BLKÖ:Winckler, Anton

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 56 (1888), ab Seite: 272. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Anton Winckler in Wikidata
GND-Eintrag: 117581712, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Winckler, Anton|56|272|}}

Winckler, Anton (Mathematiker, geb. zu Riegel bei Freiburg im Breisgau am 3. August 1821). Nachdem er seine namentlich den mathematischen Disciplinen zugewendeten Studien abgeschlossen hatte, legte er 1844 in Karlsruhe die Staatsprüfung im Ingenieurfache ab und erhielt unter acht Candidaten den ersten Platz. Von 1845 bis 1847 war er zunächst bei Professor Nicolai auf der Mannheimer Sternwarte beschäftigt, dann aber setzte er an der Berliner Hochschule unter den berühmten Professoren Jacobi, Dirichlet und Encke seine Berufsstudien fort. Im December 1847 ernannte ihn das großherzoglich badische Ministerium des Innern zum supplirenden Lehrer der höheren Mathematik und höheren Geodäsie an der polytechnischen Schule in Karlsruhe, in welcher Stellung er bis August 1851 blieb; von da ab bis 1853 hielt er stark besuchte Vorlesungen über Mathematik und Mechanik am Karlsruher [273] Polytechnicum. Im März 1853 berief ihn das k. k. österreichische Ministerium für Cultus und Unterricht als ordentlichen Professor der praktischen Geometrie und des Situationszeichnens an die k. k. technische Lehranstalt in Brünn. Nach fünfjähriger Wirksamkeit daselbst durch den ständischen Landesausschuß von Steiermark zum ordentlichen Professor der Mathematik am Gratzer Joanneum ernannt, wurde er im Juli 1866 durch das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht als ordentlicher Professor der Mathematik an die technische Hochschule in Wien berufen, an welcher er noch zur Stunde Differential- und Integralrechnung vorträgt. Am 13. Juni 1861 erfolgte seine Wahl zum correspondirenden, am 24. Juni 1863 zum wirklichen Mitgliede der kaiserl. Akademie der Wissenschaften mathematisch-naturwissenschaftlicher Classe in Wien. 1881 erhielt er Titel und Charakter eines Hofrathes. In seinem Fache wirkt Winckler auch als Schriftsteller, und der größere Theil seiner Arbeiten findet sich in Fachzeitschriften, vornehmlich in den Sitzungsberichten mathematisch-naturwissenschaftlicher Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften niedergelegt. Neben diesen strengwissenschaftlichen Facharbeiten hat er sich auch als Organisator im Unterrichtswesen, namentlich in der real-technischen Richtung bethätigt und mehrere Organisirungsarbeiten vollendet, welche nicht gedruckt, jedoch lithographirt sind, und zwar Denkschrift und Entwurf, betreffend die Reorganisation der technischen Lehranstalt am Joanneum in Gratz (1863), einen motivirten Entwurf zur Organisation des technischen Mittelschulwesens in Steiermark (1866 und 1867); dann ein organisches Statut nebst Programm der einzelnen Unterrichtsgegenstände für das k. k. technische Institut in Brünn, eine Bibliotheksordnung, sowie eine Geschäftsordnung der Conferenzen nebst Instruction des Personals für diese Anstalt. Ueberhaupt hat Winckler ganz besonders seine Aufmerksamkeit dem Zustande der technischen Studien in Oesterreich zugewendet, dieselbe auf die drei Hauptanstalten in Wien, Prag und Gratz gerichtet und seine Ansichten in einigen Aufsätzen niedergelegt, welche sich in der „Oesterreichischen Revue“ und in der „Oesterreichischen Wochenschrift für Wissenschaft“ finden und als Beiträge zur Geschichte und Entwickelung des technischen Unterrichtes im Kaiserstaate bleibendes Interesse bewahren. Diese Aufsätze sind: „Die Reform der technischen Lehranstalten“ [„Oesterreichische Revue“ Bd. III, 1863, S. 74–130]; – „Die Reorganisationsvorschläge des Wiener Polytechnicums, verglichen mit denjenigen der technischen Institute in Gratz und Prag“ [ebd. Bd. IV, 1863, S. 120–160]; – „Bemerkungen über den gegenwärtigen Zustand der technischen Institute“ [Bd. I, 1861, S. 175–184] und „Bemerkungen über die technischen Mittelschulen und deren Reform“ [„Oesterreichische Wochenschrift“ 1863, Nr. 20 und 21]. Hier folgen die wissenschaftlichen Arbeiten Winckler’s.

Uebersicht der wissenschaftlichen Arbeiten der Professors Anton Winckler. I. Selbständig erschienene: „Ueber die Integration linearer Differentialgleichungen zweiter Ordnung mittels Quadraturen. Vergleichende Zusammenstellung der bezüglichen älteren und neueren Resultate und kritische Beleuchtung der angeblichen Entdeckungen des Herrn Professors Simon Spitzer in Wien“ (Wien 1876, Holder, 8°.); – „Aeltere und neuere Methode, lineare Differentialgleichungen durch einfache bestimmte Integrale aufzulösen. Eine [274] Zurückweisung der dieses Thema betreffenden Prätensionen des Herrn Professors Simon Spitzer“ (ebd. 1879). II. In gelehrten periodischen Fachschriften, und zwar: In den „Denkschriften mathematisch-naturwissenschaftlicher Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien“: „Allgemeine Transformation der bestimmten Doppelintegrale“ [Bd. XX]; – „Ueber einige neue Eigenschaften der Kugelfunctionen einer Veränderlichen und Coëfficienten von Reihen, welche nach Kugelfunctionen entwickelt sind“ [Bd. XXII, 1861]; – „Der Rest der Taylor’schen Reihe“ [Bd. XXVIII, 1867]. In den „Sitzungsberichten math.-naturw Classe der kais. Akad. der Wissenschaften in Wien“: „Ueber das Problem der vier Punkte bei Anwendung des Meßtisches“ [Bd. XV, 1855]; – „Neue Theoreme zur Lehre von den bestimmten Integralen“ [Bd. XXI, 1856]; – „Einige allgemeine Sätze zur Theorie der Reihen“ [Bd. XLI, 1860]; – „Ueber die Eigenschaften einiger bestimmten Integrale“ [Bd. XLIII, 1861]; – „Nachweisung einiger Eigenschaften einer ausgedehnten Classe transscendenter Functionen“ [Bd. XLIV, 1861]; – „Ueber einige Reductionsformeln der Integralrechnung“ [Band XLVII, 1863]; – „Einige Eigenschaften der Transscendenten, welche aus der Integration homogener Functionen hervorgehen“ [Bd. L, 1864]; – „Ueber die Umformung unendlicher Reihen“ [Bd. LI, 1865]; – „Allgemeine Formeln zur Schätzung und Grenzbestimmung einfacher Integrale“ [Bd. LII, 1865]; – „Allgemeine Sätze zur Theorie der unregelmäßigen Beobachtungsfehler“ [Bd. LII, 1865]; – „Geometrische Construction rationaler Polynome“ [Bd. LIII, 1866]; – „Ueber die vollständigen Abel’schen Integrale“ [Bd. LVIII, 1868]; – „Ueber einige Gegenstände der elementaren Analysis“ [Band LIX, 1869]; – „Ueber einige vielfache Integrale“ [Bd. LX, 1869]; – „Ueber einige zur Theorie der bestimmten Integrale gehörige Formeln und Methoden“ [Bd. LX, 1869]; – „Ueber die Relationen zwischen den vollständigen Abel’schen Integralen verschiedener Gattung“ [Bd. LXI, 1870]; – „Ueber die Integration der Differentialgleichungen erster Ordnung mit rationalen Coëfficienten zweiten Grades“ [Bd. LXIV, 1871]; – „Ueber die Entwicklung und Summation einiger Reihen“ [Bd. LXIV, 1871]; – „Integration der linearen Differentialgleichungen zweiter Ordnung, deren Coëfficienten lineare Functionen der unabhängigen Veränderlichen sind“ [Bd. LXVII, 1873]; – „Ueber die unbestimmte Integration einer Gattung transscendenter Functionen“ [Band LXX, 1874]; – „Integration verschiedener Differentialgleichungen zweiter Ordnung“ [Bd. LXX, 1874]; – „Integration zweier linearer Differentialgleichungen“ [Bd. LXXI, 1875]; – „Ueber angenäherte Bestimmungen“ [Bd. LXXII, 1875]; – „Ueber die Integration der linearen Differentialgleichungen zweiter Ordnung“ [Bd. LXXV, 1877]; – „Ueber eine den linearen Differentialgleichungen zweiter Ordnung entsprechende Relation“ [Bd. LXXVII, 1877]; – „Ueber den letzten Multiplicator der Differentialgleichungen höherer Ordnung“ [Bd. LXXX, 1879]; – „Ueber den letzten Multiplicator eines Systems von Differentialgleichungen erster Ordnung“ [Band LXXXII, 1880]; – „Ueber die transscendenten Integrale von Differentialgleichungen erster Ordnung mit Coëfficienten zweiten Grades“ [Bd. LXXXIV, 1881]; – „Ueber die Entwicklung einiger von dem Euler’schen Integral zweiter Gattung abhängiger Ausdrücke in Reihen“ [Bd. LXXXV, 1882]; – „Ueber eine neue Methode zur Integration der linearen partiellen Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit zwei unabhängigen Veränderlichen“ [Bd. LXXXVIII, 1883]; – „Reduction der Bedingungen des Euler’schen Criteriums der Integrabilität auf eine einzige Gleichung“ [Bd. LXXXVIII, 1883]; – Ueber eine Methode zur Integration der nicht linearen partiellen Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit zwei unabhängigen Veränderlichen“ [Bd. LXXXIX, 1884]; – „Ermittelung der Grenzen für die Werthe bestimmter Integrale“ [Bd. XC, 1884]; – „Ueber die linearen Differentialgleichungen zweiter Ordnung, zwischen deren particulären Integralen eine Relation besteht“ [Bd. XCII, 1885]. In dem von Jos. Lionville redigirten „Journal de l’école polytechnique“: „Nouvelle démonstration d’un théorème de Legendre [Bd. XVI, 1851]. In A. L. Crelle’s „Journal für die reine und angewandte Mathematik“: „Ueber die Reduction doppelter Integrale auf Quadraturen“ [Band XLI, 1853]; – „Transformation dreifacher Integrale durch Aenderung der Integrationsfolge“ [ebd.]; – „Ueber die Reduction dreifacher Integrale auf Quadraturen“ [Bd. L, 1855]; – „Bemerkungen über einige Formeln [275] der Geodäsie“ [ebd.]. In O. Schlömilch und B. Witzschel’s „Zeitschrift für Mathematik und Physik: „Ueber einige bei trigonometrischen Messungen vorkommende Aufgaben“ [Bd. II, 1857 und Bd. V, 1860]; – „Ueber die Genauigkeit einer besonderen Art von Nivellirinstrumenten“ [Bd. IV, 1859]; – „Ueber die mittleren Fehler der Kettenmessungen“ [Bd. VI, 1861]. In den von B. Tortolini in Gemeinschaft mit E. Betti, F. Brioschi und A. Genocchi herausgegebenen „Annali di Matematica pura ed applicata“: „Nouvelle méthode pour la détermination du reste de la formule de Taylor [Bd. III, 1859].
Poggendorff (J. C.). Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften u. s. w. (Leipzig 1862 und 1863, Joh. Ambr. Barth, schm. 4°.) Bd. II, Sp. 1335.