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BLKÖ:Vrchlický, Jaroslav

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vrčevic, Vuk Stephan
Band: 52 (1885), ab Seite: 2. (Quelle)
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Vrchlický, Jaroslav (čechischer Poet, geb. zu Laun in Böhmen am 18. Februar 1853). Unter dem Pseudonym Jaroslav Vrchlický birgt sich Emil Bohuslav Frida, der bedeutendste čechische und vielleicht slavische Dichter überhaupt der Gegenwart, dessen Lebenslauf sehr bald erzählt ist. Er besuchte die Elementarschulen und das Gymnasium in seiner Heimat, an deren Hochschule zu Prag er auch 1872–1875 historische und sprachliche Studien trieb. Im letztgenannten Jahre trat er im Hause des Marchese Montecuculi-Laderchi in Oberitalien (Modena und Livorno) einen Erzieherposten an und versah denselben bis 1876. Dann in seine Heimat zurückgekehrt, wurde er Secretär in der Rectoratskanzlei des k. k. böhmischen polytechnischen Institutes zu Prag, in welcher Stellung er noch zur Zeit sich befindet. Die reiche Muße, welche ihm seine bisherigen Beschäftigungen ließen, widmete er der Poesie, in deren verschiedenen Gattungen, der lyrischen, epischen und dramatischen, er sich mit entschiedenem Glücke und einer fast besorgnißerregenden Fruchtbarkeit bewegt. In einem čechischen Literaturartikel über unseren Dichter heißt es wörtlich: „Seit den Zeiten Lopez de Vega’s und Calderon’s hat noch kein Dichter in so kurzer Zeit so viele und so bedeutende Werke geschrieben, [3] wie Vrchlický“. In Ermangelung eines čechischen Bücherkataloges, der bis auf die Gegenwart reicht, begnügen wir uns mit der Anführung seiner Schriften, soweit uns dieselben bekannt geworden. Mit den lyrischen beginnend, lassen wir die epischen und dramatischen und zuletzt seine zahlreichen Uebersetzungen folgen. Seine lyrischen Schriften sind: „Z hlubin“, d. i. Aus den Tiefen (1875); – „Sny o štěstí“, d. i. Träume vom Glück (1876); – „Simfonie“ (1878); – „Duch a svět“, d. i. Der Geist und die Wett (1878); – „Rok na jihu“, d. i. Ein Jahr im Süden (1878); – „Dojmy a rozmary“, d. i. Eindrücke und Launen (1880); – „Eklogy a písně“, d. i. Eklogen und Lieder (1880); – „Pouti k Eldoradu“, d. i. Pilgerfahrten nach dem Eldorado (1881); – „Co život dal“, d. i. Was das Leben gab (1882); – „Pantheon“ (1882); – „Sfinx“ (1883). Epische Dichtungen: „Básně epické“, d. i. Epische Gedichte (1876); – „Vittoria Colonna“ (1877); – „Mythy. Cyklus prvý“, d. i. Mythen. Erster Cyclus (1879); – „Twardowski“ (1880); – „Nové básně epické“, d. i. Neue epische Dichtungen (1881); – „Mythy. Cyklus druhý“, d. i. Mythen. Zweiter Cyclus (1881); – „Hilarion“ (1881); – „Perspectivy“, d. i. Perspectiven (1844). Dramatische Dichtungen: „Drahomira, tragedie“ (1882); – „Smrť Odysea, tragedie“, d. i. Der Tod des Odysseus, Tragödie (1883); – „V sudě Diogena, veselohra“, d. i. Im Faß des Diogenes, Lustspiel (1883); – Večer na Karlštejně, veselohra“, d. i. Der Abend auf Karlstein, Lustspiel (1844). Uebersetzungen: „Básně Viktora Huga, d. i. Gedichte von Victor Hugo (1874); – „Básně Giacoma Leopardiho, d. i. Gedichte Giacomo Leopardi’s (1876); – „Anthologie z nové poesie francouzské“, d. i. Blumenlese aus der neueren französischen Poesie (1878); – „Kain, báseň Leconta de Lisle, d. i. Kain, Gedicht von Leconte de Lisle (1880); – Danteho Božská komedie (Peklo a očistec)“, d. i. Dante’s göttliche Komödie (Hölle und Fegefeuer) (1878–1882); – „Hafisa Divan“, d. i. Der Divan des Hafis (1883), gemeinschaftlich mit Dr. B. Košut (1883); – „Výbor básní Tom. Canizzara, d. i. Auswahl aus den Dichtungen des Thomas Canizzara (1884); – „Poesie italská nové doby“, d. i. Italienische Poesien neuerer Zeit (1884); – „Tassův osvobozený Jerusalem“, d. i. Tasso’s Befreites Jerusalem. Vieles hat er druckbereit im Pulte liegen, wir nennen davon „Wenn Gewitter dräu’n“, eine Sammlung lyrischer Dichtungen; – „Sonette eines Einsamen“; – „Julian, der Apostat, Tragödie“; – „Dichtungen aus dem Italienischen des Aleardi“; – Ariosto’s „Rasender Roland“; – ein zweiter Band Auswahl neuerer französischer Gedichte; – Dante’s „Vita nuova“ in Gemeinschaft mit Julius Zeyer; ferner eine Auswahl Gedichte italienischer Poeten, so von Carducci, Foscolo, Buonaroti und Anderen. Mit Vorstehendem ist jedoch Vrchlický’s schriftstellerische Thätigkeit noch lange nicht abgeschlossen. Die čechische National-Zeitung („Národní list“) und der „Lumír“ enthalten aus seiner Feder zahlreiche Abhandlungen in Prosa. Der Dichter ist zur Zeit 32 Jahre alt; dann ist es wirklich erstaunlich, was Alles derselbe in der kurzen Spanne Zeit, seit welcher er zu dichten begonnen, bereits [4] geschaffen hat. Ein čechischer Literarhistoriker will schon jetzt drei Phasen in der Dichtung Vrchlický’s unterscheiden, von denen die erste in dem Werke „Aus den Tiefen“, die zweite in der „Symphonie“ und in „Geist und Welt“, die dritte in „Sphinx“ und „Perspectiven“ zum Ausdrucke komme, und zwar sei in der ersten der Poet noch vom Pessimismus befangen, während er in der zweiten sich zum Optimismus durcharbeite, bis er in der dritten dem Humanismus huldige. Welche Stufe die nächste ist, die Vrchlický erklimmt, oder ob derselbe auf der letzten als der höchsten verbleibt, weiß sein Kritiker nicht zu sagen. Gewiß ist Eines, daß unser Poet bei objectivster Betrachtung seines Könnens und dichterischen Schaffens als der hervorragendste Vertreter der reflectirenden kosmopolitischen Richtung gelten darf, die seit dem Anfange der Sechziger-Jahre der früheren nationalen (slavischen) entgegentrat. So nimmt er seinem Volke gegenüber ungefähr die Stellung ein, wie Byron für England und Heinrich Heine für Deutschland. Aber ganz abgesehen von dieser Richtung, wird er an wahrem, originellem und dichterisch durchgebildetem Talente von keinem seiner Nebenbuhler erreicht, geschweige übertroffen, und wie in seiner äußeren Erscheinung nichts weniger als ein čechischer Typus sich kundgibt, ist er selbst kein čechischer, sondern überhaupt ein Poet.

Bornmüller (Fr.). Biographisches Schriftsteller-Lexikon der Gegenwart. Die bekanntesten Zeitgenossen auf dem Gebiete der Nationalliteratur aller Völker mit Angabe ihrer Werke (Leipzig 1882, Verlag des bibliogr. Instituts, 8°.) S. 248. – Magazin für die Literatur des Auslandes (Leipzig, 4°.) 1879, Nr. 22, S. 344 [nach diesem geboren im Jahre 1852]. – De Gubernatis (Angelo). Dizionario biografico degli scrittori contemporanei ornato di oltre 300 ritratti (Firenze 1877, Le Monnier, schm. 4°.) p. 1056 [nennt Vrchlický’s Geburtsort irrig Loung]. – Zlatá Praha, d. i. Das goldene Prag, (illustr. Prager Zeitschrift, kl. Fol.) 1885, Nr. 1, S. 10.
Porträt. Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen in der „Zlatá Praha“ 1885, Nr. 1, S. 1.