BLKÖ:Rizzi, Vincenz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Rizzi (Humanist)
Band: 26 (1874), ab Seite: 205. (Quelle)
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Rizzi, Vincenz (Dichter und Schriftsteller, geb. zu Spital in Kärnthen 22. Jänner 1816, gest. zu Klagenfurt 25. Februar 1856). Sein Vater, so viel ich mich erinnere – denn Herausgeber dieses Lexikons war R.’s Jugendfreund – war Privatbeamter und Vincenz, früh verwaist, kam mit seiner äußerst anmuthigen Schwester zu Verwandten nach Laibach, dem damaligen Bürgermeister Hradeczky [Bd. IX, S. 355]. Daselbst besuchte er die Gymnasial- und Lycealclassen und trat dann als Accessist bei der dortigen Staatsbuchhaltung ein. In den Jahren 1834 bis 1837 verkehrte Herausgeber dieses Lexikons viel mit dem um ein paar Jahre älteren Freunde, der durch den damals die jugendlichen Gemüther ungemein anregenden Professor Petruzzi in die besten Werke der neuesten Literatur eingeführt und bei dem eigenen feinen und strebsamen Geiste für uns Jüngere zum Orakel wurde. Wir theilten uns in einem kleinen Kreise von Gleichgesinnten und Gleichstrebenden ebenso unsere eigenen Versuche wechselseitig mit, als wir uns an den poetischen Werken der damals so beliebten Meyer’schen „Miniatur-Bibliothek deutscher Classiker“, welche in äußerst handsamem Mignonformate die Dichtungen Uhland’s, Schwab’s, Chamisso’s, Ludwig’s von Bayern u. A. mit ihren Bildnissen brachte und deren Eigenthümer Rizzi war, begeisterten. Als nun gar unseres Landsmannes Anastasius Grün „Blätter der Liebe“, „Spaziergänge“ und „Schutt“, welche Bücher, ungeachtet letztere verboten waren, endlich auch Schwab’s „Musenalmanach“ in unsere Hände kamen, da gab es ein Leben sondergleichen in unserer Poetencolonie, und die Journale, die uns damals zu Gebote standen, „Das illyrische Blatt“ und die „Carinthia“, welche uns freundlich entgegenkamen, wurden durch unsere lyrischen Ergüsse unsicher gemacht. Bis zum Jahre 1837 währte dieses Zusammenleben, dann begab sich Herausgeber dieses Lexikons an seine neue Bestimmung, als Soldat zum Regimente Nugent nach Krakau. Rizzi, der noch ein paar Jahre das Joch des subalternen, einen strebsamen Geist geradezu niederdrückenden Dienstes in einem Rechnungsamte trug, machte sich endlich frei, gab den Dienst auf, begab sich nach Wien, um sich dort ganz der Schriftstellerei zu widmen. Da traf ihn wieder im Jahre 1840 Herausgeber dieses Lexikons, der sich damals in Wien auf Urlaub befand. Rizzi war bei der Redaction des „Adlers“, den der berüchtigte Groß-Hoffinger [Bd. V, S. 368], herausgab, bedienstet. In einem mehrwöchentlichen täglichen Verkehre mit dem Freunde erhielt ich nicht nur einen Einblick in die drückenden Verhältnisse, in denen er sich befand, sondern auch in die polizeilichen Nergeleien und Chikanen, denen er als helldenkender, freisinniger Kopf ausgesetzt war, und die ihm sein Dasein verbitterten. Damals arbeitete R. für den „Adler“ und für den Saphir’schen „Humoristen“ und – hungerte. Es war die letzte Begegnung mit dem Jugendfreunde, die weiteren Mittheilungen entnehme ich den über ihn erschienenen Nekrologen. Nachdem er noch einige Zeit in Wien in Noth und unter Entbehrungen höchster Art zugebracht, und in seiner Stellung als Taglöhner bei einer vormärzlichen Zeitung in Oesterreich mannigfache Enttäuschungen eines Lebens voll Kampf und Erniedrigung erfahren, entschloß er sich mit [206] einem Maie zum Studium der Theologie. So wenig seine Ansichten für diesen Stand passen mochten, so besaß er doch in seiner einfachen zurückgezogenen Lebensweise, in seiner Vorliebe, sich in die Gedankenwelt zu vertiefen, und in seinem Hange zur Einsamkeit immerhin Eignung für denselben, und in der That vollendete er in Klagenfurt die theologischen Studien und erlangte im Jahre 1844 – damals 28 Jahre alt – die h. Weihen. Nun war R. vorerst in der Seelsorge thätig, betrieb aber zu gleicher Zeit das Studium der Philosophie, und vornehmlich waren es die Schriften Günther’s [Bd. VI, S. 10], auf welche ihn sein Spiritual aufmerksam gemacht, mit deren Studium er sich beschäftigte. Im Jahre 1848 übernahm Rizzi die „Klagenfurter Zeitung“, deren Redaction er mit einiger Unterbrechung bis an sein Lebensende fortführte. In der Zwischenzeit, 1849, 1850 und 1851, begründete er in Villach die „Deutsche Monatschrift aus Kärnthen“, wovon ein vollständiger Band in 12 Heften und von einem zweiten Bande nur 3 Hefte erschienen sind. Schon die „Klagenfurter Zeitung“ erfuhr unter ihm einen Umschwung, dessen sich wenige Provinzblätter in der nachmärzlichen Periode rühmen konnten, und wenngleich ein officielles Blatt, vertrat es mit Liebe und Begeisterung den neuen freiheitlichen Aufschwung Oesterreichs, und verstand R. es darin, die reichen Schätze seines Gemüthes in fesselnder und anmuthiger Weise durch Rede und Schrift auch Anderen zugänglich zu machen. Noch mehr aber geschah dieß in seiner „Deutschen Monatschrift“, von welcher Domherr Heinrich Hermann bemerkt, daß sie, obgleich oppositionell, im Gegensatze zu dem im gleichen Verlagsorte Villach erschienenen, „in Makulatur geschlagen zu werden verdienenden“ „Volksfreunde“ doch angeführt werden muß, weil sie von wissenschaftlichem Werthe ist und außer den Zeitfragen jene der heimischen Literatur, besonders über Poesie, Ethnographie, Kirchen- und Staatsrecht behandelt. Die meisten Artikel in der „Deutschen Monatschrift“ sind aus Rizzi’s Feder geflossen. Nachdem die „Monatschrift“ weniger wegen Mangel an Theilnahme, als ob der Conflicte, in welche der Redacteur in seiner Stellung als Priester gerieth, eingegangen war, redigirte R. nur mehr die „Klagenfurter Zeitung“. Immer von schwächlicher Gesundheit, welche in den vielen, unter Entbehrungen mannigfachster Art verlebten Jahren nicht gekräftigt worden, kränkelte er in den letzten Jahren sichtlich und suchte schon in dem seinem Todesjahre vorangegangenen Sommer seine bereits tief erschütterte Gesundheit durch eine Cur im kärnthnerischen Badeorte St. Leonhard zu kräftigen. Thatsächlich hatte auch die frische Gebirgsluft ihren wirksamen Einfluß auf R. nicht verläugnet, aber dieser Zustand einer Besserung war nicht von Dauer. Kurze Zeit nach seiner Rückkehr stellten die alten Leiden in energischerer Weise sich ein und rafften ihn im Alter von erst 40 Jahren dahin. Wie schon bemerkt, der größte Theil seiner Arbeiten ist in der „Deutschen Monatschrift“ und in der „Klagenfurter Zeitung“ enthalten. Gedichte R.’s finden sich seit 1834 und in den folgenden Jahren im Laibacher „Illyrischen Blatte“, in der von Sim. Martin Mayer redigirten „Carinthia“, im I. und IV. Jahrgange der „Carniolia“, unter diesen das herrliche, an Anastasius Grün („An einen vaterländischen Dichter“). Das Manuscript seiner gesammelten Gedichte in losen Quartblättern hatte R. selbst [207] schon seit Jahren druckfertig liegen. Seine ihn überlebende Schwester hatte es dann an Paul Renn [Bd. XXV, S. 291] um deren Druck zu bewerkstelligen, übergeben. Paul Renn starb in unzurechnungsfähigem Zustande und was mit dem Manuscripte von Rizzi’s Dichtungen geworden, weiß Niemand. Rizzi ist eine, wenn leider auch wenig gekannte, nichtsdestoweniger als Publicist, Kritiker und Poet bedeutende Persönlichkeit. Einer seiner Biographen schreibt über ihn: „Obgleich Kosmopolit in geistiger Richtung, hing sein Herz doch treu und liebend an seiner Heimat Kärnthen. Rizzi war ein glänzender Repräsentant seiner Zeit in der edlen Bedeutung des Wortes. In seinem allseitig empfänglichen Geiste spiegelten sich die Strebungen und Kämpfe einer höchst merkwürdigen Epoche ab. Schon vor der revolutionären Bewegung, welche ein gebundenes Denken zum freien entfesselte, studirte R. eifrig Günther’s philosophische Schriften. Auf der Höhe einer universalen Bildung stehend, ist Rizzi nicht allein als Poet, Novellist und Kritiker, sondern vorzüglich auch als Publicist aufzufassen. Seine Aufsätze sind heute noch lobenswerth.“ In ganz Kärnthen war er eine populäre Persönlichkeit, ihm näher Stehende rühmten seine Unterhaltungsgabe. Im Schreiben und Sprechen verstand er die große Kunst, allseitig geistig anzuregen; die Schärfe und Klarheit seines Verstandes und sein tiefgemüthlicher Humor vereinigten sich, um seine Persönlichkeit zu heben. Als Novellist entwickelte er, wie als Lyriker, einen farbenreichen, blumigen Styl. Seine bedeutendsten Novellen sind: „Der Beschränkte“ und „Wir haben sie glücklich gemacht“. In den österreichischen Bewegungsjahren bewies er maßvolle Besonnenheit und trat jetzt erst eigentlich als Publicist auf. Als solchem kamen ihm seine Logik, die consequente Durchführung eines Gedankens, die überzeugende Kraft der Rede wohl zu statten. Er besaß alle Eigenschaften eines gediegenen Journalisten, nicht der Schule von heute, in welcher sich Leute, die nichts gelernt haben und auch nichts lernen wollen, mit diesem dadurch in Mißcredit gekommenen Namen brüsten. Als Theolog war er von der ungefälschten christlichen Weltanschauung ganz durchdrungen. Seine Predigten zeichneten sich durch edle Einfachheit und reiche Kenntniß aus. Ob die Absicht, die Stelle, wo seine irdische Hülle schlummert, durch ein Denkmal zu schmücken, verwirklicht worden, ist dem Herausgeber dieses Lexikons, der dem unvergeßlichen, ihm so theuren Freunde in diesen Zeilen ein geistiges Denkmal setzt, leider nicht bekannt.

Der Aufmerksame (Gratzer Blatt, 4°.) 1857, Nr. 9. – Slovenski prijatel, d. i. der slovenische Freund (Klagenfurter slovenisches Blatt, gr. 8°.) 1856, Nr. 48. – Klagenfurter Zeitung 1856, Nr. 46; – dieselbe 1856, Nr. 53: „Blatt der Erinnerung auf V. Rizzi’s Grab“, von Paul Renn. – Blätter aus Krain (Laibach, 4°.) 1857, Nr. 11, S. 43. – Hermann (Heinrich), Handbuch der Geschichte des Herzogthums Kärnthen in Vereinigung mit den österreichischen Fürstenthümern (Klagenfurt 1860 u. f., J. Leon, 8°.) III. Band, 3. Heft: Culturgeschichte Kärnthens vom Jahre 1790–1857, S. 158, 160, 234. – Kehrein (Jos.), Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert (Zürch, Stuttgart u. Würzburg 1870, Leo Wörl, gr. 8°.) Bd. II, S. 56. –