BLKÖ:Schaffgotsch, Johann Ulrich (I.)

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 29 (1875), ab Seite: 75. (Quelle)
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18. Johann Ulrich (I.) Graf S. (geb. 25. März 1595, enthauptet am 23. Juli 1635), ein Sohn Christoph’s von S. (gest. 1601) aus dessen zweiter Ehe mit Eleonora Freiin von Promnitz. In seiner Jugend erbte er nach dem Tode seines Vaters Christoph und seines Vetters Adam ein ansehnliches Vermögen. Er erhielt unter der Vormundschaft seiner Mutter eine sorgfältige [76] Erziehung, wurde dann auf Reisen geschickt, auf welchen er Italien, Spanien, Frankreich, England und die Niederlande besuchte. Im Jahre 1614 kam er auf seinem Schlosse Greiffenstein an, welches er im Jahre 1616 wieder verließ, um nach Prag zur Krönung der Kaiserin Anna als Königin von Böhmen zu reisen. Der Kaiser ernannte ihn nun zu seinem Kämmerer, die Fürsten und Stände erwählten ihn 1619 – im Alter von erst 24 Jahren – zu ihrem Defensor. Bei Ausbruch des 30jährigen Krieges diente er als Oberst im kaiserlichen Heere und warb auf eigene Kosten zwei Regimenter. Im Jahre 1626 erhielt er das Commando über die schlesische Miliz und fügte in dieser Stellung dem Feinde so erheblichen Schaden zu, daß Kaiser Ferdinand II. für seine Treue ihn und seine Descendenten zu des h. römischen Reichs Semperfrei erklärte, und ihm alle Freiheiten und Vorzüge, deren die Fürsten in Schlesien genießen, ertheilte. Darauf ernannte ihn der Kaiser zum General über die Cavallerie und übertrug ihm das Commando über alle seine Truppen in Schlesien. Plötzlich wurde Hanns Ulrich nach dem Falle Wallenstein’s, unter dessen Commando er gestanden, im Jahre 1634 gefänglich eingezogen und nach Regensburg gebracht, wo er, um ihm Geständnisse zu erpressen – obgleich er schon bei seiner Festsetzung dem Tode verfallen war – drei Stunden lang alle Qualen der Tortur ertragen mußte. Er wendete sich nun an den Kaiser und bat für sich und seine kleinen Kinder um Erbarmen. Er fand es nicht. Sein Urtheil erschien im Namen des Kaisers, doch ohne dessen Unterschrift: „Da die Tortur schon geschehen, solle man ihm nicht, wie angetragen worden, vor der Enthauptung noch die rechte Hand abhauen, aber er ohne Aufenthalt hingerichtet werden“. Seine Richter, welche aus dem General Götz als Präsidenten, C. Slavata, Dr. Stralendorf, Dr. Hildebrand, Dr. Puchner und Dr. Pindelmair bestanden, beantragten darauf beim Kaiser eine zweite Tortur: „Da er in eventum schon zum Tode verurtheilt, dem Kaiser daran gelegen sein müsse, ein Mehreres zu erfahren und da er außerdem als Verurtheilter schon Sclave der Strafe und als ein Cadaver mortuum zu betrachten sei, so könne er gar wohl vor der Execution noch torquirt werden“ (!!). Die Hinrichtung des Grafen, dessen Unschuld nach der Hand in einer besonderen Schrift dargethan worden, fand am 23. Juli 1635 Vormittags auf der Haid bei Regensburg Statt. Karl Teschner hat das traurige Schicksal des unschuldig Gemordeten in einer historischen, „Graf Ulrich Schaffgotsch“ betitelten Novelle in eingehender Weise bearbeitet und in dem Frankfurter Unterhaltungsblatte „Didaskalia“ 1868, Nr. 226–241, veröffentlicht. Der unglückliche Graf war seit 1620 mit Barbara Agnes, einer Tochter Joachim Friedrich’s Herzogs zu Liegnitz und Anna Maria’s Fürstin von Anhalt vermält, aus welcher Ehe nebst einer Tochter Anna Elisabeth (geb. 1622, gest. 1650), seit 1636 vermälten Jacob Graf Weyer, fünf Söhne stammen, von denen zwei in der Jugend starben und über die drei, Christoph Leopold [Nr. 4], Johann Ulrich [Nr. 19] und Gotthard Franz [Nr. 9], kleinere Skizzen folgen. [Thomas (Johann Georg), Geschichte des Grafen Joh. Ulr. v. Schaffgotsch (Hirschberg 1829, 8°.). – Lebensbeschreibung des Joh. Ulr. v. Schaffgotsch des Enthaupteten (Liegnitz 1751, 8°.). – Leben und Enthauptung des Grafen Joh. Ulr. v. Schaffgotsch und des kaiserlichen Generals Baron (Nicolas) Dorat von Moret (Berlin 1757, 8°.). – Carriculum vitae J. U. de Schaffgotsch (Hamburg 1743, 8°.). – Hanns Ulrich Schaff-Gotsch (eine Biographie) (Hirschberg 1829, Krahn, 8°., mit 2 Bildern) (wahrscheinlich identisch mit der ersten Schrift von J. G. Thomas).] –