis Schlözerianae hinc inde succinctius excerptae atque ad usus auditorum in universitate oenipontana latine conversae“ (ibid. 1780, 8°.), es ist dasselbe Geschichtswerk, dessen schon oben in der Biographie gedacht und das durch Voigt’s Umtriebe seiner [210] Bestimmung als allgemeines Geschichtslesebuch auf österreichischen Unterrichtsanstalten entzogen worden. Im Buche sind manche Lücken in der Geschichte des Alterthums ausgefüllt und die elegante Latinität der Uebersetzung wurde von Schlözer selbst hoch gepriesen. Es soll auch eine deutsche Ausgabe dieses Geschichtshandbuches erschienen sein, jedoch ist mir nicht gelungen, den Titel aufzufinden; – „Versuch über die erste Gestalt und Bevölkerung Tyrols“, 1. Theil (Wien 1783, Hörling, 8°.); – „De mechanismo-physico miraculorum commentatio“ (Viennae 1784, 8°.), diese Schrift erschien auch in deutscher Sprache unter dem Titel: „Ueber den natürlichen Mechanismus der Wunder“ (Wien 1787, 8°.); – „Iwain, ein Heldengedicht von Hartmann, der nächst den Zeiten K. Friedrich’s des Rothbarts lebte, zur Seite nach heutiger Mundart erkläret, mit Vorbericht, Anmerkungen und einem Glossarium versehen“, 2 Bände (Wien 1786 und 1787, 8°.); – „De origine linguae tum primaria tum et speciali commentatio“ (Viennae 1788, 8°. maj.); – „Collectio poetarum elegiacorum stilo et sapore Ovidiano scribentium, adhuc plerorumque anecdotorum; collegit, castigavit, praefatus est, suas in auctarium accessiones addidit“, 2 volum. (ibid. 1789, 8°. maj.); – „Das Neueste über die geographische Lage des irdischen Paradieses“. 3 Theile (Wien 1796, 8°., mit 6 Karten); – „Ueber das Geburts- und Sterbejahr Jesu Christi, nebst chronologischen Tabellen, die zur richtigen Kenntniss der mit einschlagenden und nächst anhängenden apostolischen Zeiten dienen mögen“, 2 Theile (ebd. 1796 und 1797, 8°.), der zweite Theil enthält auf dem Titel den Zusatz: „Anmerkungen über das am Ende der vorigen Schrift angekündigte neue Werk des Herrn Sanclementius über die Verbesserung der christlichen Aera“; – „Historisch-kritische Abhandlung über die phönizischen Mysterien“ (Wien 1796, 8°.); – „Geschichte in der Fabel, oder Versuch einiger näheren Bestimmungen über den Ursprung der griechischen Theogonie oder Götterlehre, zur Aufklärung des dunklen und fabelhaften Zeitalters“, 2 Theile (Wien 1798, 8°., mit chronolog. Tab.); – „Fragmentum ex Fastis poeticis Austriacorum ad diem VIII. Idus Novembres, cum Franciscus II. Augustus grave incendium praesentia et gubernatione sua restinxisset, carmen elegiacum“ (Viennae 1798, 8°.); – „Cleophas, ein lyrisches Hirtengedicht; lateinisch und deutsch (Wien 1801, Pichler, 8°.); – „Historisch-kritischer Versuch über die ältesten Völkerstämme und ihre ersten Wanderungen, nebst weiterer Fortpflanzung nach Amerika“. 5 Theile (Wien 1801–1803, Pichler, 8°., mit K. K.). Die bisher angeführten Schriften sind alle mit seinem Namen erschienen. Die folgenden – als deren Verfasser er aber mit Bestimmtheit angegeben wird und als solcher auch anzusehen ist – gab er ohne Namen, mit falschem Druckort und Jahr heraus, und zwar: „Unumstössliche Gültigkeit der heimlichen Priesterehe bis zur Aufhebung des Caelibats, aus der polemischen Geschichte des Herrn Abate Zaccaria gegen ihn bewiesen“, 1.–3. Band (Frankfurt und Leipzig 1785, 1789, 8°,), der 3. Band erschien unter dem Titel: „Duplik auf die Replik in einer Antwort an den M. J. Caelebs über das Kirchliche des Caelibats“; – „Ueber die kirchliche Unfehlbarkeit. Von Karl zum M.“ (Würzburg 1785, 8°.), die zweite verbesserte Auflage (ebd. 1790, 8°.) enthält einen Anhang über das St. Peters-Bisthum in Rom; – „Theologisch-statistischer Versuch über die kirchliche Gewalt auf die Ehesache in den katholischen Staaten: erster Theil: Untersuchung der kirchlichen Gewalt in Beziehung auf die Hindernisse der Ehe. Zweiter [211] Theil; in Beziehung auf die Auflöslichkeit der Ehe. Von Palaeophilus, einem Verehrer der alten Kirche“ (Würzburg 1791, 8°.). Die Druckorte der drei letztgenannten Werke sind sämmtlich fingirt und diese sind alle in Wien gedruckt worden. Durch seine Theilnahme am Bunde der Freimaurer wurde M. in eine Polemik verwickelt, anläßlich welcher von den streitenden Parteien mehrere Libelle erlassen wurden. Als Michaeler vorgeworfen ward, daß er als Geistlicher, und nachdem Benedict XIV. die Freimaurer-Gesellschaft durch zwei Bullen verdammt. Mitglied dieses Ordens sei, erwiederte M. auf die ihm gemachten Vorwürfe mit der Schrift: „Beruhigung eines Katholiken über die päpstlichen Bullen wider die Freymaurerei; von Bruder M***“ (Kosmopolis 5782); die Gegner erwiederten auf diese Schrift mit der „Verteidigung zwoer päpstlicher Bullen wider den Freymaurer M***“ (Osbor 1783); auf diese Schrift ließ M. ein „Unbedeutendes Nötchen“, wie er es nannte, folgen, welches die Gegner wieder mit der Schrift: „Wider den Freymaurer M*** und sein Nötchen von 36 Seiten“ (Osbor 1784) beantworteten. Damit war die Polemik, die von beiden Parteien nicht immer auf das Säuberlichste geführt wurde, beendet. M. als Schriftsteller besaß jene profunde Gelehrsamkeit, die nicht immer zum Segen der Leser ausschlägt; denn er behandelte mitunter gleichgiltige Dinge in jener breitspurigen, geschmacklosen Weise, welcher wir bei Männern des tiefsten Wissens leider auch heutzutage noch begegnen, wenn sie in einem sogenannten gelehrten Orden ihre geistige Ausbildung erhalten haben. Uebrigens zählte M., wie Ludwig Rapp in seinem Libell: „Freimaurer in Tirol“, mit überflüssigem und wenn man sein Libell gelesen, unberechtigtem Hohne berichtet, zu jenen „Aufgeklärten“, deren Zahl in Oesterreich zur Zeit der „erleuchteten“ Josephinischen Herrschaft, als die „Aufklärung“ Mode war, an Menge dem Sand am Meere glich. Da aber die Aufklärung nicht gesiegt, muß auch die Zahl der Dunkelmänner Legion gewesen sein, was für Ludwig Rapp immerhin einiger Trost sein dürfte.
Michaeler, Karl Joseph (Geschichtsforscher und Schriftsteller, geb. zu Innsbruck 6. December 1735, gest. zu Wien 22. Jänner 1804). Sein Vater Andreas, Arzt in Innsbruck, übersiedelte später nach Hall als Stadtphysicus und Leibarzt des dortigen, von der Erzherzogin- Annalen der Literatur und Kunst in den österreichischen Staaten (Wien, 4°.) III. Jahrg. (1804), Bd. I, Intellig. Bl. Nr. 14, Sp. 112. – Baur (Samuel), Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehend des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 64. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1810, S. 420. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1776, Ghelen’sche Schriften, 8°.) I. Bds. 1. Stück, S. 346. – (Derselbe) Journal der Literatur und Statistik, Bd. I, Nr. 37. – Neuer literar. Anzeiger 1806, Nr. 10, S. 162. – Oesterreichische Biedermanns-Chronik. Ein Gegenstück zum Phantasten- und Prediger-Almanach (Freiheitsburg [Akademie in Linz] 1785, 8°.) Erster (und einziger) Theil, S. 141. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 663 [nach dieser gestorben 22. Jänner 1803]. – Rapp (Ludwig), Freimaurer in Tirol. Historische Skizze (Innsbruck 1867, Wagner’sche Univ. Buchhandlg., 8°.) S. 78. – (Schwaldopler) Historisches Taschenbuch. Mit besonderer Hinsicht auf die österreichischen Staaten (auch unter dem Titel: Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts). Viertes Bändchen. Geschichte des Jahres 1804 (Wien 1808, Ant. Doll, 8°.) S. 241 [nach diesem gest. 22. Jänner 1804]. – Staffler (Joh. Jac.), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felic. Rauch, 8°.) Bd. I, S. 458.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Schlözer, August Ludwig von (ADB).