BLKÖ:Paravia, Pier Alessandro

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Parč, Franz Xaver
Band: 21 (1870), ab Seite: 289. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Pier Alessandro Paravia in Wikidata
GND-Eintrag: 116045744, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Paravia, Pier Alessandro|21|289|}}

Paravia, Pier Alessandro (Schriftsteller, geb. zu Zara in Dalmatien 15. Juli 1797, gest. zu Turin 18. März 1857). Paravia’s Vater stand als Oberst in venetianischen Diensten, jedoch gehört die Familie zu den Eingebornen Dalmatiens. In Corfù vermälte sich der Vater mit Anna Zech-Missevich und aus dieser Ehe stammt Peter Alexander. Mit den Eltern verlebte P. seine Kinderjahre, zuerst in Spalato, später in Zara, wo sich der Vater bleibend niederließ. Nach den politischen [290] Veränderungen aber, die in Dalmatien vor sich gingen, übersiedelte die Familie Paravia nach Venedig. Dort besuchte der Sohn das von Napoleon im Jahre 1807 begründete Convicts-Lyceum, wo sich ihm bald genug Gelegenheit darbot, seine literarischen Neigungen nach verschiedenen Richtungen zu befriedigen, da ihm die Bibliothek des Convicts zu unbeschränkter Benützung offen stand, ja seiner unmittelbaren Aufsicht anvertraut war. Später begab er sich nach Padua, um dort die Rechte zu studiren, ohne jedoch seine literarischen Arbeiten zu vernachlässigen. In Padua studirten zu jener Zeit auch der nachmals berühmt gewordene Philosoph aus Roveredo, Rosmini, und der nicht minder berühmte Kritiker Tommaseo. Im Jahre 1818 erlangte P. die juridische Doctorwürde und trat nun als Conceptspraktikant in den kaiserlichen Staatsdienst. Indessen blieb er der Poesie treu und neben kleineren Originaldichtungen versuchte er sich auch in Uebersetzungen. So entstanden damals und später das Gedicht: „L’Alcione“, aus dem Lateinischen des Fracastaro. „Edvige e Walstein“, ein Fragment aus Pyrker’s Epos: „Rudolph von Habsburg“, „La Danza“, übersetzt aus dem Spanischen des Quintana, u. a. Aber auch manche literarhistorische Arbeit fällt in diese Zeit, so die „Memorie di Giuseppe Bartoli, die einer Sammlung von dessen Sonetten (1818) vorangehen; die Biographien von Varano (1820), Tiraboschi und Bianchini (1825); die „Notizie del P. Quirico Rossi“, welche mehrere von dessen nicht veröffentlichten Dichtungen, per nozze herausgegeben, einleiten, dann die an Rosmini gerichtete „Lettera delle cause per le quali a nostri giorni da pochi dirittamente si adopera la bellisima italiana favella“; ferner: „Alcune osservazioni di lingua fatte sopra le ultime poesie di Lorenzo de’ Medici“Osservazioni sopra una nuova editione di vita di Dante scritta dal Boccacci und die „Notizie sopra Antonio Canova u. m. a, Alles Arbeiten, welche innerhalb der Jahre 1817–1827 fallen. Diese literarhistorischen Abhandlungen aber waren so tüchtig und verriethen so gründliche Studien von Seiten des Autors, daß anerkannte Größen der Schriftstellerwelt Italiens, wie ein Antonio Cesari [Bd. II, S. 325] und Vincenzo Monti [Bd. XIX, S. 60][WS 1] auf den jungen geistvollen Mann aufmerksam wurden. Auch als Mitglied des Ateneo di Venezia schrieb P. fleißig, unter andern mehrere Uebersetzungen der Biographien des Cornelius Nepos und einiger Briefe des Plinius, ferner die Biographien von Francesco Rezzano und Onufrius Minzoni; auch fiel auf ihn im Jahre 1829 die auszeichnende Wahl zum Vortrage der Eröffnungsreden in der Akademie der Künste zu Venedig, in welcher er ein Lebensbild von Filippo Farsetti gab, und 1830 bei der Enthüllungsfeier des Denkmals von Goldoni, in welcher er den Fürsten des italienischen Lustspiels feierte. Als selbstständige Arbeit folgte zunächst eine vollständige Uebersetzung der Briefe des Plinius (1830 bis 1832), von der fünf Auflagen erschienen sind und mit welcher meisterhaften Arbeit so zu sagen eine Lücke in der italienischen Literatur ausgefüllt ward. Durch diese Uebersetzung kam P. mit dem Grafen Gianfrancesco Galeani-Napione, einem Manne, der in Sardinien in Angelegenheiten des öffentlichen Unterrichts als Autorität galt, in nähere Berührung, [291] und durch ihn wurde Paravia für die eben erledigte Lehrkanzel der italienischen Redekunst an der Universität zu Turin in Vorschlag gebracht und ihm dieselbe im Jahre 1832 auch verliehen. Seit dieser Zeit lebte P. in der sardinischen Metropole im Verkehre mit Männern wie Cesare Balbo, Vincenzo Gioberti, Silvio Pellico, Alberto Nota, Cesare Saluzzo u. A. und auf einem Gebiete, dem er seit seiner Kindheit huldigte, als Lehrer und Schriftsteller zugleich thätig. Als letzterer veröffentlichte er zahlreiche Reden, mit denen er alljährlich seine Vorträge an der Universität inaugurirte, unter diesen nicht weniger denn sechs – in den Jahren 1836, 1838, 1840, 1842, 1844 und 1846 – über Karl Albert und sein Leben; dann: „Delle relazioni del cristianesimo colla letteratura“ (1837); – „Della responsibilità dello scrittore“ (1854), auch mehrere Fest- und Gelegenheitsreden, als: „Orazione per le nozze del Duca di Savoia“ (1842); – „… pei morti nella battaglia di Novara“ (1849); – „Narrazione della vita e delle virtù di Maria Cristina vedova di Carlo Felice“ (1850) u. m. a., ferner auch mehrere vortreffliche Hand- und Lesebücher, als: „Lezioni academiche et altre prose“ (1850); – „Lezioni di varia letteratura“ (1852 bis 1856); – „Trattato dell’ epigrafia volgare“ (1854) – und „Lezioni sulla eloquenza parlamentare“ (1855). Aber nicht bloß die Lehrkanzel der Beredsamkeit bekleidete P., sondern seit Jahren trug er an der Turiner Akademie zur Beförderung der schönen Künste Mythologie und Geschichte vor, und als im Jahre 1845 an der Turiner Hochschule eine eigene Lehrkanzel für vaterländische Geschichte gestiftet wurde, wurde dieselbe an P. übertragen. Als er im Jahre 1842 Secretär der obgenannten Gesellschaft zur Beförderung der schönen Künste wurde, hielt er als solcher gleichfalls mehrere öffentliche Vorträge, und als Professor der Geschichte gab er die „Lezioni di storia subalpina“ in zwei Bänden (1851–1854) heraus. Noch lange nicht ist die Zahl der literarischen Arbeiten Paravia’s, sowohl der selbstständig gedruckten, als der in wissenschaftlichen Sammelwerken aufgenommenen geschlossen. Außer den bisher angeführten sind besonders bemerkenswerth: „Raggionamento sul sistema mitologico di Dante“; – „Lezione sopra le rime di Dante“; – „Osservazione sopra il vero autore della Imitazione di Cristo“; – eine Sammlung seiner wichtigeren zerstreuten Abhandlungen unter dem einfachen Titel: „Opuscoli“ (1837); – „Discorse academici ed altre prose“ (1843); – „Memorie veneziane e piemontesi di Storia e di letteratura“ (1850–1853), und endlich seine vortreffliche poetische Chrestomathie: „Canzoniere nazionale“ (1849), ein wahres Musterbuch für alle dergleichen Arbeiten. Im Jahre 1850, zum ersten Male nach seiner Kindheit, besuchte P. sein Vaterland Dalmatien und seine Geburtsstadt Zara. Als er sich mit den verschiedenen öffentlichen Einrichtungen und Anstalten seiner Vaterstadt bekannt gemacht, vermißte er eine öffentliche Bibliothek. Auch diese sollte Zara nicht länger entbehren, er trug dem Municipium seine eigene Bibliothek, die zehntausend und mehr Bände zählte, zum Geschenke an, welches mit wahrem Danke angenommen wurde. Einen Theil der geschenkten Bücher schickte P. sofort nach seiner Rückkehr nach Turin in seine Vaterstadt, der Rest ward ihr nach seinem Tode zugesichert. [292] Er selbst wollte in Person zur feierlichen Eröffnung der durch ihn gestifteten Bibliothek erscheinen, aber Krankheit, die endlich noch tödtlich werden sollte, hinderte ihn daran. P. hatte im Leben, in welchem er ein rastlos thätiger Arbeiter und eine Zierde seines eigenen Vaterlandes, wie Italiens überhaupt war, manche Anerkennung für sein Wirken empfangen. Er war Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften Italiens, unter andern der Akademien der Wissenschaften in Turin, Bologna, der Akademie di San Luca in Rom, der Crusca in Florenz, der Atheneen von Venedig, Padua u. a. Der König von Sardinien hatte ihn zu seinem Rathe ernannt und ihn mit seinem Orden, deren er auch von anderen Fürsten besaß, ausgezeichnet. Seine Vaterstadt Zara schmückte das Haus, worin er geboren ward, in der Straße Brini, zunächst dem Campo dei Castello, Nr. 444, mit einer Gedächtnißtafel, welche die Aufschrift trägt: „Qui nacque Pier-Alessandro Paravia il XV Luglio MDCCXCVII. Il Comune pose“. Ein Denkstein in der Stadtbibliothek zu Zara verkündet aber in folgender Inschrift: „Pietro. Alexandro. Paraviae | domo. Jadera | juris, utriusque. consulto | Doctori. decur. ital. eloquentiae. et. historiae, patriae | in. Lyceo. magno. Taurinensi | a consiliis. Regis. Sardiniae | sodali. Florentino. linguae, ital. conservandae. excolendae | scriptori. sui. temporis. politissimo | in. complures. ordines. equestres. adlecto | quod. Bibliothecam | Optimis. quibusque. libris. instructam. primus. pubblicarit | Cives. Municipi. illustri. Benemerenti | an. M.DCCC.LV. | P. P.“ den Nachkommen, wer der hochsinnige Stifter dieser Bibliothek gewesen.

Tributio alla memoria di Pier-Alessandro Paravia. Per la inaugurazione della Biblioteca comunale Paravia di Zara nel XVIII Agosto MDCCCLVII. Della persona degli scritti e delle Biblioteca di Pier Alessandro Paravia Zaratino ecc. di Giuseppe Ferrari- Cupilli (Zara 1857, Balarra, 8°.). – Memorie necrologiche antiche e recenti di Gaetano Sorgato (Padova 1857, gr. 8°.) Tomo III, p. 305–330. – Intorno a cose dalmatiche e triestine, scritti di Nicolo Tommaseo (Trieste 1847, J. Papsch & Comp. 8°.), der 15. Abschnitt handelt über Paravia. – Archivio storico italiano. Nuova Serie, tomo IV, disp. 2, p. 258. – Rivista Euganea (Padova) 1857, No. 11. – Crepuscolo (Mailänder liter. Zeitschrift) 1857, Nr. 14. – Sclopis (Federico), Pier Alessandro Paravia (Torino, 21. Marzo 1857). – Osservatore dalmate 1857, No. 57, 62. – Gazzetta ufficiale di Venezia 1857, No. 77; 1858, No. 20, im Feuilleton von P. Cecchetti. – La Dalmazia. Giornale letterario economico etc. (Zara) 1845, No. 11. – [[BLKÖ:Gliubich, Simeon|Gliubich di Città vecchia (Simeone Abb.)], Dizionario biografico degli uomini illustri della Dalmazia (Vienna e Zara 1856, 8°.) p. 236. – Tributo di pietà figliole ad una amorosissima madre (Venezia 1840, Antonelli, 8°.) [enthält Paravia’s Biographie]. – Portula del Caretto Eufrosina. Canzone in morte di P. A. Paravia, steht im Florentiner Journal Imparziale 1857, No. 10. – Serapeum (Leipzig) 1857, Nr. 4: Die erste öffentliche Bibliothek in Dalmatien. Von Neugebauer [betrifft die von Paravia in seiner Geburtsstadt Zara gegründete Bibliothek]. – Oettinger in seinem „Moniteur des Dates“, IV, p. 93, gibt den 17. Juni 1797 als Paravia’s Geburtsdatum an, was jedoch unrichtig ist.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. XIX, S. 56].