BLKÖ:Vespa, Joseph Freiherr von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Veselý, Wenzel
Band: 50 (1884), ab Seite: 189. (Quelle)
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Vespa, Joseph Freiherr von (k. k. Leibarzt, geb. zu Pianca Stagniajo, einem dem Hause Bourbon del Monte zugehörigen Marquisate in der Provinz Siena, am 6. Jänner 1727, gest. zu Wien am 22. Jänner 1804). Der Sohn ansehnlicher Eltern, erhielt er den ersten Unterricht in seiner Vaterstadt und seine weitere Ausbildung in Siena, wo er unter der Leitung des berühmten P. Ricciotti, damaligen Lectors der Universität, sich auf das Studium der Philosophie und Theologie verlegte, weil seine Mutter ihn für den geistlichen Stand bestimmt hatte, und auch den schönen Wissenschaften sich hingab. Aber schon während dieser Zeit verrieth er eine besondere Vorliebe für Mathematik und Physik und entschloß sich nach vollendetem Curse auf Anrathen seines Lehrers, den geistlichen Stand zu verlassen und in Florenz die Wundarzeneikunde zu studiren. Daselbst fand er denn auch bald Aufnahme unter den chirurgischen Lehrlingen im Spital zu Santa Maria nuova, in welchem er neun Jahre zubrachte. Er trieb Anatomie, Chirurgie und praktische Arzeneikunde [190] unter Anleitung der Professoren Antonio Cocchi, Antonio Benevoli und Antonio Bertini, welche zu den Koryphäen der medicinischen Wissenschaft in Italien zählten. Als dann im Jahre 1756 Kaiser Franz I. Stephan, der Gemal der großen Maria Theresia, in Florenz auf die Geburtshilfe sein Augenmerk richtete und dieselbe auf eine dem Stande der Wissenschaft entsprechendere Weise zu heben beschloß, schickte er mehrere ihm als dazu besonders geeignet bezeichnete Zöglinge nach Paris, wo sie unter Andreas Levret (geb. 1703, gest. 22. Jänner 1780), dem berühmten Geburtshelfer und Leibarzt der Dauphine, sich ausbilden sollten. Unter diesen Zöglingen befand sich auch Vespa, der nicht blos Levret’s Schüler, sondern bald dessen Freund wurde. Vier Jahre lag er in Paris mit großem Eifer dem Studium der Medicin und Chirurgie, vornehmlich aber der Geburtshilfe ob und that sich bald so hervor, daß er öfter seinen Lehrer Levret, wenn dieser verhindert war, in den Vorlesungen vertrat. Dieser suchte auch seinen ausgezeichneten Zögling bleibend an Paris zu fesseln und stellte ihm sogar die Nachfolge in seiner Stellung am französischen Hofe in Aussicht, aber Vespa, eingedenk, daß er Alles seinem Kaiser verdanke, lehnte ab und zog es vor, im Dienste seines Monarchen zu verbleiben. 1760 kehrte er nach Florenz zurück, wo man für die Geburtshilfe eine eigene Lehrkanzel und ein besonderes Spital errichtete. Mit dem Lehramt und mit der Leitung des Spitals wurde nun Vespa betraut. Nach der Ankunft Kaiser Leopolds II. in Toscana zum Leibarzt und Geburtshelfer der Großherzogin ernannt, verblieb er auf diesem Posten bis zum Tode derselben. Hierauf ward er Professor der Geburtshilfe an der Universität in Pisa, durfte aber seine Vorlesungen über diesen Gegenstand in Florenz halten. Indessen wuchs sein Ruf, und die Höfe von Neapel, Frankreich und England machten ihm die vortheilhaftesten Anträge, um ihn zu gewinnen, aber in treuer Anhänglichkeit an seinen Fürsten und seine Heimat lehnte er alle ab. Er leistete seine ärztliche Hilfe bei den Geburten sämmtlicher Kinder des Kaisers Leopold II., des Großherzogs Ferdinand von Toscana und des Kaisers 'Franz II. Im Jahre 1793 wurde er in den erbländischen Adel, 1802 in den erbländischen Freiherrenstand erhoben. Obwohl er Mehreres über Wundarzenei und Geburtshilfe geschrieben, konnte er bei seiner Abneigung gegen die Schriftstellerei sich nie entschließen, seine Arbeiten drucken zu lassen, und wenn endlich doch Eines und das Andere unter die Presse kam, so war es nur durch besondere Veranlassungen ihm abgenöthigt worden. So ist denn nur die folgende Schrift von ihm bekannt: „Dell’arte ostetricia, trattato di ... diviso in tre parti preceduti da vari Ragionamenti“ (Firenze 1761, Andr. Bonducci, 4°.). Vespa starb als der älteste Leibarzt im hohen Alter von 78 Jahren.

(J. Schwaldopler). Geschichte des neuzehnten Jahrhunderts. Mit besonderer Hinsicht auf die österreichischen Staaten [auch unter dem Titel: „Historisches Taschenbuch. Mit besonderer Hinsicht u. s. w.“] (Wien 1808, Anton Doll, 8°.) IV. Jahrg.: „Geschichte des Jahres 1804“, S. 240 und 241.