BLKÖ:Werner, Johann Ludwig Freiherr von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 55 (1887), ab Seite: 55. (Quelle)
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Werner, Johann Ludwig Freiherr von (Staatsmann, geb. zu Trier am 13. November 1759, gest. zu Wien am 18. März 1829). Der Sproß einer in Trier ansässigen und dem Rathsstande daselbst ungehörigen Familie, über welche die genealogische Uebersicht S. 58 Näheres berichtet, widmete er sich an der damals in seiner Vaterstadt bestandenen Universität dem Studium der Rechtswissenschaft und begab sich 1779, um praktische Geschäftskenntnisse zu sammeln, zunächst nach Coblenz, sodann nach Wetzlar, wo er einige Zeit bei dem Reichskammergericht in Verwendung stand. Nun unternahm er eine wissenschaftliche Reise auf die Universitäten Gießen, Marburg und Göttingen, wodurch sich ihm die Gelegenheit bot, die persönliche Bekanntschaft Gatterer’s, Pütter’s, Schlözer’s, Böhmer’s und anderer ausgezeichneter Gelehrten zu machen. Ende 1780 kehrte er nach Trier zurück, um daselbst die Advocatenpraxis zu treiben. Doch schon im October 1781 erhielt er an der Trierer Hochschule die Professur der deutschen Reichsgeschichte und später noch jene des deutschen Staatsrechtes. 1788 wurde er mit Beibehaltung der bisher bekleideten Stellen zum wirklichen Mitgliede des kurfürstlichen Appellationsgerichtes ernannt. Nachdem er seine Inauguralschrift: [56] „Betrachtungen über die Verbindung politischer Conjuncturen und der Staatswohlfahrt mit der Wohlfahrt der Religion“ (Luxemburg 1788), in der die Grundsätze, welche den Kaiser Joseph II. bei seinen kirchlichen Reformen in den Niederlanden geleitet, großen Theils ihre Rechtfertigung finden, veröffentlicht hatte, erlangte er die juridische Doctorwürde und dann eine Beisitzerstelle an der Juristenfacultät in Trier. 1789 folgte er einem Rufe des Kurfürsten von Köln als Hofrath und Staatsrechtslehrer nach Bonn. In dieser neuen Stellung sah er sich zu verschiedenen wichtigen Staatsgeschäften und Sendungen verwendet, fungirte 1790 als Wahlbotschaftsrath in Frankfurt a. M. und wurde 1791, bald nach der Krönung des Kaisers Leopold II., zum Reichshofrathe in Wien ernannt. Als die politischen Ereignisse des Jahres 1806 zur Auflösung des Reichshofrathes führten, ward Werner auf die warme Empfehlung des Grafen Rottenhann [Bd. XXVII, S. 162] mit kaiserlichem Handbillet vom 26. December 1807 als Hofrath zur obersten Justizstelle in Wien berufen. 1810 kam er als Vicepräsident zum Gratzer Landrecht und rückte nach der Trennung des Landrechts vom innerösterreichischen Gubernium am 6. April 1811 zum Landrechtspräsidenten vor. 1822 zum Präsidenten des mährisch-schlesischen Appellationsgerichtes und dann zum obersten Landeskämmerer in Mähren ernannt, legte er beide Stellen 1828 aus Gesundheitsrücksichten nieder und übernahm dafür das Präsidium bei der Hofcommission in Justizsachen, welches er trotz schweren körperlichen Leidens bis zu seinem im Alter von 80 Jahren erfolgten Tode versah. Außer der vorerwähnten Inauguralschrift veröffentlichte er durch den Druck folgende Werke: „Etwas über die Annahme und Ausschreibung der Revision wider beschwerende Kammergerichtsurtheile zur Beleuchtung des §. 100 des Reichsabschiedes von 1594; mit Beifügung einiger weniger bekannten Präjudicien und noch nicht gedruckter Urkunden“ (Bonn 1789, 8°.); – „Prüfungsätze aus der deutschen Reichsgeschichte und den vornehmsten Rechtstheilen“ (Trier 1788, 8°.); – „Actenmässige Darstellung der Ursachen, warum die von dem Kaiserl. und Reichskammergerichte den Kreisausschreibenden Herrn Fürsten des niederrheinisch westphälischen Kreises unterm 27. August 1789 gegen die Lütticher Aufrührer aufgetragene Executionscommission bisher unvollstreckt geblieben ist“ (Münster 1790, 4°.), „Nachtrag dazu“ (ebd. 1790, 4°.); diese Deduction ist auch im 7. Bande von Reussen’s „Deductions- und Urkundensammlung“ abgedruckt, in der Vorrede aber der Verfasser irrig Weber statt Werner genannt; – „Unparteiische Prüfung des von Kurpfalz in der Reichsversammlung zu Regenspurg und im teutschen Publicum ausgetheilten Promemoria, die gegenwärtigen Nuntiaturstreitigkeiten betreffend, von Wittelsbach“ (ohne Angabe des Druckortes und Jahres [1790], 4°.); – „Regentenmaximen aus den Schriften Ludwigs XIV. von Frankreich, Friedrichs II. von Preussen und Gustavs III. von Schweden gezogen“ 2 Bände (Wien 1809). Werner’s Verdienste im Staatsdienste wurden wiederholt gewürdigt, durch Erhebung in den Reichsfreiherrenstand, welche 1805 erfolgte, und 1812 durch Verleihung der geheimen Rathswürde. Freiherr von Werner hatte sich dreimal vermält, zuerst 1790 mit Maria Agnes geborenen von Breunig; nachdem diese 1802 gestorben, 1804 mit Maria Anna von Hackher zu Hart, Witwe Michaels von Smitmer, und nach deren 1814 erfolgtem Tode in dritter Ehe mit [58] Maria Margaretha geborenen Freiin von Lago. Nur aus erster Ehe sind Kinder, und zwar drei Söhne und drei Töchter, sämmtlich aus der Stammtafel ersichtlich, vorhanden. Ueber seinen Sohn Joseph siehe den besonderen Artikel Seite 60.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. VI, S. 78. – Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit von Dr. Vinc. Aug. Wagner (Wien, 8°.) Jahrg. 1829, S. 233 u. f.