BLKÖ:Tobiaschek, Joseph Calasanz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 45 (1882), ab Seite: 217. (Quelle) | |||
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[218] zehn Jahren trat er in die lateinische Schule und wurde bis zum Abschlusse des theologischen Studiums von seinem bemittelten Vater mit allem Nöthigen reichlich bedacht, so daß er sich nie in die Nothwendigkeit versetzt sah, von der Musik seinen Erwerb oder eine Aushilfe suchen zu müssen. Diese Kunst diente ihm nur in seinen Mußestunden zur Erholung und zum Vergnügen. Schon in den Grammaticalclassen rief er an allen Ferialtagen jene Studirenden, welche einige Kenntnisse in der Musik besaßen, zusammen, richtete, wie sich eben die Gelegenheit darbot, die entsprechenden Aufführungen ein, unterwies dabei die Schwächeren, damit das Ganze um so mehr gelänge, und verschaffte dadurch den Stadtbewohnern manche angenehme Stunde, infolgedessen dieselben Tobiaschek’s Vorhaben auch bestens unterstützten. Als er später die Humanitätsclassen zu Leitomischl besuchte, bot sich ihm für seine Bemühungen schon ein weiteres Feld dar. Er traf daselbst mit so vielen musikkundigen Studenten zusammen, daß unter seiner Leitung bei Gelegenheitsfesten mit vollständigem Orchester Symphonien und andere Tonstücke von Mozart, Haydn, Beethoven, wie auch in der Kirche große classische Messen aufgeführt werden konnten. Als Hörer der Philosophie, fünfzehn Jahre alt, brachte er mit seinen Studiengenossen eine noch größere und schon geschlossene musikalische Gesellschaft zusammen, der er als Capellmeister vorstand, und mit welcher er alle Kirchen-, Kammer- und Harmoniemusiken aufführte. Der Durchmarsch so vieler und verschiedener Regimenter im Kriegsjahre 1809 bot ihm auch Gelegenheit, deren Märsche, die er bei einmaligem Hören sofort im Gedächtnisse behielt, selbst auf der Stelle zu instrumentiren, mit seinen Genossen einzustudiren und noch denselben Tag, an welchem er sie gehört, öffentlich aufzuführen. Die Militärcapellmeister und Officiere konnten es nie begreifen, wie die Studirenden in den Besitz der ganz neuen Regimentsmärsche gelangt waren. Als dann Tobiaschek zu Königgrätz den theologischen Studien oblag, beschäftigte er sich meist mit Kirchenmusik und veranstaltete auch wöchentlich ein Instrumentalquartett. In dieser Zeit wurde er mit dem Tonsetzer Fr. Volkert, welcher Capellmeister an der dortigen Kathedralkirche war, bekannt und vervollkommnete in dessen Umgang seine musikalische Ausbildung, namentlich im reineren Satze und in der Instrumentirung. Da er nach beendetem Studium der Theologie, erst 21 Jahre alt, noch nicht die höheren geistlichen Weihen empfangen konnte und also noch zweieinhalb Jahr zuwarten mußte, begab er sich indessen nach Wien, wo er die Rechte studirte und in seinen freien Augenblicken bei Capellmeister Salieri [Bd. XXVIII, S. 97] Unterricht in der Tonsetzkunst nahm, wie er auch die Vorträge Kiesewetter’s [Bd. XI, S. 252] über das System der Grundharmonie hörte. Durch eifriges Studium mehrerer classischer theoretischer Werke bereicherte er noch mehr seine musikalischen Kenntnisse. In der Ausübung aber dienten ihm vorzugsweise Mozart, Michael und Joseph Haydn zum Vorbilde. Als in Wien die Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates ins Leben trat, wurde er gleich anfangs als ausübendes Mitglied im Gesange aufgenommen. Nachdem er nun den Gedanken, Priester zu werden, aufgegeben, kam er nach vollendeten Rechtsstudien als Lehrer und Erzieher in die Familie des Grafen [219] Podstatzky-Liechtenstein, wo er besonders im Sommer auf dessen Besitzungen in Mähren zu allen Festlichkeiten Ouverturen und größere Cantaten für ganzes Orchester componirte. Daneben vervollkommnete er die Musik in der Stadt Teltsch, wo er auch im Jahre 1825 eine Singschule errichtete, an welcher über 90 Schüler beiderlei Geschlechts in zwei Abtheilungen theilnahmen. Den ersten Unterricht ertheilte er anfangs selbst, dann aber ließ er denselben durch drei Haupt- und Stadtschullehrer fortsetzen. Nachdem er zehn Jahre, bis 1826, in der Familie des Grafen als Erzieher gewirkt hatte, erhielt er, 34 Jahre alt, eine Pension und privatisirte zunächst, ganz seiner Lieblingsneigung, der Musik, lebend. Später aber wendete er sich wieder dem ausübenden Dienste in der Schule zu, wurde erst Lehrer der dritten Classe und 1830 Director der Hauptschule in Teltsch und starb als solcher im Alter von 54 Jahren. Er verfaßte als Lehrer: „Pomocní kniha k něm. mluwnici pro žáky 3. a 4. tridy“, d. i. Hilfsbuch zur deutschen Sprachlehre für Schüler der dritten und vierten Classe (Prag 1839, 8°.), dann zwei theoretische Werke über Tonkunst, deren Titel und Inhalt uns nicht bekannt; auch hat er Mehreres componirt, wovon Einiges im Stich erschien, das Uebrige sich ungedruckt im Nachlasse vorfand. Im Stich sind von seinen kleineren Werken bei Tranquillo Molo in Wien herausgekommen: „24 Walzer für Pianoforte allein“; – „3 Polonaisen für Pianoforte allein“; – „24 Ecossaisen für Pianoforte allein“; – „12 Ländler für Pianoforte allein“; – „12 brillante Walzer für Pianoforte“; – „3 Cotillons“; – „3 Tempêtes für Pianoforte“; – „10 deutsche Tänze für die Harmoniemusik gesetzt und fürs Pianoforte“; – „12’ deutsche Tänze für Pianoforte auf vier Hände“; – „Variationen für Pianoforte für zwei Hände über die Arie: An Alexis sende ich dich“; – „12 Ouverturen von Rossini für Quartett (Pianoforte, Violine oder Flöte, Viola und Violoncello) arrangirt“; – „Einzugsmarsch fürs Infanterie-Regiment J. Gyulay gesetzt und für die türkische Musik instrumentirt“; – „Variationen für Pianoforte auf vier Hände über die Arie: Kennst du der Liebe Sehnen?“. Im čechischen Lieder-Sammelwerke „Věnec“, d. i. Der Kranz, sind im fünften Jahrgange (1830) von Tobiaschek enthalten zwei Lieder: „Upamatováni“, d. i. Erinnerung, von Ernst Proza, und „Žel“, d. i. Wehmuth, von Vladimiř, ersteres für Tenor, letzteres für Bariton. Ungedruckt im Nachlasse fanden sich mehrere kleinere und größere Gelegenheitscantaten für ganzes Orchester, zu Geburts-, Namens-, Vermälungsfesten und anderen Feierlichkeiten; – drei Lieder englischer Poeten für eine Singstimme mit Clavierbegleitung; – sechs Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte, aus den Gedichten von Salis; – verschiedene Stücke für Harmoniemusik; – ein „Tantum ergo“ für Gesang, Quartett mit Orgelbegleitung; – ein „Heilig“ während der Wandlung, für Gesang, Quartett mit Harmonie und Echonachhall; – zehn deutsche Meßlieder von Klopstock, eigens für die Stronsdorfer Kirche für Gesang, Quartett mit Orgelbegleitung gesetzt. Die Musiklexika von Schilling, Gaßner, Schladebach und wie sie sonst heißen, führen Tobiaschek’s Namen nicht an.
Tobiaschek, Joseph Calasanz (Componist, geb. zu Slepotitz im Chrudimer Kreise Böhmens 1792, gest. zu Teltsch in Mähren am 11., nach Anderen am 17. August 1846). Sein Vater, ursprünglich Schullehrer, brachte es späterhin zum Besitzer mehrerer Landwirthschaften zu Slepotitz. Von seinem Oheim Wenzel Tobiaschek, der früher Organist und Baßsänger im Kloster Saar in Mähren, nach Aufhebung dieses Klosters aber Schullehrer zu Rowen in Böhmen war, erhielt er im fünften und sechsten Jahre Unterricht im Gesange, im sechsten und siebenten Jahre auf der Violine, vom siebenten bis zehnten auf dem Clavier, jedoch den im Gesang und auf ersterem Instrumente stets fortsetzend. Erst neun Jahre alt, war er schon im Stande, bei jeder vorgelegten Messe den bezifferten Baß auf der Orgel, nur wegen unzureichender Kraft der Füße noch ohne Pedal, vom Blatte zu spielen, so auch leichtere Concerte auf der Violine öffentlich vorzutragen. Zur Behandlung der Blasinstrumente, mit Ausnahme der Clarinette, wurde er von Niemandem angeleitet, im Gegentheile von seinen Eltern wegen körperlicher Schwäche immer davon abgehalten. Aber bei seiner Leidenschaft für jede Musik brachte er es bald dahin, daß er auch auf diesen Instrumenten vortrefflich zu spielen verstand. Späterhin griff er sogar zu veralteten, nicht mehr in Gebrauch genommenen Instrumenten, und wo er ein solches vorfand, machte er sich bald mit dessen Behandlung innig vertraut. Auch begann er schon mit seinem zehnten Jahre Alles, was er in der Fremde von größeren Kirchenmusikstücken nur immer Schönes hörte, zu sammeln, und entweder schrieb er es selbst ab oder ließ es sich für sein erspartes Geld copiren. Er scheute auch nicht den weitesten Weg, um nur der Aufführung großer Musikwerke beizuwohnen. Oft in den Ferien ging er eines einzigen Tonstückes wegen von seinem Geburtsorte nach Prag oder Brünn, um sich dasjenige an der Quelle zu holen, was ihm der Notengeiz einiger in der Nähe lebender Musiker verweigerte, wenn er es von ihnen entlehnen wollte. Im Alter von- Wolny. Kirchliche Topographie von Mähren (Brünn, gr. 8°.) Bd. VI, S. 518. – Wiener Theater-Zeitung, Von Adolph Bäuerle (gr. 4°.) 1846, S. 890.