Zum Inhalt springen

BLKÖ:Wodzicki, die Grafen, Genealogie

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Wodzicki, Michael
Band: 57 (1889), ab Seite: 207. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Wodzicki in Wikidata
GND-Eintrag: 124233961, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Wodzicki, die Grafen, Genealogie|57|207|}}

I. Zur Genealogie der Grafen Wodzicki. Die Wodzicki gehören zu den neueren polnischen Adelsfamilien. Ihr Adel stammt aus dem Jahre 1676, wo er ihnen für ihre im Kriege gegen die Türken geleisteten Dienste verliehen wurde. Denselben erhielt damals Lorenz Wodzicki, Administrator der Salzwerke zu Wieliczka und Bochnia, zugleich mit seinem Bruder Matthias, Geheimsecretär Johanns III. von Polen, s. d. 12. Februar 1676 auf dem Krönungsreichstage [208] dieses Königs. Wir verstehen nicht recht die in den „Notices sur les familles illustres er titrées de la Pologne“ (Paris 1862, 8°.) anläßlich der Familie Wodzicki vorgebrachte Bemerkung, welche eine gewisse Animosität athmet und wörtlich lautet: „Les prétentions à une noblesse plus ancienne ne peuvent se soutenir vis-à-vis d’un acte d’anoblissement formel de la Diète, de n’anoblir pas une famille noble. [Unrichtig: eine schon adelige Familie kann ja einen höheren Grad erwerben, wie ja dies schon hundert- oder tausendmal vorgekommen und noch vorkommt.] D’ailleurs les privilèges civils et politiques de la noblesse en Pologne étaient tellement grands et exceptionnels, qu’une famille qui les avait une fois possédés, ne pouvait les voir tomber dans l’oubli. Les papiers d’une famille pouvaient être déteints, mais ses preuves de noblesse étaient gravées dans la mémoire de tous les nobles! C’étaient là les plus sûres archives.“ Wir können uns diese Gereiztheit nicht anders erklären, als darin, daß wir die Wodzicki nie unter den hochgeborenen geheimen Verschwörern und unter den Partisanen der Actionspartei für Polens Wiederherstellung finden, wenngleich ihr Patriotismus über allen Zweifel erhaben ist. Wie dem nun sei: der Adel der Wodzicki ist nur zweihundert Jahre alt, erscheint uns aber um kein Atom geringer als der Adel jener polnischen Familien, welche an der Vernichtung des alten Polen ihren redlichen Antheil haben. Lorenz Wodzicki starb 1701 als Landschatzmeister von Nura und Besitzer der Güter Złota, Wawrowice, Rogów, Nieznanowice, Przygodów und Wyszyce. Von seinen Söhnen war Michael Bischof von Przemyśl und wird dessen Lebensskizze S. 209 mitgetheilt, Peter aber, Castellan von Sandecz und königlich polnischer Generalmajor, ist der Stammvater der zwei heute noch blühenden Linien des Grafenhauses Wodzicki. Peter nämlich ist aus seiner Ehe mit Constantia Dębinska von Rawicz der Vater von sechs Söhnen, von denen Elias, Starost von Krakau und General von Kleinpolen, s. d. 20. März 1799 in den galizischen Grafenstand erhoben wurde, während sein jüngerer Bruder Franz, Starost von Grzybów, denselben vier Jahre später, s. d. 11. November 1803 erhielt. Russischerseits erfolgte die Anerkennung des Grafenstandes der Familie im Jahre 1824. Diese Beiden, Elias und Franz, stifteten auch die beiden heute noch blühenden gräflichen Linien, die ältere und die jüngere, welche auf der Stammtafel ersichtlich sind. So jung das Geschlecht ist, so erscheinen doch die Sprossen unter den hervorragenden Männern der Kirche, des Staates, der Armee und der Wissenschaft. Unter den Männern der Kirche ist zunächst der Bischof von Przemyśl, Michael, zu nennen, und dann sein Neffe Johann Cantius, gleich ihm Abt von Mogila. – Daß die Wodzicki ausgezeichnet im Felde gewesen, dafür spricht schon der Umstand, daß ihnen der Adel für ihre gegen die Türken geleisteten Dienste verliehen wurde. – Als Staatsmänner glänzen der schon erwähnte Bischof von Przemyśl, Michael, der eigentlich mehr als Diplomat denn als Oberhirt der Kirche thätig gewesen, und dann Graf Stanislaus, der erste Senatspräsident der ehemaligen Republik Krakau. – Unter den Männern der Wissenschaft aber sehen wir neben vorgenanntem Grafen Stanislaus, der ein ausgezeichneter Botaniker und dessen Garten zu Niedzwiez eine Berühmtheit in Polen war, auch seinen Vetter, den Grafen Kasimir, welcher sich als Ornitholog einen Namen gemacht hat. – Was die Ehen dieser Familie anbelangt, so holten sich die Söhne ihre Gattinen aus den ersten Familien des Landes, wie die Töchter gleichfalls nur in solche heirateten, und wir finden darunter die Namen Dębinski, Malachowski, Zamoyski, Wielopolski, Krasiński, Sulkowski, Jablonowski, Dzieduszycki, Potocki, Czarnowski, Plater. Unter den Frauen des Hauses finden wir aber Damen von einem seltenen Geiste der Wohlthätigkeit erfüllt, wie die Gräfinen Petronella und Thekla. Alles in Allem zählt dieses Geschlecht zu jenen Ausnahmen des hohen polnischen Adels, welche, ohne die Pflichten gegen ihr Vaterland zu vergessen, ohne in der Liebe und Treue für dasselbe im Geringsten zurückzubleiben, nie sich in die heimlichen verbrecherischen Umtriebe einer Umsturzpartei eingelassen haben, welche so viel Unglück über das Land gebracht und die Felder desselben mit dem Blute von Tausenden düngte, die, von ihr verführt, für ein Ziel kämpften, das nicht ihnen, sondern nur wenigen Ehrgeizigen zugute kommen sollte, welche eben den Verfall des Reiches verschuldet haben.