BLKÖ:Traun und Abensberg, Otto Ferdinand Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Traun, Julius von der
Band: 47 (1883), ab Seite: 2. (Quelle)
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Traun und Abensberg, Otto Ferdinand Graf (k. k. Feldmarschall, Ritter des golden Vließes, geb. zu Oedenburg in Ungarn am 27. August 1677, gest. zu Hermannstadt am 10. Februar, nach Anderen erst am 18. Februar 1748). Ein Sohn des Grafen Otto Lorenz von der Eschelberger Linie aus dessen zweiter Ehe mit Eva Susanna Rueber Freiin von Pixendorf, erhielt Otto Ferdinand, welcher von zahlreichen, durch herrschende Krankheiten frühzeitig hingerafften Kindern das einzige seinen Eltern geblieben war, eine ungemein sorgfältige Erziehung. Ueber seine Jugendjahre finden sich nur wenige und noch dazu widersprechende Angaben vor, und selbst sein neuester Biograph Andreas Graf Thürheim vermag ob Mangel an Urkunden – da das Archiv im Schlosse Meißau 1768 ein Raub der Flammen wurde – nicht viel Bestimmtes zu berichten. Nach dem am 2. April 1695 erfolgten Tode seines Vaters ging der junge Graf, die Studien, denen er bis dahin zu Halle obgelegen hatte, aufgebend, als Freiwilliger unter die brandenburgischen Hilfstruppen des Kaisers, welche zu jener Zeit in den Niederlanden kämpften, und wohnte der Belagerung der Stadt und Festung Namur bei, die in letztgenanntem Jahre, erstere am 4. August, letztere am 2. September fielen. Nun – es mag 1696 oder 1697 geschehen sein – trat er in die kaiserliche Armee über, machte unter dem Markgrafen Ludwig von Baden die ersten Feldzüge des spanischen Erbfolgekrieges in Deutschland und Italien mit und wurde 1704 Generaladjutant, da er schon die Majorscharge bekleidete. Am 18. Februar 1708 erhielt er die Bestimmung, mit Feldmarschall Guido Grafen Starhemberg nach Spanien zu gehen, und focht auch an dessen Seite in allen Feldzügen bis 1713. Graf Thürheim nennt diese Zeit die „eigentliche Schule Traun’s zu dessen Heranbildung zum Feldherrn“. „Dieser junge Mann wird noch Armeen commandiren“, entgegnete der kalte, ernste Starhemberg dem englischen Feldherrn Stanhope, als dieser von den freimüthigen Aeußerungen Traun’s, den er zum ersten Male im Hauptquartiere sah, empfindlich berührt, im wegwerfenden Tone fragte: „Wer ist der junge Mann da?“ Am 10. März 1709 rückte Graf Traun zum Oberstlieutenant und am 16. September 1710 in Anerkennung seiner vorzüglichen Dienste zum Obersten auf. Als solcher that er sich beim Entsatze von Cardona im December 1711 so glänzend hervor, daß er mit der Siegesnachricht an die in Barcellona residirende Gemalin Kaiser [3] Karls VI. entsendet wurde. Auch erhielt er dafür schon im nächsten Jahre das Commando des Infanterie-Regiments des Grafen von Eck, der einen Tag nach dem Entsatze Cardona’s gestorben war. Nach der Räumung Spaniens kam er 1714 in die Lombardié, aus welcher er im Sommer 1718 zur Verstärkung der neapolitanischen Armee wieder abrücken mußte, denn es drohten in Sicilien ernste Kämpfe mit den Spaniern, welche unter Marquis Lede daselbst gelandet waren und bereits Messina und Palermo genommen hatten. Oberst Traun stand unter dem Oberbefehl des Generals der Cavallerie Grafen Mercy. In der Ebene von Francavilla kam es zur Schlacht, welche wegen Erschöpfung unserer Truppen durch die glühende Tageshitze, nachdem der Kampf beiderseits gegen 6000 Mann Todte und Verwundete gekostet hatte, mit zunehmender Nacht abgebrochen werden mußte. Der Graf ward in demselben verwundet. Das Resultat der ferneren Kämpfe war, daß 1720 Sicilien an den Kaiser fiel, worauf das Regiment Traun sein Standquartier in Neapel erhielt. Bald darauf wurde Traun Commandant von Syracus; dann am 14. October 1723 General-Feldwachtmeister und im Jahre 1727, nachdem Graf Wallis zum commandirenden General der Insel ernannt worden, Gouverneur von Messina. Als solcher gewann der Graf, der mit dem Prinzen Eugen von Savoyen in vertraulichstem Verkehre stand und demselben die Zustände Siciliens wahrheitsgetreu geschildert hatte, in den maßgebenden Kreisen volles Vertrauen, welches sich dermaßen steigerte, daß man ihm 1728 mit einem Male die Leitung des gesammten Berg- und Hüttenwesens auf der Insel Sicilien übertrug. Aber er weigerte sich entschieden, eine Aufgabe zu übernehmen, zu welcher ihm, wie er es ausdrücklich betonte, die nöthige Befähigung mangle. Zwei Jahre später wurde ihm unter den vortheilhaftesten Bedingungen und der Gestattung, zu gleicher Zeit im kaiserlichen Dienste zu verbleiben, ein mächtiger und angesehener Posten in der russischen Armee angeboten, aber auch diesen lehnte er entschieden ab, und es bedurfte erst der Beruhigung durch den Prinzen Eugen, daß man ihn gewiß niemals zwingen werde, gegen seinen Willen nach Rußland zu gehen. Am 8. November 1733 zum Feldmarschall-Lieutenant befördert, erhielt er Anfangs Jänner die Ordre, in Neapel unter Feldmarschall Fürsten Caraffa das Commando über einen Theil der zur Vertheidigung des Königreiches Neapel vorhandenen Truppen zu übernehmen. Ueber die Zustände Siciliens in jenen Tagen, über die leitenden Persönlichkeiten, den Vicekönig Grafen Sastago und den commandirenden Obergeneral Feldmarschall Caraffa, wie über den Zustand der kaiserlichen Armee gibt uns der mehrerwähnte Biograph des Helden ausführliche Nachricht, wir beschränken uns demnach im Folgenden auf die Hauptmomente der Thätigkeit Traun’s. Der Krieg war da, und es galt, den Spaniern die Insel zu entreißen. Graf Traun hatte das Commando der Festung Capua, welche große strategische Wichtigkeit besaß, der es aber an Vertheidigungsmitteln in jeder Hinsicht gebrach. Trotzdem verstand er es, den Widerstand, dessen Dauer man im besten Falle höchstens auf zwei bis drei Monate berechnete, und der nach Eröffnung der Tranchéen kaum vierzehn Tage anhalten konnte, noch sieben Monate lang fortzusetzen. Ende Jänner 1734 hatte Graf Traun Befehl erhalten, diese Position ausgiebig zu verschanzen und zu [4] vertheidigen. Am 2. Februar begab er sich auf seinen Posten. Mißhelligkeiten mit dem Vicekönig und dem Oberfeldherrn erschwerten ihm seine Lage ungemein. Im Ganzen befehligte er über eine Truppenmenge von nicht mehr als 3500 Mann, denen spanischer Seits 16.000 Mann Infanterie mit 5000 trefflichen Reitern die Spitze boten. Die Erfolge standen von allem Anfange auf Seite der Spanier, welche zuerst einen freilich sehr blutigen Sieg am 25. und 26. Mai 1734 bei Bitonto erfochten, die Festung Pescara am 2. August und vier Tage später Gaëta zur Capitulation zwangen und kurz darauf sich auch des Castells in Aquila und des befestigten Bergschlosses Civitella del Tronto bemächtigten. Als Alles schwankte und fiel, hielt sich Feldmarschall-Lieutenant Graf Traun noch immer in Capua. Bereits begann es Mitte Juli an Lebensmitteln zu mangeln. Nach vorangegangenen öfteren Ausfällen wurde am 10. August ein neuer ins Werk gesetzt, der glänzend ausfiel und reiche Beute einbrachte. Aber die Lage der Festung, welche vergebens auf Entsatz hoffte, besserte sich noch immer nicht. Die Noth der Belagerten wuchs mit jedem Tage. Eine Maß sauersten Weines kostete bereits drei Gulden, ein Loth Rauchtabak einen Gulden vierzig Kreuzer, ein Ei zehn Kreuzer; die Soldaten rauchten seit Monaten Pfirsich- und Birnblätter. Endlich reichten die Vorräthe nur noch auf vierzehn Tage. Da, nachdem ein Schreiben aus Rom eingetroffen, begann Traun, der sieben Monate ohne Hoffnung auf Entsatz die Festung gehalten, an die Uebergabe zu denken. Aber auch diese sollte in ehrenvollster Weise vor sich gehen, und so trat er mit dem neuen Befehlshaber der Spanier, dem Herzog von Berwick, in Unterhandlungen, denen am 20. November die Capitulation folgte deren Hauptforderungen waren: freier Abzug, Schiffe bis Triest, Geldvorschüsse und alle Kriegsehren mit Beibehalt der Waffen, „denn diese“, erklärte Traun, „würde man nur den Todten aus den Händen winden müssen“, ein geflügeltes Wort des Feldherrn, das damals die Runde durch Europa machte. Am Nachmittag des 30. November 1734 rüstete sich Feldmarschall-Lieutenant Traun, Capua zu verlassen, doch als noch vor Abzug seiner Truppen ganz capitulationswidrig der Marktplatz und die Hauptwache durch das spanische Fußregiment Sevilla besetzt wurden, ließ er dem Obersten desselben bedeuten: „Er sei etwas zu früh gekommen, denn noch befehlige ein kaiserlicher General in Capua“. Auf diese Erklärung zog sich auch das spanische Regiment sofort zurück. Mit Capua’s Fall war für Oesterreich das letzte Bollwerk im neapolitanischen Königreiche dahin und die Eroberung des letzteren durch die Spanier vollendet. General Graf Traun begab sich nun nach Wien, wo man hohen Orts seine heldenmüthige Ausdauer anerkannt hatte, worauf er im April 1735 zum Feldzeugmeister befördert wurde. Inzwischen waren unter den Rasziern in der Bekeser Gespanschaft Ungarns wegen Religionsbeschwerden Unruhen ausgebrochen, welche die räuberischen Kurutzen alsbald zur Plünderung von Dörfern und offenen Flecken ausnützten. Diesen Aufstand zu unterdrücken, wurde Feldzeugmeister Graf Traun mit ausgedehnten Vollmachten nach Ungarn geschickt. Er erstickte den Aufruhr im Keime und untersuchte noch im höheren Auftrage den Zustand der ungarischen Festungen. Von seiner Mission zurückgekehrt, erhielt er die geheime Rathswürde, und dann erfolgte 1736 seine Ernennung zum [5] General-Commandanten der in der Lombardie stehenden Truppen und zum Interimsstatthalter im Herzogthume Mailand. Als einen weiteren Zug zum Charakterbilde dieses Helden führen wir die Thatsache an, daß, als ihm der Vollgenuß aller Einkünfte, wie seine Vorgänger sie bezogen hatten, von seinem Monarchen angewiesen wurde, er erklärte, es für seine Pflicht halten zu müssen, im Hinblick auf die erschöpften Finanzen sich mit der Hälfte zu begnügen. Und doch fühlt sein Biograph zur Bemerkung sich gedrängt: daß trotz Traun’s natürlichem Hange zur Großmuth und Wohlthätigkeit ihn „doch gefühllose Berechnung und bureaukratische Schablonenweisheit einen Verschwender und unfähigen Verwalter der Landeseinkünfte hieß“. „Aber“, fügt sein Biograph hinzu, „Kaiser Karl VI. glaubte an eine Tugend, von der er Proben gesehen hatte, und ernannte den Grafen Traun am 19. März 1740 zum Feldmarschall“. Nach dem Tode dieses Kaisers wurde Traun von dessen Tochter Maria Theresia in seiner Würde bestätigt und mit der Ehre betraut, für seine Monarchin am 21. Jänner 1741 die feierliche Erbhuldigung der ihm anvertrauten Länder entgegenzunehmen. Indessen zogen sich am politischen Horizont drohende Wolken zusammen. Die ganze Besatzung in der Lombardie betrug 14.000 Mann Infanterie und einige hundert Reiter, zu einer Zeit, in welcher man Nachrichten hatte, daß Spanien 30.000 Mann in Catalonien aufstelle, um dieselben nach Italien abrücken zu lassen, und daß 8.000 Neapolitaner zur Besetzung des Gebietes von Orbitello an der toscanischen Küste bestimmt seien. Unter solchen Umständen erbat Traun ansehnliche Verstärkungen, die aber, da Friedrich II. mittlerweile bereits ganz Schlesien besetzt hatte und Oesterreich eine Armee in Mähren aufstellte, nicht abgeschickt werden konnten. In der nächsten Zeit gestalteten sich die Verhältnisse noch drohender, wodurch die Verlegenheiten Traun’s in der Lombardie sich nur verschlimmerten, denn von der ohnehin schwachen Armee, die ihm daselbst zu Gebote stand, wurden immer wieder neue Regimenter nordwärts abbeordert, während die Gefahren in Italien sich mit jedem Tage mehrten. Diese mißlichen Verhältnisse, an denen doch Traun nicht die geringste Schuld hatte, gaben einer damals am Hofe starken Partei den traurigen Muth, gegen ihn zu agitiren. Diese Partei fand den Feldmarschall Traun für zu alt, um einer so schwierigen Aufgabe, als es die war, welche man ihm zumuthete, gewachsen zu sein, nämlich ein nahezu offenes Land mit einer Handvoll Leute den von allen Seiten mit Uebermacht eindringenden Feinden gegenüber zu halten. In keiner Armee und zu keiner Zeit hat es an Strebern gefehlt, die mit Hintansetzung aller Verhältnisse die alte Ordnung blindlings verwarfen, um in der neuen sich selbst ein fettes Plätzchen zu sichern. Und in der That, man dachte bereits in Wien daran, Traun aus Italien abzuberufen und durch einen Anderen zu ersetzen. Und dieser Andere war Prinz Friedrich von Sachsen-Hildburghausen, der bei seinem ungestümen Wesen schon in früheren Jahren mit dem bedächtigen Traun in Zwiespalt gerathen. Aber die Sache zerschlug sich glücklicher Weise noch im vorletzten Augenblicke, und so blieb Traun auf seinem Posten, und der bisherige österreichische Gesandte in Sardinien Feldmarschall-Lieutenant Graf Schulenburg, ein ebenso kluger Diplomat wie braver Soldat, wurde ihm beigegeben. Spanien war aber in dieser [6] Zeit nicht unthätig geblieben, es hatte in der zweiten Hälfte des November 1741 10.000 Mann bei Orbitello, später sechzehn weitere Bataillons zu Lerici und La Spezzia gelandet, und ein Nachschub von zwölf Bataillons und 4500 Pferden wurde noch erwartet. Im Ganzen betrug die Truppenmacht der vereinigten Spanier und Neapolitaner über 26.000 Mann, denen Traun Alles in Allem nur 9528 Mann zu Fuß und 2358 Reiter entgegenzustellen hatte. Wohl ergab sich eine Verringerung der Gefahr, als es Oesterreich Anfangs Mai 1742 gelang, durch Traun den König von Sardinien zu einer Allianz zu bewegen. Dagegen scheiterte ein früherer Versuch, mit dem Herzoge von Modena eine Uebereinkunft zu schließen, und so sah Traun sich genöthigt, mit einem Corps von etwa siebenthalb Tausend Mann Fußvolk und etwa 2000 Reitern ins Modenesische einzurücken und sein Hauptquartier in Correggio aufzuschlagen. Die Spanier standen in sechs Lagern bei Bologna, Rimini, Cesena, Forli, Faenza und Imola. Nachdem Traun Sardinien für Oesterreich gewonnen hatte, vereinigten sich die Heere beider Länder in der Stärke von 39 Bataillons und 30 Schwadronen, welche bei Carpi das Lager bezogen, während der Feldmarschall in Villanova sein Hauptquartier aufschlug. Wir übergehen nun als für unsere Zwecke überflüssig die verschiedenen Bewegungen des österreichisch-sardinischen Heeres vom Anfang Mai bis zum 12. Juli, an welchem Tage Traun das bei Concordia ausgesteckte zwei Stunden von Mirandola entfernte Lager bezog. Damals betrug das österreichische Corps sechzehn Linien-, fünf Grenzbataillons, zwölf Grenadier-Compagnien, siebzehn reguläre und fünf Grenzschwadronen, im Ganzen 14.000 Mann Fußtruppen und 3400 Reiter; das piemontesische Heer zählte 25 Bataillons und 19 Schwadronen in einer Gesammtstärke von etwa 20.500 Mann. Zu einem entscheidenden Schlage kam es nirgends, und der König von Sardinien zeigte sich mit einem Male auch wenig gefügig, auf Traun’s Anordnungen einzugehen, wodurch derselbe zu Bewegungen sich gezwungen sah, welche mit seinen Plänen nicht stimmten, denn er konnte diese nicht ausführen, da den Spaniern Widerstand zu leisten er allein zu schwach war. Da trat im feindlichen Heere eine wichtige Veränderung ein. Der spanische Hof, mit der bisherigen Kriegführung des Oberbefehlshabers Herzog von Montemar im höchsten Grade unzufrieden, setzte an dessen Stelle den General-Lieutenant Grafen Gages mit dem bestimmten Befehl, sobald sich die Gelegenheit böte, an den Po vorzurücken. Demgemäß begann Gages langsam seinen Vormarsch. Feldmarschall Traun aber ließ am 23. October 1742 einen Kriegsrath. zusammentreten, in welchem die Bewegungen seines Heeres berathen und festgestellt werden sollten. Die Mehrzahl der Generale entschied sich dafür, über den Panaro zu gehen und dem Feinde ins Toscanische nachzurücken. Mit den triftigsten Gründen widerlegte Traun diesen Vorschlag und erklärte, gegen die Meinung der Mehrzahl seinen Willen durchzuführen. Am 2. November erstattete er über sein Vorgehen Bericht an die Kaiserin, dem als weiterer Commentar am 9. November ein zweiter Bericht folgte, mit der Meldung, daß 700 Croaten die Fahnen verlassen hätten, um in ihre Heimat zurückzukehren, welche Thatsache er noch durch die Bemerkung illustrirte, daß die Grenzvölker (Slavonier und Croaten) fünftausend Mann, nahezu die [7] Hälfte der ganzen Infanterie ausmachten und es also von seiner Seite völlig gerechtfertigt gewesen sei, mit so unverläßlichen Truppen keine offene Schlacht zu wagen. Dieses Vorgehen Traun’s wurde in Wien sehr übel vermerkt. Der Ministerrath, welcher aus Gundakar Grafen Starhemberg, Hofkanzler Grafen Ulfeld, Kriegspräsidenten Grafen Harrach, dem böhmischen Kanzler Philipp Grafen Kinsky, dem geheimen Rathe Rudolph Grafen Colloredo und dem Referenten Baron Bartenstein bestand, beschloß, dem Feldmarschall nochmals zu befehlen, den Panaro zu überschreiten und in den Kirchenstaat einzurücken, erwog überdies wieder ernstlich die Abberufung Traun’s und nahm als dessen Ersatzmann neuerdings den Prinzen von Sachsen-Hildburghausen in Aussicht. Ulfeld und Bartenstein waren Traun’s entschiedenste Gegner, und ihnen schlossen die Uebrigen sich an, außer dem greisen Gundakar Starhemberg, der des Feldherrn Rechtfertigung und Entschuldigungsgründe hervorhob. Indeß die Kaiserin, . gewohnt selbständig zu handeln, willigte, nicht in die Abberufung des immer als treu erprobten Traun, wohl aber war sie mit der Forderung ihres Ministerrathes einverstanden, daß der Feldmarschall über den Panaro gehe. Traun jedoch, in seiner alten Erfahrung die Verhältnisse, mit denen er zu rechnen hatte, genau kennend, wagte es auf eigene Gefahr, seiner besseren Ueberzeugung zu folgen, und schrieb, alle Umstände klar darlegend, nach Wien, daß er auf seiner Meinung beharren müsse. Und so sah er resignirt seiner Enthebung entgegen, die indeß trotz alledem unterblieb. Inzwischen wurde auch der spanische Feldherr Graf Gages von seinem Hofe gedrängt, zum Angriffe gegen die Oesterreicher zu schreiten, und er richtete nun auch seine Bewegungen danach ein. Am 4. Februar überschritt er den Panaro, ohne einem Widerstande zu begegnen, und nahm feste Stellung bei Campo Santo, einem eilf Stunden von Bologna entfernten Orte. Graf Traun aber war nun zum Angriffe entschlossen. Am 8. Februar Früh begann der Kampf, es fand die Schlacht von Campo Santo, eine der blutigsten, statt. Den Sieg schrieben sich beide Theile zu, die Spanier sangen ihr „Tedeum“ zu San Giovanni, die verbündeten Oesterreicher und Sardinier – wie Graf Thürheim bemerkt – „mit größerem Rechte“ zu San Felice. Von vier Generalen der verbündeten Armee erlagen zwei, ihren Wunden, der Gesammtverlust der Oesterreicher betrug 1103 Mann, jener der Piemontesen 600 Mann, der Gesammtverlust der Spanier wurde mit 1755 Todten, 1397 Verwundeten, 824 Gefangenen, also im Ganzen mit 3976 Mann beziffert. Graf Traun sendete die Botschaft des Sieges nach Wien, der spanische Feldherr nach Madrid, und so wurde der Sieg bei Campo Santo in beiden Städten gefeiert. Interessantes über diese Schlacht, in welcher dem Feldmarschall zwei Pferde unterm Leibe erschossen wurden, da er sich immer dort befand, wo die Gefahr am drohendsten, enthält das Zedler’sche „Universal-Lexikon“, XLV. Bd., Sp. 229 bis 236, in einem Artikel, der noch zu Traun’s Lebzeiten erschien. Nun, nachdem durch die Schlacht bei Campo Santo die Feindseligkeiten eröffnet waren, stand die Weiterführung des Feldzuges zu erwarten. Allein das spanische Heer hatte durch die Schlacht sehr gelitten, und mit den Resten desselben konnte Graf Gages nichts Entscheidendes beginnen. Graf Traun aber sah sich nicht nur durch die [8] politische Lage zur Unthätigkeit gezwungen, es spielte auch das Geld eine große Rolle dabei, indem man ihm die verlangten Summen nicht schickte, sondern ihn anwies, die Mittel zum Kriege in der Lombardie selbst aufzufinden, was aber nach seiner Ansicht eine Unmöglichkeit war. Das Verlangen der Heißsporne in Wien, er solle nun Neapel erobern, beruhte natürlich auf Plänen, wie sie wohl im Zimmer entworfen, von Leuten aber, welche die Sachlage genau kennen, gar nicht weiter discutirt werden können. So erhoben sich denn wieder in Wien die Stimmen gegen Traun, und seine alten Widersacher Graf Ulfeld und Baron Bartenstein waren die rührigsten. Man griff Traun’s Administration in Italien an, beschuldigte ihn – wenn man auch seine Redlichkeit anerkennen mußte – unverantwortlicher Geldverschleuderung, so daß er, dieses unwürdigen Treibens müde, selbst die strengste Untersuchung begehrte und endlich seine Abberufung forderte. Die Antwort darauf war, daß man ihm befahl, den Feind aus den päpstlichen Staaten zu vertreiben und sich zum Eindringen in das Königreich Neapel bereit zu machen. Der Feldmarschall erklärte: das Heer sei zur Ausführung dieser Absicht zu schwach, nicht gehörig mit Munition und Geschütz versehen, auch ohne Fuhrwesen und Vorräthe; er würde durch diese Unternehmung die Truppen und seine Ehre aufopfern und bei dem bald zu erwartenden Rückmarsch den Feind in die Staaten der Königin führen. Zu gleicher Zeit bat er wieder um Ablösung im Obercommando, welche ihm denn endlich auch bewilligt wurde. Im Hauptquartier zu Carpi erwartete er seinen Nachfolger, den Feldmarschall Georg Christian Fürsten Lobkowitz [Bd. XV, S. 342], der in den ersten Tagen des September 1743 eintraf. Als Traun Mailand verließ, übersandte ihm der König von Sardinien nebst einem huldvollen Schreiben sein mit Diamanten reich besetztes Porträt. Geehrt durch die Hochachtung der Verbündeten, betrauert von den Soldaten, die ihn wie einen Vater liebten, verließ der Graf den mit so viel Ruhm und Umsicht behaupteten Kriegsschauplatz in Italien. Er begab sich nach Wien und erschien im Bewußtsein streng erfüllter Pflicht vor seiner Kaiserin, sie um strenge Untersuchung seiner Verwaltung bittend. Die Antwort der hochsinnigen Fürstin war: „Sie denke von ihm wie jeder Rechtschaffene“, und die tiefste Beschämung seiner Widersacher erfolgte, als er am 5. Jänner 1744 aus den Händen des Kaisers Franz I. Stephan den Orden des goldenen Vließes, die höchste Auszeichnung damaliger Zeit, empfing. Als dann am 26. Jänner 1744 Feldmarschall Graf Khevenhüller starb, wurde Traun zu dessen Nachfolger ernannt und sollte, dem Prinzen Karl von Lothringen zur Seite gestellt, die Armee an den Rhein führen. In dieser Zeit stand er in seinem 68. Jahre. Sofort traf er die nötigen Anstalten zum Antritte seines Commandos, besprach sich mit dem Kriegspräsidenten Gundakar Grafen Starhemberg und begab sich mit anbrechendem Frühling nach München, wo er vom Feldmarschall Batthyány die Armee in der Stärke von etwa 60.000 Mann übernahm. Es galt diesmal den gegen die Kaiserin verbündeten Bayern und Franzosen, denen auch Preußen sich anzuschließen im Begriffe stand. Nachdem er seine Dispositionen getroffen hatte, lagerte er sich bei Walldorf zwischen Philippsburg und Speier. Die Feinde stellten ihm zwei Armeen entgegen; die Franzosen standen jenseits [9] des Rheins, zwischen Germersheim und Worms, die Bayern unter Feldmarschall Grafen Seckendorf bei Philippsburg concentrirt. Die Ordre de bataille der österreichischen Armee gibt Graf Thürheim in seiner Monographie über Grafen Traun (S. 156 und 157) an. Es kam zunächst darauf an, die Franzosen und Bayern über den eigentlichen Plan des Rheinüberganges zu täuschen, was auch vortrefflich gelang, denn am 3. Juli wurde der Uebergang vollständig bewerkstelligt. Am 4. Abends capitulirte die gut verschanzte Stadt Lauterburg. Am 5. schlug Graf Traun sein Hauptquartier in Rheinzabern auf. Am nämlichen Tage ergab sich auch nach geringem Widerstande die Stadt Weißenburg, welche freilich nach heldenhafter Gegenwehr der Besatzung, des k. k. 32. Linien-Infanterie-Regiments, das Ignaz Graf Forgács commandirte, von den Franzosen wieder genommen wurde. Indessen spielte König Friedrich sein verrätherisches Spiel gegen Oesterreich fort, verband sich mit den Franzosen und Bayern und kündigte dem Könige Ludwig XV. brieflich an, daß er sich am 13. August in Bewegung setzen und Ende dieses Monats vor den Mauern Prags erscheinen werde. Indessen rückte Feldmarschall Traun, einem größeren Kampfe ausweichend, um seine Armee für einen entscheidenden Augenblick möglichst schlagfertig zur Verfügung zu haben, immer stetig vorwärts, während die Franzosen in gleichem Maße sich immer mehr zurückzogen. Da nöthigte die Nachricht, welche Prinz Karl von Lothringen erhielt, daß der König von Preußen im Begriffe stehe, mit einer starken Armee in Böhmen einzufallen, unseren Feldmarschall, von jedem weiteren Vorrücken abzustehen. Es galt nun zunächst, das österreichische Heer ohne Verlust über den Rhein zurückzubringen, was auch nach mancherlei geschickten Bewegungen und einigen geringfügigen Gefechten, von denen jenes bei Augenheim (23. August 1744) das bedeutendste war, am 24. August gelang. Die wenig energische Weise, in welcher der französische Befehlshaber Marschall Coigny den Krieg führte, erleichterte wesentlich den Rheinübergang und weiteren Rückzug des österreichischen Heeres. Mittlerweile aber war der König von Preußen, obgleich er im Breslauer Frieden versprochen hatte, nichts Feindseliges mehr gegen Oesterreich zu unternehmen, so lange dasselbe mit Frankreich und Bayern in Krieg verwickelt sei, doch in Böhmen mit 120.000 Mann eingebrochen. Letzteres selbst konnte gegen den König nur etwa 20.000 Mann aufbieten; aber da führte der greise Feldmarschall das in der Kriegsgeschichte mit Recht hervorgehobene Manoeuvre aus, welches mit jenem Montecucculi’s gegen Turenne im Jahre 1675 verglichen wurde, und welches den König Friedrich II. zu der Erklärung bewog: „Traun sei der geschickteste Feldherr seines Jahrhunderts, ja er wünschte nur zwei Feldzüge unter ihm mitgemacht zu haben“. In der That hatte auch Traun den König Friedrich, genannt der Große, ohne Treffen besiegt. Das Heer, welches Prinz Karl und Feldmarschall Traun dem übermächtigen Heere des preußischen Königs entgegenzustellen vermochten, bestand aus 32.000 Mann Infanterie und 18.000 Reitern. Graf Thürheim in seiner Biographie unseres Helden schildert (S. 186–229) auf Grundlage von Kriegsacten ausführlich die Bewegungen beider Heere. Traun kannte genau die überlegene Stärke seines Gegners und wußte es, daß sein Heer [10] auf einem demselben gänzlich unbekannten Boden kämpfen solle. Es galt also, alle Kunst der Strategie zu entwickeln. Der König nahm Stellung bei Beneschau, einer von der Natur schon so listig angelegten Gegend, daß jener, der zuerst angreift, aller Wahrscheinlichkeit nach zu Schaden kommen muß. In dieser Falle lauerte König Friedrich auf Traun, der ihm aber nicht den Gefallen thun wollte, in dieselbe zu gehen. Nun begannen jene merkwürdigen taktischen Bewegungen, welche uns des Grafen Thürheim Monographie über den Feldmarschall Traun so anschaulich schildert, und welche den König Friedrich II. in einem Gespräche mit dem Prinzen De Ligne zu dem Ausspruche veranlaßen: „Ich betrachte Traun als meinen eigentlichen Lehrer in der Kriegskunst, der mich mehr als einmal corrigirt hat. Ja, Ihr alter Marschall Traun, das war ein Mann!“ Glücklich erfolgte am 21. und 22. October die Vereinigung des österreichischen Heeres mit dem sächsischen Hilfscorps, welches etwa 20.000 Mann stark unter Commando des Herzogs von Sachsen-Weißenfels stand. Nun begann der König seine Scheinbewegungen, er verließ am 24. October mit der Abenddämmerung seine Stellung, rückte am 25. Morgens in Schlachtordnung gegen die auf dem linken Flügel stehenden Sachsen und eröffnete, zum Kampfe herausfordernd, ein ernstliches Feuer gegen sie. Der Herzog von Sachsen-Weißenfels vermuthete auch, König Friedrich wolle eine Hauptschlacht schlagen, und suchte um Verstärkung an. Traun aber ließ sich nicht irre machen. Im Kriegsrath, der deshalb gehalten wurde, hatte er alle Mühe, der wachsenden Aufregung der versammeltes Generale Herr zu werden und denselben klar darzulegen, daß unfehlbar der angreifende Theil, welcher es auch sein möge, eine vollständige Niederlage erleiden werde. Man müsse also abwarten, daß der König ernstlich angreife. Der Feldmarschall hatte den kampfbegierigen Heißspornen gegenüber schweren Stand. „Gönnen wir die Ehre des Angriffs dem Könige, damit er uns den Sieg überlasse“ waren die prophetischen Worte, welche Traun seinen Andrängern entgegenrief. Als nun der König sah, daß man nicht geneigt sei, in die gestellte Falle zu gehen, gab er jeden weiteren Angriff auf und marschirte in sein Lager zurück. Als er auch im weiteren Verlaufe gewahrte, daß sich Graf Traun zu keinem gewagten Kampfe herbeilasse, verdroß es ihn, länger da unthätig zu bleiben, brach also auf, zog sich nach Kuttenberg und endlich gar über die Elbe. Traun folgte ihm auf dem Fuße nach, nahm an einem Tage Kolin weg und die preußische Besatzung gefangen. Nun folgten sich bis zum 27. December die verschiedensten Bewegungen beider Heere, welche endlich damit schlossen, daß König Friedrich mit seiner Armee aus Böhmen hinausmanoeuvrirt wurde. Ohne Schlacht mußte der Feind Böhmen verlassen. Und diesen Erfolg verdankte man vorzugsweise den vortrefflichen, mit Genauigkeit ausgeführten Entwürfen des Feldmarschalls Traun. „Hier hatte“, schreibt Graf Thürheim, „unser Held dem großen und genialen königlichen Feldherrn gegenüber sein strategisches Genie im vollsten Glanze entwickelt. Der Feldzug 1744 in Böhmen ist allein hinreichend, dem Feldmarschall Grafen Traun einen der hervorragendsten Plätze in den Reihen berühmter Feldherren aller Nationen, und aller Zeiten in der Geschichte zu sichern“. Nachdem König Friedrich II. Böhmen geräumt hatte, [11] ließ Feldmarschall Traun seine Armee in Mähren die Winterquartiere beziehen, übergab dem Grafen Karl St. Ignon den Oberbefehl und ging nach Wien. Mittlerweile, am 20. Jänner 1745, war Kaiser Karl VII. gestorben, und es sollte die Wahl des neuen Kaisers stattfinden. Noch aber standen die Franzosen um Frankfurt, entschlossen, die Wahl Franz I. Stephan, für den sich die Mehrzahl der Kurfürsten entschieden hatte, zu hindern. Frankreichs Ziel war es immer, die stets wachsende Macht des Hauses Habsburg zu schwächen und zu mindern und zu diesem Zwecke immer jenen Regierungen, welche aus den Ruinen zertrümmerter Staaten auf eigene Vergrößerung bedacht waren, Hilfe zu leisten. Dabei maßten sich die Franzosen das Recht an, in allen Angelegenheiten des Continents ein Wort mitzureden; auch was nicht im Geringsten ihre nächsten Interessen betraf, durfte nicht ohne ihre Einwilligung geordnet werden. Und so sollte denn auch die deutsche Kaiserwahl erst mit Erlaubniß der Franzosen startfinden und überdies nur der Candidat, den sie im Auge hatten, gewählt werden. Aber diese Nothwendigkeit der französischen Einmengung wollte weder dem Hause Habsburg noch jenen Fürsten Deutschlands einleuchten, welche seit Jahrhunderten zu diesem Regentenhause hielten. Diese Freiheit der Fürsten in ihrem Wahlacte mußte um jeden Preis gewahrt werden, und so erhielt Feldmarschall Graf Traun Befehl, das Commando des in Bayern aufgestellten Corps zu übernehmen und dasselbe auf einen schlagfertigen Stand, um es den Franzosen entgegenzustellen, zu bringen. Es war dies bei der damaligen Sachlage eine nichts weniger als leichte Aufgabe. Die Streitkräfte der Monarchie waren sehr zersplittert: der beste Theil des Heeres stand noch in Schlesien dem Preußenkönige gegenüber; ein anderer wider die Franzosen in den Niederlanden; ein drittes Corps in Italien. Es galt daher, so viel Streitkräfte an sich zu ziehen, als nöthig waren, um mit Erfolg den Franzosen entgegenrücken zu können. Zunächst war es nun die Aufgabe des Feldmarschalls Traun, die Vereinigung der in den Niederlanden befindlichen Truppen mit den in Bayern stehenden zu verwirklichen. Daß die Franzosen dieselbe nicht ohneweiters würden zu Stande kommen lassen, lag außer Zweifel. Was also nicht mit ihrem Willen geschehen konnte, mußte gegen denselben ausgeführt werden. Am 22. Mai brach Traun von Neuburg an der Donau auf, ging durch die Pfalz und wußte sich so künstlich durch Hessen und das Würzburgische zu winden, daß ihm die Feinde nirgends entgegentreten konnten. Anfangs Juni marschirte er über Heidelberg nach Borberg, kam am 11. über Werthheim an den Main, am 24. nach Lahr, am 26. nach Flannersbach, und am 27. fand bei Orbe die Vereinigung mit dem Feldmarschall Batthyány statt. Nun rückte Traun mit diesem am 1. Juli in das gemeinsame Lager, wo er den Oberbefehl über das vereinigte Heer übernahm, welches aus 56 Bataillons Infanterie, 22 Schwadronen deutscher Reiterei, 8 Carabinier- und Grenadiercompagnien zu Pferde, 4 Huszaren-Regimentern und 6 Freicompagnien zu Pferde und zu Fuß in einer Gesammtstärke von 42.000 – von Anderen in übertriebener Höhe auf 67.000 Mann angegeben – bestand. Mit dieser Macht wandte sich Traun gleich gegen die am Main aufgestellten Franzosen, welche sofort die über denselben führenden Brücken verbrannten. Er rückte ihnen nach und besetzte am [12] 5. August das rechte Rheinufer, während die Franzosen sich in die Gegend von Speyer zurückzogen. Bis zum 14. September, an welchem Tage die Kaiserwahl statthatte, war Frankfurt gegen jeden feindlichen Angriff gesichert, und die Wahl, welche dieses Mal wieder auf das Haus Habsburg und zwar auf Maria Theresiens Gemal Franz I. Stephan fiel, konnte ohne alle französische Beeinflussung vor sich gehen. Die Franzosen wurden, ohne daß ein Tropfen Blut floß, über den Rhein zurückgedrängt, wohin sie gehörten, und der Feldmarschall schickte sich nun an, Vorsorge für die Winterquartiere und Anstalten zur Aufstellung seiner Armee längs des Rheins zu treffen. Doch auch hier ging er mit der größten Umsicht vor, er brachte die Festungen Kehl, Philippsburg und Mainz in vertheidigungsfähigen Stand, versah sie mit starker Besatzung und ordnete an, daß die Winterquartiere erst dann bezogen werden sollten, wenn die feindliche Armee sich zertheile. Nun hatte er auch schon Befehl, mit seinen Truppen zur Verstärkung der kaiserlichen Armee in Böhmen abzurücken, als die Nachricht von dem mit Preußen am 25. December 1745 abgeschlossenen Frieden kam, was große Aenderungen in den getroffenen Dispositionen veranlaßte. Jetzt erst begab sich unser Held nach Wien, wo es ihm gegönnt war, ein volles Jahr, 1746, von seinen vielfachen physischen und moralischen Strapazen auszuruhen. Anfang 1747 wurde der greise Feldherr zum Gouverneur und commandirenden General in Siebenbürgen ernannt, welchen hohen Vertrauensposten er bis zu seinem Tode versah, der leider zu früh, in der ersten Hälfte des Jahres 1748 eintrat. Die Angaben über seinen Todestag wie über seine Familie sind sehr abweichend, und Graf Thürheim in seiner Traun-Monographie erörtert S. 248 u. f. eingehend diese wechselnden Angaben. Graf Traun hatte sich zweimal vermält, zuerst mit Juliana Polapina Gräfin von Faletti – wann dies geschehen, findet sich nirgends angegeben; zum anderen Male mit Sidonia von Hinderer, der Witwe des kaiserlichen Hofkriegsrathes Joseph Adam von Dierling, welche er im September 1747, als Siebenziger, zum Altar führte, und die ihn auch um mehrere Jahre überlebte. Aus erster Ehe wird ein Sohn Karl Joseph angeführt, welcher am 20. Jänner 1747 als Oberst im Regimente seines Vaters zu Mantua starb, Ueber einen zweiten Sohn Ferdinand, der 1710 zu München geboren sein soll, noch im Juni 1747 in der Musterliste des Regiments Traun verzeichnet ist, zwei Kinder hatte und bei der Armee im Genuesischen stand, fehlen alle zuverlässigen Angaben und wird sich bei dem Abgange archivalischer Quellen der Eschelberger Linie des Hauses Traun auch kaum Bestimmtes sagen lassen. Otto Ferdinand Graf Traun gehört zu den edelsten Zierden der österreichischen Armee. Man möge die Größe seiner Seele mit Bezug auf seine Tugenden wie auf seine Tapferkeit betrachten, immer erscheint sie makellos und unantastbar. Die Redlichkeit des Herzens, die einnehmende Sanftmuth im Umgange, die seltene Gleichgiltigkeit gegen Würden und Reichthümer, seine bekannte Freigebigkeit, wie sein frommes, echtgläubiges Gemüth, erwarben ihm die Liebe aller Rechtschaffenen und die Achtung seiner Fürsten. Er, der an der Quelle saß, wo er Reichthümer erwerben konnte, starb mittellos, einen unbefleckten Ruf für den größten Reichthum haltend. Er suchte nichts und [13] ließ sich suchen. Aber wie groß er war in seinem Charakter, wie er in geistiger Höhe Alle überragte, dafür sprechen die vielen Neider, die ihm manche schwere Stunde in seinem thatenreichen Leben bereiteten, ihn aber nie von den geraden Wegen abzubringen vermochten. Wenn wir aber seinen Tugenden gerecht werden, Eines dürfen wir ja nicht vergessen, eine Kunst, den Feind ohne Schwertstreich zu schlagen. Wie viel Blut hat er auf diesem Wege geschont! So jagte er die Franzosen über den Rhein; trieb hunderttausend und mehr Preußen sammt ihrem großen König aus Böhmen; schob, um die Kaiserwahl frei zu machen, die Franzosen von Frankfurt fort und erreichte immer auf unblutigem Wege, was er sollte. Seinen Soldaten gegenüber aber war er der Radetzky des achtzehnten Jahrhunderts.

Thürheim (Andreas Graf). Feldmarschall Otto Ferdinand Graf von Abensberg und Traun. 1677–1748. Eine militärhistorische Lebensskizze (Wien 1877, Braumüller, gr. 8°., IX und 420 S.). [Der Verfasser dieser Monographie, dem die österreichische militärhistorische Literatur neben anderen großen militärgeschichtlichen Werken eine Reihe der schätzbarsten militärbiographischen Monographien, so über Christoph Martin Freiherrn von Degenfeld, Ludwig Andreas Grafen Khevenhüller-Frankenburg, Karl Joseph Prinzen De Ligne, Ernst Rüdiger Grafen Starhemberg, verdankt, hat auf S. 258–260 der obenerwähnten Biographie Otto Ferdinands Grafen Traun auch ein Verzeichniß der Quellen gegeben, welche über diesen Helden und dessen Leben berichten: A. Ritter von Arneth, Hormayr, Reilly, Schels, Schweigerd, u. A. Indem also auf dieses Quellenverzeichniß hingewiesen wird, werden hier, um unnöthige Wiederholungen zu vermeiden, nur jene Quellen aufgeführt, welche im Werke des Grafen von Thürheim nicht angegeben sind.] – Bornschein (Adolph). Oesterreichischer Cornelius Nepos oder Leben, Thaten und Charakterzüge österreichischer Feldherren (Wien 1812, 8°.) S. 229 u. f. – Kunitsch (Michael). Biographien merkwürdiger Männer der österreichischen Monarchie (Gratz 1807, Tanzer, kl. 8°.) 4. Bändchen, S. 168 u. f. – Morgenstern (Raphael). Oesterreichs Helden des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts (St. Pölten 1783, Franz Lorenz, 8°.) S. 214–245). [Unter den kleineren Biographien über Traun neben jenen von O’Cahill die beste.] – O’Cahill (Baron). Geschichte der größten Heerführer neuerer Zeit, gesammelt und mit taktisch-geographischen Noten begleitet (Frankenthal 1787, Gogel, 8°.) S. 135–162: „Militärische Geschichte des k. k. General-Feldmarschalls Grafen von Traun“. – Oesterreichische militärische Zeitschrift. Herausgegeben von Major Schels (Wien, 8°.) Jahrg. 1826, Bd. 1: „Ereignisse bei dem Heere des Feldmarschalls Traun in dem Feldzuge 1745 in Deutschland, mit dem Plane zum Gefechte bei Nordheim“. – Teuffenbach (Albin Reichsfreiherr). Vaterländisches Ehrenbuch... (Wien und Teschen 1877, gr. 8°.). Prosaischer Theil S. 769. – Thaten und Charakterzüge berühmter österreichischer Feldherren (Wien 1808, Degen, kl. 8°.) Bd. II, S. 192 u. f. – Vehse (Ed. Dr.), Oesterreichs Hof und Adel (Hamburg, Hoffmann und Campe, kl. 8°.) Bd. VIII, S. 25.
Porträt. Kupferstich von Blaschke in Hormayr’s „Plutarch“, Bd. XVlI.