BLKÖ:Schwarz, Gottfried

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 32 (1876), ab Seite: 291. (Quelle)
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Schwarz, Gottfried (evangelischer Theolog und historischer und theologischer Schriftsteller, geb. zu Iglo im Zipserlande Ungarns 19. November 1707, gest. zu Rinteln 13. November 1786). Sein Vater Samuel Schwarz war Handelsmann und wurde in Folge des hohen Ansehens, das er genoß, 1708 zum Rathsherrn und 1709 zum Stadtrichter von Iglo erwählt. Die erste Erziehung erhielt der Sohn im Elternhause; im Alter von sechs Jahren kam er in die Schule nach Leutschau, wo er durch sieben Jahre verblieb. Da er dem Wunsche des Vaters gemäß dem Handelsstande sich widmen sollte, schickte ihn der Vater zur praktischen Erlernung der herrschenden Landessprachen nach den Orten Csetnek und später nach Osgyan, deren ersterer von Slovaken, der letztere von Magyaren bewohnt ist. Nachdem er an genannten Orten seine Studien fortgesetzt, bezog er die Schule in Eperies und wurde dort Haus- und Tischgenosse des berühmten Rectors der dortigen Schule, Peter Paul Topperczer, dessen Umgang für den empfänglichen Jüngling von großem Einflusse war. Zwei Jahre blieb S. in Eperies, und nun für die [292] Universität vorbereitet, begab er sich 1726 nach Deutschland, und zwar nach Jena, wo damals Männer wie Buder, Hamberger, Hoffmann, Köhler, Schmeizel, Stolle u. A. lehrten. Nach vierjährigem Aufenthalte in Jena beriefen die Leutschauer den 21jährigen S. als Conrector an ihre Schule. Diesem Rufe folgend, kehrte S. in sein Vaterland zurück und schon nach anderthalb Jahren wurde er Rector der Leutschauer Schule. Mißhelligkeiten und Verdrießlichkeiten mit dem dortigen Schulpatronate verleideten ihm aber alsbald sein Amt und freiwillig legte er dasselbe wieder nieder. Seine Absicht, sofort nach Deutschland zurückzukehren, wo sich ihm während seines mehrjährigen Aufenthaltes doch noch eine andere Welt gezeigt hatte, konnte er wegen Familienangelegenheiten nicht ausführen. Ein Proceß, den sein Vater bereits 15 Jahre geführt, fesselte ihn an die heimatliche Scholle. Er begab sich demnach 1734 zunächst nach Pesth, um in der Nähe seines Advocaten den Ausspruch des Gerichtes abzuwarten, der endlich nach dreiviertel Jahren – gegen ihn – gefällt wurde. Nun begab er sich nur noch nach Leutschau, um dort seine häuslichen Angelegenheiten zu ordnen, und nachdem dieß geschehen, verließ er im Jahre 1735 sein Vaterland, um es nie wieder zu betreten. In der Fremde gelangte S. zu amtlichen Ehren und bedeutendem wissenschaftlichen Rufe in der Gelehrtenwelt. Auf seiner Reise nach Deutschland, die er über Preßburg, Wien, Nürnberg, Frankfurt a. M., Marburg, Erfurt, Jena nach Halle ausgeführt und auf welcher er in den genannten Städten mit namhaften Gelehrten, so u. A. mit dem Historicus Bel [Bd. I, S. 234], mit dem kais. Leibarzte und Bibliothekar Pius Nikolaus Garelli [Bd. V, S. 89], mit dem kaiserlichen Astronomen Marinoni [Bd. XVI, S. 447] sich bekannt gemacht; auch in Marburg ein Jahr aufgehalten, traf er 1739 in Halle ein, wo er im Anbeginne die Absicht hatte, sich bleibend niederzulassen, auch hatte er dort bereits Vorlesungen zu halten begonnen, die sich großen Beifalls erfreuten und 1740 zur Erlangung der Magisterwürde öffentlich disputirt. Als jedoch im Jahre 1742 seine Berufung als Rector nach Osnabrück erfolgte, nahm er dieselbe an und begab sich dorthin, wo er durch sieben Jahre bis 1749 wirkte. Im genannten Jahre aber berief ihn der Landgraf von Hessen-Cassel als Superintendenten der Grafschaft Schaumburg, Hessen-Cassel’schen Antheils, Beisitzer des Consistoriums und ersten Professor der Theologie nach Rinteln. Da er ohne Doctorwürde dieses hohe Amt nicht antreten durfte, bewarb er sich bei der Universität in Helmstadt um dieselbe, erlangte sie auch in absentia und trat nun sein Amt in Rinteln an, worauf ihn der Landgraf alsbald auch noch zum Consistorialrathe ernannte. 33 Jahre wirkte S. daselbst im Amte, von seinen Mitbürgern und in der Gelehrtenwelt hochgeachtet. Auf wissenschaftlichem Gebiete war er in den Fächern der Theologie, Philosophie und Geschichte besonders thätig. Auf letzterem war es insbesondere die Geschichte seines Vaterlandes Ungarn, die er mit besonderer Liebe bearbeitete. Der Freimuth, mit welchem er seine Ansichten vortrug, die nicht immer den Beifall Jener fanden, für welche sie zunächst bestimmt waren, zog ihm von mehreren Seiten mitunter harte, immer aber unbegründete Angriffe zu, welche später, nachdem Fachmänner wie Kollar, Katona, Kerselich, Pray, seine Arbeiten unbefangen und [293] kritisch prüften, und nur zu sehr begründet fanden, was er geschrieben, verstummen mußten. So hatte gleich seine erste Schrift, welche er veröffentlicht hatte, die „Dissertatio inauguralis historico-critica de initiis religionis christiane in Hungaros Ecclesiae orientalis assertis iusdemque a dubiis et fabulosis narrationibus repurgata“ (Halae 1739, 4°.), und welche er, um mit dem katholischen Clerus nicht in literarische Händel zu gerathen, auf jenen Exemplaren, welche in sein Vaterland gingen, ohne seinen Namen hatte drucken lassen, ihre Wirkung nicht verfehlt und ihm literarische Angriffe zugezogen. Nichtsdestoweniger erschien dem damaligen Bischof von Raab diese Schrift wichtig genug, um sie noch im nämlichen Jahre in Raab selbst neu drucken zu lassen, worauf im Jahre 1749 zu Klausenburg eine dritte[WS 1] Auflage erfolgte, welcher überdieß einige Sätze aus der scholastischen Philosophie beigefügt waren. Diese Ausgabe wurde bei einer Promotion als Prämium vertheilt. Die Titel der zahlreichen selbstständigen Schriften S.’s, mit Uebergehung seiner vielen Predigten und theologischen Programme und Dissertationen, welche in den in den Quellen angeführten Werken verzeichnet stehen, sind in chronologischer Folge: „Dissertatio de sensibus et quae Deo tribuuntur sensationibus ...“ (Halae 1740); – „And. Dudithii ab Horehowitza Episcopi tunc Tiniensis orationes quinque in Concilio Tridentino habitae, quarum posteriores duae nunc primum e Msc. prodeunt, cum Appendice orationum duarum quas Georg. Drascowich in eodem Concilio habuit. Praefatus est ac Dissertationem de vita et scriptis Andr. Dudithii adjecit Lorandus Samuelfy“ [Pseudonym für Godefr. Schwarz] (Halae 1742, 4°.); – „Imperator Justinianus M. Slavicae genti vindicatus. Schediasma historico-philologicum“ (Witteberg. 1742, 4°.); – „Oratio de optima studiosam iuventutem instituendi ratione“ (Osnabr. 1743, 4°.); – „Programma de sonorum sine mente editorum insidiosi illius linguarum cultoribus vitii, origine“; – (ibid. 1743, 4°.); – „Idea boni consulis; in memoriam Consulis Osnabrug. Guil. Frid. de Blechen“ (ibid. 1744, 4°.); – „Trias observationum grammaticarum quibus totidem Codicis Sacri Veteris Testamenti loca illustrantur“ (ibid. 1744, 4°.); – „Decadum Ant. Bonfinii editio nupero Posonii Viennensis iusto pretio aestimata. Schediasma litterar. et historicum“ Osnabr. 1745, 4°.); – „Tetras observationum sacrarum, quibus todidem codicis sacri V. T. loca illustrantur“ (ibid. 1746, 4°.); – „Progr. Rei nummariae e medio aevo specimen“ (ibid. 1747, 4°.); – „Elementa Logicae theoreticae“ (Osnabr. et Lemgoviae 1748, 4°.; später Rintel. 1754, 8°.); – „Unvorgreifliche Gedanken von dem Vorzuge der neueren Weltweisen vor den alten ...“ (Osnabrück 1748, 4°.); – „Programma de iusta censura hymnorum qui publicis ecclesiae alicujus usibus commode serviant“ Osnabr. 1750, 4°.); – „Dissert. I de sensu verborum Malach. I, 11, merum elenchum sine ullo vaticinio continentium“ (ibid. 1751, 4°.); II. (ibid. 1752); III., mit einem allgemeinen Titelbogen und Vorrede (ibid. 1754, 4°.); – „Samuel rex Hungarie, qui vulgo Aba audit, ex historico et simul numario monumento, tam nomini quam populo suo restitutus, hallucinationibus et erroribus non paucis quos actis suis Sanctorum ad [294] d. IV. Sept. Scriptores Antwerpienses iactantibus affricarunt, de eadem fidelia delatis“ (Lemgov. 1761, 4°.); – „Versuch einer Beurtheilung der kritischen Schwänke über den 16. Psalm in einem sogenannten kritischen Kollegia“ (Rinteln 1764, 4°.); – „Recensio critica Schmeizeliani de numis Transilvanicis commentarii, supplementa, emendationes et illustrationes perpetuas continens“ (Rintel. 1765, 4°.); – „Flores sparsi ad tabulas pignori relictarum XIII civitatum Saxon. terrae Scepusiensis in Hungaria superiori pietatis sanctae officio ultro libenterque defungente“ (ibid. 1765, 4°.); – „Stromateus dissertationum de sacra domini coena“ (ibid. 1766, 8°.); – „Originum et occasuum Transilvaniae auctore Laurentio Toppeltino recensio critica, cum appendice diplomatum aliquot, omnia maxime ad natales gentis Saxonicae in magno Principatu Transylvaniae inque Comitatu Scepusiensi Superioris Hungariae, asserendos et illustrandos“ (Rint., 4°.); – „Annorum vitae Tharahhi et Abrahami conciliatio chronologica“ (ibid. 1773, 4°.); – „Anzeige von des Herrn Grafen Wolfgang de Bethlen „hist. Hungarico-Daciarum Libris XVI.“, als einem nach dem gedruckten ersten und ungedrucktem andern Theile zum Verlage ganz ausgefertigt liegenden Werke“ (Lemgo 1774, 4°.); – „Recensio critica epitomes rerum Ungaricarum auctore Petro Ranzano, Siculo, cum triplici appendice insignium ad memoriam diplomatum duorum et criseos singularis eruditionis epitomes Ranzani Tyrnacio-Budensis“ (Lemgov. 1774, 4°.); – „Entlarvte Bulle Sylvester’s II., die er an den heil. Stephanus, König in Ungarn, geschickt haben soll. Sammt ihren widerlegten Behelfen aus der Legende Chartnitii und Pabst Gregorii VII. Briefen“ (Lemgo 1777, 4°.); – „Exercitationes oratione prosa et versu dicendi scribendique; quas vel pro tempore vel unius linguae acuendae gratia composuir olim nunc in unum congestas edidit“ (Lemgov. 1781, 8°.); – „Catalogus scriptorum de rebus omnis generis Hungariae concorporatarum provinciarum gentiumque finitimarum“ (Rintel. 1784, 4°.). Von seinen zahlreichen, in gelehrten Zeitschriften und periodischen Sammelwerken enthaltenen Abhandlungen seien erwähnt: in Bidermann’s „Actis scholast.“, Bd. V, S. 526 u. f.: „Verzeichniß der sämmtlichen Rectoren und Conrectoren des Gymnasii zu Leutschau in Ober-Ungarn von 1520 bis auf diese Zeit“ (1745); – in den Hamburger freyen Urtheilen und Nachrichten 1750, Stück 71:- „Recension von Jac. a Mellen series Regum Hungariae e nummis aureis“; – und Stück 87: „Anmerkungen über des seel. Herrn Schmeizel’s Siebenb. Gold- und Silbermünzen“; – in den Rinteln’schen Anzeigen von gelehrten und gemeinnützigen Sachen, 1763, Stück 1, 2, 3: „Beschreibung eines alten Hessischen Goldguldens von Wilhelm dem Mittleren von 1508 mit der Umschrift: Deum solum adorabis“; – 1765, Stück 4 bis 10: „Verzeichniß einiger Schaumburgischen Münzen, mit unvorgreiflichen Anmerkungen hin und her begleitet“; – 1768, Stück 24: „Beschreibung einer viereckigen Schaumburg’schen Klippe Grafens, nachmaligen Fürstens Ernst von Holstein-Schaumburg“; – ebd., Stück 34: „Beschreibung der auf den Antritt der Osnabrück’schen Regierung Sr. kön. Hoheit Friedrich’s .. geschlagene Medaille“; – ebd., Stück 36: [295] „Beschreibung der auf das erste Reformations-Jubiläum der Stadt Osnabrück im Jahre 1643 geschlagenen Gedächtnißmünze“; – ebd., Stück 47–50: Wolfgangi de Bethlen historiarum libri“; – 1769, Stück 1–3: „Historisch-kritische Nachricht von der berufenen päpstlichen Bulle in coena dominii“; – ebd., Stück 40–42: „Beschreibung der vier Gedächtnißmünzen auf die erste Jubelfeier der Universität zu Rinteln“; – ebd., Stück 42: „Beschreibung des Species-Thalers und Guldens, von dem neuen Reichsfürsten Grafen Karl von Batthyány geschlagen“; – in Miscell. nov. Lips. Vol. VI (1747), P. I, p. 111 et s.: „De Johanne Bocatio e Lusato Hungaro, Poeta laureato Caesareo Commentatio“; – in den Hamburger Beyträgen zur Aufnahme der gelehrten Historie und der Wissenschaften, 1741, S. 282: „Cerographia Hungariae s. Notitia de insignibus et sigillis etc. recensuit“; – in Walch’s „Neuester Religionsgeschichte“. Theil V, S. 173 u. f.; Theil VII, S. 345 u. f., u. S. 465 u. f.: „Von dem Zustande der Socinianer in dem heutigen Großfürstenthume Siebenbürgen“. Wie bemerkt worden, hatte Sch. 33 Jahre die obengenannten Aemter bekleidet, im Jahre 1782 trat er, ob seiner Altersschwäche sich der Menge der Geschäfte nicht gewachsen fühlend, die Superintendentur und das Assessorat aus eigener Bewegung ab. Er starb, hochgeachtet, nahezu achtzigjährig[WS 2]. – Seine Gemalin Gerhardine, geborne Brouning, gehörte zu den gelehrten Frauen ihrer Zeit, und von ihr sind mehrere Predigten Esp. Flechier’s, von Vorrede und Anmerkungen ihres Gatten begleitet, im Drucke erschienen.

Horányi (Alexius), Memoria Hungarorum et Provincialium scriptis editis notorum (Viennae 1776, A. Loewe, 8°.) Tom. III, p. 236 et s.. – Klein (Johann Samuel), Nachrichten von den Lebensumständen und Schriften evangelischer Prediger in allen Gemeinen des Königreichs Ungarn (Leipzig und Ofen 1789, Diepold u. Lindauer, 8°.) Bd. I, S. 465, in der Anmerkung. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1778, v. Trattnern, 8°.) I. Bds. 2. Stück. S. 119. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. IV, S. 612. – Strieder, Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte u. s. w. (Cassel 1780 u. f.) Bd. XIV, S. 110 u. f. – Strodtmann (Johann Christ.), Neues gelehrtes Europa (Wolfenbüttel). Theil I, S. 179 u. f.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: drittte
  2. Vorlage: achtigjährig