Zum Inhalt springen

BLKÖ:Wilczek, Heinrich Wilhelm Graf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 56 (1888), ab Seite: 116. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Wilhelm von Wilczek in der Wikipedia
Heinrich Wilhelm Graf Wilczek in Wikidata
GND-Eintrag: 139106049, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Wilczek, Heinrich Wilhelm Graf|56|116|}}

Wilczek, Heinrich Wilhelm Graf (Staatsmann und Feldherr, geb. 17. September 1665, gest. zu Breslau 19. März 1739). Ein Sohn Caspars Freiherrn von Wilczek aus dessen zweiter Ehe mit Anna Katharina von Paczinsky, einer Tochter des Landeshauptmanns des Fürstenthums Teschen. Standesmäßig erzogen, unternahm er nach beendeten Studien die übliche Cavalierstour zur Vervollkommnung seiner Ausbildung und trat, von derselben zurückgekehrt, 1685 in das kaiserliche Heer. Den ersten Feldzug machte er als Volontär vor Ofen mit und wurde infolge bei mehreren Gelegenheiten bewiesener Tapferkeit bereits 1686 zum Hauptmann im Regimente des Feldmarschalls Ernst Rüdiger Grafen von Starhemberg, bald darauf zum Oberstwachtmeister bei Pálffy- und zum Oberstlieutenant bei Bagni-Infanterie befördert. In allen diesen Stellungen that er sich bei mehreren Belagerungen in Sturmangriffen und auch sonst durch seine Bravour hervor. Neue Beweise seines Heldenmuthes gab er in der Schlacht bei Zenta, 11. September 1696, wo er der Erste den feindlichen Wall erstieg. Am 12. December 1701 wurde er Oberst und führte als solcher sein Regiment, Graf Bagni Nr. 25, bei Beginn des spanischen Successionskrieges nach Italien. Als dann die Rebellion in Ungarn ausbrach, übernahm er 1704 über jene Truppen, welche in Oberschlesien gegen die ungarischen Rebellen und gegen Polen als Pestcordon aufgestellt waren, das Commando, welches er bis 1709 behielt. Von Kaiser Joseph I. in der Zwischenzeit, März 1706, zum General-Feldwachtmeister ernannt, gelang es ihm in dieser Eigenschaft, durch geschickte Aufstellung der ihm zugewiesenen Truppen jeden feindlichen Einfall von Ungarn aus abzuhalten. 1709 vertauschte er seine militärische Stellung mit einer diplomatischen, indem er am 8. October zum außerordentlichen Gesandten am St. Petersburger Hofe ausersehen wurde. Nachdem er noch am 2. November zum Feldmarschall-Lieutenant, am 16. dieses Monats sammt seiner Familie in den ungarischen Grafenstand erhoben und am 10. Mai 1710 zum Hofkriegsrathe ernannt worden war, trat er seinen Gesandtschaftsposten an, welchen er bis 1712 versah. Während dieser Zeit wohnte er dem Beilager der russischen Kaiserin bei und begleitete auch den Czar Peter I. auf dessen damaligen Reisen. Am 15. Februar 1712 erhielt er das Commando der Festung Spielberg bei Brünn, ging aber noch am 3. September desselben Jahres, abermals in der Eigenschaft eines außerordentlichen Gesandten, an die nordischen Höfe von Polen, Preußen und Dänemark und vollführte noch mehrere Missionen an den fürstlichen Höfen von Gotha, Bayreuth, Anspach, Darmstadt, Würzburg und Cassel. Infolge [117] seiner mehrfach erprobten Erfahrung im Kriegsdienste und in Staatsgeschäften wurde er nun vom Kaiser als Principal- und Generalcommissär zu den in Tyrnau versammelten Ständen Ungarns gesandt, um in diesem Lande die Ausdehnung der Regierungsnachfolge auf die weiblichen Personen zu erwirken, was ihm auch nach Wunsch gelang. Als darauf seine Erhebung in den Grafenstand stattgefunden, ging er am 22. October 1714 als kaiserlicher Gesandter zu Karl XII., als dieser aus der Türkei wieder in sein Land zurückkehrte, und führte den Schwedenkönig mit dessen Gefolge und Truppen von der türkischen Grenze durch Ungarn und die Erzherzogthümer nach Bayern. Am 30. Jänner 1717 erfolgte seine Ernennung zum General-Feldzeugmeister und am 1. Februar zum Commandanten von Großglogau; im October 1723 erhielt er die Feldmarschallswürde. Am 8. Juli 1729 ging er als kaiserlicher Gesandter nach Polen, um dem in Grodno versammelten Reichstage beizuwohnen. Doch blieb diese Sendung erfolglos, da der Reichstag trotz allen Bemühungen, denselben zusammenzubringen, doch nicht zu Stande kam. Indeß harrten Wilczek’s im Sarmatentande noch nichts weniger als angenehme Aufgaben. König August II. war 1733 gestorben. Die Wirren der neuen Königswahl begannen. Der Primas und dessen Anhänger thaten Alles, um die Ausschließung des Kurfürsten von Sachsen von der Königswahl zu bewirken und Stanislaus Leszczynski auf den Thron zu heben. Wilczek’s Aufgabe war es, der Wahlfreiheit ihr Recht werden zu lassen und Alles zu beseitigen, was dieselbe beeinträchtigen konnte. Er ließ es in dieser Beziehung den Betheiligten gegenüber an eindringlichen Vorstellungen nicht fehlen. Das Alles aber fruchtete nichts. Seine Gegner, der Primas mit seinem Anhang obenan, thaten auch Alles, um seine Bemühungen zu vereiteln, und stellten ihm ein Hinderniß um das andere in den Weg. Ja, diese Partei ging noch weiter. Sie fing die Depeschen des Gesandten an den kaiserlichen Hof auf, fing die kaiserlichen Couriere, welche an ihn geschickt wurden, ab und sandte sie nach Breslau zurück, und Couriere wieder, welche Wilczek abfertigte, wurden angehalten, überfallen, mißhandelt, ihrer Depeschen beraubt. Wohl schoben die Sarmaten Alles, was sie in wohlerwogener Berechnung thaten, auf Straßenräuber und auf der Straße wanderndes Gesindel. Welcher Art aber dieses Gesindel war, stellte sich heraus, als man bei den beraubten Courieren nie Geld oder einen Werthgegenstand, sondern nur immer die Briefschaften und Schriftstücke vermißte. Alle Beschwerden, die der Graf wider solche völkerrechtswidrige Unthaten erhob, blieben erfolglos. Man ging endlich so weit, daß man an ihn das Ansinnen stellte, während der Wahlzeit seinen Aufenthalt in einer Entfernung mehrerer Meilen von der Stadt Warschau zu nehmen. Diese Zumuthung endlich erschöpfte die Geduld des Gesandten, der darauf erwiderte: „Im Falle man mich zwingen will, Warschau zu verlassen, muß ich mich nach einer Garde von 30.000 Mann umsehen, weil ich in anderer Weise im Polenlande während des Interregnums, da so viele Unordnungen vorkommen, keine Sicherheit für mich mehr sehe.“ Dies half; als dann der Wahlreichstag zusammentrat, übergab er dem Primas ein Memoire, in welchem er dem Kirchenfürsten und dessen Anhange den Standpunkt seiner Regierung klar [118] machte. Doch auch dieser Vorgang blieb erfolglos. Trotz aller Bemühungen der Gegenpartei ging am 12. September 1734 die Wahl Stanislaus Leszczynski’s durch, und der Graf selbst erschien persönlich gefährdet, war allen Insulten ausgesetzt, bis die Russen einrückten und mit ihren Bajonneten glatten Tisch machten. Die Wahl Leszczynski’s wurde durch die neue Wahl König Augusts III. annullirt, und am 13. Jänner 1734 überbrachte Graf Wilczek dem neugewählten Könige die Glückwünsche Oesterreichs. Er wohnte noch der Krönung des Königs an, bei welcher Gelegenheit er den Orden des weißen Adlers erhielt. Am 1. April 1735 ward ihm der Auftrag, das dem Kaiser überlassene russische Corps in der Starke von 13.000 Mann zu übernehmen und der am Rheinstrom aufgestellten kaiserlichen Armee zuzuführen. Nun, 1737, nach Wien berufen, sollte er als kaiserlicher Bevollmächtigter auf den nach Niemirow berufenen Congreß gehen. Doch unterblieb diese Mission, weil es gar nicht zum Congresse kam. In diesem Jahre erhielt der Graf noch von seinem Kaiser die Erlaubniß, für seine beiden Söhne Joseph Maria und Johann Balthasar zwei ansehnliche Majorate in Schlesien zu errichten. Mit Diplom ddo. 8. April 1714 erfolgte seine Erhebung in den Reichsgrafenstand, am 10. Juni 1715 wurde er ungarischer Indigena und 1717 Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 11, heute Georg Prinz von Sachsen. Graf Heinrich Wilhelm war seit 1698 mit Maria Charlotte geborenen Gräfin Gilbert von Saint-Hilaire vermält. Die zwei vorgenannten Söhne aus dieser Ehe sind die Gründer der noch heute blühenden zwei Linien dieses Grafenhauses.

Thürheim (Andr. Graf). Feldmarschall Otto Ferdinand Graf von Abensperg und Traun. 1677–1748 (Wien 1877, Braumüller, 8°.) S. 291. – Europäische Fama, Th. 107, S. 866; Th. 199, S. 555. – Gelehrte Neuigkeiten Schlesiens des Jahres 1739, S. 428 u. f.