BLKÖ:Steffan, Joseph Anton
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 37 (1878), ab Seite: 286. (Quelle) | |||
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Dlabacz unterscheidet in seinem „allgemeinen historischen Künstler-Lexikon für Böhmen“ [Bd. III, Sp. 202 u. 206] drei Compositeure dieses Namens: einen Joseph Steffan, den er einen Hof-Flügelisten, geboren zu Böhmisch-Kamnitz, nennt, dann einen Joseph Steffan, k. k. Hof-Claviermeister, zu Kopidlno in Böhmen am 14. März 1726 geboren, und einen Joseph Anton Stephan, welche alle drei eine und dieselbe Person und Eins mit dem Joseph Anton Stephan sein mögen, dessen Gerber gedenkt, der den Geburtsort Kopidlno irrig Kopidino nennt und ihn übereinstimmend mit dem bei Dlabacz vorkommenden Joseph Stephan am 14. März 1726 geboren sein läßt. Indeß pflegte Steffan selbst zuweilen sich Steffan von Granstetten zu unterfertigen, woraus man schließen könnte, daß sein Geburtsort Granstetten war. Kopidlno dürfte der richtige Name seines Geburtsortes sein, denn de Luca, der ihn persönlich kannte, gibt diesen Geburtsort in seinem „Gelehrten Oesterreich“ an. Steffan, der als Sängerknabe in seinem Geburtsorte den ersten Unterricht in der Musik erhalten hatte, kam nach Wien und war im Clavierspiel und im Tonsatz ein Schüler des berühmten Wagenseil; indeß ging er bald seinen eigenen Weg. Seinen Lebensunterhalt verschaffte er sich zuerst vom Unterricht im Clavierspiel, und [287] als tüchtiger Meister ward S. in den angesehensten Häusern gesucht. Endlich wurde er Hof-Claviermeister. Die Erzherzoginen Maria Antoinette, nachherige Königin von Frankreich, Maria Carolina, nachherige Königin von Neapel, und Erzherzogin Elisabeth waren seine Schülerinnen. Er bildete die vorzüglichsten Clavierspielerinen der damaligen Zeit, unter diesen ein Fräulein Madeleine von Kurzbeck [Band XIII, Seite 428, in den Quellen] und Frau Carolina Pichler, damals noch Fräulein von Greiner [Band XXII, S. 242]. In seinem vorgerückten Alter bildete sich auf seinen beiden Augen der graue Staar; er wurde ziemlich glücklich operirt, erhielt aber nie wieder einen scharfen und klaren Blick. Indeß blieb doch seine Stimmung immer noch heiter und oft scherzhaft. Steffan war der Erste, der in Wien deutsche Lieder componirte; Hofrath von Greiner, sein Jugendfreund und Gönner, munterte ihn hauptsächlich dazu auf und lieferte ihm aus den besten deutschen Dichtern seiner Zeit die Texte dazu. So entstanden vier Sammlungen von deutschen Liedern, wovon indeß nur drei von S. sind, die vierte aber von ein paar anderen Componisten herrührt, welche ebenfalls das Haus Greiner’s besuchten. Damals war es noch nicht gebräuchlich, solche Lieder dreistimmig zu setzen, und dem Clavier einen von der Stimme verschiedenen, bloß accomponirenden Gang anzuweisen. Als diese Manier allgemeiner ward, erklärte sich S. dagegen, weil sie der Einfachheit und Singbarkeit der Lieder schade. „Wenn ich wieder ein Lied componire“, sagte er lächelnd, „so will ich Waldhörner und Castagnetten dazu setzen, so macht es noch mehr Effect.“ Seine Lieder waren aber auch ihrer Einfachheit und Lieblichkeit wegen bald in jedermanns Mund und auf allen Straßen zu hören, besonders die Romanze von Claudius „Ich war erst sechzehn Jahre alt“, „Das Veilchen im Hornung“ von Gleim, dessen Anfang Haydn später zum Thema eines seiner schönsten Adagios gewählt hat, und Lotte an Werther’s Schatten: „Ausgelitten hast du, ausgerungen“ u. s. w. Steffan hat auch vier Sonaten und Concerte componirt, die zwar keinen hohen Flug der Phantasie, aber viel Lieblichkeit haben und im richtigen Satze geschrieben sind. Dlabacz sagt von dem Hofflügelisten Joseph Steffan irrig, daß die in den österreichischen Staaten eingeführten Kirchenlieder von ihm gesetzt sind, und von Joseph Anton Stephan, Compositeur in Oesterreich, daß er ein Oratorium „Der unschuldig angeklagte und zum Kreuztode verurtheilte Weltheiland“ componirt habe, welches bei dem heiligen Grabe der barmherzigen Brüder in Prag im Jahre 1757 aufgeführt worden sei. Möglich wäre es allerdings, daß unser Joseph Anton Steffan, der im Jahre 1757 schon 30 Jahre alt war, und vielleicht damals noch in Böhmen gelebt hatte, dieses Oratorium, so wie auch die in den österreichischen Staaten eingeführten Kirchenlieder componirt habe, zu welch letzterer Arbeit er in seiner Stellung als Hof-Clavierlehrer leicht aufgefordert worden sein kann. Als die Kaiserin Maria Theresia die Normalschulen einführte, befahl sie, „daß auch Grenadiere in selben unterrichtet werden, welche dann den erhaltenen Unterricht anderen Mitbrüder“ wieder mittheilen sollten. Es war ungefähr die Methode, die man nachmals die Lancaster’sche [288] nannte. Steffan erhielt den Auftrag, den mit diesen Schulen verbundenen Unterricht im Gesang zu übernehmen. Bei Gelegenheit einer feierlichen Prüfung führten die Schüler und namentlich die Grenadiere den Vortrag eines Liedes so zur Zufriedenheit der Kaiserin aus, daß ihn diese mit einem Geschenke von 50 Ducaten belohnte. Steffan starb am Schlagfluß im Alter von 71 Jahren. Die Titel seiner im Stich erschienenen Compositionen sind: zwölf Variationen über das böhmische Lied: „Muj mily Janku“ (Wien, bei Träg); – „VI Divertimenti per il Cembalo“ op. 1 (Wien), dem Erzherzog Joseph, nachmaligem Kaiser Joseph II., anläßlich seiner Vermälung gewidmet; – „VI Sonate per il Cembalo“ op. 2 (1756–1759); – „XL Preludi per il Cembalo in diversi tuoni“ (Wien 1762); – „III Sonate da Cembalo“ op. 3, Parte 1. (Wien 1763); – „III Sonate per il Cembalo“ op. 3, Parte 2da (Wien 1764); – „Sammlung deutscher Lieder für’s Clavier“. Erste Abtheilung, Wien 1778. – Zweite Abtheilung. 1779. – Dritte Abtheilung, 1780. – Die 1781 erschienene vierte Abtheilung ist von Anderen componirt.
Steffan, Joseph Anton (Tonsetzer, geb. zu Kopidlno in Böhmen 14. März 1726, gest. 12. April 1797).- Gerber (Ernst Ludwig), Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler u. s. w. (Leipzig 1792, Breitkopf, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 577, unter Stephan. – Derselbe, Neues historisch-biographisches Lexikon u. s. w. Band IV, Spalte 254, mit der richtigen Schreibart Steffan [nach diesem wäre die Zahl der Variationen auf das obige böhmische Lied nicht 12, sondern 25]. – Dlabacz (Gottfried Johann), Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theile auch für Mähren und Schlesien (Prag 1815, Haase, 4°.) Bd. III, Sp. 202, wo er zwei Steffan und Sp. 206, wo er einen Stephan aufführt, die allem Anscheine nach eine und dieselbe Person sind. – (De Luca), Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1778, von Trattnern, 8°.), I. Bandes 2. Stück, Seite 188 und Seite 353.