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BLKÖ:Singer, Peter

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Singer, Franz
Band: 35 (1877), ab Seite: 7. (Quelle)
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Singer, Peter (Franziskanermönch, Tonkünstler, geboren zu Häselgehr im Lechthale in Tirol 28. August, nach Andern 18. Juli 1810). Dieser musicirende, componirende und Instrumenten bauende Franziskanermönch bietet so wenig Momente dar für eine biographische Lebensskizze, daß er mehr ein Motiv für den ausmalenden Griffel des Feuilletonisten, als für den trockenen Stift des Lexikographen bildet. Thatsächlich ist er auch wiederholt Gegenstand begeisterter Feuilleton-Schilderungen gewesen, und während die alte „Presse“ (1858) Nr. 177 schon vor einem Vierteljahrhundert im Feuilleton „Salzburg im Regen“ sich vor diesem in des Paters Zelle flüchtet, und uns nun den frommen Mönch in musikalischer Extase vorführt, berichtet das „Gmundener Wochenblatt“ ein paar Jahre später (1861, Nr. 39) über ihn als ein „Musikalisches Weltwunder“, und endlich findet auch die „Neue freie Presse“ (Nr. 2460 vom 2. Juli 1871) Anlaß, im Feuilleton den musikalischen Klosterbruder in scharfen und wohlgetroffenen Zügen abzukonterfeiern. Das Folgende ist nur eine Mittheilung unumstößlicher Thatsachen, welche aber mit den bisher angeführten Artikeln über ihn, und den unten in den Quellen genannten das Bild dieses interessanten Compositeurs, musikalischen und technischen Genies, und nach allen Richtungen hin eines Autodidakten vollenden helfen. S. ist der Sohn eines Glockengießers in Tirol, und hat durch die Beschäftigung seines Vaters wahrscheinlich die ersten bleibenden Eindrücke erhalten [8] und in sich verarbeitet. Mit 17 Jahren ging er in das Kloster, in welchem er am 12. August 1833 die Gelübde ablegte und am 13. Juli 1834 die Priesterweihe empfing, während er mit seinem musikalischen Drang begreiflicherweise auf sich selbst angewiesen blieb. Eigenes Versuchen und eigenes Nachdenken waren ihm fast die einzigen Schlüssel zu den Geheimnissen der Tonkunst. Durch einen seltenen Instinkt geleitet, drang er ziemlich tief in den praktischen wie in den theoretischen Theil der Musik. Als Resultat in letzterer Richtung fand er ein neues System der Harmonielehre. Ungleich bedeutender und bekannter ist P. Singer als Specialität im Instrumentenbau. Um sein merkwürdiges „Pansymphonikon“ zu hören, besuchen fast alle Fremden das Franziskaner-Kloster in Salzburg. In den fünf Tagen des Mozartfestes (1856) sind an 1300 Personen in der Zelle P. Peter’s gewesen. Die Beschwerlichkeit dieser Fremdenbesuche wurde jedoch dem geduldigen Künstler mit der Zeit noch empfindlicher durch ein nervöses Leiden, welches ihm nur Vormittags das Spielen gestattet. Mitten in der schlichten, mit Heiligenbildern geschmückten Zelle steht das von P. Peter erfundene und von ihm allein ausgeführte „Pansymphonikon“. Es ist ein großer Kasten mit zwei Claviaturen und Pedalen, hauptsächlich nach dem Princip der Physharmonika nur aus Zungenpfeifen construirt. Vierzig Register geben der Melodie abwechselnd die Tonfarbe des Waldhorns, der Oboe, der Clarinette, der Violine, des Cello’s u. s. w., während die linke Hand (auf der untern Claviatur) nach Belieben eine Pianoforte-, oder Physharmonika-Begleitung hinzufügt. Der Ton mancher Instrumente (z. B. Oboe, Fagott, Cello) ist so wunderbar, daß man ihn in keinem Orchester schöner finden kann. Tonmeister wie: Lachner, Meyerbeer, Spohr staunten eben so sehr über die Schönheit dieser Klänge, als praktische Orgelbauer über die unbegreifliche Einfachheit der Mittel, wodurch sie erreicht wurde. Auf Grund eigener akustischer Studien ist S. durch fortwährende Versuche zu diesem merkwürdigen Resultate vorgedrungen. Am Fenster steht eine winzige Physharmonika, die man für ein Modell oder für ein Spielzeug halten möchte. P. Singer setzt sich daran, und ein schöner Ton, voll und kräftig genug, um damit eine Kirche zu beherrschen, strömt aus dem niedlichen Instrumentchen. Der Künstler hat es ebenfalls selbst gebaut, um damit das Problem zu lösen, wie im möglichst kleinen Umfang die größte Tonstärke zu erzielen sei. Dieser Bau, gleichfalls auf dem Wege steten Experimentirens entstanden, bietet den Sachverständigen kein geringeres Räthsel, als das große Pansymphonikon. Welch geniale Begabung dieser Franziskanermönch für akustische Erfindungen besitzt, kann man vielleicht abschätzen, wenn man die außerordentlichen Hindernisse erwägt, unter welchen er seine Instrumente erfand und in seiner Zelle allein ausführte. P. Singer ist auch als Componist für den Gottesdienst sehr thätig; er soll sehr leicht produciren. Sein schwer zu spielendes Instrument behandelt er mit Meisterschaft. Wenn der hagere Klosterbruder, zurückgelehnten Kopfes und mit halbgeschlossenen Augen an seinem Instrumente phantasirt, glaubt man sich in die längst vergangenen Zeiten eines Fiesole versetzt. Was P. Singer’s Compositionen betrifft, so sind es verschiedene Kirchenvocal-Compositionen, Messen, Offertorien, Graduale, Marienlieder u. s. w. mit Orgelbegleitung, wovon Einiges im Stich erschienen ist, so: „Zwei Marienlieder, [9] für zwei Sopran, Tenor und Bass mit Orgelbegleitung (Kufstein 1863, Eden); – „Zwei „Tantum ergo“ (F-dur, Es-dur), für zwei Sopran- und vier Männerstimmen mit Orgelbegleitung“ (ebd., beide Compositionen 1866 bei Johann Groß in Innsbruck). Noch sei bemerkt, daß er zur Saisonzeit, wenn nämlich in den Sommermonaten der große Fremdenzug das Salzkammergut durchpilgert, gewöhnlich in den letzten Vormittagsstunden – zwischen 11 und 12 Uhr – auf seinem Instrumente sich hören läßt. Wer sich näher über diesen musikalischen Mystiker und seine Ideen über das Reich der Töne unterrichten will, findet das Verlangte in seiner von Georg Philipps [Bd. XXII, S. 211]) herausgegebenen Schrift: „Metaphysische Blicke in die Tonwelt, nebst einem dadurch veranlaßten neuen System der Tonwissenschaft“ (München 1847, literarisch-artistische Anstalt, gr. 8°.).

Engl (Joh. Evang.), Gedenkbuch der Salzburger Liedertafel zum 25jähr. Stiftungsfeste am 22. Nov. 1872 (Selbstverlag der Salzburger Liedertafel vom Jahre (1872), 8°.), S. 290 [nach diesem geb. 28. August 1810]. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex.-8°.), S. 782 [nach diesem geb. 18. Juli 1810]. – Biographien salzburgischer Tonkünstler (Salzburg 1845, Oberer, 8°.) S. 47 [nach diesem geb. 18. Juli 1810]. – Staffler (Joh. Jac.), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Fel. Rauch, 8°.), Bd. I, S. 320. – Zeitschrift für Deutschlands Musikvereine und Dilettanten. Herausgegeben von Dr. Frz. S. Gaßner (Carlsruhe, 8°.) III. Bd. (1844), S. 260. – Bote für Tirol und Vorarlberg 1858, Nr. 208.