BLKÖ:Werner, Joseph Freiherr von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 55 (1887), ab Seite: 60. (Quelle) | |||
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Johann Ludwig aus dessen erster Ehe mit Marie Agnes geborenen von Breunig. Nachdem er in Wien das Piaristengymnasium besucht hatte, begann er an der Universität daselbst die juridischen und staatswissenschaftlichen Studien, die er an der Hochschule zu Würzburg fortsetzte und an jener zu Göttingen beendete. Im März 1812, damals 21 Jahre alt, trat er bei der Botschaft zu Paris in den Staatsdienst und verblieb daselbst mit einigen Unterbrechungen bis August 1813, worauf er bei Ausbruch des Krieges zwischen Oesterreich und Frankreich mit der Botschaft Paris verlassen und nach Oesterreich zurückkehren mußte. Nun fand er Verwendung bei dem Congreß zu Chatillon unter Grafen Stadion und wurde am 2. Juni 1814 zum Legationssecretär ernannt. Nach kurzer Thätigkeit in der damals zu Paris befindlichen Kanzlei des Fürsten Metternich nach London entsendet, vertrat er dort durch sieben Monate den beurlaubten Botschaftsrath Philipp Freiherrn von Neumann [Bd. XX, S. 291, Nr. 13] und kam im März 1815 wieder nach Wien zurück, und zwar in die Kanzlei des zweiten österreichischen Bevollmächtigten bei dem Wiener Congreß Freiherrn von Wessenberg. Darauf begleitete er den Fürsten Metternich 1815 nach Paris und Mailand und erhielt dann im Sommer 1816 die Bestimmung als erster Secretär zur Gesandtschaft in Berlin, bei welcher er bis Juni 1832, also 16 Jahre verblieb. Während dieser langen Zeit versah er die Dienste theils als erster Gesandtschaftsbeamter, theils als Geschäftsträger, stets bemüht, das gute Einvernehmen zwischen, den beiden Höfen aufrecht zu erhalten. Im Februar 1819 ward er zum Legationsrath ermannt. In die Zeit seines Berliner Aufenthaltes fallen eine vorübergehende Verwendung bei dem Congresse von Verona 1821; eine Mission nach Kassel 1828 zur Vermittlung der in den churfürstlichen Häusern ausgebrochenen Familienstreitigkeiten; mehrere Reisen nach Teplitz in Begleitung des daselbst die Badecur gebrauchenden Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Vom Juni 1832 an führte Werner an Stelle des Hofrathes von Kreß das deutsche Referat in der Staatskanzlei, zuerst noch in der Eigenschaft eines Legationsrathes, seit 13. Jänner 1834 als wirklicher Hofrath, welchem Referate in den nächstfolgenden Jahren auch die Correspondenz mit Petersburg, jene in dem holländisch-belgischen Conflicte und endlich die Geschäfte der Schweiz zugetheilt wurden. Als wichtigere, in diese Epoche seiner Geschäftsthätigkeit fallende Verhandlungen mögen hier besonders erwähnt werden: die Führung des Protokolls bei den Wiener Ministerialconferenzen 1834; die Wiederaufrichtung des in Verfall gerathenen deutschen Ordens; die Befestigungen von Ulm und Rastadt als vierter und fünfter Bundesfestung; der hannoverische Verfassungsstreit; die Schweizer Wirren in der Aargauer Kloster- und der [61] Sonderbundsfrage und die schon erwähnte holländisch-belgische Streitsache. Der durch die Märzrevolution des Jahres 1848 hereingebrochene Umsturz der Dinge bestimmte Werner, sich von den Geschäften zurückzuziehen. Doch nicht lange dauerte für ihn diese Zeit der Ruhe, denn schon am 3. Juni nahm ihn Minister Freiherr von Wessenberg mit nach Innsbruck und behielt ihn auch nach der Rückkehr nach Wien bei sich, bis der 6. October Minister und Hofrath zugleich aus Wien vertrieb. Nach Wiederherstellung der Ordnung berief der neue Ministerpräsident Fürst Felix Schwarzenberg den Freiherrn in der Eigenschaft eines Unterstaatssecretärs in sein Cabinet, und in der That erfolgte am 1. Jänner 1849 dessen Ernennung zu dieser unter den damaligen Verhältnissen schwierigen Stelle. Fürst Schwarzenberg war nämlich bei Antritt seines Amtes von der Ueberzeugung geleitet, daß das von ihm übernommene Ministerium des Aeußern in Personal- und Geschäftsführung in tiefem Verfalle und daher höchst reformbedürftig sei. Er betraute den neu ernannten Unterstaatssecretär mit der heiklen Aufgabe, die bestehenden Mängel ohne alle Schonung abzustellen. Wenn nun Werner auch die Meinung des Fürsten über den inneren Verfall der Staatskanzlei bis zu einem gewissen Grade theilte, so waren doch die unläugbar vorhandenen Mißbräuche tief eingewurzelt und vielfach mit der Natur von Persönlichkeiten verwachsen, die ihrer sonstigen ehrenwerthen Eigenschaften halber geschont werden mußten. Werner schritt mit ebenso viel Tact und Umsicht als doch wieder mit der nöthigen Energie an die Lösung dieser Aufgabe, und wurde ihm die Zufriedenheit seiner Chefs, des Fürsten Schwarzenberg und des Grafen Buol, wiederholt und auch aus dem Munde Seiner Majestät des Kaisers die Anerkennung zutheil. Während seiner Stellung als Unterstaatssecretär erfolgte am 30. Jänner 1850 seine Ernennung zum wirklichen geheimen Rathe. Als dann am 12. Mai 1859 an Stelle des Grafen Buol Graf Rechberg trat, waren die Beziehungen zwischen Werner und dem neuen Chef nicht der Art, um ein gedeihliches Zusammenwirken in dem engen Verhältnisse zwischen Minister und Stellvertreter voraussehen zu lassen, und so wurde Werner mit ah. Entschließung vom 14. November 1859 zum Gesandten in Dresden und bei den Höfen der ernestinischen Linie ernannt. Vor Antritt seines neuen Postens hatte er noch in Begleitung des Erzherzogs Albrecht, der zur Begrüßung des Kaisers Alexander nach Warschau gesendet wurde, sich dahin zu verfügen und daselbst mit dem russischen Reichskanzler, Fürsten Gortschakow, Verhandlung zu pflegen. Am 6. December 1859 übergab er sein Creditiv dem Könige von Sachsen, und in den ersten darauf folgenden Monaten that er dasselbe in Weimar, Altenburg, Meiningen und Gotha. Mit ah. Handschreiben vom 1. April 1867 wurde Freiherr von Werner zum lebenslänglichen Mitgliede des Herrenhauses im österreichischen Reichsrathe ernannt. Am 26. Juli 1869 bat er um seinen Uebertritt in den Ruhestand, und am 28. October dieses Jahres erhielt er denselben bewilligt. 58 Jahre hatte er unter drei Monarchen in wechselvoller und bewegter Zeit dem Staate mit solcher Auszeichnung gedient, daß ihn dieselben mit allen Auszeichnungen schmückten, die für im Staatsdienste erworbene Verdienste zur Verfügung stehen. [62] So empfing er schon 1819 das Ritterkreuz des Leopoldordens; anläßlich seiner diplomatischen Thätigkeit im holländisch-belgischen Streite 1842 den St. Stephansorden; bei Gelegenheit der Vermälung Seiner Majestät im Jahre 1854 den Orden der eisernen Krone erster Classe; bei Vollendung seines 50. Dienstjahres das Großkreuz des Leopoldordens und schließlich bei seinem Uebertritte nach 58 Dienstjahren in den Ruhestand das Großkreuz des St. Stephansordens. Außerdem schmückten noch 22 Großkreuze die Brust dieses Staatsmannes. Alle Höfe Europas hatten ihn ausgezeichnet. In die Zeit seines Dienstes fällt auch die Thätigkeit des berühmten Friedrich Gentz, und Werner stand mit demselben im lebhaften Briefwechsel, der sich noch ungedruckt im Nachlasse des Freiherrn befindet. Auch ist noch eines besonderen Umstandes zu gedenken. Fleury de Chaboulon in seinen zu London 1820 erschienenen „Mémoires“ spricht auf S. 1 u. f. die Meinung aus, Freiherr Joseph von Werner sei der durch den von Napoleon nach Basel entsendeten falschen Agenten getäuschte Agent des Fürsten Metternich gewesen. Diese Annahme ist unrichtig. Jener in Basel gewesene Oesterreicher war allerdings ein k. k. Diplomat, später auch Gesandter, aber mit einem auf den Namen Werner lautenden Passe versehen, woraus die Verwechslung entsprang. Mistreß Trollope in ihrem Werke „Vienna and the Austrians“ Bd. II, S. 269, klärt diese Thatsache nach des Fürsten Metternich eigener Erzählung auf. Bis zu seinem Uebertritt in den Ruhestand war der Freiherr, obgleich damals schon 78 Jahre alt, noch vollkommen gesund und kräftig, bald danach aber trat, wohl infolge einer in den aufregenden Verhältnissen seiner diplomatischen und bureaukratischen Stellung leicht erklärlichen[WS 1] Anspannung seiner physischen und geistigen Kräfte, ein plötzlicher Nachlaß seiner Nerventhätigkeit ein. Er suchte noch Heilung oder doch Linderung dafür im wärmeren Süden; aber so sehr er gegen sein Uebel ankämpfte, dasselbe war stärker als er. Im März 1871 wurde er sterbend von Pisa nach Gratz gebracht, wo er, achtzig Jahre alt, nach mehrmonatlichem Leiden für immer seine Augen schloß. Freiherr Joseph hatte sich am 8. Februar 1842 mit Henriette geborenen Pauer von Friedau, einer Tochter seiner Schwester Katharina, vermält, doch blieben dieser Ehe Kinder versagt. Dagegen pflanzten des Freiherrn jüngere Brüder Maximilian und Franz das Geschlecht fort, das; heute in zwei Linien, einer älteren und einer jüngeren, doch in ersterer nur noch weiblicherseits blüht.
Werner, Joseph Freiherr von (Staatsmann, geb. zu Wien am 24. December 1791, gest. in Gratz am 4. Juli 1871). Der älteste Sohn des Freiherrn- Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1871, S. 3781. – Unsere Zeit. Neue Folge, Bd. VII, S. 2; 1871, S. 505–506. – Thürheim (Andreas Graf). Licht- und Schattenbilder aus dem Soldatenleben und der Gesellschaft. Tagebuch-Fragmente und Rückblicke eines ehemaligen Militärs (Prag und Teplitz 1876, Dominicus, 8°.) S. 40. – Auch in Bernhards Ritter von Meyer [Bd. XVIII, S. 88, Nr. 18] „Memoiren“ wird des Freiherrn von Werner an mehreren Stellen gedacht.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: erkärlichen.