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BLKÖ:Wenżyk (Wężyk), Franz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wenzlewski
Band: 55 (1887), ab Seite: 31. (Quelle)
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Wenżyk (Wężyk), Franz (polnischer Dichter, geb. im Dorfe Witulin in Podlasien am 7. October 1785, gest. in Krakau am 2. Mai 1862). Ein Sohn Kasimir Wenżyk’s, Abgeordneten der Wojwodschaft Sandomir auf dem Warschauer Reichstage, aus dessen Ehe mit Marianne Boguslawski, besuchte er die ersten Schulen in Bially, einem dem Fürsten Radziwill gehörigen Städtchen, wo er den Fürsten Karl Radziwill kennen lernte, welcher den Beinamen „Pana Kochuku“ von dieser Redensart trug, deren er sich in der Ansprache gegen Andere öfter zu bedienen pflegte. Als nach der durch Kosciuszko veranlaßten Erhebung Polens jener Theil dieses Landes, in welchem Wenżyk geboren worden, unter die österreichische Regierung kam, schickten die Ettern den Sohn nach Warschau in das Möller’sche Institut, aus welchem er nach beendeten Vorbereitungsstudien auf die Jagiellonische Universität in Krakau ging, um sich an derselben der Rechtswissenschaft zu widmen. Daselbst blieb der berühmte Professor Hyacinth Aegyd Przybilski [Band XXIV, S. 33][WS 1] nicht ohne Einfluß auf Wenżyk’s geistige Entwicklung, auch traf des Letzteren Universitätsstudium in die Zeit, als Kollątay’s wohlthätige Reformen ihre Wirkung zu äußern begannen. Es war eine Periode denkwürdiger Ereignisse[WS 2]. Napoleon, nachdem er die Macht Preußens in der Schlacht bei Jena zertrümmert hatte, überschritt die Grenzen Polens. Wenżyk zögerte nun nicht länger, er eilte 1807 sofort nach Warschau und wurde Assessor bei dem Appellationsgerichte daselbst. Unter der allgemeinen Aufregung, welche sich der Warschauer Bevölkerung bemächtigt hatte, betrat er das Gebiet der Literatur und nahm bald unter den zeitgenössischen Poeten eine hervorragende Stelle ein. Seine erste größere Arbeit war: „Msza swięta“, d. i. Die heilige Messe, verfaßt 1808 auf Verlangen des Geistlichen Cybulski, Directors der Organistenschule in Warschau. Dieser Dichtung, welche man einige Zeit irrthümlich dem Poeten Alois Feliński zuschrieb, folgte 1806 das Drama „Rzym oswobodzony“, d. i. Das befreite Rom. Dasselbe, in Versen gedichtet, wurde auf dem Nationaltheater in Warschau anläßlich der siegreichen Rückkehr der polnischen Truppen aus dem beendeten Feldzuge aufgeführt, erregte eine allgemeine Begeisterung und erhob den Dichter zum Helden des Tages. Nach diesem dramatischen Erfolge betrat er mit der Dichtung „Okolicze Krakowa“, d. i. Die Umgebungen Krakaus, welche er damals in dem von Osiński herausgegebenen „Pamiętnik“ veröffentlichte, das epische Gebiet. Auch dieses Werk, wiederholt verlegt, und zwar Krakau 1820, dann 1823 und 1833, fand so begeisterte Aufnahme, [32] wie das 1810 aufgeführte Drama „Glinski“, welches aber erst 1822 zu Krakau im Druck erschien. Die Warschauer Gesellschaft der Wissenschaftsfreunde nahm nach der Aufführung des „Glinski“ den Poeten unter ihre Mitglieder auf. Im Jahre 1811 brachte er die Tragödie „Barbara Radziwillowna“ zur Aufführung und kam so dem berühmten gleichnamigen Drama Feliński’s zuvor. In der Zwischenzeit, 1810, war Wenżyk in den Reichstag, der zu Warschau zusammentrat, gewählt worden und versah sein Mandat bis 1813. Mit Anton Ostrowski und K. Skórkowski bildete er die Opposition und entwickelte als Deputirter einen Freimuth, der bei den damaligen ungesunden politischen Verhältnissen, welche die Existenz des Großherzogthums untergruben, leider ohne Wirkung blieb, nur in den Reichstagsacten haben seine Reden sich erhalten. Nach Napoleons Sturze, welchem das Aufgeben der Hoffnungen Polens folgte, zog sich Wenżyk in ländliche Einsamkeit zurück, und dort dem Familien- und Landleben sich widmend, gab er sich in seiner Muße auch literarischem und poetischem Schaffen hin. Als Frucht dieser Zeit sind zu verzeichnen: die Tragödien „Bołeslaw Smialy“, d. i. Boleslaw der Kühne (Krakau 1822) und „Wanda“ (ebd. 1826), wie auch einige historische Erzählungen, und zwar: „Wladisław Łokietek czyli Polska w XIII. wieku“, d. i. Wladislaus Łokietek oder Polen im 13. Jahrhunderte, 3 Bände (Warschau 1828) und „Zygmunt z Szamotul“, d. i. Siegmund von Szamotult, 3 Bände (ebd. 1830). Noch einmal betrat Wenżyk den öffentlichen Schauplatz, als ihn die einmüthige Erhebung des polnischen Volkes im Jahre 1830 nach Warschau berief, wo Castellan Wenżyk seinen Platz im Senate einnahm. Aber auch damals wurde durch die Uneinigkeit des Volkes alle gedeihliche Wirksamkeit gelähmt. Rußland trat die Erhebung mit seinen Kolben und Knuten nieder, und nun kehrte Wenżyk nach Krakau zurück, wo er fortan seinen bleibenden Aufenthalt nahm. Als sich die gelehrte Gesellschaft in Krakau von der dortigen Universität abzweigte, wählte sie unseren Wenżyk einstimmig zum Präsidenten, und versah er dieses Ehrenamt bis zu seinem im Alter von 77 Jahren erfolgten Tode. Unter seinem Präsidium in besagter Akademie faßte er den Gedanken der Erbauung eines eigenen Hauses für dieselbe, in welchem sie ihre Sitzungen halten und die seit Jahren aufgespeicherten Sammlungen aufstellen sollte. Er wendete sich an die Bevölkerung, für diese Idee von ihr Förderung und Unterstützung erbittend, und fand beides. Allmälig erhob der Bau sich aus den Grundlagen, indeß Wenżyk sollte die Vollendung desselben nicht erleben, doch aber die Zuversicht ins Grab mitnehmen, daß sie nahe bevorstehe. Von Wenżyk’s übrigen Arbeiten sind nur noch bekannt: „I ja też czyli Rzeczypospolitca Babińska“, d. i. Ich auch oder die Babińs’sche Republik, ein Lustspiel in Versen, welches in einem Anhang der „Gazeta polska“ (Polnische Zeitung) abgedruckt wurde, und in seinen letzten Lebensjahren ging er daran, in breiten Umrissen ein großes historisches (Drama, betitelt: „Bez królewie“, d. i. Ohne König, zu schreiben, von dem aber nur einige Bruchstücke zur Veröffentlichung gelangten. Wenżyk zählt zu den begabtesten Poeten seines Vaterlandes, aber in den Fesseln des Classicismus erlahmte auch der Schwung seiner Phantasie. In seinen anläßlich der Siege Napoleons [33] geschriebenen Oden, in denen er derselben freien Raum ließ, bekundete er den tiefempfindenden begeisterten Dichter; hingegen verfehlen seine dramatischen Arbeiten, trotz einzelner Schönheiten, ihre Wirkung, immer aber, was Reinheit der Sprache und Vollendung der Form betrifft, wird er als mustergiltig angesehen werden müssen. Auch ein großes Verdienst bleibt ihm noch ungeschmälert, nämlich das, in den Verhandlungen der Krakauer Akademie auf die dramatische Größe und Bedeutung Shakespeare’s die polnische Nation aufmerksam gemacht zu haben. In seinem Nachlaß fand sich eine Uebersetzung von Virgil’s „Aeneide“ vor. Franz Wenżyk war vermält, und von seinen Kindern sind nur zwei Töchter bekannt, die beide trotz aller Vorstellungen des greisen Vaters, ihn im Alter nicht zu verlassen, ins Kloster der barfüßigen Karmeliterinen zu Wesola bei Krakau eintraten, und deren eine, Marie [S. 37, Nr. 3], als Oberin dieses Klosters in der Schauergeschichte der Barbara Ubryk eine wenig beneidenswerthe Rolle gespielt hat.

Siemieński (Łucyan). Wspomnienie o zyciu i pismach Franciszka Wężyka, d. i. Erinnerung an das Leben und die Schriften des Franz Wężyk (Krakau 1865, 8°., 34 S.). – Woycicki (K. Wl.). Historyja literatury polskiej w zarysach, d. i. Geschichte der polnischen Literatur in Umrissen (Warschau 1845, Sennewald, gr. 8°.) Bd. III, S. 378 [nach diesem geb. am 10. October 1785.] – Rycharski (Łucian Tomasz). Literatura polska w historyczno-krytycznym zarysie, d. i. Die polnische Literatur im historisch-kritischen Abrisse (Krakau 1868, Himmelblau, gr. 8°.) Bd. I, S. 21, 32, 39 und 220; Bd. II, S. 13, 46, 257. – Czas, d. i. Die Zeit (Krakauer politisches Blatt) 1862, Nr. 104, im Feuilleton: „Franciszek Wężyk“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Band XXIV, S. 31].
  2. Vorlage: Ereigisse.