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BLKÖ:Sunstenau von Schützenthal, Friedrich Freiherr

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 40 (1880), ab Seite: 321. (Quelle)
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Sunstenau von Schützenthal, Friedrich Freiherr (k. k. Oberstlieutenant und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. in Wien im Jahre 1807, gefallen auf dem Felde der Ehre bei Sommacampagna am 24. Juli 1848). Ein Sohn des Feldmarschall- Lieutenants Heinrich Sunstenau [s. d. Folg. S. 324] aus dessen erster Ehe mit Dominica von Kudriaffsky . Wenn Hirtenfeld in seinem Werke über die Mitglieder des Maria Theresien-Ordens berichtet, daß Friedrich Sunstenau in der Wiener-Neustädter Militär-Akademie seine militärische Ausbildung erhalten habe, so ist dies ein Irrthum. Weder Svoboda, noch Leitner von Leitnertreu, denen wir eingehende Aufzeichnungen über die genannte Akademie und ihre Zöglinge verdanken, führen den in Rede stehenden unter denselben an. Im September 1824 trat Friedrich als Cadet in das Ingenieur-Corps, in welchem er schon nach einem Jahre zum Lieutenant vorrückte. Hierauf wurde er als Hauptmann in das 11. und im Jänner 1840 als Major in das 40. Infanterie-Regiment befördert. Im März 1848 zum Oberstlieutenant bei Prinz Emil von Hessen-Infanterie Nr. 54 ernannt, stand er im Jahre 1848 mit seinem Regimente in Italien und gab bei dem Po-Uebergange zu Polisella, bei dem glänzenden Zuge der Brigade Liechtenstein nach Ferrara, im Gefechte bei Governolo u. s. w. Proben seiner soldatischen Umsicht, Unerschrockenheit und Bravour. Als die Expedition nach Ferrara bewerkstelligt war, erhielt die Brigade, bei welcher er stand, Befehl, nach Mantua zu marschiren, und er bis zur Ankunft des neu ernannten Brigadiers Generalmajors Ferdinand von Simbschen [Bd. XXXIV, S. 307, Nr. 1] das Commando derselben. Die Brigade bestand aus einem Bataillon Nugent-Infanterie Nr. 30, zwei Bataillons Prinz Emil von Hessen Nr. 54, zwei Bataillons Haynau Nr. 57, einem Bataillon vom Deutsch-Banater Grenz-Regimente, einer Division Erzherzog [322] Karl-Uhlanen, je einer halben Fuß- und Cavallerie-Batterie. Nach angestrengtem 36stündigen Marsche, den ein furchtbarer Gewitterregen, dann wieder 28gradige Glühhitze ungemein erschwerten, wozu sich noch gänzlicher Mangel an Lebensmitteln in dem völlig insurgirten Feindeslande gesellte, kam die Brigade, welche am 23. Juli 1848 aufgebrochen war, am 24. Mittags in ganz erschöpftem Zustande in Sommacampagna an. Eine Stunde später marschirten zwei Bataillons des 57. Infanterie-Regiments, die Uhlanendivision und eine halbe Batterie gegen Custozza ab; ein Theil des Restes der Brigade blieb zur Besetzung von Sommacampagna zurück, ein anderer Theil, nämlich eilf Compagnien des 54. Regiments und das Deutsch-Banater Bataillon sollten drei bis vier Stunden später dem rechten Flügel der Brigade folgen. Bei der Unkenntniß des Weges und dem Mangel an Boten schlug das 54. Infanterie-Regiment statt der Straße nach Custozza jene nach Villafranca ein. Durch diesen verhängnißvollen Irrthum erfolgte die verfrühte Begegnung mit dem Feinde. Denn als man nach Verlust einer halben Stunde auf dem rechten Wege nach Custozza angelangt war, sah man in der Richtung gegen Villafranca bereits von weitem die aufwirbelnden Staubwolken der von dort heranmarschirenden feindlichen Colonnen, welche Nachmittags drei Uhr ihre Aufstellung bei Villafranca verlassen hatten. Es war das an 20–25.000 Mann zählende Armeecorps der Piemontesen, welches König Karl Albert persönlich mit seinen beiden Söhnen, den Herzogen von Genua und Savoyen, befehligte. Der Rückzug der Unseren wäre bei so ungenügenden Kräften und da überdies ein unbedingter Befehl zur Aufnahme eines so ungleichen Kampfes nicht gegeben war, immerhin gestattet und auch, wenngleich erschwert durch das Einschreiten des Feindes möglich gewesen. Aber der Anmarsch des feindlichen Armeecorps gebot Ueberlegung, denn allem Anscheine nach wollte der König den Feldmarschall Radetzky auf dessen linker Flanke am Mincio umgehen, und dieses Vorhaben zu verhindern und den Feind im Vorrücken aufzuhalten, erschien nun geboten. Aber ein Regiment und eine halbe Batterie gegen ein Armee-Corps von der oben genannten Stärke! Sunstenau nahm sofort seine Aufstellung; durchdrungen von der Wichtigkeit der Aufgabe, die er vollkommen begriff und als Soldat von Ehre auch ohne erhaltenen Befehl, nach seinen Kräften zu lösen für seine Pflicht erachtete, durchritt er die Reihen seines Regiments, welches er zum Kampfe anfeuerte und zur Ausdauer ermahnte, bis die gehoffte Verstärkung heranrücke. Das Regiment selbst, das angesichts der glorreichen Thaten der Armee unter Radetzky noch immer nicht zu einem directen Gefecht war herangezogen worden, erfüllte Kampflust, in welcher es durch die Liebe zum Commandanten, der es nun zum Angriffe aufforderte, nur noch heftiger entbrannte. Sunstenau traf die erforderlichen Dispositionen, entsendete Tirailleurs unter den Hauptleuten Dö!zer und Weißbarth, sowie Abtheilungen mit den Hauptleuten Weißl und Wittmann zur Deckung der vom Feinde bedrohten Flanken; die feindliche Kanonade wurde von seinen drei Geschützen, welche Oberfeuerwerker Hunna mit aller Unerschrockenheit commandirte, lebhaft erwidert. Aber die Uebermacht des Feindes an Truppen und Geschütz entwickelte sich immer drohender [323] und bedrängte immer mehr die kleinen und zertheilten Abtheilungen des von Sunstenau befehligten Regiments. Jedoch diese standen fest und wichen keine Handbreite weit zurück. Gegen sieben Uhr Abends wurde der Commandant verwundet und begab sich erst auf das dringende Bitten seine Officiere auf den Verbandplatz, nachdem er den Befehl ertheilt hatte, eine Anhöhe, die durch eine Brigade der feindlichen Garde unter dem Herzog von Savoyen bereits genommen war, durch eine Compagnie, welche Hauptmann Milde führte, zu stürmen, da sich die Behauptung dieses Ortes von äußerster Wichtigkeit erwies. Indessen entfaltete der Feind immer drohender seine überlegenen Streitkräfte. Gegen die Front und die rechte Flanke des Regiments rückten ein großer theil der feindlichen Garde, zahlreiche Bersaglieri der Brigade Cuneo und acht Geschütze vor, so daß dasselbe bald nach allen Seiten hin im Kampfe mit einem weit überlegenen Gegner begriffen, ja förmlich von diesem eingeschlossen war. In diesem bedrängnißvollen Augenblicke eilte der Oberstlieutenant vom Verbandplatze zurück und die verzweifelte Situation gewahrend, sammelte er rasch die Mannschaft der fünften Compagnie nebst einem Theile der zweiten und rief dem Hauptmann Freiherrn Samen zu: „Wir müssen vorwärts! Auf zum Sturme!“ Und Hauptmann Samen führte seine Compagnie mit Todesverachtung unter donnerndem Hurrah vorwärts zum Sturme. Allen voran sprengte Sunstenau gegen die Anhöhe und seinen Hut mit dem Rufe schwingend: „Drzte sě Hannacy“! (Haltet Euch Hannaken! – denn das Regiment 54 ist ein mährisches und bestand meist aus dem herrlichen Stamme der Hannaken) ging er mit gefälltem Bajonnete auf den Feind los. Da hemmt ein tiefer Graben, nur wenige Schritte von ihnen, ihr weiteres Vordringen und – eine mörderische Salve der jenseits aufgestellten feindlichen Reserve empfängt die Stürmenden. Oberstlieutenant Sunstenau sinkt, von zwei Kugeln durchbohrt, vom Pferde. Mit ihm war die Seele des Kampfes gewichen, aber die Soldaten hielten im erbitterten Gefecht bis zum Einbruch der Dämmerung das eroberte Terrain. Den Sieg hatte freilich das schwache Regiment gegen ein ganzes feindliches Armee-Corps nicht erkämpfen können, auch wird dieser Siegestag Carlo Albertos in den Annalen der piemontesischen Kriegsgeschichte nicht zu hell verzeichnet stehen. Eines aber war erreicht: das geplante Unternehmen Carlo Albertos gegen unsere Hauptarmee war vereitelt, denn durch die heldenmüthige Behauptung jener Stellung hatte Oberstlieutenant Sunstenau den Feind im Vorrücken aufgehalten, und unsere Hauptarmee konnte indessen die Höhen von Custozza erreichen, wo am folgenden Tage (am 24. Juli) der glänzende Sieg erfochten wurde. Zum bleibenden Gedächtniß an diese herrliche Waffenthat nahm das 153. Capitel des Maria Theresien-Ordens (vom 29. Juli 1849) den auf dem Schlachtfelde gebliebenen Sunstenau unter seine Ritter auf, und der Kaiser befahl die Auszahlung der Ordenspension an die hinterlassene Witwe. Das Officiers-Corps des 54. Infanterie-Regiments ließ im Jahre 1850 dem tapferen Helden an der Stelle, wo er gefallen, ein Denkmal setzen. Freiherr von Sunstenau war seit 1843 mit Anna geborenen von Harttmann vermält, aus welcher Ehe zwei Töchter vorhanden sind. Die Witwe hat [324] sich wieder verehelicht [vergleiche die Stammtafel].

Thürheim (Andreas Graf), Gedenkblätter aus der Kriegsgeschichte der k. k. österreichisch-ungarischen Armee (Teschen 1879 u. f., Prohaska, gr. 8°.) S. 369 und 370, unter Jahr 1848, S. 378 und 374. – Oesterreichischer Soldatenfreund (Wien, 4°.) 1850, Nr. 116: „Ehrenhalle“. – Derselbe, 1851, Nr. 22 und 23: „Das Regiment Prinz Emil von Hessen bei Sommacampagna am 24. Juli 1848°. – Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1856, Staatsdruckerei kl. 4°.) S. 1567 und 1752.