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BLKÖ:Taube, Friedrich Wilhelm von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Tatomir, Lucian
Band: 43 (1881), ab Seite: 120. (Quelle)
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Taube, Friedrich Wilhelm von (k. k. Regierungsrath, geb. zu London 12. März 1728, gest. in Wien 16. Juni 1778). Taube’s Vater, Leibarzt der Königin Karoline in England, begab sich nach dem Tode derselben nach Zelle, wo er sich mit Naturlehre und Scheidekunst beschäftigte und auch des Sohnes Theilnahme in dieser Richtung weckte. 1743, ein Jahr nach dem Hinscheiden des Vaters, bezog der Sohn die Hochschule zu Göttingen, wo er sich dem Studium der Rechte widmete. Noch nicht 19 Jahre alt, gab er bereits seine Schrift: „De differentiis juris civilis a jure naturae“ (Gottingae 1747,4°.) heraus, in welcher er zu beweisen suchte, daß die Satzungen des canonischen, deutschen und römischen Rechtes den Gesetzen des Natur- und Völkerrechtes widerstreiten. Hiermit aber fand er eine nichts weniger als günstige Aufnahme, welche ihm das Bücherschreiben so gründlich verleidete, daß er fast zwei Jahrzehnte hindurch nichts mehr veröffentlichte. Nachdem er das Studium der Rechte beendet hatte, durchreiste er die wichtigeren Länder Europas und dehnte seine Fahrten auch über Afrika und Amerika aus. Nach seiner Heimkehr erwarb er die juridische Doctorwürde, und als er sich 1749 auch dem Examen vor dem höchsten Appellationsgerichte in Zelle unterzogen hatte, wurde er gerichtlich beeidet und unter die ordentlichen königlichen Advocaten in Hannover aufgenommen. Als Rechtsanwalt übernahm er die Vertheidigung mehrerer zum Kerker Verurtheilten, und da er durch seine Beredtsamkeit zwei zum Tode Verurtheilten das Leben rettete, wuchs sein Ruf und das Vertrauen auf seine Geschicklichkeit so sehr, daß man ihm die Führung der wichtigsten Processe und Rechtsangelegenheiten übertrug. Der Rechtssinn, der ihn in allen diesen Sachen leitete, der unbeugsame Freimuth, durch den er sich öfter angetrieben fühlte, gegen ungerechte Entscheidungen [121] der unteren Gerichtshöfe Schutz bei der höchsten Landesregierung des Kurfürstenthums zu suchen und auf verzögerte oder gar verweigerte Gerechtigkeit zu klagen, bereitete ihm viele Unannehmlichkeiten, Widerwärtigkeiten, ja persönliche Verfolgungen, so daß er endlich, dieses Haders müde, 1754 die Advocatur an den Nagel hing und als Gerichtspfleger und Hausadvocat in die Dienste des k. k. Kammerherrn und Reichshofrathes Freiherrn von Hammerstein eintrat. Da ihm aber die Proceßsucht desselben, bei welcher er vollauf zu thun hatte, auf die Dauer nicht zusagte, so verließ er schon im nächsten Jahre (1755) diesen Posten, wodurch er mit dem Freiherrn selbst in einen Rechtshandel verwickelt wurde, den er jedoch glücklicherweise gewann. So ging er denn 1756 nach Wien und trat daselbst als Hausadvocat und Secretär in die Dienste des k. k. geheimen Rathes und Regimentsinhabers Freiherrn von Moltke, dessen in Verwirrung gerathene Rechtsangelegenheiten er bei dem höchsten Reichsgerichte in Ordnung brachte. Seine Anstellung bei diesem hohen Militär erschloß ihm auch einen Einblick in das militärische Leben, dessen Eigenart ihn zuletzt so reizte, daß er 1757 als Freiwilliger den Feldzug mitmachte. In der Schlacht bei Kollin (17. Juni 1757), in Folge deren das belagerte Prag befreit wurde, erhielt er in Gestalt einer leichten Wunde am Kopfe die Kriegstaufe. Mit Friedensschluß nahm er seine Secretärsdienste wieder auf. Als aber 1763 Christian August Graf Seilern [Bd. XXXIV, S. 19] als Botschafter nach England abgehen sollte, wurde Taube, der dieses Reich von seinen früheren Reisen her kannte und auch englisch geläufig sprach, zum Begleiter des Genannten ausersehen. Dann bei dem Abgange des Botschaftssecretärs Alois Emerich Freiherrn von Locella [Bd. XV, S. 359] von London nach Constantinopel provisorisch zu dessen Nachfolger ernannt, versah er drei Jahre hindurch diese Stellung auf dem Londoner Posten mit solcher Umsicht und solchem Geschick, daß ihm die Kaiserin Maria Theresia 1766 durch den damaligen obersten Hofkanzler Grafen Chotek als Zeichen ihrer Zufriedenheit eine goldene Medaille übersandte. Um diese Zeit trat er aus seiner neunzehnjährigen schriftstellerischen Zurückhaltung mit dem Werke heraus: „Thougts on the present state of our colonies in North-America, on their Behaviour to the mother Country and on the true interest of the Nation in regard of the Colonies“ (London 1766, 8°.). Wir glauben nicht fehlzugehen, wenn wir mit dieser Schrift, in welche die Kaiserin wohl Einsicht genommen, vorerwähnte Auszeichnung durch die Medaille in Verbindung bringen. Taube, die Stellung, welche er einnahm, in ihrer ganzen Bedeutung erfassend, machte sich mit der Verfassung Englands, mit dessen commerciellen, industriellen und finanziellen Verhältnissen genau bekannt. Mit dem Eintritte des Freiherrn von Raigersfeld als ordentlicher Gesandtschaftssecretär bei der kaiserlichen Botschaft in London (1766) ward er nach Wien berufen, um seiner Bestimmung für einen Posten in Triest entgegenzusehen. Da jedoch bald von dieser Mission Abstand genommen wurde, so betraute man ihn mit der Stelle eines Hofsecretärs bei dem damaligen Commerzrathe. Nach der am 8. Jänner 1776 erfolgten Aufhebung des Commerzrathes, dessen Agenden nunmehr die k. k. böhmische und österreichische [122] Hofkanzlei zugewiesen erhielt, war Taube ohne Dienst. In diese Zwischenzeit fällt seine Schrift: „Gründliche Vertheidigung der Ober- und Untergerichtsfreyheiten und anderer Hoheitsrechte, welche auf der uralten Westphälischen Veste.... zu Wulften unläugbar haften... Im Namen des Freyherrn Philipp Ludwig von Moltke auf Taitkenwinkel, Suman, Scharsar, Wolkendorf, Streitfeld, Driesrwitz u. s. w., Herrn zu Bissendorf, als itzigen Burgherrn und Inhaber des vorgedachten... Burgguts Wulften…, wirklichen Geheimraths, Cämmerers, Hofkriegsraths, Feldmarschalls und Obersten über ein Regiment zu Fuss...“ (Wien 1766, Fol., mit einer Landkarte von der Wulfter Burgfreiheit); es gibt auch Exemplare mit der Jahreszahl 1767 und eine neue Ausgabe vom Jahre 1768; auch besteht eine zweite verbesserte Ausgabe der Landkarte. Doch die amtliche Unbeschäftigtheit Taube’s sollte nicht von Dauer sein; denn gegen Ende 1776 wurde er von Kaiser Joseph II. nach Slavonien und von da nach Siebenbürgen und der Militärgrenze geschickt, damit er in Karlowitz der Synode der dahin zusammenberufenen sieben Bischöfe und des Metropoliten der illyrischen Nation, d. i. der nicht unirten Griechen, im Namen des Landesfürsten beiwohne und dann die streitigen Grenzen zwischen Hermannstadt und Kronstadt untersuche; außerdem hatte er noch kaiserliche Aufträge im Temesvárer Banat und in Belgrad. Als er im Februar 1777 nach Wien zurückkehrte, erhielt er in Würdigung der geleisteten Dienste den Adelstand und die Stelle eines Rathes bei der niederösterreichischen Regierung, als solcher aber starb er schon 1778, im Alter von erst 50 Jahren. Außer den bereits angeführten Werken schrieb Taube: „Historische und politische Abschilderung der Engländischen Manufacturen, Handlung, Schifffahrt und Colonien nach ihrer jetzigen Einrichtung und Beschaffenheit, theils aus eigener Erfahrung, theils aus zuverlässigen... Nachrichten im Grundriss entworfen“ (Wien 1774, gr. 8°.; 2. verm. Ausgabe ebd. 1777, gr. 8°.); – „Geschichte der englischen Handelschaft, Manufacturen, Colonien und Schifffahrt in den alten, mittleren and neueren Zeiten bis auf das laufende Jahr 1776“ (ebd. 1776, gr. 8°.); – „Historische and geographische Beschreibung des Königreichs Slavonien and Herzogthums Syrmien sowohl nach ihrer natürlichen Beschaffenheit als auch nach ihrer jetzigen Verfassung und neueren Einrichtung in kirchlichen, bürgerlichen und militärischen Dingen, aus eigener Beobachtung und im Lande selbst gemachten Wahrnehmungen entworfen“, 1. bis 3. Buch (Wien 1777– 1778, gr. 8°.). Auch erschien von ihm: „M. Joh. Jac. Schatzen’s Kern der Geographie aufs neue umgearbeitet und vermehrt“ (Wien 1776, 8°.); – in Büsching’s Magazin für neue Historie und Geographie: „Tableau historique et politique de commerce d’Angleterre tel qu’il fut en 1772“ [Theil VII, S. 571 u. f.]; – in desselben „Wöchentlichen Nachrichten von Landkarten und Büchern“: „Antwort auf die Anfrage an das Teutsche Publikum, die Handelsbilanz zwischen Teutschland und England betreffend“ [1774, S. 13]; – „Gedanken über die Vermehrung der Menschen in den amerikanischen Pflanzörtern der Engländer“ [ebd., S. 169 u. f.]; – in den „Philosophical Transactions“: „Short account of a particular kind of the Torpedo found in the river Danube with several experiments made on this fish“ [1775]; – im „Teutschen Museum“: „Gedanken über die Verschönerung der Städte, mit einer historischen [123] Nachricht, wie seit 1763 die vornehmsten Hauptstädte in Europa sich allmälig verbessert und verschönert haben“ [1776, Juli, S. 625 u. f.]. Ueberdies rühren von Taube viele Verbesserungen und Zusätze zu Büsching’s bekannter „Erdbeschreibung“ her. Letzterer gedenkt in seinen in den Quellen angeführten „Beyträgen“ [Theil IV, S. 284 u. f.] noch eines in Handschrift hinterlassenen Werkes von Taube, betitelt: „Critische Nachricht von unterschiedlichen neuen Entdeckungen, welche 1776 und 1777 in Slavonien, Syrmien und in den angrenzenden Ländern gemacht sind und sowohl die Alterthümer als auch die Naturgeschichte betreffen. Mit Kupffern, Rissen und Landkarten“. Auch findet sich in den gedachten „Beyträgen“ [Bd. IV, S. 237–304] ein Anhang merkwürdiger Stellen aus Taube’s Briefen an Büsching. Obige den Freiherrn Moltke und seine Burg Wulften betreffende Rechtsschrift enthält über die Grenzen einer bloßen Schutzschrift hinaus viele noch nicht gedruckte auf die Verfassung Deutschlands im Mittelalter, die Absicht und Einrichtung der Königshöfe unter dem fränkischen Scepter bezügliche Urkunden, dann Wichtiges über die Beschaffenheit alter Schlösser, den Zustand der Burgherren, Dynasten u. s. w. diplomatisch erläutert; ferner Abhandlungen von dem deutschen Stammadel, von dessen Ministerialen und Burgleuten, von den Vorrechten der Landstände u. s. w. Alles Erörterungen und Darstellungen, welche darin kaum gesucht werden dürften.

Büsching (Anton Friedr.), Wöchentliche Nachrichten von Landkarten und Büchern (Berlin, Haude u. Spener, 8°.) Jahrg. 1778, Stück 42, 43 und 44. – Derselbe, Beyträge zur Lebensgeschichte merkwürdiger Personen (Halle 1783 u. f., gr. 8°.) Bd. IV, S. 219–304.