BLKÖ:Volkert, Franz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 51 (1885), ab Seite: 251. (Quelle) | |||
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[WS 1] (Tonsetzer, geb. zu Heimersdorf auf der Herrschaft Friedland im Bunzlauer Kreise Böhmens am 2. Februar 1767, gest. in Wien 22. März 1845). Sein Vater bekleidete die Richterstelle in Heimersdorf. Durch den dortigen Schullehrer Ignaz Hoffmann erhielt Franz Unterricht in den Anfangsgründen der Musik und, als er ziemlich fest war im Gesange, auch im Violinspiele und in den ersten Elementen des Generalbasses. 14 Jahre alt, kam er als Discantist nach Prag, wo er die Humanitätsclassen beendete, zu gleicher Zeit aber auch seine musicalischen Studien fortsetzte, indem er vornehmlich Mozart’s des Vaters Violinschule gründlich durchmachte und die schwierigeren Stellen derselben sich von geschickten Spielern erklären ließ. Dabei versäumte er keine Gelegenheit, Concerten berühmter Violinspieler beizuwohnen, und veranstaltete öfter auch in seiner Wohnung Quartette. Neben dem Violinspiele bildete er sich noch auf dem Violoncell, der Viola d’alto und dem Violon in so sorgfältiger Weise aus, daß er auch für diese Instrumente Verwendung fand. Hierauf begann er das Clavierspiel zu üben und versuchte sich auch als Tonsetzer, und zwar zunächst aus dem Gebiete der Kirchenmusik, auf welchem mehrere von ihm componirte Kirchenarien beifällige Aufnahme fanden. Bei seiner vorherrschenden Neigung für den ernsten Kirchenstyl verlegte er sich nun auf gründliche Studien in dieser Richtung, indem er sich mit den besten theoretischen Werken über Generalbaß und Composition vertraut machte, zugleich aber die gediegenen Compositionen berühmter alter Meister spielte. Durch den Verkehr mit trefflichen Tonkünstlern und geschickten Organisten vollendete er seine musicalische Ausbildung. Bald wurde er auch zu Prag bei der italienischen Oper als Chorist angestellt und wirkte in dieser Eigenschaft zehn Jahre. Als dann 1790 der Königgrätzer Organist Ignaz Haas die Hauptstadt Böhmens besuchte, um sich nach einem Gehilfen umzusehen, wurde er mit Volkert bekannt und gewann denselben auch bald für diese Stelle. In Königgrätz fand unser Tonsetzer als Choralist an der Kathedralkirche sofort Verwendung und vervollkommnete sich unter Haas’ unmittelbarer Leitung im Orgelspiel. Nach dem Tode seines Vorgesetzten (1800) wurde er dessen Nachfolger im Amte. Nun bot sich ihm ausreichend Gelegenheit, seiner Neigung zur kirchlichen Composition Genüge zu thun, denn er componirte jetzt fleißig kleine Messen, Offertorien, Arien, Litaneien, Gradualen, welche beifällige Aufnahme fanden; dabei kam er nicht selten in die Lage, auch für die Schullehrer der Umgegend ein und das andere Musikstück zu componiren. Eine seiner größeren Messen gelangte durch böhmische Glashändler, welche mit ihren sehr gesuchten Waaren den Continent durchzogen, bis nach Portugal und fand solchen Beifall, daß er nicht lange danach von dort den Auftrag erhielt, eine Messe nebst Graduale und Offertorium nach der dortigen Art zu componiren, wobei man ihm [252] genau die Länge eines jeden Stückes und wie hoch jede Stimme zu setzen sei, vorschrieb. Seine Arbeit wurde gut aufgenommen, und nun mehrten sich die Bestellungen, welche aber meistens nur in Kyrie und Gloria bestanden. Dies dauerte so lange, bis der Glashandel nach Portugal ins Stocken gerieth und dadurch für den Bezug der Tonstücke der unmittelbare[WS 2] Verkehr entfiel. Wie nach Portugal für kirchliche Zwecke, arbeitete Volkert zu gleicher Zeit für reisende Schauspieler, welche im Winter in Königgrätz auftraten, leichtere Gesangstücke, die aber, wenngleich sie auch Beifall erhielten, weiter keine Verbreitung fanden und wenig bekannt wurden. Noch schrieb er für seine Schüler mehrere Concerte, Variationen u. s. w. für das Fortepiano, Einiges für Blasinstrumente, dann verschiedene Stücke für Horn, Clarinet, Hoboe, Fagot und Violoncell, da er mit dem Charakter des Spieles und den Eigenthümlichkeiten eines jeden dieser Instrumente vollkommen vertraut und auch so weit der italienischen Sprache kundig war, um die verschiedenen Anzeigen der Tempos und der sonstigen Charakteristik des Tonstückes beifügen zu können. Wie lange Volkert als Organist in Königgrätz wirkte, kann nicht genau angegeben werden. Um das Jahr 1810 fungirt er in Wien als Organist des Schottenstiftes, und nach Boeckh’s „Wiens lebende Schriftsteller, Künstler und Dilettanten im Kunstfache...“ (Wien 1821, kl. 8°.) S. 383 ist er 1821 Capellmeister am k. k. privil. Theater in der Leopoldstadt, und zwar in den Zwanziger-Jahren neben Wenzel Müller [Band XIX, Seite 407] zweiter Capellmeister, während gleichzeitig Alois Merk, ein Bruder des berühmten Violoncellisten und Professors am Wiener Conservatorium Joseph Merk [Bd. XVII, S. 396], als Orchesterdirector an der genannten Bühne thätig war. In seiner Stellung am Theater entfaltete Volkert als Volkscomponist eine ungemein große Fruchtbarkeit, denn die Musik zu über 100 komischen Opern, Gesangspossen und Pantomimen wird ihm zugeschrieben, von denen einzelne zu ihrer Zeit sich großer Beliebtheit erfreuten; eine vollständige Liste zusammenzustellen, sind wir nicht im Stande, doch können wir eine Uebersicht der beliebteren hier mittheilen, und zwar: die Musik zu den Possen und Zauberstücken von Alois Gleich [Bd. V, S. 214]: „Der Eheteufel auf Reisen“ (1824); – „Narrheit und Zauberei“; – „Der alte Geist in der modernen Welt“; – „Die goldenen Kohlen“; – zu den Possen von Karl Meisl: „Der lustige Fritz oder schlafe, träume, stehe auf, kleide dich an und bessere dich“ und „Das Gespenst auf der Bastei“; – zu den Pantomimen von Rainoldi [Bd. XXIV, S. 287]: „Die schützende Juno“; – „Perseus und Andromeda“; – „Die Zauberscheere“; – „Der goldene Fächer“; – „Die Zaubermosaik“; – „Der Zaubervogel“; – zur Pantomime des Pierrot-Darstellers Hampel: „Die Zauberpyramiden“ und ferner die Musik zu folgenden, deren Verfasser wir nicht angeben können: „Der Geisterseher“; – „Tiroler Caspar“; – „Der verzauberte Arlequin“; – „Der magische Hut“; – „Hermann, der Befreier Deutschlands“; – „Die drei wunderbaren Räthsel“; – „Der Schiffbruch“; – „Ernst Graf von Gleichen“; – „Die Emigrirten“; – „Der Carneval in Wien“; – „Die Jungfrau von Orleans“; – „Felix und Gertrud“; – „Pygmalion“; – „Das Pferd ohne Kopf“ u. a. Von all den [253] genannten ist nur das Quodlibet „Der Eheteufel auf Reisen“ bei Haslinger in Wien im Stich erschienen; von Volkert’s Instrumentalcompositionen brachte der vorerwähnte Verlag: Trios, Variationen und 24 Cadenzen für die Orgel; bei Diabelli kamen heraus: „Leichte Präludien für die Orgel“, und bereits 1802 war im Verlage des Wiener Industrie-Comptoirs von Volkert „Sonate pour le Clav. avec Violon et Basso“ im Stich erschienen. Eine Tochter Volkert’s, Antonie, lebte, einer Mittheilung des Wiener Schriftstellers Joseph Wimmer zufolge, im Jahre 1853 als Clavierlehrerin in Hernals bei Wien.
Volkert, Franz- Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Eduard Bernsdorf (Dresden 1857, Robert Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 823. – Gerber (Ernst Ludwig). Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1812, gr. 8°.) Bd. IV, Sp. 485. [Die abweichenden Angaben über Volkert’s Geburtsjahr sind sehr groß. Nach einem im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates befindlichen biographischen Fragmente, welches er selbst eingesendet. ist er 1767 geboren, nach den übereinstimmenden Angaben in lexikalischen Werken erst im Jahre 1780.]
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Zu dieser Person gibt es Band 51, S. 265, einen 2. Artikel.
- ↑ Vorlage: unmitttelbare.