BLKÖ:Schlotterbeck, Wilhelm Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Schlucker, Philipp
Band: 30 (1875), ab Seite: 144. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm Friedrich Schlotterbeck in der Wikipedia
Wilhelm Friedrich Schlotterbeck in Wikidata
GND-Eintrag: 138240442, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Schlotterbeck, Wilhelm Friedrich|30|144|}}

Schlotterbeck, Wilhelm Friedrich (Kupferstecher, geb. zu Härtingen, einem Dorfe im Baden-Durlach’schen, 23. Februar 1777, zwei Meilen von Basel, gest. zu Wien 6. April 1819). Sein Vater, Prediger zu Härtingen, starb, als der Sohn erst 9 Jahre alt [145] war, und ließ die tiefgebeugte Witwe mit neun unversorgten Kindern zurück. Um ihrem Sohne, der gleich dem Vater Prediger werden sollte, den Besuch der lateinischen Schule zu ermöglichen, übersiedelte sie mit ihren Kindern nach Mallheim, wo sich das Oberamt der Herrschaft Badenweiler befand. Der junge S. zeigte nun lebhaftes Interesse für Geschichte, Geographie und Geometrie, alles Andere vernachlässigte er aber zu nicht geringem Verdrusse seiner Lehrer gänzlich, überdieß beschäftigte er sich in den Mußestunden – ohne Anleitung – mit Zeichnen. Den Gedanken an die geistliche Laufbahn mußte die Mutter unter solchen Umständen fallen lassen, und so gab sie denn den Jungen im April 1790 zu dem Kupferstecher und Kunsthändler Chr. v. Mechel in Basel auf eine mehrjährige Lehrzeit. Hier, wo mehrere Zöglinge zugleich für ihren Meister arbeiteten, wurde S.’s Eifer mächtig angespornt und hier befreundete er sich innig mit Haldenwang, später großherzoglich Baden’schen Hof-Kupferstecher, der sich mit bestem Erfolge der Landschaft widmete, während sich S. auf das historische Fach verlegte. S., der damals mit dem Grabstichel und der Radirnadel arheitere, vollendete in dieser Zeit mehrere Blätter, so einen „Laokoon“ nach Thurneisser, eine „Madonna“ nach Cipriani und Bartolozzi, „Van Dyk’s Frau“ nach diesem und Bartolozzi, welch letzteres Blatt er aber nicht vollendete, und das aus dieser Periode gelungenste Blatt: „Cosmographus meditans“, nach Rembrandt. Aber bald erkannte Schlotterbeck, daß diese Richtung seinem Talente nicht zusage, und als um diese Zeit die schönen englischen Aquatinta-Arbeiten, in denen Prestel in Frankfurt a. M. und seine Gattin in London so Ausgezeichnetes leisteten, in Verkehr kamen, machte er sich mit seinem Freunde Haldenwang daran, in dieser Gattung sich zu versuchen. Nach längerer Uebung und manchen mißglückten Versuchen, diese Manier zu bewältigen, gelang es endlich beiden Freunden, Treffliches in derselben zu leisten, und von nun an hielt sich S. streng an die Landschaft, der früher eingeschlagenen Richtung vollends entsagend. Seine erste Probe in derselben war eine Folge von Schweizer Prospecten: „Receuil de Prospectes de la Suisse“ in Aquatinta ausgeführt, Blätter die, wie gefällig sie auch sich ausnahmen, noch lange nicht ahnen ließen, was S. auf diesem Wege zu leisten im Stande sei. Als der Krieg sich seinem bisherigen Aufenthalte immer mehr und mehr näherte, beschloß er, nachdem er sechs Jahre in Basel gearbeitet, einem Rufe der damaligen kalkographischen Gesellschaft in Dessau zu folgen, was er um so lieber that, als er seinen Freund Haldenwang dort finden sollte, der vor ihm schon dahin abgegangen war. Im September 1796 traf S. in Dessau ein, wo er während eines Aufenthaltes von vier Jahren manch schönes Blatt auszuführen hatte [die Uebersicht der Blätter S.’s folgt auf S. 146[WS 1] u. f.] und an der Seite seines Freundes sich mächtig in seiner Kunst vervollkommnete. Als die Kriegsereignisse auf die Kunstzustände in Deutschland einen immer nachhaltigeren Rückschlag auszuüben begannen, erlag dem Drucke der Zeiten auch das noch so jugendliche Dessauer Kunstinstitut, an welchem S. damals mit solchem Erfolge gearbeitet hatte. Unschlüssig, wohin er nun seine Schritte wenden sollte, entschied er sich endlich für Wien, weil er dort für seine künstlerische Richtung mehr Gewinn [146] zu finden hoffte, worin er sich auch nicht getäuscht hatte. So verließ er im September 1800 Dessau, um über Prag nach Wien zu reisen, wurde aber in Prag aufgehalten, weil das Vordringen der Franzosen die österreichische Regierung nöthigte, das Reisen fremder Personen zu beschränken. Da man ihm sagte, daß diese Beschränkung nur von kurzer Dauer sein würde, so hielt sich S. einige Zeit in Prag auf, in welcher Stadt er ein schönes Blatt nach G. v. d. Poel für den Kunsthändler Tranquillo Mollo in Wien ausführte. Nach einem mehrmonatlichen Aufenthalte und eben im Begriffe, dem Norden sich zuzuwenden, erhielt er den Paß, der ihm die Reise nach Wien ermöglichte, wo er denn auch am 14. September 1801 eintraf, seit welcher Zeit bis an sein Ableben er dem Kaiserstaate angehörte. In dieser ersten Zeit arbeitete er zwei größere Blätter nach Jean Both und nach Cassas, dann verschiedene kleinere Stücke, bis sich ihm durch ein politisches Ereigniß Gelegenheit darbot zur Ausführung eines großen Prachtwerkes, das zu seinen schönsten Schöpfungen zählt. Salzburg und Berchtesgaden wurden nämlich zu einem Großherzogthum erhoben und dem ehemaligen Großherzog Ferdinand von Toscana zugetheilt. Bei der nahen Verwandtschaft beider Höfe war das Interesse der Bevölkerung für das neue, wenig gekannte Land vorauszusetzen. Das brachte Schlotterbeck dem unternehmenden Kunsthändler Mollo vor, und da außer den bedeutungslosen Neumann’schen Prospecten nichts über die genannten Länder vorhanden war. beschlossen Künstler und Verleger die Ausführung eines Werkes, welches die schönsten Puncte dieses an solchen so reichen Erdstriches durch die Kunst fesseln sollte. Schlotterbeck unternahm nun den künstlerischen Ausflug und führte ihn, wenig vom guten Wetter begünstigt, in zehn Wochen aus, deren Ausbeute an 60 und mehr Ansichten bildeten. Die ganze Tour, welche S. im Mai und den folgenden Monaten des J. 1803 gemacht, ist – als für Künstlertouristen nicht uninteressant – in den „Erneuerten vaterländischen Blättern“ 1819, S. 139–147, ausführlich beschrieben. Da S. in der Gegend völlig fremd war, standen ihm zwei Männer, der damalige Kammerpräsident Freiherr von Moll [Bd. XIX, S. 2] und Franz Anton Jirasek [Bd. X, S. 179], damals salzburgischer Forstbeamter, rathend zur Seite. Eine zweite, gleichfalls zu künstlerischen Zwecken und im Auftrage seines Kunstverlegers unternommene Reise führte S. in den späteren Monaten desselben Jahres über St. Pölten, Melk, Enns, Steyr, Eisenerz, Gratz und über Maria-Zell zurück aus, die aber lange nicht jene künstlerische Ausbeute lieferte, wie die erstere. Nagler in seinem „Künstler-Lexikon“ gibt das Jahr 1808 als jenes von oberwähnten Kunstreisen Schlotterbeck’s an, worin er sich um 5 Jahre irrt. Außer diesen zwei Haupttouren machte S. noch eine nach dem Waagthale in Ungarn – gleichfalls im Interesse seines Verlegers – deren Resultat jedoch an das der vorbenannten Touren nicht hinanreicht. Im Uebrigen war S. bis an sein Lebensende, das im besten Mannesalter von 42 Jahren eintrat, künstlerisch thätig. Hier folgt mit Uebergehung der in der Biographie bereits angeführten eine Uebersicht der Werke Schlotterbeck’s, die so ziemlich der Vollständigkeit näher kommt.

Uebersicht der Blätter von Wilhelm Friedrich Schlotterbeck. „Ansicht bei Vietri im Meerbusen von Salerno“ (19 Zoll br., 17 Zoll h.); [147] – „Grotte des Neptun unterhalb Tivoli“, Gegenstück zu dem vorigen; – „Ansicht der Felsengestade von Sorrento“, zwei verschiedene Prospecte (die Dimensionen wie bei der Ansicht von Vietri); – „Die Eiche des Silvan“ (18 Z. br., 24 Z. h.), die vorgenannten fünf Blätter sämmtlich nach Gemälden von Hackert in der Sammlung des Baron Erdmannsdorf (gr. Qu. Fol.). – „Die Ruinen der Villa des Kaisers Domitian“, nach der Zeichnung des Barons von Erdmannsdorf (Qu. Fol.). – „Ansichten aus den Umgebungen von Dessau“ (Qu. Fol.): a) Das gothische Haus; b) Der Stein; c) Das Nympheum; d) Das Pantheon; e) Der Venustempel; f) Eine Gartenaussicht, die vorgenannten sechs Blätter sämmtlich nach Kunz; h) Das Portal eines Gottesackers in Dessau, nach Wehle; i)Eine Ruinenbrücke aus dem Garten des Prinzen Hans Jürgen. – „Der Morgen“, die Sonne steigt dunstig aus dem Meere; im Vordergrunde der Engel mit Tobias. – „Der Abend“, weite Landschaft am Meere mit Ruinen, im Vordergrunde griechische Schäfer. – „Die Abenddämmerung“. – „Der Mittag“. Diese vier Blätter (25 Z. br., 19 Z. h.), anfänglich geäzt und dann in Aquatinta ausgeführt, nach Gemälden von Claude Lorraine in der berühmten Casseler Gallerie, später von Napoleon als Kunstbeute nach Paris gebracht und jetzt in der kais. Eremitage zu Petersburg, hat S. nach Zeichnungen von Rahl vollendet; an letzterer Platte arbeitete auch der Kupferstecher Abel Schlicht mit. Die bisher genannten Blätter vollendete neben einigen kleineren Arbeiten von geringercm Belange S. während seines vierjährigen Aufenthaltes im kalkographischen Institute zu Dessau. – „Das brennende Dorf bei Nacht; Soldaten plündern und schaffen das Geraubte auf Wagen fort“. Nach Egbert van der Poel’s Bild in der gräfllich Nostitz’schen Sammlung; ein vorzügliches Effectblatt (in Qu. Fol.), von S. während seines Aufenthaltes in Prag 1801 gearbeitet. – „Landschaft mit Ruinen“, nach Johann Both (gr. Qu. Fol.); – eine zweite gleich große nach demselben Künstler, beide in Wien 1802 ausgeführt. – „Gegend auf dem Libanon“ und „Ruinen zwischen Sidon und Tyrus“. Dieses und das vorige nach L. F. Cassas (gr. Qu. Fol.) zum Coloriren eingerichtet in gegossener Aquatinta. – „60 Ansichten aus dem Gebiete von Salzburg und Berchtesgaden“ (Qu. Fol.), nach eigenen Zeichnungen mit erklärendem Texte von Professor Reißer [Bd. XXV, S. 256]; es befinden sich darunter zwei Ansichten der Stadt Salzburg; sieben Ansichten aus der nächsten Umgebung, als Klesheim, Aigen, Asboth bei Goldenstein, Hellbrunn, Leopoldskron. Neuthor und Gaisberg; zum hängenden Stein; der Watzmann; der Königssee; St. Barthlmä; der Obersee; das Wimbachthal; der Hintersee; Lofer; Wasserfall Strub im Fischbachthale; Schloß Ittern; Zell am See; Aussicht auf die Tristenspitze: Vorder-Dux; Hinter-Dux; der Duxer Gletscher; Schloß Kropfsberg am Inn; die Gerlaswand; der Brünler Wasserfall: Zell mit dem See; Schloß Fischhorn; das Pinzgauthal; das Wildbad; Gastein mit der Cascade; Bürrfall am Naßfeldweg; St. Michael; Tamsweg; Paß des Tauern; Radstadt; Werfen, zwei Ansichten; Paß Lueg, zwei Ansichten; Markt Golling; Gollingerfall; St. Gilgen; Wolfgangsee, zwei Ansichten; Falkenstein; die genannten Ansichten sind eben die gelungensten der ganzen Sammlung, die ein schönes Zeugniß für Schlotterbeck’s künstlerisches Auge, für die schwere Kunst: recht zu schauen, geben. – „Ansichten aus Oesterreich und Steiermark“: St. Pölten – Melk – Enns – Steyr – Eisenerz – Gratz – Maria-Zell – Schloß Klausen – der Gleinker-See – Stift Admont – St. Leonhard im Reith unweit Maria-Zell – Ansicht vom Erlaph-See – Ansicht in der Hölle im Weichselboden – Ansicht zwischen Hieflau und Eisenerz – Ansicht vom Leopolosteiner-See. Die Blätter dieser Ansichten sind 1 Sch. 7 Z. breit, 1 Sch. 3 Z. hoch. – „Ansicht von Bellenz im Canton Tessin in der Schweiz“ (1 Sch. 9 Z. br., 1½ Sch. hoch). – „Ansichten aus Wiens nächster Umgebung“: Ansicht von Schönbrunn – Ansicht von Klosterneuburg – Die Stadt Baden (bei Wien) – Königshöhle bei Baden – Der Kahlen- und Leopoldsberg“ – Circus gymnasticus im Prater – Bei den Wirthshäusern im Prater – Kiosk in Baden – Panorama im Prater – Gloriett in Schönbrunn – Ritterschloß in Laxenburg – Aussicht aus den Lang’schen Anlagen in Baden – Antonsbrücke im Helenenthale – Knappenhof in Laxenburg – Ruine im Garten zu Schönbrunn – Eingang in das Helenenthal bei Baden, die letztgenannten 16 Blätter 14 Zoll br., 11 Zoll hoch; – Rauhenstein bei Baden – Antonsbrücke bei Baden – Clausenhaus im Helenenthale – Helenenthal bei Baden, [148] die vier letztgenannten Blätter 17 Zoll hoch 13 Zoll breit. – „Perspectiven auf dem Waagflusse in Ungarn“ (Qu. Fol.), 2 Hefte. – „16 Radirungen für die malerische Reise des Dr. Fischer“ (Qu. Fol.) und eine „Sammlung von Trachtenbildern des österreichisch. Kaiserstaates“, wovon es außer braunen auch colorirte Exemplare gibt. S. scheint Mitglied der Wiener Akademie der bildenden Künste gewesen zu sein, denn er wird als akademischer Künstler aufgeführt. Unter den Künstlern in Aquatinta-Manier gehört er zu den ersten seines Faches.
Annalen der Literatur und Kunst des In-und Auslandes (Wien, A. Doll. 8°.) Jahrg. 1810, Bd. III, S. 532. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1836, 8°.) Bd. IV, S. 551. – Erneuerte vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) 1819, Nr. 35–37: Nekrolog. – Oesterreichs Pantheon. Gallerie alles Guten und Nützlichen im Vaterlande (Wien 1831, M. Chr. Adolph, 8°.) Bd. IV, S. 26. – Handbuch für Kupferstichsammler. Auf Grundlage der zweiten Auflage von Heller’s prakt. Handbuch für Kupfelstichsammler bearbeitet u. s. w. von Dr. phil. Andreas Andresen, nach dessen Tode fortgesetzt von J. E. Wessely (Leipzig 1873, Weigel, Lex. 8°.) Bd. II, S. 455.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: S. 145