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BLKÖ:Sojka, Mathias

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 35 (1877), ab Seite: 238. (Quelle)
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Sojka, Mathias (böhm. Organist und Compositeur, geb. zu Wilimow im Czaslauer Kreise Böhmens 12. Febr. 1740, gest. ebenda 13. März 1817). Wenn als Sojka’s Geburtsjahr anderswo 1730, auch 1733 und als sein Sterbejähr 1820 angegeben werden, so ist das ebenso unrichtig, als wenn er hie und da mit dem Taufnamen Matthäus erscheint, da sein wirklicher Taufnamen Mathias ist. Auch die Schreibart Sogka kommt hie und da vor, was auf die Eigenthümlichkeit der čechischen Sprache zurückzuführen ist, in welcher das g nicht selten durch ein j und umgekehrt (Gitschin Jicin, Gyrowec Jirowec, Jerzabek Gerzabek) ersetzt wird. Sojka war ein Unterthan der Herrschaft Wilimow, welche damals dem Grafen Ignaz Ernst von Caretto-Milešimo gehörte, von dem sie später auf den Grafen Joseph überging, mit welchem das Grafenhaus der Milešimo 1852 erlosch. Mathias zeigte früh musikalisches Talent, wer aber sein erster Lehrer in der Musik gewesen, läßt sich nicht mit Bestimmtheit feststellen, wenn man auch kaum fehl gehen dürfte, den damaligen Ortsschullehrer Anton Magauer dafür anzunehmen. Als sein damaliger Herr und Gönner, Graf Milešimo, Sojka’s Musiktalent erkannte, schickte ihn dieser, der ihn auch die lateinischen Schulen hatte vollenden lassen, zur ferneren Ausbildung zu Johann Sebastian Bach. Bei diesem berühmten Meister lernte S. Generalbaß und Harmonielehre. Als aber Bach in kurzer Zeit wegen zunehmender Augenschwäche sich außer Stand erklärte, Sojka’s Unterricht fortzusetzen, schickte der Graf seinen Schützling sofort nach Prag, um seine Ausbildung durch den dortigen Domcapellmeister Joseph Seger oder Segert, wie er auch genannt wird, vollenden zu lassen. Unter solchen Meistern bildete sich S., der in der That auch ein ungewöhnliches Musiktalent besaß, in tüchtiger Weise aus. Bald machte die Nachricht von seiner Geschicklichkeit die Runde in weiteren Kreisen und es fehlte nicht an günstigen Anträgen; S. aber, in Dankbarkeit für alles, was der Graf zu seiner Ausbildung gethan, lehnte jedes an ihn gestellte Anerbieten ab und blieb bei seinem Gönner, dem Grafen, der ihm mit dem Dienste eines Küchenschreibers (oder, wie er allgemein genannt wurde, Kuchlschreibers) eine Art Sinecure gegeben hatte. So konnte sich der Graf einerseits an dem reichen Talente seines Schützlings erfreuen, wie andererseits dieser wieder seiner Neigung nach Herzenslust sich hingeben konnte. Sojka blieb in den Diensten seines Mäcens bis in sein hohes Alter. Nebenbei versah er das Amt des Organisten und [239] spielte täglich die Orgel in der Kirche von Wilimow. Auch ertheilte er Unterricht in der Musik und wenngleich seine Schüler ihn als ihren Lehrer wohl zu würdigen wußten, im Uebrigen kümmerten sich die Wilimower wenig um ihn und ahnten gar nicht den bedeutenden Meister, der in ihrer Mitte lebte. Er wäre vielleicht gänzlich unbekannt geblieben – denn die älteren Musiklexika von Gerber u. A. kennen ihn gar nicht dem Namen nach – wenn nicht spätere Musikforscher auf seine bedeutenden, namentlich kirchlichen Compositionen aufmerksam gemacht hätten. Einer seiner Schüler Wenzel Dolezalek, dann Chordirector zu Iglau, besaß das thematische Verzeichniß sämmtlicher Compositionen Sojka’s, welche die stattliche Zahl von dreihundert umfassen; es befinden sich darunter nicht weniger denn 40 Sonn- und Feiertags-Messen, der größere Theil davon alla capella, mit fugirtem Styl, 8 Litaneien, 2 Requiem, 2 Te Deum laudamus, dann über 100 Offertorien, Graduale, Lieder, Magnificat, Veni Sanctae Spiritus, Präludien und Fugen für die Orgel. Wie man aus einer ganz lückenhaften Mittheilung in der čechischen Musikzeitung „Dalibor“ erfährt, hätte die zurückgelassenen Compositionen Sojka’s der bekannte Musikkritiker Graf Laurencin d’Armond [Bd. XIV, S. 222] nach Wien mitgenommen, um darüber zu schreiben und hätte im Jahre 1860 auch dem Redacteur des „Dalibor“ versprochen, er wolle ihm eine Mittheilung über Sojka seiner Zeit zukommen lassen, doch ist bis 1862 nichts dergleichen erfolgt. Die biographischen Mittheilungen über S., wie aus Vorstehendem erhellet, sind sehr dürftig. Einer seiner Schüler, Johann Groß, berichtet. S. sei in seiner Jugend Läufer bei Grafen Millešimo gewesen. Die Zahl seiner Schüler war ziemlich groß, und Einer von denselben ist der nachmals berühmt gewordene Worzischek. Dlabacz berichtet von ihm, daß er zwei schöne Messen Sojka’s im Jahre 1786 auf dem Kirchen-Chore zu Raudnitz und mehrere andere Compositionen in Mähren angetroffen habe, von denen er einige ihm Jahre 1788 in einer musikalischen Akademie zu Brünn zu hören so glücklich gewesen. Seyfried, der seine kirchlichen Werke kennen zu lernen Gelegenheit gehabt, rühmt ihnen nach, daß sie im großen Style gehalten, mit contrapunctischer Vollendung, Klarheit der Gedanken, andächtiges Gefühl und Erhabenheit verbinden und an Sebastian Bach erinnern.

Dalibor. Časopis pro hudbů, divadlo etc., d. i. Dalibor. Zeitschrift für Musik. Theater u. s. w. V. Jahrg. (1862), Nr. 13. – dasselbe Blatt Nr. 14. – Slovník naučný, Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex.-8°.) Bd. VIII, S. 763. – Dlabacz (Gottfr. Jos.), Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theile auch für Mähren und Schlesien (Prag 1815, Gottlieb Haase, 4°.) Bd. III, Sp. 123 (Sogka). – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex.-8°.) S. 788.